Parlamentskorrespondenz Nr. 246 vom 31.03.2004

FESTAKT ZUR ERSTVERGABE VON DOHNAL-TEILSTIPENDIEN IM PARLAMENT

Stipendiatinnen: Michaela Kathan, Barbara Asen, Veronika Stefanov

Wien (PK) - Der Zweite Präsident des Nationalrats Heinz Fischer und die Vorsitzende des Gleichbehandlungsausschusses Barbara Prammer luden heute anlässlich der Erstvergabe von Johanna-Dohnal-Teilstipendien zu einem Festakt ins Parlament. Vergeben werden die Stipendien an Dissertantinnen und Diplomandinnen, die entweder ein technisches Studium absolvieren oder über frauenspezifische Themen arbeiten. Die ersten Stipendiatinnen sind Michaela Kathan, Barbara Asen und Veronika Stefanov, sie erhalten die Studiengebühren für ein Studienjahr erstattet.

Fischer wertete bei der Begrüßung die Vergabe von Dohnal-Stipendien als logischen Akt einer Philosophie, die darauf abziele, Chancengleichheit und Gleichberechtigung nicht nur auf dem Papier zu haben, sondern in die Lebenswirklichkeit umzusetzen. Gerade in einer Zeit, in der die Gefahr bestehe, dass in der Frauenpolitik ein "Rückwärtsgang" eingelegt werde und bereits erreichte Errungenschaften rückgängig gemacht würden, sei es besonders wichtig, ein Zeichen zu setzen, bekräftigte er. Die Idee der Stipendienvergabe hängt Fischer zufolge mit dem runden Geburtstag Dohnals zusammen, diese solle aber nicht ein einmaliger Akt bleiben, sondern eine Dauereinrichtung werden.

Johanna Dohnal wies in ihrer Rede darauf hin, dass Frauen "jahrtausendelang" Bildung vorenthalten worden und ihnen die Mitwirkung an gesellschaftlichen Organisationen und deren Mitgestaltung verwehrt geblieben sei. Angefangen vom Recht über die Wissenschaft bis zur Religion habe man "Mythen kreiert", um die männliche Vormachtstellung und weibliche Benachteiligungen als Norm darzustellen. Sie hält Förderung von Frauen notwendig, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.

Was die aktuelle Situation von Frauen betrifft, zeichnete Dohnal ein nicht sehr optimistisches Bild. Einerseits sei es in den letzten 30 Jahren tatsächlich gelungen, vieles zu bewirken, meinte sie und gab unter anderem zu bedenken, dass das Bekenntnis zur Gleichstellung heute offizielle Doktrin der EU sei. Ebenso wurde Frauenförderung in der österreichischen Verfassung verankert. Andererseits habe sich aber vieles nicht verändert, unterstrich Dohnal, nach wie vor gebe es sexistische Strukturen in der Gesellschaft.

Auch in der Technologiepolitik und in der Technologieentwicklung spielten Frauen noch immer eine marginale Rolle, skizzierte Dohnal. Sie forderte daher, Ausbildungsinhalte, Ausbildungsmethoden und Ausbildungsklima stärker an den Bedürfnissen und Erfahrungen von Frauen auszurichten. Allgemein hielt die frühere Frauenministerin fest, die Vision des Feminismus sei nicht die weibliche Zukunft, sondern die menschliche Zukunft.

Auch die Nationalratsabgeordnete und Vorsitzende des Gleichbehandlungsausschusses Barbara Prammer unterstrich die Bedeutung des Instruments der Bildung in der Frage der Gleichstellung von Frauen. Obwohl es mittlerweile an den Universitäten mehr weibliche als männliche Studierende gibt, habe sich in vielen anderen Bereichen leider noch wenig verändert, bedauerte sie. So ergreifen z.B. noch immer sehr wenige Frauen in Österreich technische Berufe; der Anteil liegt bei nur 7 %. Auf politischer Ebene müsse daher ihrer Ansicht nach sehr viel getan werden, damit die Frauen entsprechende Rahmenbedingungen vorfinden und nicht wieder aus dem Berufsleben gedrängt werden.

Mit Johanna Dohnal konnte keine berufenere Namensstifterin für diese Stipendien gefunden werden, meinte die ehemalige Abgeordnete der Grünen, Freda Meissner-Blau. In der feministischen Forschung sollte aus ihrer Sicht auch immer auf die Umsetzbarkeit und den internationalen Fokus geachtet werden. Außerdem forderte sie die Stipendiatinnen auf, unparteiisch zu sein, wenn es um unterprivilegierte Frauen geht. In Zeiten wie diesen sei es besonders wichtig, das Frau-Sein nicht zum Programm zu machen und sich gegen biologische Zuschreibungen zu wehren, gab sie den Preisträgerinnen mit auf dem Weg. Nur dann könne nämlich ein Schritt in Richtung einer emanzipatorischen und frauenspezifischen Zukunft gesetzt werden.

DIE STIPENDIATINNEN

"Mädchen können mehr!" lautet der Titel der Diplomarbeit von Michaela Kathan, die Politikwissenschaft und Publizistik in Wien studiert hat. Die 1975 in Vorarlberg geborene Stipendiatin analysierte die arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in nichttraditionellen Lehrberufen von 1978 bis 2002. Kathan kam dabei zum Schluss, dass die Maßnahmen insofern als Erfolg angesehen werden können, als sie Ansätze zur Bewusstseinsveränderung in Bezug auf die Relevanz der Erwerbstätigkeit von Mädchen und Frauen bieten. Außerdem habe dadurch auch die Konzentration auf traditionelle Lehrberufe im Untersuchungszeitraum abgenommen, konstatierte die Autorin.

Die Salzburgerin Barbara Asen (geb. 1981) studierte Geschichte und Germanistik (Lehramt) und verfasste eine Diplomarbeit zum Thema "Zur Konstitution von Weiblichkeit und Männlichkeit im österreichischen Kabarett ab den 1950er Jahren". Asen begründete ihre Themenwahl damit, dass die Flexibilität der Kunstgattung Kabarett, und zwar was das Aufgreifen aktuell in der Gesellschaft diskutierten Fragen angeht, von anderen historischen Quellen kaum zu überbieten sei. Im Sinne der Geschlechtergeschichte sollen in der Arbeit Männlichkeits- und Weiblichkeitsbilder sowie Geschlechterstereotype, die sich in den Kabaretttexten, aber auch im historisch-gesellschaftlichen Wirken der Künstlerinnen nachweisen lassen, aufgezeigt werden.

Veronika Stefanov wurde 1980 in Wien geboren und begann 1999 mit dem Studium der Wirtschaftsinformatik. In ihrer Diplomarbeit befasste sie sich mit der Analyse und Verbesserung von Softwareentwicklungsprozessen ("Software Process Performance Measurement"). Anhand eines Beispielprozesses entwickelte sie ein flexibles System, das jederzeit erweitert werden kann. Neben ihrem Studium ist Stefanov noch als Tutorin für Programmierlehrveranstaltungen an der Universität Wien und der Technischen Universität Wien tätig. (Schluss)