Parlamentskorrespondenz Nr. 802 vom 09.11.2004

SPÖ KRITISIERT VERSCHWENDUNG VON STEUERMITTELN

Dringliche Anfrage an Finanzminister Grasser

Wien (PK) - "Verschwendung von Steuermitteln und Verschleuderung von Staatsvermögen" lautet der Vorwurf, den die Sozialdemokraten in einer Dringlichen Anfrage an Finanzminister Grasser richteten. Abgeordneter Dr. CAP (S) machte in der Begründung der Dringlichen Anfrage die Regierung für den, wie er vorrechnete, absolut höchsten Schuldenstand der Zweiten Republik  verantwortlich und warf dem Finanzminister Verschleuderung von Staatsvermögen vor. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Kosten für externe Beratung vor dem Hintergrund gleichzeitiger Personalaufstockung im Ressort. Cap bezichtigte die Koalition zudem der parteipolitischen Postenbesetzung und der Privilegienverteilung und stellte fest, die Symbolfiguren dieser Politik seien Finanzminister Grasser und sein "treuer Helfer" Staatssekretär Finz.

Kein Verständnis zeigte der Redner auch für die Beschaffung von 40 Dienstwagen der Luxusklasse. In Zeiten der Einsparungen in sämtlichen Bereichen zu Lasten der Bevölkerung werfe die Regierung das Geld für steigende Repräsentationskosten und Beratungen beim Fenster hinaus, resümierte Cap.

Aufklärung verlangte Cap weiters über die für das Jubiläumsjahr 2005 und den österreichischen EU-Vorsitz geplanten Mittel und Aktivitäten. Es gehe darum, das Geld im Interesse der Steuerzahler aufzuwenden und nicht für eine "Selbstbeweihräucherung" der Regierung und des Bundeskanzlers, monierte Cap.

Finanzminister Mag. Karl-Heinz GRASSER widersprach unter Hinweis auf die kommende Steuerreform und sinkende Abgaben der Darstellung seines Vorredners und kündigte 2005 als "gutes Jahr für Österreich" an. Er warf Cap zudem vor, mit absoluten Zahlen, und nicht, wie es ökonomisch üblich sei, mit Schuldenquoten zu argumentieren. Die Schuldenquote sei jedenfalls seit dem Antritt dieser Regierung gesenkt worden. Während die SP-Finanzminister im Jahresdurchschnitt 3,1 % Defizit produziert hatten, verzeichne diese Regierung nun ein durchschnittliches Defizit von 0,9 %. Dies sei eine "andere Liga" der Finanzpolitik, diese Regierung mache es dramatisch besser als ihre Vorgänger, betonte Grasser.

Die in der Dringlichen u.a. angesprochene Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften verteidigte Grasser und sprach von einer professionellen Abwicklung, die die Interessen der Mieter sichergestellt und einen höchstmöglichen Preis erzielt habe. Der Verkaufserlös komme den Steuerzahlern zugute, während die SPÖ seinerzeit einen Verkauf zugunsten von Partei und Gewerkschaft geplant habe, bemerkte Grasser im übrigen.

Zur Kritik an Beratungsgeldern hielt der Minister fest, der Regierung sei es gelungen, 5,5 Mrd. € an Vermögenszuwachs für die Steuerzahler zu schaffen, die ÖIAG schreibe heute schwarze Zahlen und schütte Dividenden aus. Er, Grasser, stehe zu diesen Beratungen.

In Sachen Dienstwagen warnte Grasser vor einer "Neiddebatte". 30 Jahre lang hätten SPÖ-Minister mindestens ebenso teure Autos gefahren. Die derzeitige Vereinbarung stelle sicher, dass ein Standardfahrzeug gekauft werden kann, das sich durch ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis im Interesse der Steuerzahler auszeichnet. Der Minister stand auch zu den von der SPÖ kritisierten Werbeausgaben. Es handle sich nicht um PR-Aktivitäten, sondern um Information über die Tätigkeit der Bundesregierung, unterstrich er mit Nachdruck. Derartige Ausgaben seien auch zur Zeit der sozialdemokratischen Bundeskanzler selbstverständlich gewesen, fügte er an.

Grasser gab zudem bekannt, dass für das Jubiläumsjahr Überschreitungsermächtigungen von 8,5 Mill. € vorgesehen sind. Angesichts der EU-Präsidentschaft wiederum habe man im Außenamt 40 Mill. €  sowie eine Überschreitungsermächtigung von 10 Mill. € budgetiert. Dies sei weniger, als etwa die niederländische Regierung für ihre Präsidentschaft veranschlagt habe, erinnerte er.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) blieb beim Vorwurf der Geldverschwendung. Der Bevölkerung werde Sparen verordnet, der Finanzminister werfe das Geld mit beiden Händen für Beraterverträge, Werbeausgaben und Dienstkarossen zum Fenster hinaus, kritisierte er.

Als "größte Geldverschwendung" bezeichnete Kräuter den Eurofighter-Ankauf. Der Finanzminister habe anfänglich die Beschaffung abgelehnt, sich dann aber für den teuersten Typ entschieden. Kräuter  kündigte an, die SPÖ werde nicht locker lassen, bis Klarheit über die Hintergründe dieses Geschäftes geschaffen sei.    

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) bezeichnete die Dringliche Anfrage als ein durchsichtiges Manöver der SPÖ, die wieder einmal versuche, den erfolgreichsten Finanzminister der Zweiten Republik mangels eigener wirtschafts- und finanzpolitischer Konzepte "anzupatzen". "Ein Vergleich der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Eckdaten sollte Sie aber sicher machen", sagte Stummvoll und wies auf die hervorragenden Budget-, Arbeitsmarkt- und Wachstumszahlen sowie darauf hin, dass Österreich im EU-Lissabon-Prozess einen Spitzenplatz einnehme.

Abgeordneter BUCHER (F) warf der SPÖ vor, mangels eigener Diskussionsbeiträge zur Wirtschafts- und Finanzpolitik immer wieder Anfragen wegen Beraterhonoraren an den Finanzminister zu stellen, der alle diese Fragen längst in aller Ausführlichkeit beantwortet habe. Dem Finanzminister und der Bundesregierung sei es gelungen, ein positives Wirtschaftsklima in Österreich zu schaffen, lobte Bucher und verwies auf aktuelle Umfragen unter Wirtschaftstreibenden.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) warf seinem Vorredner Stummvoll vor, den meisten Bundesfinanzgesetzen, die er jetzt als "Verschwendungsbudgets" kritisiere, selbst zugestimmt zu haben.  Widersprüche und Unwahrheiten ortete Kogler in der Werbung des Finanzministers für die angeblich größte Steuerreform der Zweiten Republik. Keinesfalls profitierten, wie Grasser behaupte, alle Österreicher von den Entlastungen, sondern nur eine kleine Gruppe - mindestens zwei Millionen Österreicher, die keine Einkommensteuer zahlen, haben laut Kogler nichts von der Steuerreform. Als "PR-Schmäh" charakterisierte Kogler auch Grassers Ansage "Aufschwung durch Entlastung", die etwas suggeriere, was der Finanzminister noch vor kurzer Zeit nicht zu unrecht bestritten habe: dass eine kleine, international verflochtene Volkswirtschaft Konjunkturpolitik treiben könne.

Abgeordnete BURES (S) kritisierte die Finanzpolitik Karlheinz Grassers, die offenbar dem Motto folge "Spare beim Bürger, sei aber großzügig bei dir selbst". Der Rechnungshof analysiere klar, wo der Finanzminister Steuermittel verschwende, etwa wenn er 72 Mill. € für PR-Kampagnen ausgebe. Grasser sei aber nicht der einzige Minister in dieser Regierung, der großzügig mit dem Geld der Bürger umgehe, klagte die Abgeordnete. Der Vizekanzler lege sich einen Teppich um 7.000 € in sein Büro, Staatssekretär Morak feiere seinen Geburtstag luxuriös im Kunsthistorischen Museum und die Regierung insgesamt plane für das kommende Jahr 100 Galafeste, kritisierte Bures, die nachdrücklich die Forderung ihrer Partei nach einem Heizkostenzuschuss wiederholte.

Abgeordneter AMON (V) zollte der SPÖ ironisch Respekt für den Mut, ein wirtschafts- und finanzpolitisches Thema für ihre Dringliche Anfrage zu wählen, "ein Gebiet, auf dem Sie nicht im Verdacht stehen, irgendeine Kompetenz zu haben". Es sei die SPÖ gewesen, die in den Jahrzehnten ihrer Regierungsverantwortung ein gewaltiges Stück Zukunft der Österreicher "verjausnet" habe, sagte Amon und erinnerte die große Oppositionspartei daran, dass sie überall dort, wo sie Verantwortung getragen habe, "verschwendet, verschleudert und überschuldet hat".

Abgeordneter DI HOFMANN (F) setzte die Abrechnung mit der Politik der Sozialdemokraten fort, indem er an die Kapitalvernichtung im Zusammenhang mit dem DDSG-Schiff "Mozart" durch Franz Vranitzky erinnerte, und zeigte sich verwundert darüber, dass die Zeitrechnung beim Thema Finanzschulden für die SPÖ mit dem 4. 2. 2000 beginne. Auch  Arbeitsleihverträge habe es in großer Zahl schon vorher gegeben, führte Hofmann weiter aus und rückte die Kritik der Opposition an der Finanzpolitik der Bundesregierung zurecht, indem er folgende Daten zur Entwicklung des Lohnsteueraufkommens nannte: Von 1989 bis 1995 nahm das Lohnsteueraufkommen um 71 % zu, von 1996 bis 1999 um 35 %, von 2000 bis 2005 aber nur um 15 %.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) registriert beim Thema Finanzpolitik "totalen kollektiven Gedächtnisverlust" der ÖVP, die folgendes Geschichtsbild habe: Eine SPÖ-Minderheitsregierung habe bis zum 4.2.2000 dieses Land ruiniert, dann habe der Quereinsteiger Wolfgang Schüssel die FPÖ angeworben und seitdem die Staatsfinanzen so saniert, dass nur noch Großaufträge an die deutsche Autoindustrie verteilt und mit dem Rest Abfangjäger finanziert werden müssen. In Wahrheit habe mit öffentlichem Eigentum noch niemand so schlecht gewirtschaftet wie diese Bundesregierung in den letzten vier Jahren. Im Detail ging der Redner auf die geplante Drittel-Privatisierung der Postbus AG ein und kritisierte, dass das Management nicht wisse, welches Drittel privatisiert werden soll: Kapital, Linien, Autobusse oder Chauffeure? - So schaut Privatisierung unter Karlheinz Grasser aus, kritisierte Pilz und fügte die Vermutung hinzu: "Hauptsache ein Grasser-Amigo bekommt etwas". Abschließend kündigte Pilz neue Enthüllungen zum Fall "Minerva" an, bei dem der Finanzminister immer geleugnet habe, der Urheber gewesen zu sein.               

Abgeordneter Dr. PUSWALD (S) wollte bei der ÖVP nicht von "kollektivem Gedächtnisverlust", sondern von bewusster Geschichtsfälschung sprechen. Dem Vorwurf, die SPÖ sei für die Höhe der Finanzschulden verantwortlich, entgegnete er mit dem Hinweis, dass die Finanzschulden in der Zeit der SPÖ-Alleinregierung von 1970 bis 1983 insgesamt um 22 %, von 1983 bis 1986 um 0,2 % jährlich, von 1986 bis 1989 um 34,3 % oder um 2 % jährlich, von 2000 bis 2005 aber um 23 % oder um 2 % jährlich zunahm. Mit den Schulden, die SPÖ-Finanzminister eingegangen sind, seien "jene Werte und Arbeitsplätze geschaffen worden, die diese Bundesregierung und dieser Finanzminister jetzt verschleudert und vernichtet", schloss Puswald.   

Abgeordneter GROSSRUCK (V) erinnerte daran, dass die Opposition seit Beginn dieser GP acht Misstrauensanträge gegen den Finanzminister eingebracht habe, zudem zahlreiche Dringliche Anfragen in National- und Bundesrat und sogar einen Antrag auf Ministeranklage. Doch die Opposition erreiche genau das Gegenteil von dem, was sie erstrebe. Der Minister werde immer kompetenter und vor allem immer beliebter. Die Vorwürfe wider den Minister hätten sich als gegenstandslos erwiesen, und daran werde sich auch in Hinkunft nichts ändern.

Abgeordneter NEUDECK (F) warf der Opposition vor, mit dieser Dringlichen Anfrage absolut nichts Neues vorgebracht zu haben. Vielmehr entstehe der Eindruck, dass sogar die Reden schon einmal gehalten worden seien. Sei jedoch die FPÖ an der Regierung, so seien die Budgets in Ordnung, hielt der Redner fest. Die Kritik der Opposition verfange nicht, zudem solle die SPÖ nach Wien schauen, wo der Bürgermeister für PR-Zwecke wesentlich mehr Geld ausgebe als dies beim Finanzminister der Fall sei.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) kritisierte die Beraterverträge als unzweckmäßig, zeige sich doch, dass bei jeder Ausgliederung die Kosten gestiegen seien. Der Rechnungshof habe diese Praxis auch dementsprechend kritisiert. Dies werde sich auch bei den ÖBB zeigen, wo ebenfalls erhöhte Kosten zu erwarten seien. Die Regierung habe hier eine Vorgangsweise gewählt, von der künftighin Abstand genommen werden sollte.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) verwies gleichfalls auf die Rechnungshofkritik an der Einschaltung von Beratern und unterlegte seine Aussagen mit zwei konkreten Fallbeispielen. Hier habe man Steuermittel "verschwendet", und dies sei ein "Sittenbild" dieser Regierung. Die Regierung habe den höchsten Schuldenstand, die höchsten Abgabenquote und die höchste Arbeitslosenquote in der Geschichte der Republik und stehe vor dem Scherbenhaufen ihrer Politik, schloss der Redner.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) verteidigte hingegen die Politik des Finanzministers und meinte, die Opposition beschränke sich darauf, den "x-ten Aufguss" alter Vorwürfe darzureichen. Diese verfingen damals wie heute nicht, weshalb die Opposition gut beraten wäre, längst widerlegte Vorwürfe nicht länger zu erheben, sondern sich besser mit Missständen in den eigenen Reihen zu befassen. Die Regierung aber arbeite professionell und leiste hervorragende Arbeit, was der Regierung auch international bescheinigt werde.

Abgeordneter Mag. DARABOS (S) meinte, die von der ÖVP an den Tag gelegte Strategie sei "einfallslos". Man habe die Fragen nicht beantwortet und stattdessen versucht, von den eigenen Fehlern abzulenken. 30 Jahre SPÖ-Kanzler hätten dem Land gut getan, was man von vier Jahren Schwarz-Blau nicht behaupten könne.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) kritisierte die Vorgangsweise einzelner Regierungsmitglieder, Steuergelder für Inserate aufgewendet zu haben, die de facto Eigenwerbung gewesen seien. Eine solche Vorgangsweise sei unlauter. Zudem werde Kontrolle verunmöglicht, und dies dürfe nicht hingenommen werden.

(Schluss Dringliche/Forts. NR)