Parlamentskorrespondenz Nr. 503 vom 28.06.2004

JOSEF MOSER ZUM RECHNUNGSHOFPRÄSIDENTEN GEWÄHLT

Heftige Kritik der Oppositionsfraktionen

Wien (PK) - Nach der Europäischen Verfassung und der Regierungsumbildung, die die Debatte des Nationalrats am Vormittag geprägt hatten, wandten sich die Abgeordneten am Nachmittag der Wahl des Präsidenten des Rechnungshofs zu. Am späten Nachmittag wählten die Abgeordneten in geheimer Wahl Josef Moser, wie vom Hauptausschuss des Nationalrats vorgeschlagen, für 12 Jahre zum Präsidenten des Rechnungshofs. Josef Moser tritt sein Amt am 1. Juli an. Von den 179 abgegebenen - und sämtlich gültigen - Stimmen entfielen 94 Stimmen auf Moser.

Die Debatte, die der Wahl des Rechnungshofpräsidenten voraus ging, wurde um 15 Uhr für eine kurze Debatte über eine Anfragebeantwortung betreffend den Verkauf der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften durch den Finanzminister unterbrochen. Die Kurzdebatte fand auf Verlangen der Grünen statt.

Abgeordneter Dr. CAP (S) begann seinen Debattenbeitrag mit dem Vorwurf, die Wahl von Dr. Moser zum neuen Rechnungshofpräsidenten zeige deutlich die "Postenbesetzungsstrategie der schwarz-blauen Regierung" auf. Die Position des Rechnungshofpräsidenten sei, so Cap, eine enorm wichtige Einrichtung des Parlaments und daher müsse dieses Amt jemand innehaben, der seine Funktion ernst nehme, der unabhängig sei und der, wenn notwendig, auch Position gegen die Regierung beziehe. Der SP-Klubobmann erinnerte in diesem Zusammenhang an einen Entschließungsantrag Dr. Neissers zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes, wonach für die Kontrolleinrichtungen nur Personen vorgesehen werden sollten, die keine Vertrauensleute der jeweiligen Mehrheitsparteien sind. Mit diesem Erfordernis werde nun gebrochen, sagte Cap, offensichtlich wolle die ÖVP aus Sklaventreue den Intentionen Neissers keine Folge leisten.

Das Hearing sei eine Farce gewesen und die Wahl Mosers von Haus aus ausgemacht. Aus diesem Grund sei es im nachhinein verständlich, warum ÖVP und FPÖ die Anwesenheit der Medien abgelehnt hatten.

In Bezug auf die Person Mosers seien viele Fragen offen geblieben, sagte Cap. So habe Moser auf den Vorwurf, an illegaler Parteienfinanzierung mitgewirkt zu haben, lediglich geantwortet, er sei kein Plastiksackerlträger. Cap wies darauf hin, dass gemäß Parteiengesetz alle Parteien die Spenderliste dem Rechnungshof übergeben müssten. Der Rechnungshofpräsident müsse daher über jeden Verdacht erhaben sein. Darüber hinaus sei der Vorwurf, Moser breche die Vertragsschablonenverordnung, nicht entkräftet worden. Im Gegensatz dazu sei Ewald Nowotny der weitaus qualifizierteste Kandidat gewesen, dessen einziger Nachteil es sei, weder der ÖVP noch der FPÖ anzugehören. Die Regierung teile alles parteipolitisch auf, daher werde es Zeit, dass sie für diesen Schacher bei den Wahlen die Rechnung präsentiert bekomme.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) bezeichnete die Rede Caps als "in höchstem Ausmaß unangemessen". Er konstatierte einen Widerspruch, wenn Cap einerseits an den Antrag Neissers erinnere und andererseits für Ewald Nowotny, dem ehemaligen SPÖ-Abgeordneten und Klubobmann, eintrete. Die bisherigen Rechnungshofpräsidenten seien alle Mitglieder einer Partei gewesen und hätten dieses Amt dennoch unabhängig und höchst qualifiziert geführt. Sowohl die SPÖ als auch die Grünen, die nun die Arbeit Franz Fiedlers besonders hoch schätzten, hätten bei dessen Wahl damals ähnlich argumentiert wie heute gegen Moser, bemerkte Fasslabend und zitierte aus den damaligen stenographischen Protokollen.

Wer Moser kenne, der wisse, dass dieser kompetent sei, einen unheimlichen Arbeitseinsatz und Handschlagqualität habe. Die Opposition aber stelle ihn ins Zwielicht und beschädige damit das Amt des Rechnungshofpräsidenten. Die SPÖ habe es, so Fasslabend, nicht einmal geschafft, einen Kandidaten zu präsentieren, der auch von der anderen Oppositionspartei akzeptiert worden sei. Wem es aber nicht gelinge, parteiübergreifend zu agieren, der sei auch nicht in der Lage, Verantwortung für die Republik zu tragen, stellte Fasslabend fest. Moser sei nicht nur als Favorit in das Hearing gegangen, konstatierte der Redner, er sei dort auch brillant gewesen und habe klare Schwerpunktsetzungen formuliert: Zum Beispiel wolle er die Zusammenarbeit mit dem Parlament intensivieren, klare Abgrenzungen zum EU-Rechnungshof und zu den Landesrechnungshöfen schaffen und die Berichte beschleunigen. Moser sei auch kein Mitglied der FPÖ.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) ließ am Beginn seiner Rede aus seiner Sicht die Vorgänge Revue passieren, die zu dem Vorschlag geführt haben. Zunächst habe es mehrere Anläufe gegeben, einen parteifreien, aber politikerfahrenen Experten zu finden, der von allen akzeptiert werden könnte, meinte Kogler. Damit hätte man auch der Regierung in einer schwierigen Situation geholfen, aus dem Postenschacher herauszukommen und nicht nach der verlorenen EU-Wahl in Versuchung zu geraten, zu kriegen, was noch zu kriegen sei.

Kogler kritisierte auch scharf, dass man es nicht geschafft hat, noch vor der EU-Wahl KandidatInnen zu nominieren. Je mehr nun aber die FPÖ an Wählervertrauen verliere, desto mehr gebe man ihr, damit sie "nicht kopfscheu" werde, mutmaßte er. Außerdem sei der Termin für die Notwendigkeit einer Neubestellung seit zwölf Jahren bekannt, nun finde diese zwei Tage vor dem Ende der Amtszeit Fiedlers statt. Dies alles mache deutlich, dass es sich hier um Postenschacher handle.

Auch Kogler bedauerte, dass es ÖVP und FPÖ abgelehnt hatten, das Hearing öffentlich zu machen. Heute wisse man warum, bemerkte Kogler. Hätte er geahnt, welches Schauspiel und welche Farce im Hauptausschuss geboten werde, hätte es sich die grüne Fraktion überlegt, überhaupt teilzunehmen und einen Kandidaten zu präsentieren. Diese Hauptausschusssitzung sei ein wirklicher Tiefpunkt gewesen, hielt Kogler aus seiner Sicht fest. Alles sei von vorn herein abgesprochen und abgekartet gewesen. Mit Mehrheit habe man einen Einer-Vorschlag durchgedrückt, lautend auf einen Kandidaten, der die wesentlichen Fragen der Abgeordneten nicht beantwortet habe. Würde man Moser wählen, dann würde man dem Parlament und dem Rechnungshof einen größtmöglichen Schaden zufügen.

Kogler appellierte daher an alle Abgeordneten, seinen Antrag auf Rückverweisung an den Hauptausschuss zu unterstützten. Zur Person Moser meinte Kogler, dass dieser mehrere Probleme aufgeworfen habe: Er sei nicht nur Chefmanager der HL-AG gewesen, sondern es sei auch vorgesehen gewesen, am Tag des Hearings seinen Vertrag für die ÖBB Holding zu unterschreiben. Eine der wesentlichsten Aufgaben des Rechnungshofs sei es unter anderem, das Verkehrswesen zu prüfen, woraus sich eine Befangenheit Mosers ergebe. Eine weitere Befangenheit konstatierte Kogler daraus, dass Moser als Klubdirektor für die Koordination der Regierungsarbeit zuständig gewesen ist, und schließlich ergebe sich im Hinblick auf die Regelungen seiner Manager- und Pensionsverträge eine krasse Unvereinbarkeit, zumal diese keineswegs der Vertragsschablonenverordnung entsprächen. Moser habe auch den Vorbehalt hinsichtlich der illegalen Parteienfinanzierung nicht entkräften können, schloss Kogler.

Abgeordnete Dr. BLECKMANN (F) merkte an, ihr Vorredner habe das Hearing offensichtlich nur einseitig verfolgt, denn Moser habe eindeutig festgestellt, dass die Vorwürfe nicht zuträfen. Auch Cap habe in seiner Rede mit "infamen Unterstellungen" agiert und den Kandidaten "angeschüttet". Offensichtlich sei für die Opposition ein Ergebnis nur dann richtig, wenn das herauskomme, was sie, die Opposition, wolle.

Bleckmann unterstrich, dass die Erhebungen zur Frage der illegalen Parteienfinanzierung von den unabhängigen Gerichten eingestellt worden seien, die Opposition betreibe daher "verzweifelte Skandalisierungsversuche". Die Sache sei erst nach dem Tod Turnauers aufgekommen, man habe aber keinerlei Indizien finden können; ein Toter könne sich aber nicht wehren. Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung richtig gewesen, das Hearing nicht öffentlich zu machen, denn sie wolle nicht noch einmal erleben, wie Abgeordneter Pilz im Ausschuss argumentiert habe.

Moser selbst sei unabhängig, kompetent, dynamisch und habe ein klares Schwerpunktprogramm vorgelegt. Als einziger der KandidatInnen verfüge er über umfassende Qualifikationen, und zwar über parlamentarische Erfahrungen, über die Kenntnis finanztechnischer Verwaltungsverfahren und über privatwirtschaftliche Erfahrungen. Er habe glaubhaft versichern können, dass er unabhängig agieren werde, und habe bislang jede seiner Positionen bestmöglich ausgefüllt. Moser sei nicht FPÖ-Mitglied gewesen, sagte Bleckmann, und erinnerte daran, dass auch Fiedler Klubsekretär gewesen ist. Ewald Nowotny habe seine Unabhängigkeit nicht in diesem Ausmaß glaubhaft machen können, denn er bekleide heute noch maßgebliche Positionen in der SPÖ. Darüber hinaus bekomme Moser keine ÖBB-Pension, er werde auf einen Chauffeur verzichten und werde als Rechnungshofpräsident weniger Gehalt haben als in seiner jetzigen Position.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) brachte namens seiner Partei und namens der Grünen den Antrag ein, den Wahlvorschlag an den Hauptausschuss rückzuverweisen. Er sieht in einem solchen Schritt, wie er sagte, "die letzte Chance auf Vernunft".

Kräuter übte massive Kritik am von ÖVP und FPÖ vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des  Rechnungshofpräsidenten. Moser sei aufgrund seiner früheren Tätigkeiten befangen, meinte er, zudem habe er sich beim Hearing als "nervöser Schnellredner" präsentiert, der bei der Befragung "gehörig ins Schwitzen gekommen ist". Hingegen hätten sich die Kandidaten Hengstschläger und Mayer kompetent präsentiert, Ewald Nowotny sei, so Kräuter, überhaupt "eine Klasse für sich gewesen".

Kräuter zufolge wäre es ursprünglich geplant gewesen, Finanzstaatssekretär Finz zum neuen Rechnungshofpräsidenten zu machen, dieser sei aber durch sein Verhalten "untragbar geworden". Zum Managervertrag Mosers bei den ÖBB merkte er an, Jörg Haider wäre in früheren Zeiten "meterhoch gesprungen" und hätte die Privilegien kritisiert, hätte er einen Vertrag wie jenen Mosers zu Gesicht bekommen.

Abgeordneter GAHR (V) zeigte sich dem gegenüber überzeugt, dass der frühere FPÖ-Klubdirektor Josef Moser das gleiche Vertrauen erwerben wird wie Rechnungshofpräsident Fiedler. Er werde ein kompetenter Prüfer und Berater sein, betonte er. Die ÖVP unterstütze Moser, weil sie ihn für den richtigen Mann für die richtige Aufgabe halte. Moser habe Berufserfahrung in der Finanzverwaltung, er kenne die Politik und er kenne die Abläufe im Staat.

Zur Kritik der Opposition sagte Gahr, es gehe heute darum, für die nächsten zwölf Jahre eine geeignete Person für das Amt des Rechnungshofpräsidenten zu wählen, und nicht darum, "politisch abzurechnen". Moser werde das Amt "gut und bestens fortführen". Auch den Vorwurf, Moser hätte Fragen im Hearing nicht beantwortet, wies er zurück, das seien, erklärte Gahr, keine Fragen, sondern Unterstellungen gewesen. Generell wertete er alle sieben zum Hearing angetretenen Kandidatinnen und Kandidaten als überaus kompetent.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) bezeichnete Moser als ungeeigneten Kandidaten für die Funktion des Rechnungshofpräsidenten. Die Vorwürfe gegenüber Moser stammten nicht von der Opposition, betonte er, vielmehr seien sie erstmals in einem Bericht der Wirtschaftspolizei im Zusammenhang mit der Spitzelaffäre aufgetaucht. Jemand habe, ohne einen Vorteil erwarten zu können, auch Moser schwer belastet. Es gehe um das Ansehen und die Integrität einer der wichtigsten Einrichtungen der Republik und eines der wichtigsten Instrumente des Nationalrats, mahnte Pilz.

Pilz erklärte, er würde "lieber 100 Böcke zum Gärtner machen" als Moser zum Rechnungshofpräsidenten zu wählen. Moser habe zwar keine schweren Verstöße gegen das Strafrecht begangen, er habe aber Schlupflöcher im Bereich der Parteienfinanzierung und bei der Gestaltung seines ÖBB-Vertrags ausgenutzt. "Qualifiziert ihn das für das Amt des Rechnungshofpräsidenten oder macht ihn das nicht eher zum Fall für den Rechnungshof?", fragte Pilz. Er äußerte überdies den Eindruck, dass die ÖVP-Abgeordneten im Hauptausschuss nicht uneingeschränkt hinter Moser gestanden seien.

Abgeordneter NEUDECK (F) stellte fest, er hätte kein Problem damit gehabt, wenn die Vorstellung der Kandidaten für das Amt des Rechnungshofpräsidenten in öffentlicher Form durchgeführt worden wäre. Alle sieben hätten sich als hoch qualifiziert erwiesen und viele neue Ideen präsentiert. Die Fragen der Abgeordneten, vor allem jene von Pilz, hätten aber, so Neudeck, nichts mit einem Hearing zu tun gehabt, "das waren Verhörmethoden". Überdies warf er SPÖ-Chef Gusenbauer und Grünen-Chef Van der Bellen vor, das Hearing als Farce bewertet zu haben, ohne je dort anwesend gewesen zu sein.

Für Neudeck ist Moser "der beste Mann am richtigen Ort". Er wies auf Mosers Qualifikationen hin, die sich dieser in der Finanzverwaltung, in der Kärntner Landesverwaltung, im FPÖ-Klub des Parlaments und bei den ÖBB erworben habe. Überdies habe Moser als einziger beim Hearing weit reichende Vorstellungen für Modernisierungen im Rechnungshof - etwa eine Forcierung von Einzelberichten - präsentiert. Zu den Vorwürfen der Opposition sagte Neudeck, alle Verfahren im Zusammenhang mit angeblich illegaler Parteienfinanzierung seien eingestellt worden.

Abgeordneter PRÄHAUSER (S) erinnerte daran, dass 1964 und 1980 jeweils Oppositionspolitiker mit der Führung des Rechnungshofs beauftragt worden waren und die SPÖ auch 1992 einen parteifreien Kandidaten wählen wollte. Das sei damals wegen einer Absprache zwischen ÖVP und FPÖ aber nicht gelungen.

Mit der Weigerung, dieses Mal ein öffentliches Hearing abzuhalten, sollten nach Ansicht Prähausers nicht wie vorgegeben die KandidatInnen geschützt werden, vielmehr hätten sich ÖVP und FPÖ selber schützen wollen. Ihre Aussage, Moser sei der am besten qualifizierte Kandidat gewesen, könne damit nicht überprüft werden. Prähauser selbst vertritt die Auffassung, Moser habe den Kandidaten Mayer und Nowotny beim Hearing in keinster Weise das Wasser reichen können.

Abgeordneter DI REGLER (V) verwies darauf, dass er beim Hearing durchgehend anwesend gewesen sei. "Es war ein reales Hearing", bekräftigte er, und keine Farce und kein Schauspiel wie vielfach behauptet. Für die ÖVP sei das Hearing sehr wohl relevant gewesen.

Nach Ansicht Reglers haben beim Hearing alle sieben KandidatInnen entsprochen. Er hätte bei keinem Bedenken gehabt, ihm bzw. ihr das Amt des Rechnungshofpräsidenten anzubieten. "Aber wir müssen einen Präsidenten auswählen", betonte Regler. Es gehe darum, wer habe die breiteste Palette und das breiteste Spektrum. Regler zitierte auch ÖBB-Gewerkschafter Walter Haberzettel, wonach das Ausscheiden Mosers aus den ÖBB einen großen Schaden für die ÖBB bedeute.

FPÖ-Klubobmann SCHEIBNER hielt fest, mit Moser werde ein "ausgezeichneter Experte" in Zukunft den Rechnungshof führen. Aufgrund seiner Erfahrungen im Verwaltungsbereich, in der Privatwirtschaft und im parlamentarischen Betrieb bringe er die besten Voraussetzungen für das Amt des Rechnungshofpräsidenten mit. Überdies habe er im Hearing konkrete Zukunftsvorschläge für den Rechnungshof präsentiert.

In Richtung Opposition meinte Scheibner, diese werde wie schon seinerzeit bei Rechnungshofpräsident Fiedler "vorher schimpfen und nachher loben". Abgeordnetem Pilz warf er vor, ihm gehe es nicht um die Sache, vielmehr sei seine Methode "diffamieren, kriminalisieren und hinhauen". Die FPÖ würde einen Kandidaten oder eine Kandidatin "nie so abqualifizieren", wie das die Opposition mit Moser gemacht habe.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) bezweifelte, dass der von den Regierungsfraktionen präferierte Kandidat allen Anforderungen entspricht. Josef Moser habe nämlich "bei Parteienfinanzierungstransfers eigenartige Dienste" geleistet, wie dies im Protokoll der Wirtschaftspolizei nachzulesen ist, gab die Rednerin zu bedenken. Im Hearing lautete seine Antwort darauf aber nur, dass er "kein Plastiksackerlträger sei". Diese Aussage qualifiziere ihn sicher nicht, eine so wesentliche Funktion wie jene eines Rechnungshofpräsidenten zu bekleiden, urteilte die G-Mandatarin. Auch die "privilegienanrüchige Pensionsregelung" von Moser müsse sehr kritisch betrachtet werden.

Der Präsident des Rechnungshofs müsse moralische Autorität ausstrahlen, objektiv handeln und vor allem eine Vertrauenspersönlichkeit sein, meinte einleitend Abgeordnete Mag. LAPP (S). Die geeignete Person dafür sollte in einem Hearing ermittelt werden, das aber ein einziges Schauspiel war, bedauerte die Rednerin. Der FPÖ-Kandidat Moser stand schon von vornherein fest, obwohl er etwa den Vorwurf nicht entkräften konnte, Spenden in der Höhe von 5 Mill. S am Parteienfinanzierungsgesetz vorbeigeschwindelt zu haben. Eine so wichtige Funktion werde nach Abhaltung eines "lächerlichen Puppenspiels" besetzt; das habe sich der Rechnungshof wahrlich nicht verdient.

Abgeordneter EDER (S) stellte irritiert fest, man habe honorige Personen zu einem unwürdigen Hearing eingeladen, obwohl die Entscheidung schon längst fix war. Der Regierung sei das Augenmaß verloren gegangen, die FPÖ habe "ärgsten Postenschacher" betrieben, sagte er.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) nannte das Hearing eine "Posse". Die offensichtliche Absprache über die Postenvergabe ohne Rücksicht auf fachliche Qualifikation und moralische Integrität sei das Einzige, was diese Regierung noch zusammenhält, meinte sie. Der ÖVP warf Becher vor, das Amt des Rechnungshofpräsidenten zu einem Spielball koalitionärer Absprachen degradiert zu haben.

Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) bemerkte, die Kandidaten Mayer, Nowotny und Hengstschläger seien besser qualifiziert gewesen, hätten aber aus parteitaktischen Gründen keine Chance gehabt. Die ÖVP sollte sich schämen für diese Vorgangsweise.

Abgeordneter Dr. PUSWALD (S) sprach ebenfalls von einer Politik des "Postenschachers". Die Regierung sei inhaltlich am Ende und versuche, durch "Packelei" noch die Mehrheit bis ins Jahr 2006 zu retten, lautete sein Vorwurf.

Abgeordneter FAUL (S) bezeichnete Moser als den einzigen Kitt der Koalition. Es wäre staatsmännisch gewesen, einen Kandidaten der Minderheit zu wählen. So werde aber jemand Rechungshofpräsident, der niemanden wirklich überzeugen konnte. Auch stehe der Verdacht der Spendenaffäre nach wie vor im Raum.

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) zweifelte an der moralischen Autorität Mosers und sah Aufklärungsbedarf hinsichtlich der behaupteten Parteispende. Ein Rechungshofpräsident brauche eine klare und unabhängige Position, Loyalität zur FPÖ sei keine Voraussetzung für das Amt.

Abgeordneter WITTAUER (F) warf der SPÖ vor, den Kandidaten Moser zu verunglimpfen. Die Opposition sei nicht bereit, auf die inhaltlichen Vorstellungen des Kandidaten einzugehen. Er, Wittauer, sei jedenfalls überzeugt, dass Moser ein hervorragender Rechungshofpräsident werde.

Abgeordnete Mag. SIMA (S) meinte rückblickend angesichts ihres Ausscheidens aus dem Parlament, das Tierschutzgesetz sei einer der Höhepunkte ihrer Tätigkeit im Hohen Haus gewesen. Im Sinne des Parlaments hoffe sie, dass es noch viele solche Gesetze geben werde und dass der Umweltschutz wieder einen höheren Stellenwert erhält als bisher. 

Präsident Dr. KHOL wünschte Sima viel Erfolg in ihrer künftigen Funktion als Wiener Stadträtin und stellte fest, die SP-Abgeordnete habe sich als Umweltexpertin über die Fraktionsgrenzen hinaus Achtung erworben.

Abgeordneter NÜRNBERGER (S) nahm nach 21 Jahren seinen Abschied vom Hohen Haus, versicherte aber, er werde der Sozialpartnerschaft weiterhin erhalten bleiben und in Hinkunft seine ganze Arbeitskraft der Gewerkschaft zur Verfügung stellen.

Präsident Dr. KHOL drückte Nürnberger seinen Respekt aus und bedauerte das Ausscheiden des SP-Mandatars aus dem Parlament. Nürnberger habe als Gewerkschafter immer mit "offenem Visier" gekämpft und sich mit seiner Handschlagqualität als Sozialpartner "von Schrot und Korn" erwiesen, meinte Khol.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) würdigte seinerseits die beiden Kollegen und stellte pointiert fest, er würde sich gern auch von Dr. Moser verabschieden. Er untermauerte abermals die Vorwürfe in Bezug auf die Parteispende, äußerte den Verdacht der illegalen Parteifinanzierung und bezeichnete Moser als "Gefahr" für den Rechnungshof. Er appellierte an die Abgeordneten, dem Rechnungshof eine Chance zu geben und Moser nicht zum Präsidenten zu wählen. werde.

Bei der Abstimmung wurde zunächst der S-G-Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuss abgelehnt.

Auf Vorschlag des Hauptausschusses wählte der Nationalrat in geheimer Wahl Dr. Josef Moser zum Präsidenten des Rechnungshofes. Bei 179 abgegebenen gültigen Stimmen wählten 94 Abgeordnete Dr. Moser, 85 Abgeordnete votierten gegen ihn, teilte Nationalratspräsident Dr. Khol mit.

KURZE DEBATTE ZU EINER ANFRAGEBEANTWORTUNG DURCH DEN FINANZMINISTER

Abgeordnete Dr. MOSER (G) nahm zunächst zur Regierungsumbildung Stellung und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass viele Beobachter der innenpolitischen Szene eigentlich den Finanzminister als ablösereif bezeichnet haben. Gründe dafür seien unter anderem die Homepage-Affäre, die ungeschickten Auftritte auf EU-Ebene, die Entscheidung über den Ankauf der Eurofighter und die missglückte Steuerreform, die nur Millionengeschenke für Großunternehmen brachte. Der letzte Misserfolg war nun der Verkauf von 62.000 Bundeswohnungen und von 5,1 Millionen Quadratmetern Grund um lediglich 850 Mill. €., kritisierte Moser. Außerdem befürchtet sie, dass - trotz gegenteiliger Beteuerungen - in Zukunft bei Neuvermietungen eine höhere Miete verlangt werden kann, zumal

es nicht sicher sei, ob das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) warf seiner Vorrednerin vor, unsachlich zu argumentieren und die Bevölkerung falsch zu informieren. Er sei überzeugt davon, dass der Verkauf der Bundeswohnungen sehr erfolgreich abgewickelt wurde. Großruck gratulierte dem Finanzminister dafür, dass es ihm gelungen sei, den Bundeswohnungsanteil zu einem Spitzenpreis und noch dazu an österreichische Investoren zu verkaufen. Insgesamt wurde nämlich ein Erlös in der Höhe von 2,639 Mrd. € (inklusive Schulden) erzielt, stellte der Abgeordnete klar, dies entspreche einem Nettoerlös von 961 Mill. €. Außerdem komme eine Mietpreiserhöhung nicht in Frage, denn es heiße, "einmal gemeinnützig - immer gemeinnützig".

Bei der vorliegenden Causa gehe es nicht nur um den größten Immobilientransfer in der Zweiten Republik, sondern auch um die größte Vermögensverschiebung, von der tausende Menschen betroffen sind, gab Abgeordnete BURES (S) zu bedenken. Es handle sich im konkreten um 62.000 Wohnungen und um über 5 Millionen Quadratmeter unbebaute Fläche, die ihrer Meinung nach völlig unseriös "verscherbelt" werden. Zudem wurden Millionen für komplett unnötige Berater ausgegeben, was auch vom Rechnungshof kritisiert wurde. Auch das Ziel, die Mieter zu Eigentümern zu machen wurde verfehlt, bemängelte Bures, da nur knapp 2 % der Mieter die Chance hatten, die Wohnung zu erwerben. Während nämlich den Mietern die Wohnungen um 1.400 € pro Quadratmeter angeboten wurden, müssen die Investoren nur mehr 300 € bezahlen.

Finanzminister Mag. GRASSER zeigte sich dankbar darüber, dass er - nach einer sehr erfolgreichen Veräußerung des Bundeswohnungsportfolios - das Parlament direkt informieren könne. Man sei bei dieser Privatisierung äußerst professionell vorgegangen und habe dadurch sowohl für die Steuerzahler als auch für die Mieter ein sehr gutes Ergebnis erzielt, war der Ressortchef überzeugt. "Niemand habe uns zugetraut, dass wir 2,639 Mrd. € in Summe für die Steuerzahler" lukrieren können, hob der Finanzminister hervor.

Sodann skizzierte er den Ablauf des Verkaufs der fünf Bundeswohnbaugesellschaften bzw. der 62.000 Einzelwohnungen. Es wurde ein sehr transparentes und objektives Verfahren gewählt, zu dem internationale Experten beigezogen wurden und das alle beihilfenrechtlichen Vorgaben der EU berücksichtigt hat. Den Mietern wurden zunächst die Wohnungen zum Kauf angeboten und mehr als 1.000 haben sich auch dazu entschlossen, führte Grasser weiter aus. Die übrigen Mieter können sich darauf verlassen, dass es weiterhin Durchschnittsmieten in der Höhe von 2,4 € pro Quadratmeter gibt, denn der österreichische Neueigentümer könne in keiner Weise in bestehende Verträge eingreifen.

Abgeordneter NEUDECK (F) sprach von einem "Eigentor", das sich Moser mit dieser Anfrage geschossen habe. Es wurde nämlich nicht nur ein äußerst transparentes Vergabeverfahren gewählt, man habe schließlich auch einen "Superpreis" erzielt. Positiv sei auch, dass sich die BUWOG nun von einer SPÖ-Zweigstelle in ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen verwandelt. Neudeck warf den Sozialdemokraten auch vor, dass deren Verunsicherungskampagne dazu geführt habe, dass nicht mehr Mieter Wohnungen erworben haben.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) schloss sich der Meinung der Redner der Regierungsparteien nicht an, wonach es sich bei der Veräußerung der Bundeswohnungen um einen tollen Verkaufserfolg handelt. Für einen Jubelauftritt sehe er angesichts der erzielten 900 Mill. € wenig Anlass. Kritisch betrachtete er auch, dass über 8,5 Mill. € für Berater ausgegeben wurden.

Im Anschluss an die 69. Sitzung fand eine 70. Sitzung des Nationalrates statt, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen diente.

(Schluss)