Parlamentskorrespondenz Nr. 671 vom 06.10.2004

DAS ARBEITSPROGRAMM DES NEUEN RECHNUNGSHOFPRÄSIDENTEN JOSEF MOSER

Moser will alle Gemeinden prüfen und RH-Prüfer speziell ausbilden

Wien (PK) - Im heutigen Rechnungshofausschuss stellte sich der neue Rechnungshofpräsident Josef Moser Obmann Werner Kogler und den Ausschussmitgliedern mit einer programmatischen Erklärung zu seiner Amtsführung vor, zu der die Abgeordneten in einer aktuellen Aussprache Stellung bezogen.

Präsident Moser knüpfte in seinem Verständnis der Tätigkeit des Rechnungshofs an die Kontrollhoheit des Nationalrats an und unterstrich dabei die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Rechnungshofs von der Vollziehung. Auch werde er die Linie seines Vorgängers Fiedler, der den Rechnungshof als parteiunabhängiges Organ des Nationalrats etabliert hat, fortsetzen. Moser versteht den Rechnungshof als Anwalt des Steuerzahlers, aber auch als einen sachverständigen Berater der Entscheidungsträger. Da er darauf angewiesen sei, dass das Parlament seinen Empfehlungen zum Durchbruch verhelfe, sei ihm die Qualität der Rechnungshofberichte sehr wichtig, auch wolle der den Kontakt zum Nationalrat und zum Rechnungshofausschuss intensivieren, sagte Moser. 

"Der Rechnungshof muss sich rechnen", sagte der neue Rechnungshofpräsident weiter, seine Leistungen bei der Verbesserung der Verwaltung müssen darzustellen sein. Josef Moser will die Effizienz des Rechnungshofs erhöhen und dessen Know-how verstärkt auch Bundesländern und Gemeinden zur Verfügung stellen. In diesem Zusammenhang wiederholte Josef Moser seinen Vorschlag, seitens des Rechnungshofs nicht erst nach Abschluss eines Projekts, sondern bereits davor tätig zu werden. Er denke nicht an eine begleitende Kontrolle, aber doch daran, bei einem Bauprojekt schon ab Abschluss der Planungsphase nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu prüfen.

Als ein Projekt, das schon auf Schienen stehe, stellte Präsident Moser die Einrichtung eines dreisemestrigen Universitätslehrgangs für eine zertifizierte Ausbildung künftiger Mitarbeiter des Rechnungshofs, der Landesrechnungshöfe sowie von internen Revisionen vor. Um die Tätigkeit im Rechnungshof für die hochqualifizierten Mitarbeiter des Rechnungshofs, wie Moser mehrmals betonte, attraktiver zu gestalten, ersuchte er die Abgeordneten um Unterstützung seiner Absicht, ein eigenes Dienst- und Besoldungsrecht für den Rechnungshof einzuführen, das insbesondere auch dem Leistungsprinzip entsprechen soll.

Um die Zeit bis zur Vorlage und Behandlung seiner Berichte im Nationalrat zu verkürzen, will der Rechnungshofpräsident einerseits mehr Einzelberichte vorlegen und andererseits die Stellungnahmefrist für die geprüften Stellen von drei Monaten auf sechs Wochen verkürzen. 

Durch den häufigeren Einsatz des Instruments der Querschnittsprüfung will der Rechnungshofpräsident erreichen, dass positive Entwicklungen in einzelnen Dienststellen rascher auf andere Einheiten übertragen werden können.

An den Österreich-Konvent werde er mit dem Vorschlag herantreten, die Prüfungskompetenz des Rechnungshofs bei öffentlichen Beteiligungen nach Vorbild der Bundesländer Steiermark und Burgenland von 50 % auf 25 % abzusenken.

Absenken möchte der Rechnungshofpräsident auch die Mindestgröße von 20.000 Einwohnern bei Gemeinden, ab der dem Rechnungshof die Prüfungskompetenz zukomme. Moser argumentierte mit der Verschuldung der Gemeinden, die in den letzten Jahren massiv zugenommen habe. Auf EU-Ebene hielt Präsident Moser einheitliche Prüfstandards für eine Voraussetzung, um als nationaler Rechnungshof im Auftrag des Europäischen Rechnungshofs Direktförderungen zu prüfen.

Außer dem Projekt "Zertifizierte Ausbildung für öffentliche Finanzkontrollore" stehe ein weiteres zur Effizienzsteigerung und für ein Rechnungshof-Benchmarking bereits auf Schienen, berichtete Josef Moser.

DIE STELLUNGNAHMEN DER ABGEORDNETEN

In der Debatte sprach Abgeordneter Günter Kräuter (S) von einem ambitionierten Programm des neuen Rechnungshofpräsidenten und wünschte ihm bei der Umsetzung alles Gute. Er sei gerne bereit, über diese Vorschläge zu diskutieren und unterstützte spontan die Forderung nach einem eigenen Dienst- und Besoldungsrecht des Rechnungshofs. Die Autorität des Rechnungshofs sah Kräuter durch jüngste Äußerungen der steirischen Landeshauptfrau zum Thema ESTAG  in Gefahr, die die Prüfergebnisse des Rechnungshofs mit dem Hinweis auf Gutachten relativieren wollte, die von der geprüften Stelle selbst in Auftrag gegeben worden waren. Für notwendig hält Kräuter Überprüfungen im Bereich der Lkw-Maut durch den Rechnungshof, weil dort Einnahmenausfälle in der Höhe von 30 Millionen € drohten.

Einen guten Start wünschte Josef Moser auch ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr, der sich positiv zum Vorschlag äußerte, die Stellungnahmefrist für die geprüften Stellen auf sechs Wochen zu reduzieren. Außerdem interessierte sich Gahr für Maßnahmen zur Sicherung der Vetraulichkeit von Rohberichten.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) stieß in das selbe Horn und forderte Konsequenzen für die unzulässige Veröffentlichung von Rohberichten, weil dadurch Schaden für die geprüften Unternehmen entstehe.

Abgeordneter Detlev Neudeck (F) sah nicht nur die geprüften Stellen, sondern auch den Rechnungshof selbst beschädigt, wenn Rohberichte an die Öffentlichkeit gehen, weil der Rechnungshof aus tagespolitischen Befindlichkeiten herausgehalten werden müsse. Neudeck kritisierte außerdem, dass sich Funktionäre der öffentlichen Wirtschaft hinsichtlich ihrer Einkommen und zusätzlichen Leistungen nach wie vor hinter dem Datenschutz verbergen können.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) erkundigte sich nach den Details der vorgeschlagenen Vorfeldprüfungen des Rechnungshofs und sah das Interesse des Rechnungshofpräsidenten für die Gemeindefinanzen positiv. Beim Vergleich der Finanzen verschiedener Gemeinden sollte auch jener "graue Finanzausgleich" überprüft werden, der, so Gaßner, aus Parteizuwendungen bestehe.

Abgeordneter Hannes Missethon (V) erkundigte sich nach den Vorstellungen des neuen Rechnungshofpräsidenten zur Abgrenzung der Kompetenzen des Rechnungshofs von anderen Prüfinstitutionen.

Abgeordneter Werner Kogler (G) meinte hinsichtlich der Gutachten, die in der Steiermark zum Thema ESTAG vom Unternehmen selbst in Auftrag gegeben wurden, es könne bei Prüfungen nicht gleichgültig sein, von welcher Ebene sie kommen, der ESTAG-Prüfungsauftrag an den Rechnungshof stamme von der Steiermärkischen Landesregierung und dem Landtag.

Abgeordnete Christine Lapp (S) zeigte sich mit dem Rechnungshofpräsidenten darin einig, dass die Mitarbeiter des Rechnungshofs über eine hohe Qualifikation verfügen und konnte sich die dreisemestrige Ausbildung für Neueinsteiger nur als eine Postgraduate-Ausbildung vorstellen. Während sie vermehrte Einzelberichte positiv sieht, um rascher auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können, sah Lapp bei Querschnittsprüfungen die Gefahr der Oberflächlichkeit.

Abgeordneter Walter Murauer (V) meinte zum Thema ESTAG-Gutachten, es müsse erlaubt sein, auch andere Meinungen einzuholen. Beim Thema Vertraulichkeit von Rohberichten plädierte der Redner dafür, alle Kontrollmöglichkeiten auszuschöpfen. Gegenüber Mosers Vorschlägen hinsichtlich einer Zwischenkontrolle ließ Murauer Skepsis durchblicken: "Wer bestimmt, welche Zwischenkontrollschritte gesetzt werden", lautete seine Frage. In seinem Bundesland Oberösterreich gebe es keine zusätzlichen Parteigelder für Gemeinden, hielt Murauer unisono mit seinem Fraktionskollegen Hornek gegenüber Abgeordnetem Gaßner fest.

Abgeordneter Christian Puswald (S) wandte sich entschieden dagegen, wenn von einer geprüften Stelle nach Vorlage des Abschlussberichts Gutachten präsentiert werden. Eine solche Vorgangsweise als Abgeordneter zu akzeptieren, hieße Nationalrat und Rechnungshof als oberste Organe selbst ad absurdum zu führen. Die Problematik veröffentlichter Rohberichte bestehe vor allem auch darin, dass der Rechnungshof selbst an der durch die Veröffentlichung entstehenden Diskussion nicht teilnehmen könne, weil er sich bis zum Vorliegen des Endberichts an die Vertraulichkeit halten müsse. Bemerkenswert sei, dass Kritik, die nach Rohberichtsveröffentlichungen erhoben werde, nach Vorliegen des Endberichts oft verstumme. Voraussetzung dafür sei die hohe Qualität der Rechnungshofberichte, die Präsident Fiedler sehr am Herzen lag.

Rechnungshofpräsident Moser erläuterte den Abgeordneten die Verschlussbestimmungen und das Codierungssystem für Rohberichte, die es erlauben, klar nachzuvollziehen, welche Stellen undicht seien. Er werde mit Nachdruck daran arbeiten, die Vertraulichkeit von Rohberichten zu wahren.

Aus seiner Tätigkeit im Bereich des Eisenbahnbaus wisse er, wie wichtig es sei, Projekte nicht auf ihren betriebswirtschaftlichen Nutzen zu reduzieren, sondern den umwelt- sowie den volkswirtschaftlichen Nutzen in die Kontrolle mit einzubeziehen. Ein vorläufiges Prüfergebnis zum Thema Lkw-Maut werde den Abgeordneten bereits in der dritten Oktoberwoche vorliegen.

Ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs verhindere die Kontrolle der Bezüge von Funktionären im Bereich der öffentlichen Wirtschaft, informierte Präsident Moser und teilte mit, dass der Einkommensbericht gemäß dem Bezügebegrenzungsgesetz künftig von der Statistik Austria verfasst werden könnte.

Da der Rechnungshof Gemeindebetriebe nicht prüfen könne, halte er Querschnittsprüfungen für ein gutes Instrument, um den Gemeinden Informationen über Einsparungsmöglichkeiten zu geben.

Die modulartig aufgebaute dreisemestrige Ausbildung für öffentliche Finanzkontrollore soll internationalen Standards entsprechen und auch für Bedienstete der Landesrechnungshöfe offen stehen.

Der Rechnungshof werde in seiner eigenen Gebarung als Vorbild vorangehen und den Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit selbstverständlich Rechnung tragen, sagte Präsident Moser; hinsichtlich der internationalen Verpflichtungen beim INTOSAI-Kongress in Budapest meldete er allerdings zusätzlichen Finanzbedarf an. (Schluss Aktuelle Aussprache/Forts. RH-Ausschuss)