Parlamentskorrespondenz Nr. 665 vom 05.10.2004

WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS: NEUE BESTIMMUNGEN FÜR VERSICHERUNGSVERMITTLER

Bundeswettbewerbsbehörde verlangt nach wie vor mehr Personal

Wien (PK) - Mit der Vermittlung von Versicherungen sollen sich in Zukunft nur Personen befassen dürfen, die eine Berechtigung für die Gewerbe "Gewerbliche Vermögensberatung", "Versicherungsvermittlung" oder für ein dazugehöriges Nebengewerbe haben. Dies sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (616 d.B.) vor, der heute vom Wirtschaftsausschuss des Nationalrats mit VP-FP-Mehrheit gebilligt wurde und mit dem eine EU-Richtlinie über Versicherungsvermittlung in Österreich umgesetzt wird. Die Tätigkeit der "Versicherungsvermittlung" wird dabei in der Gewerbeordnung genau definiert, zudem wird ein eigenes "Versicherungsvermittlerregister" eingeführt. Die Nichteinhaltung von Verpflichtungen soll straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen, weiters ist eine Haftpflichtabsicherung vorgesehen.

Im Mittelpunkt der Diskussion im Ausschuss stand die Frage, ob jemand gleichzeitig als ein - von Versicherungsunternehmen abhängiger - Versicherungsagent und als unabhängiger Versicherungsmakler tätig sein könne. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Ausschussvorsitzender Reinhold Mitterlehner (V) wiesen darauf hin, dass, würde man einem gebundenen Agenten verbieten, konkurrierende Versicherungsprodukte anzubieten, eine Diskriminierung von Österreichern gegenüber anderen EU-Bürgern vorliegen würde, da die EU-Richtlinie derartige Unterscheidungen nicht treffe. Um den Konsumentenschutz zu verbessern, brachte die Koalition jedoch einen Abänderungsantrag ein, demzufolge der Versicherungsvermittler den Konsumenten bei einem Beratungsgespräch darüber informieren muss, ob er im konkreten Fall als Versicherungsagent oder als Versicherungsmakler tätig sei.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) sprach sich dem gegenüber dafür aus, eine sorgfältige Trennung zwischen Makler und Agenten vorzunehmen. Für den Konsumenten müsse klar ersichtlich sein, wann er es mit einem unabhängigen Makler und wann er es mit einem abhängigen Agenten zu tun habe, betonte er. Abgeordneter Werner Kogler (G) verwies darauf, dass in einer ersten Version des Abänderungsantrages ein Verbot der gleichzeitigen Tätigkeit als Versicherungsmakler und Versicherungsagent vorgesehen gewesen sei.

Ausschussvorsitzender Reinhold Mitterlehner (V) bekräftigte, für ihn gebe es keinen Grund, die Tätigkeit von Mehrfachagenten zu verhindern, noch dazu wo es sehr weitreichende Haftungsregelungen gebe. Die Umsetzung der EU-Richtlinie solle nicht für brancheninterne Kämpfe missbraucht werden, warnte er.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein wies auf die vorgesehene Aufklärungspflicht für Konsumenten hin und betonte, es gebe ein Gewerbe des Versicherungsvermittlers mit der Unterteilung in Agenten und Makler.

Die Regierungsvorlage wurde schließlich unter Berücksichtigung eines von der Koalition eingebrachten Abänderungsantrages mit VP-FP-Mehrheit gebilligt. Neben den neuen Bestimmungen für Versicherungsvermittler enthält sie – um einer möglichen Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof wegen der unvollständigen Umsetzung einer EU-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung vorzubeugen – auch Änderungen des gewerblichen Betriebsanlagenrechts sowie einzelne Detailänderungen der Gewerbeordnung.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) hielt dazu fest, die Grünen freuten sich sehr, dass künftig Lärmschutzauflagen für den Betrieb von Gastgärten möglich seien. Ablehnend äußerte sie sich hingegen über die vorgesehene Aufhebung des Versandhandelsverbots für Nahrungsergänzungsmittel.  

BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE VERLANGT NACH WIE VOR MEHR PERSONAL

Im Zentrum der Beratungen über den von Wirtschaftsminister Bartenstein vorgelegten Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für den Zeitraum 1. Juli 2003 bis 30. April 2004 (III-101 d.B.) stand die prekäre Personalsituation der Behörde. Generaldirektor Walter Barfuß gab zu bedenken, dass die Personalsituation noch problematischer sei als vor einem Jahr, zum einen weil die Bundeswettbewerbsbehörde immer stärker in das europäische Netzwerk der Wettbewerbsbehörden eingebunden werde, zum anderen weil ihre Bekanntheit auch in Österreich gestiegen sei. Er habe allerdings keinen Einfluss auf den Stellenplan, erklärte er, dies sei eine Angelegenheit des Bundesfinanzgesetzes.

Unterstützt wurde die Forderung von Barfuß nach mehr Personal von der SPÖ. Sowohl Abgeordneter Johann Moser als auch sein Fraktionskollege Christoph Matznetter machten darauf aufmerksam, dass in Zukunft eher mehr als weniger Aufgaben auf die Bundeswettbewerbsbehörde zukommen. Moser warnte vor Schäden für Konsumenten und kleine Betriebe, sollte die Bundeswettbewerbsbehörde aus Personalmangel ihre Aufgaben nicht zufriedenstellend wahrnehmen und nicht für einen funktionierenden Wettbewerb sorgen können. Es müsse dem Wirtschaftsminister doch möglich sein, vom Finanzminister, der Millionen für externe Beraterverträge ausgebe, Geld "abzuzwicken", sagte er. Im Konkreten wies Moser auf Probleme durch Konzentrationen im Handel, insbesondere im Lebensmittelhandel, hin.

Seitens der Grünen zeigte Abgeordnete Michaela Sburny (G) kein Verständnis dafür, dass sich die Personalsituation in der Bundeswettbewerbsbehörde seit der letzten Diskussion im Wirtschaftsausschuss vor knapp einem Jahr nicht nur nicht verbessert, sondern sogar verschärft habe. Auf die prekäre Personalsituation wies auch Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) hin.

Abgeordnete Carina Felzmann (V) äußerte großes Lob für die Arbeit von Generaldirektor Barfuß und sein Team und verwies insbesondere auf die Effizienz der Behörde.

Von den Abgeordneten angesprochen wurden darüber hinaus das Verhältnis zwischen der Bundeswettbewerbsbehörde und der Wettbewerbskommission, die Zusammenarbeit mit den Regulatoren, die Missbrauchsaufsicht und die Übernahme des Postbusses durch den Bahnbus.

Generaldirektor Barfuß hielt dazu fest, dass sich die Zusammenarbeit seiner Behörde mit der Wettbewerbskommission zuletzt entschieden verbessert habe. Diese funktioniere "ganz ausgezeichnet", seit die Kommission einen neuen Vorsitzenden habe. Darüber hinaus verwies er auf die gute Kooperation mit den diversen Regulatoren.

Was die Genehmigung der Übernahme des Postbusses durch den Bahnbus betrifft, sagte Barfuß, in keiner Sache hätten die Medien so viel Falsches geschrieben wie darüber. Im Prinzip sei es nur um eine Aktienübertragung von der ÖIAG, die dem Staat gehöre, an die ÖBB, die ebenfalls dem Staat gehöre, gegangen.

Die Frage, wer eigentlich die unabhängige und weisungsfreie Bundeswettbewerbsbehörde prüfe, beantwortete er mit Hinweisen auf das Parlament, den Rechnungshof, die Volksanwaltschaft, die Medien, die Rechtsabteilungen großer Unternehmen, die Regulatoren und die Wettbewerbskommission. In diesem Zusammenhang zeigte er sich über einen heute zugestellten Rohbericht des Rechnungshofes, der die Arbeit der Bundeswettbewerbsbehörde unter die Lupe genommen hatte, erfreut.

Skeptisch äußerte sich Barfuß in Bezug auf ex-post-Entflechtungen. Er glaube nicht, dass es zu seinen Lebzeiten in Österreich zu einem solchen Schritt kommen werde, meinte er. Die Missbrauchsaufsicht wertete er hingegen als nicht so zahnlos, wie vielfach dargestellt. Hier helfe die Tatsache, dass die Öffentlichkeit, was das Thema Wettbewerb betreffe, sehr sensibel geworden sei, unterstrich er.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein meinte, er könne den Wünschen des Generaldirektors bezüglich Personalaufstockung durchaus folgen, sei aus budgetären Gründen aber nicht in der Lage, alle Wünsche  von Barfuß zu erfüllen. Er werde sich aber um eine Personalaufstockung bemühen, bekräftigte er. Geleistete Überstunden, die nicht in Zeitausgleich abgegolten werden könnten, würden, so Bartenstein, jedenfalls bezahlt. Zuvor hatte sich die SPÖ verwundert darüber gezeigt, dass im Bericht von unbezahlten Überstunden die Rede sei.

Hinsichtlich der Nachbesetzung der offenen Stellen in der Wettbewerbskommission kündigte Bartenstein eine Entscheidung für die nächsten Wochen an.

Die Bundeswettbewerbsbehörde ist nicht nur für österreichisches Wettbewerbsrecht zuständig, sondern auch für die Wahrung der Wettbewerbsregeln der Europäischen Union. Im Berichtszeitraum befasste sie sich u.a. mit dem Schiverbund "Ski amade", dem Bankomatvertrag von Europay Austria, dem neuen Tarifsystem der Telekom Austria, dem niederländisch-österreichischen Brau-Zusammenschluss Heineken/BBAG und Verbandsempfehlungen, wobei Generaldirektor Walter Barfuß im Bericht die Missbrauchskontrolle als besonders schwierig und arbeitsaufwändig qualifizierte. Insgesamt ziehen die Wettbewerbshüter eine positive Bilanz ihrer bisherigen Arbeit, fordern allerdings mehr Personal ein, um den quantitativ und qualitativ gestiegenen Arbeitsanfall bewältigen zu können.

Der Bericht wurde mit VP-VP-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

ANTRAG DER GRÜNEN VERTAGT

Mit VP-FP-Mehrheit vertagt wurden schließlich die Beratungen über einen Antrag der Grünen (235/A[E]), dem zufolge es zu einem zwingenden Entzug der Gewerbeberechtigung kommen soll, wenn im Wiederholungsfall einer Person auf Grund ihrer Nationalität, Hautfarbe, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder Religion der Zutritt zu oder die Bedienung in einem Lokal verweigert wird.

Abgeordneter Johann Ledolter (V) begründete die Vertagung damit, dass keine prompte Regulierung notwendig sei, und vertrat die Ansicht, dass man auch nach der geltenden Rechtslage gegen Gastwirte vorgehen könne, die aus rassistischen Gründen Personen den Zutritt zum Lokal verweigerten. Im Übrigen meinte er, dass Zurückweisungen aus rassistischen Gründen in der Praxis nicht erfolgten.

Diese Aussagen wurde von Abgeordnetem Werner Kogler (G) und seiner Fraktionskollegin Michaela Sburny scharf zurückgewiesen. Ein Verfahren, das die Grünen durchgefochten hätten, zeige deutlich, dass die bestehende Rechtslage nicht ausreichend sei, unterstrich Kogler. Sowohl er als auch Sburny machten überdies geltend, dass immer wieder vermeintliche Nicht-Österreicher, insbesondere Schwarzafrikaner, am Betreten eines Lokals gehindert würden. Abgeordneter Dietmar Hoscher (S) hielt fest, seiner Meinung nach gehörten einige Entzugstatbestände der Gewerbeordnung verschärft, nicht nur im Zusammenhang mit rassistisch motivierten Abweisungen, sondern etwa auch bei illegaler Beschäftigung.

Abgeordnete Mares Rossmann (F) wies auf Probleme bei der Beweisführung hin und erklärte, dass durch die Umsetzung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie schon sehr viel getan wurde. (Schluss)