Parlamentskorrespondenz Nr. 770 vom 28.10.2004

SOZIALAUSSCHUSS SETZT BERATUNGEN ÜBER PENSIONSHARMONISIERUNG FORT

Sozialminister Haupt gegen Einführung einer Maschinensteuer

Wien (PK) - Der Sozialausschuss des Nationalrats vertagte heute nach fast sechsstündiger Debatte die Beratungen über das Pensionsharmonisierungsgesetz. Sie sollen am 12. November fortgesetzt werden. Die Abgeordneten einigten sich dabei auf Vorschlag von Ausschussvorsitzender Heidrun Silhavy darauf, beim nächsten Mal die Diskussion zu gliedern und einige Punkte - etwa die Übergangsregelungen, die Abschläge und den Pensionskorridor - genauer unter die Lupe zu nehmen.

Opposition und Regierungsparteien vertraten auch im zweiten Teil der Beratungen unterschiedliche Standpunkte. (Zum ersten Teil der heutigen Beratungen siehe PK Nr. 768!) So meinte Abgeordneter Richard Leutner (S), er sei nach wie vor davon überzeugt, dass die Parallelrechnung die beste Übergangslösung sei. Er sprach sich allerdings dafür aus, die Parallelrechnung auf dem vor dem Jahr 2003 geltenden Pensionsrecht "aufzusetzen". Damit würde man doppelte Abschläge vermeiden. Leutner gab überdies zu bedenken, dass bei Inanspruchnahme der Invaliditätspension die vollen Abschläge zum Tragen kämen, selbst wenn der Betroffene 25 oder mehr Schwerarbeiterjahre habe.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) prognostizierte Verluste bei den Frauenpensionen im Ausmaß von 20 % und forderte eine Verbesserung bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten. Ihrer Auffassung nach können die vorgesehenen "geringfügigen" Verbesserungen die Verluste aus dem längeren Durchrechnungszeitraum nicht wettmachen.

Abgeordnete Renate Csörgits (S) legte ein klares Bekenntnis zur ersten Säule der Pensionsversicherung ab und äußerte Bedenken gegen die dritte Säule. Eine private Versicherung könne nie so sicher und so günstig sein wie eine staatliche Versicherung, betonte sie. Csörgits zeigte sich außerdem davon überzeugt, dass sehr wohl auch ein Pensionskorridor für Frauen möglich gewesen wäre, wenn man dies gewollt hätte. Es würde eine EU-konforme Regelung geben.

Abgeordneter Maximilian Walch (F) warf Arbeiterkammer und ÖGB vor, in der Öffentlichkeit bewusst Unwahrheiten zu verbreiten. Darüber hinaus wies er auf Besserstellungen für Familien und Frauen hin.

Abgeordneter August Wöginger (V) meinte, es herrsche Konsens darüber, dass Veränderungen im Pensionssystem vorgenommen werden müssten. Die demographische Entwicklung zwinge zu Reformen. Ihm zufolge muss die erste Säule des Pensionssystems auch weiterhin eine wesentliche Rolle spielen, er wies aber auch der zweiten und der dritten Säule eine maßgebliche Bedeutung zu. So hält Wöginger die zweite Säule - die Mitarbeiter-Vorsorge - für eine soziale Errungenschaft, da damit Abfertigungsansprüche allen zugute kämen. Auch der dritten Säule sollte man sich nicht verschließen.

Abgeordneter Dietmar Keck (S) plädierte dafür, die schon vor Jahren vorgeschlagene Wertschöpfungsabgabe in die Diskussion einzubeziehen.

Abgeordneter Franz Riepl (S) interpretierte die vom Sozialministerium vorgelegten Zahlen dahingehend, dass Arbeiter und Angestellte in Zukunft noch mehr als bisher ihre Pensionen selber zahlen müssten, während bei allen anderen Gruppen der genau gegenteilige Effekt eintrete und der Bundeszuschuss steige. Er fragte sich, ob das gesellschaftlich gerecht sei.

Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler (V) wandte sich dagegen, Frauen mit Kindern und Frauen ohne Kinder gegeneinander auszuspielen. Frauen würden in Zukunft ganz andere Lebensverläufe haben als bisher, zeigte sie sich zuversichtlich, das werde sich positiv auf ihre Pensionen auswirken. Das Problem der nach wie vor bestehenden Einkommensschere zwischen Männern und Frauen kann ihrer Meinung nach allerdings nicht mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz gelöst werden. In Richtung Abgeordnetem Öllinger hielt Scheucher-Pichler fest, die ÖVP wolle keine Grundpension - eine Grundsicherung sei durch die Ausgleichszulage ohnehin gegeben.

Ausschussvorsitzende Heidrun Silhavy (S) meinte, es gebe generell einen wesentlichen Unterschied zwischen der SPÖ und den Regierungsparteien, was die Einstellung zur Altersvorsorge betrifft. Während die SPÖ dafür sei, weiter auf das bestehende solidarische Modell zu setzen, wollten ÖVP und FPÖ vor allem die zweite und die dritte Säule stärken.

Abgeordneter Georg Keuschnigg (V) wies darauf hin, dass durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft viele Bauern Pensionsbeiträge in das ASVG-System einzahlten und damit einen Beitrag zum hohen Deckungsgrad dieses Systems leisteten.

Abgeordneter Karl Öllinger gab zu bedenken, dass die vorgesehen Schwerarbeiterregelung keine Lösung für Frauen sei, da sie für eine Inanspruchnahme 45 Versicherungsjahre benötigen würden.

Sozialminister Herbert Haupt sprach sich strikt gegen die Einführung einer "Maschinensteuer" zur Sicherung des Pensionssystems aus. Eine derartige Maßnahme sei vielleicht früher überlegenswert gewesen, meinte er, heute könne sich Österreich solch "isolierte Vorschläge" nicht leisten, da viele Betriebe aus Österreich abziehen würden. Haupt verteidigte zudem die Bundeszuschüsse zu den Pensionsversicherungsbeiträgen der Bauern und machte darauf aufmerksam, dass es viele Nebenerwerbslandwirte gebe, die auch in die Allgemeine Sozialversicherung Beiträge einzahlten.

Finanzstaatssekretär Alfred Finz hielt fest, dass die Pensionsverluste für die Beamten "äußerst gering" sein werden. Das Finanzministerium habe verschiedenste Beispiele durchgerechnet, skizzierte er, vom Exekutivbeamten bis zum Richter, und sei auf Maximalverluste von 15,3 % gekommen. Wenn man überdies berücksichtige, dass die Betroffenen weniger Pensionsbeiträge zahlen müssten, würden die Verluste weiter sinken. Darüber hinaus sei die Regierung in Verhandlung mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst über die Einrichtung einer Pensionskasse. Generell sind Finz zufolge die Verluste für Beamte, deren Gehalt über der Höchstbeitragsgrundlage liegt, wesentlich höher als für weniger verdienende Beamte.

Dass sich der Deckungsgrad bei der Pensionsversicherung der Arbeiter und Angestellten erhöht, begründete Finz zum einen mit dem durch die Pensionsreform 2003 bewirkten späteren Pensionsantritt, zum anderen wies er auf zusätzliche Überweisungen seitens des AMS und des FLAF hin.

Staatssekretär Franz Morak plädierte dafür, nicht ständig darüber zu reden, wie man möglichst früh in Pension gehen könne, sondern wie es gelingen könne, auch älteren Menschen entsprechende Arbeit zu bieten. Sehr viele Menschen würden sich über Arbeit definieren, unterstrich er. (Schluss)