Parlamentskorrespondenz Nr. 330 vom 06.05.2004

ÖVP UND FPÖ: FAMILIEN UND FRAUEN PROFITIEREN VON DER STEUERREFORM

Für SPÖ finanzieren Pensionisten und Arbeitnehmer die Reform

Wien (PK) - Abgeordnete SILHAVY (S) warf in der weiteren Diskussion zur Steuerreform den Regierungsparteien vor, die Frauen aus den Berufen drängen zu wollen. Studien belegten, dass sich das Kindergeld negativ auf den Anteil der Frauen am Arbeitsmarkt ausgewirkt habe. Diese Politik sei falsch, so Silhavy, ihre Fraktion lehne sie daher ab. Die Steuerreform müsse in vielen Punkten kritisiert werden, vor allem in sozialer Hinsicht weise sie viele Mängel auf, resümierte die Rednerin, die dies an einzelnen Beispielen erläuterte.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) meinte, nicht nur Unternehmer, sondern auch Arbeitnehmer seien Profiteure dieser Steuerreform. Allein die Steuerfreistellung von Einkommen in einer festgelegten Höhe sei ein wichtiger Impuls, des weiteren würden durch diese Reform Arbeitsplätze gesichert, was ebenfalls im Interesse der unselbständig Erwerbstätigen sei. Zudem gebe es sehr wohl eine Negativsteuer, erhielten doch Arbeitnehmer unter gewissen Einkommensbedingungen eine Steuergutschrift. Diese Reform wirke sich mithin positiv für die Arbeitnehmer, die kleinen Unternehmen und generell für die Familien aus. Sie sei daher zu begrüßen.

Abgeordnete Mag. TRUNK (S) verwies auf kritische Stimme selbst aus dem Regierungslager, woran sich erkennen lasse, dass diese Reform offenkundig nicht so positiv sei, wie hier manche behaupteten. Immerhin habe auch der Finanzminister selbst erklärt, es gehe ihm bei dieser Steuerreform nicht um Sozialpolitik. Dass es ihm nicht um soziale Gerechtigkeit, sondern um ganz andere Interessen zu tun sei, habe auch seine Idee von einer Steueramnestie bewiesen, meinte Trunk. Es gebe einen nennenswerten Anteil von Menschen in unserer Gesellschaft, die nicht adäquat leben könnten, und das sei eine soziale Schande, unterstrich Trunk. Die Lohnschere zwischen Männern und Frauen sei noch weiter auseinander gegangen, die Armut sei in dieser Republik weiblich, und dafür solle sich die Regierung schämen.

Abgeordneter Dr. MAIER (V) meinte, seine Partei habe schon in den achtziger Jahren wichtige Schritte zur Verbesserung der damaligen Lage gesetzt und verwirkliche auch nun die richtigen Maßnahmen, während die Sozialdemokratie schon damals die falschen Signale hatte setzen wollen. Ihre politische Einstellung zeige, dass die SPÖ immer noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt habe. Die Regierung aber gehe in die richtige Richtung, und dafür sei ihr zu danken.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) bezeichnete den ATW-Verkauf als schweren politischen und wirtschaftlichen Fehler, welcher der Republik einen enormen Schaden zugefügt habe. Diese Steuerreform sei ideologisch motiviert, wodurch die Arbeitnehmer vernachlässigt würden. Zudem lasse sich nicht erkennen, dass diese Reform sich positiv auf die Konjunktur und die Beschäftigung auswirken werde, weshalb sie abzulehnen sei. Konkret regte der Redner an, derlei Fragen auf europäischer Ebene einer sozial gerechten Lösung zuzuführen.

Abgeordneter WALCH (F) wies die Vorwürfe der Opposition zurück und meinte, die gegenwärtige Regierung habe eine soziale Kurskorrektur vorgenommen, von der die Frauen und die Familien profitierten. Die Regierung reduziere die Staatsschuld und setze eine Steuerreform durch, von der 2,5 Millionen Österreicher umfassend profitierten. Die SPÖ sei historisch eine Bürgerbelastungspartei, die gegenwärtige Regierung aber sei eine Steuerentlastungsinitiative, sagte Walch, der auf die Verdienste seiner Fraktion in diesem Zusammenhang hinwies.

Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) meinte hingegen, die Regierung habe Arbeitnehmer und Pensionisten seit 2000 mehrfach belastet, die Steuerreform sei vor diesem Hintergrund zu wenig. Sie bringe nichts für die niedrigeren Einkommen und werde von Arbeitnehmern und Pensionisten finanziert, während die "Großen" profitierten. Der Faktor Arbeit werde nicht entlastet, neue Arbeitsplätze würden nicht geschaffen, die Steuerreform sei mithin in dieser Form ein Flop und daher abzulehnen.

Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) erklärte, die Steuerreform sei für alle wichtig und zeige, welche Erfolge die Regierung bislang erzielt habe. Dieser richtige Weg werde mit der vorliegenden Reform konsequent fortgesetzt. Sie werde den kleinen und mittleren Betrieben Vorteile bringen und niedrigere Einkommen entlasten. Die Steuerreform sei daher wichtig und richtig.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) beklagte, dass die Politik der Regierung dazu führe, dass sich der Lebensstandard vieler Bürger verschlechtere, und auch die gegenständliche Steuerreform bringe nur den großen Unternehmen Gewinne, nicht aber den Menschen.

Staatssekretär Dr. FINZ erläuterte die Intentionen der vorliegenden Steuerreform und erklärte, die Frauen gehörten zu den Profiteuren dieser Reform. Wichtig sei zudem, dass die Staatsschulden in Proportion zum BSP seit 2000 kontinuierlich zurückgingen. Die Idee einer Steueramnestie sei übrigens eine Erfindung der Sozialdemokraten gewesen, erklärte Finz.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) meinte, die Opposition habe keine annehmbaren Argumente gegen diese gute Reform vorzubringen vermocht. Experten bestätigten die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Reform, und ihre Fraktion sei stolz darauf, dass von dieser Reform die Familien und die Frauen in erster Linie profitierten, was auch für niedrige Einkommen gelte. Diese Reform sei daher zu begrüßen, so die Rednerin.

Abgeordneter Dr. PIRKLHUBER (G) kritisierte die Umverteilungspolitik der Regierung zu Lasten jener Menschen, die am dringendsten eine Entlastung brauchen würden. "Jene, die Sie in den letzten Jahren belastet haben, profitieren jetzt am wenigsten von ihrer Steuerreform", warf Pirklhuber der Regierung vor. Auch schaffe diese Steuerreform keine Beschäftigung und sie folge keiner erkennbaren wirtschaftspolitischen Logik, kritisierte Pirklhuber, der sich gegen eine Politik wandte, die sich von der Verantwortung für Wirtschaft und Gesellschaft verabschiede. Wirtschaftpolitik dürfe nicht auf Standortpolitik reduziert werden. Fragen müsse man auch, warum die Regierung bei der Entlastung des Agrardiesels die Chance ausgelassen habe, erneuerbare Energieträger zu fördern. Kritisch sah Pirklhuber auch den Einnahmenentfall der Gemeinden, der zu Lasten der Entwicklung des ländlichen Raumes gehe.

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) würdigte die angebotsorientierte, kreative und offensive Steuerreform der Bundesregierung, die den Wirtschaftsstandort sichere, weil sie die Unternehmen durch die KöSt-Senkung entlastet und ihnen ein attraktives Gruppenbesteuerungsmodell anbietet. Internationale Unternehmensberater empfehlen Österreich daher neuerdings als Headquarter-Standort, was relevant für die Wirtschaft, die Beschäftigung und auch für Forschung und Entwicklung des Landes sei. Dies sollte die Opposition beachten, ehe sie diese Steuerreform ablehne. Die Erhaltung von Headquarters in der industriepolitischen Diskussion zu fordern, sie bei der Steuerreform aber abzulehnen, sei nämlich unglaubwürdig, schloss Abgeordneter Ikrath.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) zeigte sich überzeugt, dass die Menschen die Steuerreform der Bundesregierung verstehen werden. Die roten und grünen Kritiker der Reform sollten nicht vergessen, dass 90 % der Arbeitnehmer in Österreich in Kapitalgesellschaften arbeiten und daher von der KöSt-Senkung profitieren werden. Die Forderung nach einer Negativsteuer entspricht laut Hakl einer "Subventionitis", die in anderer Form bei der verstaatlichten Industrie schon einmal "in die Hosen" gegangen sei. Die Entlastung von Alleinverdienern und Alleinerzieherinnen abzulehnen, bedeute, einer Frau mit zwei Kindern den Betrag von etwa zwei Monatsmieten pro Jahr vorenthalten zu wollen, sagte die Rednerin.

Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) unterstrich, dass die vorliegende Steuerreform keiner Gegenfinanzierung bedürfe - dies könnten die Oppositionsparteien für ihre Vorschläge nicht in Anspruch nehmen. Dass in Deutschland keine Aufbruchstimmung entstehe, führte der Redner auf die politische Vertrauenskrise beim Nachbarn zurück und machte auf den Unterschied im Konsumverhalten zwischen deutschen Gästen in Österreich und Inländern aufmerksam, die mit ihrer Kaufkraft immer stärker zu einer wichtigen Stütze der heimischen Tourismusbetriebe werden.

Abgeordneter GLASER (V) erwartete, dass die Steuerreform zur Entwicklung der ländlichen Regionen beitragen werde, weil die kleinen Einkommensbezieher im ländlichen Raum von der Einkommensteuerreform und von den Maßnahmen zugunsten der Familien profitieren werden. Dazu komme die Entlastung der Pendler und außerdem der Bauern durch die Begünstigung des Agrardiesels. Die Steuerreform sei ein Schritt in die richtige Richtung, sie stärke die sozial Schwachen und die ländlichen Regionen und sie nütze zugleich dem Wirtschaftsstandort.

Abgeordnete TAMANDL (V) wies die Kritik der Opposition an der Steuerreform zurück und unterstrich die Entlastung von Alleinerzieherinnen. Während nicht einzusehen sei, dass jene, die schon bisher keine Einkommensteuer zahlen, von der Steuerreform zusätzlich profitieren sollen, werde die Negativsteuer für die armutsgefährdeten Alleinerzieherinnen sehr wohl angehoben. In ihren weiteren Ausführungen würdigte die Rednerin die Begünstigung nicht entnommener Gewinne in kleinen Unternehmen und meinte, alle Österreicher würden von dieser Steuerreform profitieren - dies sollte die Opposition zur Kenntnis nehmen und ihre Versuche einstellen, eines der größten Reformwerke der Zweiten Republik schlecht zu machen.

Abgeordnete FELZMANN (V) sah Österreich sehr gut auf die Entstehung des größten Binnenmarktes der Welt vorbereitet und betonte die Bedeutung der Steuerreform für die österreichische Wirtschaft, die sich gegenüber zunehmender Konkurrenz behaupten müsse. Auch Abgeordnete Felzmann wies auf die guten Erfahrungen Irlands mit niedrigen Unternehmenssteuern hin und nannte es ein Ziel für Österreich, unter die zehn besten Wirtschaftsstandorte der Welt zu kommen. Die KöSt-Senkung werde nicht nur den Großunternehmen nützen, sondern auch Personengesellschaften, die von Aufträgen der "Großen" profitieren. Diese Steuerreform entspreche der Dynamik einer modernen Wirtschaft, lobte Felzmann und appellierte an den Finanzminister, bei einer künftigen Reform die Werbeabgabe abzuschaffen.

Abgeordnete Dr. WOLFMAYR (V) warf den Oppositionsparteien vor, sie würden die Steuerreform mit ideologischen Scheuklappen betrachten. Tatsächlich bringe sie ein modernes Tarifsystem, entlaste Arbeitnehmer und Familien und führe dazu, dass fast die Hälfte der Arbeitnehmer keine Lohnsteuer mehr bezahlt. Die Rednerin machte auf die stark steigende internationale Verflechtung der heimischen Wirtschaft aufmerksam und zeigte sich überzeugt, dass bei einer künftigen Steuerreform auch die Freiberufler und die Kreativwirtschaft entlastet werden. Der wichtigste Punkt der Reform sei die Kombination steuerlicher Entlastung mit gesellschaftlicher Strukturreform.

Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) unterstrich die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Kaufkraftstärkung zu setzen und konnte keinen Anlass erkennen, sich zu freuen, wenn viele Österreicher so wenig verdienen, dass sie keine Einkommensteuer bezahlen müssen. Hier sei in Wahrheit anzusetzen: Es brauche Rahmenbedingungen, die höhere Einkommen ermöglichen und so mehr Kaufkraft schaffen.

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) rechnete vor, dass jeder Steuerzahler ab 2005 durchschnittlich mit 500 € jährlich entlastet werden wird, wobei sozial Schwache wesentlich stärkere Entlastungen erwarten können. Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern werde über 800 € pro Jahr mehr zur Verfügung haben. Der Regierung sei es gelungen, Maßnahmen zugunsten des Wirtschaftstandortes, die tausende Arbeitsplätze schaffen werden, sozial ausgewogen zu gestalten und die Kaufkraft zu stärken.

Abgeordneter DI AUER (V) nannte die Steuerreform 2005 fair, gerecht und zudem ökologisch, da sie den Faktor Arbeit entlaste und Agrardiesel verbillige. Die Opposition sollte darauf verzichten, den Neidkomplex gegen erfolgreiche Unternehmer zu schüren, denn es seien die Unternehmer, die Arbeitsplätze sichern. Wohl am meisten störe die Opposition, dass künftig ausgabenseitig gespart werden müsse, vermutete der Redner und brachte die besonderen Verhältnisse im "roten Wien" zur Sprache. Als Bundesland und Gemeinde erhalte Wien wesentlich höhere Einnahmen als jede andere Stadt in Österreich, sagte der Redner und forderte Einsparungen in der Verwaltung der Bundeshauptstadt, da das rote Wien die rote Laterne beim Umgang mit Steuergeld trage.

Abgeordnete MIKESCH (V) dankte der Bundesregierung namens der kleinen und mittleren Betriebe für die Steuerreform und forderte die Oppositionsparteien dazu auf, ihr Feindbild "Großbetriebe" zu überdenken. Große Betriebe sichern die Existenz vieler Kleinbetriebe, die einen wesentlichen Teil ihrer Umsätze als Zulieferbetriebe erwirtschaften. Ohne Unternehmer gibt es keine Arbeitsplätze, unterstrich die Rednerin und zitierte aus Briefen kleiner und mittlerer Unternehmer, die von der Begünstigung nicht entnommener Gewinne profitieren und mit ihren zusätzlichen Investitionen Arbeitsplätze sichern und schaffen.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) stellte klar, dass die Grünen nichts gegen Gewinne haben, sie hätten es aber lieber gesehen, arbeitsintensive Betriebe stärker zu entlasten als gewinnintensive Betriebe. Diese Chance habe die Bundesregierung bei der Steuerreform ausgelassen. Zum Abänderungsantrag der SPÖ, "der viele positive Punkte enthält", führte Kogler aus, dass auch dieser Vorschlag die kleinsten Einkommen nicht ausreichend berücksichtige. Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Gassner zur Entlastung der Gemeinden finde die Zustimmung der Grünen ebenso wie der diesbezügliche Entschließungsantrag der Regierungsparteien, obwohl es eigentlich unlogisch sei, wenn die Regierungspartien eine Steuerreform beschließen, die die Gemeinden belastet, und zugleich eine Entschließung, die die Gemeinden entlasten soll.

Bei einer namentlichen Abstimmung wurde zunächst der S-Zusatz- bzw. Abänderungsantrag mit 110-Nein-Stimmen zu 63 Ja-Stimmen (bei 173 abgegebenen Stimmen) abgelehnt.

Der Entwurf betreffend ein Steuerreformgesetz 2005 wurde ebenfalls nach Durchführung einer namentlichen Abstimmung sodann in dritter Lesung mit 96 Ja-Stimmen zu 79 Nein-Stimmen mehrheitlich angenommen (abgegebene Stimmen: 175).

Der V-F-Entschließungsantrag betreffend die angemessene Berücksichtigung der Gemeinden im Finanzausgleich wurde ebenfalls mehrheitlich verabschiedet. Keine Mehrheit fand hingegen der S-Entschließungsantrag betreffend Finanzausgleich mit Rücksicht auf die finanzielle Situation der Gemeinden. Der S-Entschließungsantrag betreffend Umsetzung einer echten Steuerreform wurde ebenfalls abgelehnt.

Sodann wurde noch über die Änderung des Katastrophenfondsgesetz es in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages abgestimmt; dieser Entwurf wurde mehrheitlich angenommen. (Forts.)