Parlamentskorrespondenz Nr. 813 vom 11.11.2004

RAUCH-KALLAT BERICHTET ÜBER EINIGUNG ZUM GESUNDHEITSPAKET

Nationalrat debattiert Budgetkapitel Gesundheit und Frauen

Wien (PK) - Im Anschluss an das Ressort Landwirtschaft und Umwelt stand im Nationalrat das Budget des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen zur Debatte. Bundesministerin RAUCH-KALLAT berichtete über die Verhandlungen zum Gesundheitspaket und über die diesbezüglich erfolgte Einigung, mit der sich das Regierungsmitglied zufrieden zeigte. Sodann erläuterte die Rednerin die in dem Paket enthaltenen und damit in Zusammenhang stehenden Details und ging auf einzelne Aspekte der Gesundheitspolitik ein. Besonders verwies die Ministerin dabei auf den Gesundheitsplan und dankte den Mitwirkenden an diesem Strukturpaket, das den hohen Standard des heimischen Gesundheitssystems auch künftig sicherstellen werde.

Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) meinte, eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem Spitals- und dem niedergelassenen Bereich sei in der Tat eine Voraussetzung für ein effizientes Gesundheitswesen. Das vorgelegte Paket enthalte diesbezüglich durchaus brauchbare Ansätze, doch müsse leider festgehalten werden, dass auch etliche Fragen offen geblieben seien. Der Gefahr einer Zentralisierung fernab von den Interessen der Patienten müsse wirksam entgegengetreten werden, meinte der Redner, der sich zudem mit Fragen der Finanzierung des Gesundheitssystems auseinandersetzte. Bislang habe die Regierung der Bevölkerung 1,5 Mrd. € zusätzliche Belastung allein aus dem Titel Krankenversorgung zugemutet, gleichzeitig würden die Sozial- und Krankenversicherungen immer mehr ausgehungert, und eine Umkehr dieses Trends sei nicht zu erkennen. Es sei dies ein falscher Weg, wenn man die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung konsequent sichern wolle, vielmehr brauche es hier eine Abkehr von der von der Regierung verfolgten Politik.

Zwar sei es positiv, dass die Rezeptgebühr nicht exorbitant erhöht werde, doch gleichzeitig bei Sehbehelfen sparen zu wollen, sei lediglich eine Verschiebung der Belastungen und somit eine Fortsetzung der Selbstbehaltsmedizin, und das halte seine Fraktion für den falschen Weg.

Auch die Erhöhung des Krankenanstaltenbeitrages sei wenig zweckdienlich, vielmehr hätte es vernünftigere Wege gegeben, die solidarische Gesundheitsversorgung auch pro futuro zu finanzieren, doch diesen Weg habe die Regierung leider nicht beschritten, bedauerte Gusenbauer. Die sozialpolitischen Härten sollten bereinigt werden, so der Redner abschließend.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) bezeichnete das Regierungsmitglied als mutige Reformministerin, die sich mit ihrem Strukturpaket auch international sehen lassen könne. Man könne nicht allen alles zukommen lassen, ohne die Kostenfrage befriedigend zu beantworten, meinte der Redner. Wer eine maximale Versorgung mit einer hohen Qualität wolle, der müsse das hohe Niveau eben auch für die Zukunft sichern. Man bekenne sich zu einer umfassenden und flächendeckenden Gesundheitsversorgung und setze in diese Richtung auch die geeigneten Schritte. Das vorgelegte Paket diene diesem Zweck, das solle die Opposition anerkennen und sich in diesen nationalen Konsens, der auch von den Ländern mitgetragen werde, einreihen, so Rasinger.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) sprach hingegen von einer vergebenen Chance, habe man doch die gesundheitspolitischen Ziele, über die sich alle Experten einig waren, auf halber Strecke fallengelassen und sich stattdessen auf halbherzige Kompromisse eingelassen, die sich real kontraproduktiv auswirken würden. Als Ergebnis dieses Prozesses habe man nun neue Belastungen, die keineswegs zweckdienlich und somit abzulehnen seien. Mit dieser Strategie laufe man den gesundheitspolitischen Ziel zuwider, es brauche daher andere Lösungen als die hier vorgeschlagenen, so der Redner, der die Idee, bei Heilbehelfen einsparen zu wollen, aus grundsätzlichen und sozialpolitischen Gründen ablehnte. Mit diesem Paket sei jedenfalls eine große Chance vertan worden, bedauerte Grünewald.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) teilte die pessimistische Meinung ihres Vorredners nicht, sei doch trotz der schwierigen realpolitischen Lage ein Optimum für die Gesundheitspolitik erzielt worden. Es sei dies eine schwierige Operation gewesen, aber sie sei gelungen. Die positiven Auswirkungen - auch im Kostenbereich - würden sich bald schon einstellen, zeigte sich die Rednerin überzeugt. Das alte System sei zunehmend ineffektiv gewesen, man musste neue Wege beschreiten, und dies sei mit diesem Paket auch gelungen. Im Rahmen des Möglichen sei hier einiges gelungen, und ihre Fraktion habe dazu ihren Beitrag geleistet, unterstrich Rosenkranz. Mit dieser Reform gehe man neue Wege, und diese seien ausgewogen und Ziel führend, ihre Fraktion werde sie daher gerne unterstützen.

Abgeordneter LACKNER (S) warf der Regierung vor, in der Gesundheitspolitik ständig neue Belastungen einzuführen, Leistungen einzuschränken, und damit den Weg in die Zwei-Klassen-Medizin zu bereiten. Er lehnte auch das kürzlich vereinbarte Gesundheitspaket ab, zumal es zu weiteren Leistungseinschränkungen komme, etwa bei den Sehbehelfen. Die Österreicherinnen und Österreicher hätten daher auch kein Vertrauen mehr in die Bundesministerin, was Umfragen unter Beweis stellten. 44 % fühlten sich durch Ausgaben im Gesundheitsbereich belastet, zitierte Lackner. Die Regierung betreibe eine abgehobene Politik, und die Gesundheitsministerin weiche vom Pfad der Konsensdemokratie ab. Mit den Angriffen auf die Arbeiterkammer sei nun die Grenze erreicht.

Die SPÖ hingegen stünde für einen fairen und gleichen Zugang zur Basisversorgung und zur Spitzenmedizin, für ein qualitativ und quantitativ hochwertiges medizinisches Angebot, für die Stärkung der Patientenrechte, für einen effizienten Mitteleinsatz, für solidarische Finanzierung und gegen unsoziale Selbstbehalte.

Im Gegensatz dazu bewertete Bundesministerin RAUCH-KALLAT das Finanzpaket als ein ausgewogenes Ergebnis zwischen Beitrags- und Eigenleistungen. Dieses sei, wie auch das Strukturpaket, von den Bundesländern, und damit auch von SPÖ-Landeshauptleuten, gelobt worden. Die Rezeptgebühr werde nicht erhöht, unterstrich Rauch-Kallat, die 10 Cent stellten lediglich die jährliche moderate Valorisierung dar. Die Änderung bei den Sehbehelfen habe sie sich nicht leicht gemacht. Aber all jene, die die Brillen brauchten, das seien Kinder, sozial Schwache und Sehschwache, würden auch in Zukunft die Zuschüsse in gleicher Höhe erhalten. Die Definition werde dem Augenarzt obliegen.

Das Gesamtpaket sei ein erster richtiger Schritt, sagte Rauch-Kallat, jetzt komme es darauf an, wie die Strukturmaßnahmen umgesetzt werden. Sie jedenfalls werde eng mit den Bundesländern und allen im Gesundheitssystem Beteiligten zusammenarbeiten.

Hinsichtlich des Gesamtbudgets erläuterte die Ministerin, dass es in ihrem Ressort zu keiner Erhöhung der Personalkosten komme. Die Differenz ergebe sich aus einer Fehlberechnung 2003 sowie aus der Tatsache, dass das Ressort erst im Mai 2003 eigenständig zu arbeiten begonnen habe und daher die damaligen Personalkosten nicht für ein ganzes Jahr ausgewiesen seien. Für das Bundestierschutzgesetz würden 3,5 Mill. € zur Verfügung gestellt. Es sei auch die Reorganisation der Arzneimittelzulassung gelungen und erstmals würden Programme zur Gesundheitsförderung und Gesundheitsprävention umfangreich gefördert.

Im Rahmen des Frauenbudgets sei es ihr gelungen, die Frauenservicestellen sowie die Interventionsstellen nachhaltig zu sichern. Die Aufstockung der allgemeinen Frauenförderung werde es ermöglichen, neue Projekte zu unterstützen. Rauch-Kallat zeigte sich auch erfreut über die Erhöhung der Mittel für die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Mit dem vorliegenden Budget seien wichtige Schritte zur Schließung der Einkommensschere möglich sowie Informationsmaßnahmen zur Berufswahl junger Mädchen und die Weiterführung von Wiedereinstiegshilfen. Durch die Zuverdienstmöglichkeit während der Karenzzeit und die Pensionsreform würden Frauen nun auch im Alter nachhaltig abgesichert. Rauch-Kallat plant auch das Mentoring für den beruflichen Aufstieg von Frauen weiterzuführen und Programme zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und zwar von Müttern und Vätern, zu intensivieren.

Abgeordnete Mag. SCHEUCHER-PICHLER (V) hielt gegenüber Abgeordnetem Lackner fest, dass sich die Ministerin zwar sehr um Konsens bemüht habe, das aber offensichtlich nicht in das Konzept der SPÖ-Parteipolitik passe. Im Frauenbereich habe die Bundesministerin wichtige Akzente gesetzt, und es wäre notwendig, wenn sich die Opposition zu einem positiven und konsensorientierten Weg entscheiden würde, denn die Frauen hätten ein breites Networking notwendig. Scheucher-Pichler begrüßte die Steigerung des Frauenbudgets um 22 % sowie die zahlreichen Programme und Maßnahmen, die die Ministerin mit Erfolg in die Wege geleitet habe. Unter anderem stehe das Mentoring nicht nur für Spitzenkräfte zur Verfügung, sondern auch für den ländlichen Bereich. Für Migrantinnen sei eine eigene Abteilung eingerichtet worden und das Gender-Budgeting werde von einer Arbeitsgruppe begleitet. Bei der Frauenerwerbsquote liege Österreich mit 62 % im EU-Durchschnitt von 55,3 % sehr gut.

Für Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) ist die Ministerin mit ihrer Frauenpolitik gescheitert. Sie forderte die Abgeordneten der Regierungsfraktionen auf, sich die Lebensrealität von Frauen anzuschauen, die durch Teilzeitjobs und untypische Beschäftigungsverhältnisse gekennzeichnet sei. Als positiv bewertete sie die Initiative zur Gender-Medizin in der Aus- und Weiterbildung.

Weinzinger filterte aus ihrer Sicht erkennbare Trends der gegenwärtigen Frauenpolitik heraus: Zunächst werde alles ins Ministerium geholt, nach dem Motto "Wozu braucht man die Zivilgesellschaft und die NGOs?". Des weiteren sage man das eine und tue das andere. So seien für die Interventionsstellen nur unzureichend Mittel vorhanden, dasselbe gelte für die Beratungsstelle für sexuell misshandelte Mädchen. Man predige zwar die Eigenständigkeit der Frauen, gleichzeitig lockere man jedoch das soziale Netz für Frauen dramatisch. Weinzinger konstatierte auch eine Privatisierung der Frauenpolitik. Es sei, so die Rednerin, nicht erkennbar, wie man mit so wenig Geld zur Schließung der Einkommensschere beitragen könne. Auch das Gender-Budgeting werde von den anderen Ressorts nicht ernst genommen, der Innenminister habe beispielsweise bei der Polizeireform völlig darauf vergessen.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) hielt dem entgegen, dass das Frauenbudget aufgestockt worden sei. Frauenpolitik sei jedoch eine Querschnittsmaterie, sagte Achleitner, weshalb man die Maßnahmen zur Frauenförderung auch in den anderen Ressorts berücksichtigen müsse. Achleitner wies in diesem Zusammenhang auf die spezielle Frauenförderung im Spitzensport und im Wissenschaftsbereich hin. Insbesondere sei das Infrastrukturministerium bemüht, Frauen in der technologischen Forschung zu fördern. Darüber hinaus würden die Frauen auch durch die Steuerreform profitieren und erstmals würde die Kindererziehung als Leistung anerkannt.

Staatssekretär Mag. SCHWEITZER zeigte sich verwundert darüber, dass die Maßnahmen zur Frauenförderung im Spitzensport seitens der SPÖ nicht anerkannt werden. Derzeit würden 150 Spitzensportlerinnen gefördert, darüber hinaus gebe es das Top-Sport-Austria für Frauen und ein After-Sport-Projekt, wodurch Frauen nach Beendigung ihrer Sportlerkarriere in beruflicher Hinsicht unterstützt würden.

Schweitzer nahm auch zum Gesundheitspaket Stellung, das er positiv bewertete. Das Finanzierungspaket sei eine kurzfristige Notwendigkeit, aber ausgewogen, sagte er. Durch das Strukturpaket würden erstmals Reformen in die Wege geleitet und nicht nur Geld umgeschichtet. Besonders zufrieden zeigte sich der Staatssekretär mit den Vorhaben zur Prävention, denen ein großer Teil des Gesamtpakets gewidmet sei. Die Ärzte hätten dadurch die Möglichkeit, mit dem organisierten Sport zusammenzuarbeiten und ein "grünes Rezept" auszustellen, was Bewegung statt Medikation bedeute. Er verknüpfe mit dem Paket die Hoffnung, dass man von den "kranken Kassen" nun zu "gesunden Kassen" kommen werde.

Zu einer hitzigen Auseinandersetzung kam es auf Grund einer Bemerkung des Staatsekretärs gegenüber Abgeordneter Binder (S), wonach man "es ihr ansehe, dass sie nichts vom Sport verstehe". Abgeordnete SILHAVY (S) forderte daraufhin Präsident Prinzhorn auf, entsprechend zu reagieren. Daraufhin erteilte Präsident Prinzhorn abermals dem Staatsekretär das Wort, der seine Aussage "mit Bedauern zurückzog", sollte diese falsch verstanden worden sein.  

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) hielt dies für völlig unzureichend und verlangte eine Entschuldigung.

Zurückkommend auf das Frauenbudget, bezeichnete sie die Sichtweise der Abgeordneten Achleitner und Scheucher-Pichler als realitätsfremd. Frauen seien große Verliererinnen der Pensionsreform und würden auch durch die  Gesundheitsreform benachteiligt. Mit 3,5 Mill. € könne man Projekte nicht nachhaltig sichern, so ihre Überzeugung. Es sei traurig, dass das Budget 2005 nicht höher als das des Jahres 1999 sei. Befremdend nannte sie die Tatsache, dass für den Tierschutz mehr Geld zur Verfügung steht als für Frauenförderung. Sogar für den Betrieb einer Schweinedatenbank seien 3 Mill. € vorgesehen. Der Hinweis, Förderungen würden nur vorbehaltlich der budgetären Bedeckbarkeit vergeben, verstärke das Gefühl der Unsicherheit zusätzlich.

Abgeordnete GRANDER (V) hob die steigende Zahl erwerbstätiger Frauen und Mütter und die vom Ministerium erfolgte Unterstützung zahlreicher Projekte hervor. Das Gesundheitspaket bezeichnete sie als ein innovatives Reformkonzept. Hinsichtlich des Pflegebereichs äußerte sie den Wunsch nach einem modularen System, vor allem sollten rund 10 % der Pflegepersonen ihrer Meinung nach akademisch ausgebildet sein.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) nannte als eines der Probleme des Gesundheitssystems die seiner Einschätzung nach übermäßige Föderalisierung. Mit Liberalisierung sollte man aber nicht liebäugeln, dazu sei der Gesundheitsbereich zu kostbar, gab er zu bedenken. Wichtig wären zusätzliche Finanzierungen, eingefrorene Gesundheitskosten bei steigenden Anforderungen und Leistungen seien keine Lösung. Was das vorliegende Modell des Finanzausgleiches betrifft, kritisierte Öllinger, nun müssten die Patienten für Ineffizienzen der Länder aufkommen. Völlig inakzeptabel war für den Redner auch das Einfrieren der AK-Umlage. Diese Maßnahme habe mit der Gesundheitsreform überhaupt nichts zu tun und schränke bloß die Arbeitsfähigkeit der Arbeiterkammer ein, argumentierte er.

In einem Entschließungsantrag forderte Öllinger die Regierung auf, die AK-Umlage hinsichtlich Höhe und Anpassung nicht einzuschränken.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) kam auf die Wortmeldung von Staatssekretär Schweitzer zu sprechen und räumte ein, dieser habe über das Ziel geschossen. Sie zitierte aus Wortmeldungen von Sprechern der Oppositionsparteien und kam zu dem Schluss, verbale  Entgleisungen seien auch schon anderen im Parlament passiert.

Abgeordnete SILHAVY (S) warf der Ministerin vor, Verantwortung auf die Länder abzuschieben und damit festgeschriebene Strukturprobleme weiter festzuschreiben. Die Maßnahme der Regierung hinsichtlich der Arbeiterkammerumlage qualifizierte die Rednerin als Akt des politischen Revanchismus.

Abgeordnete HÖLLERER (V) wies Kritik der SPÖ an der Schweinedatenbank scharf zurück und betonte, die Mittel für diese Dokumentation dienten der Lebensmittelsicherheit und seien im Interesse der Konsumenten gelegen, kein Cent komme davon den Bauern als Förderung zugute. Zum Frauenbudget stellte Höllerer fest, noch nie seien so viele Mittel für Frauenangelegenheiten aufgewendet worden wie unter Ministerin Rauch-Kallat.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) berichtete von nach wie vor bestehenden Missständen beim Zugang behinderter Menschen zu Arztpraxen und Untersuchungsmethoden. So gebe es für Menschen mit Behinderung kaum Möglichkeiten, zu einem Zahnarzt zu gehen, sich einer Feststellung der Knochenmarksdichte zu unterziehen oder sonstige Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu nehmen, beklagte sie. Adaptionen für Behinderte würden fast gar nichts kosten, bloß ein Stück Sensibilität, meinte sie. Das Gesundheitspaket Rauch-Kallats biete aber nichts für Menschen mit Behinderung. Diese müssten, wie Haidlmayr sagte, noch immer um Dinge betteln, die für andere Menschen selbstverständlich sind.

Abgeordneter LICHTENEGGER (F) zeigte sich zufrieden über das Ergebnis der Gesundheitsreform und begrüßte insbesondere die Mittel für die kostenlosen Vorsorgeuntersuchungen und die Fokussierung auf Generika. Die Erhöhung der Tabaksteuer bezeichnete Lichtenegger unter Hinweis auf die gesundheitlichen Schäden durch das Rauchen als legitim.

Abgeordnete Mag. STADLBAUER (S) nannte Behauptungen über eine Erhöhung des Frauenbudgets "Legenden". Unterm Strich handle es sich bestenfalls um eine Stagnation, wobei es bei Frauenvereinen zu erheblichen Kürzungen gekommen sei, kritisierte sie. Rauch-Kallat sei es nicht wert, den Titel Frauenministerin zu tragen, lautete das Urteil Stadlbauers.

Abgeordnete RIENER (V) wies auf die steigende Zahl der seelischen Erkrankungen und die Selbstmordrate hin und unterstützte unter diesem Gesichtspunkt den Themenschwerpunkt "Psychische Gesundheit".

Abgeordnete Dr. MOSER (G) stellte einen Zusammenhang zwischen den Gesundheitskosten und den Verkehrsunfällen her und schlug eine Finanzierung nach dem Verursacherprinzip, etwa durch Erhöhung der Kfz-Steuer, vor. Gesundheitsrelevant ist nach Meinung Mosers auch die Nahrungsmittelsicherheit. Sie warf der Ministerin vor, bei den Lebensmitteluntersuchungsanstalten zu sparen, und sprach von der Gefahr neuer Lebensmittelskandale.

Abgeordnete TURKOVIC-WENDL (V) rief zu einem Umdenken in den eigenen Köpfen auf und unterstrich die Bedeutung von Eigenverantwortung, gesunder Lebensweise, körperlicher Bewegung und regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) befasste sich in ihrer Wortmeldung mit frauenpolitischen Themen. Sie hoffe, dass die Ministerin ihr Versprechen, Frauenprojekte finanziell abzusichern, auch in die Tat umsetzt. Bei Gesprächen mit Vertreterinnen von derartigen Initiativen und der Stadt Wien höre sie jedoch immer wieder, dass die Lage sehr schwierig ist und sich der Bund immer mehr zurückzieht, zeigte Kuntzl auf. Kritik übte die SP-Mandatarin an der Pensionsreform, weil sie dazu führe, dass in Hinkunft 80 % der Frauen im Alter von Armut bedroht sind. Weiters wünschte sie sich, dass der Kündigungsschutz auf die gesamte Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes ausgedehnt wird.

Abgeordneter WÖGINGER (V) bedankte sich bei Ministerin Rauch-Kallat, dass das Gesundheitspaket nun abgeschlossen werden konnte. Österreich habe ein hervorragendes Gesundheitssystem, das weltweit zu den besten zähle. Der Großteil der österreichischen Bevölkerung sei mit dem Gesundheitswesen auch zufrieden, betonte Wöginger. Im besonderen widmete er sich den Themenbereichen Vorsorge und Prävention, für die im Budget über 61 Mill. € veranschlagt sind. Eingesetzt werden die Mittel im Rahmen von speziellen Programmen, die sich z.B. mit Ernährung, Bewegung, Stressvermeidung und -abbau befassen. Besonders positiv hob Wöginger Aktionen wie Projektwochen zum Thema Gesundheitsvorsorge und Unfallvermeidung an Österreichs Hauptschulen und AHS ab 2006 sowie die Vorsorgeuntersuchung Neu hervor.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) erinnerte zunächst daran, dass Ministerin Rauch-Kallat ab Anfang nächsten Jahres auch für den Tierschutz zuständig sein wird. Seit dem Beschluss des Bundestierschutzgesetzes sei es aber relativ still geworden, meinte die G-Rednerin, und im Hintergrund habe bereits die Aushöhlung der Errungenschaften begonnen. So versuche man etwa den in harten Verhandlungen errungenen Kompromiss zum Thema Anbindehaltung in der Verordnung durch eine subtile Umtextierung wieder umzukehren. Unzufrieden sei sie auch mit der Bestellung der Tierschutzombudsleute, wo den einzelnen Ländern hinsichtlich der Ausschreibungen völlige Freiheit gelassen wurde. "Den Vogel abgeschossen" habe man in Kärnten, wo eine Frau bestellt wurde, die "ehrenamtlich dienstverpflichtet" wird und die kein Budget zur Verfügung hat. Sorgen machte sich Weinzinger um das Affenprojekt in Gänserndorf, dessen Zukunft mehr als unsicher sei.

Seit dem Amtsantritt von Ministerin Rauch-Kallat ist das Frauenbudget um 20,1 % gestiegen, unterstrich Abgeordnete LENTSCH (V). Trotz Sparkurs sei es gelungen, viele Verbesserungen für die Frauen zu beschließen, wie z.B. die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes. Auch durch die Steuerreform würden vor allem die Frauen entlastet, war Lentsch überzeugt, da die Einkommen bis zu 14.500 € völlig steuerfrei gestellt wurden. Weiters profitieren die Frauen dadurch, dass nunmehr vier statt bisher zwei Jahre Kinderbetreuung für die Pension angerechnet werden und dass die Beitragsgrundlage verdoppelt werden konnte.

Abgeordnete CSÖRGITS (S) stellte mit Bedauern fest, dass nur 623 Mill. €, also weniger als 1 % des Gesamtbudgets, dem Kapitel Gesundheit und Familie zur Verfügung stehen. Für die Frauenförderung im konkreten sind im Jahr 2005 lediglich 3,55 Mill. € vorgesehen, also pro Frau nicht einmal 88 Cent. Dies führe dazu, dass so wichtige Einrichtungen wie Frauenberatungsstellen wieder nicht flächendeckend eingerichtet werden können. Ein besonderes Stiefkind sei die Gesundheitspolitik, urteilte Csörgits. Die Ministerin präsentiere kaum Vorschläge hinsichtlich der Lösung der Finanzierungsfrage im Gesundheitssystem und der Koalitionspartner FPÖ schlage überhaupt das Einfrieren der Arbeiterkammerumlage vor.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) in Richtung der Abgeordneten Lentsch fest, dass man auch künftig mindestens 15 Versicherungsjahre brauche, um in Pension gehen zu können. Davon müssen sieben aus Erwerbstätigkeit sein, der Rest kann aus Teilversicherungszeiten, wie z.B. Kindererziehung, bestehen.

Abgeordneter DI HÜTL (V) kam zunächst auf die Bedeutung der Gesundheitsförderung zu sprechen, die ein Weg zu mehr Lebensqualität sei. Der Fonds Gesundes Österreich sei die nationale Stelle, welche praxisbezogene und wissenschaftliche Studien und Projekte fördert. Weitere Arbeitsschwerpunkte des Fonds sind Information und Aufklärung über vermeidbare Krankheiten, die Entwicklung von Programmen in Gemeinden, Städten, Schulen und Betrieben sowie die Unterstützung der Fortbildung und die Durchführung von Konferenzen. Dafür wurden insgesamt 7,25 Mill. € bereitgestellt, informierte Hütl.

Wenn Frauenförderung und Gender-Budgeting Querschnittsmaterien sind, dann frage sie sich, warum nicht alle Minister auf der Regierungsbank sitzen, gab Abgeordnete FLECKL (S) zu bedenken. So müsste man etwa den Verkehrsminister fragen, warum der öffentliche Verkehr im ländlichen Raum immer mehr eingeschränkt werde. Dies sei nämlich gerade für Frauen ein großes Problem, die, wenn sie überhaupt einen Job finden, kaum mehr ihren Arbeitsplatz erreichen können.

Abgeordneter WALCH (F) ging auf die Wortmeldung von Csörgits ein. Seiner Meinung nach war das eine "Pfründeverteidigungsrede", denn es müsse in Österreich doch erlaubt sein, laut darüber nachzudenken, was man mit Überschüssen macht. Außerdem gebe es schon die ersten Erfolge, da die Arbeiterkammern überlegen, das Geld z.B. in Form von Bildungsschecks an die Arbeiter zurückzugeben. Die SPÖ solle sich auch nicht mit fremden Federn schmücken, meinte Walch, denn es war die FPÖ, die sich im Sinne des "kleinen Mannes" für eine bessere Lösung bezüglich der Rezept- und Spitalsgebühren eingesetzt hat.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) bezeichnete es als positiv, dass die Mittel für Maßnahmen für Migrantinnen, die eine besonders benachteiligte Gruppe darstellen, ausgeweitet werden. Da aber die Integration auch eine Querschnittsmaterie sei, erwarte sie sich, dass nicht nur einzelne Projekte gefördert und Frauen beraten werden. Wann immer Probleme auftreten, müsse Rauch-Kallat ihre Stimme erheben und gemeinsam mit ihren Regierungskollegen entsprechende Maßnahmen ergreifen, wünschte sich Hlavac. Handlungsbedarf gebe es vor allem bezüglich der Ausbildung von ausländischen (speziell türkischen) Mädchen, wo die Situation alarmierend sei.

Auch Abgeordneter KRIST (S) war der Meinung, dass noch viel mehr für die Frauen getan werden müsse. Es gebe derzeit die höchste Arbeitslosenquote in der Zweiten Republik, von der mehrheitlich die Frauen betroffen sind, und 70 % der geringfügig Beschäftigten sind Frauen. Gezielte Maßnahmen seien notwendig, um die Frauen aus der Armutsfalle zu holen und um ihnen ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben zu ermöglichen. Als Beispiel führte Krist die Einrichtung von Frauenstiftungen in den Bundesländern an.

Abgeordneter SPINDELBERGER (S) übte Kritik daran, dass die Gesundheitsreform in die Finanzverhandlungen hineingepackt wurde, um sie am Parlament "vorbeischummeln" zu können. Der Redner warf der Regierung eine unsoziale Politik vor, da sie die Krankenkassen in den letzten Jahren mit 1,8 Mrd. € und die Bevölkerung - allein durch die unsozialen Maßnahmen in der Krankenversicherung - mit 1,5 Mrd. € belastet hat. Dieser Weg werde nun anscheinend fortgesetzt, da den Regierungsparteien außer einer Erhöhung der Rezeptgebühr und des Spitalskostenbeitrages sowie Leistungskürzungen nichts einfalle.

Auch Abgeordneter KRAINER (S) bezweifelte, dass die Gesundheitsreform angesichts der Beitragserhöhungen und der Leistungskürzungen sozial ausgewogen ist. Die SPÖ habe Alternativen, wie etwa die weitere Erhöhung der Höchstbemessungsgrundlage, vorgeschlagen, wodurch dieses unsoziale Belastungspaket hätte vermieden werden können.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) fürchtete, dass das Gesundheitssystem in eine völlige falsche Richtung gehe. Die Ideologie der Ministerin laute Privatisierung dieses Sektors, wodurch es nur mehr eine Grundversorgung für alle geben wird und die Spitzenmedizin nur mehr den Reichen zur Verfügung steht.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) kam auf das Thema Lebensmittelsicherheit zu sprechen. Der Rechnungshof habe die Empfehlung ausgesprochen, dass ein rechtzeitiger Umstrukturierungsprozess im Bereich der Lebensmittelkontrolle einer Ausgliederung vorzuziehen gewesen wäre, erinnerte der G-Mandatar. Was die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit betrifft, sei offensichtlich eine Unterdotierung vorhanden; in den nächsten Jahren drohe der Konkurs, wenn keine entsprechenden budgetären Mittel bereitgestellt werden, gab Pirklhuber zu bedenken. Ein wichtiges Anliegen war ihm die Versorgung von öffentlichen Einrichtungen mit biologischen Lebensmitteln.

Für die Gegenfinanzierung der Gesundheitsreform gebe es vernünftigere Lösungen als die derzeit vorgeschlagenen, meinte Abgeordneter Mag. MAIER (S). So könnte man etwa für Alkopops, die eine große Gefahr für die Jugend darstellen, eine Lenkungsabgabe einheben. Wenn wie im Jahr 2003 30 Millionen Stück verkauft werden, dann könnten bei einer Abgabe von 2 € pro Stück insgesamt 60 Mill. € für das Gesundheitswesen eingenommen werden.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) hielt es für bedenklich, wenn jetzt über die Gesundheitskapitel abgestimmt werden soll, ohne dass der Finanzausgleich darin berücksichtigt wurde. Er frage sich, wie man von einem großen Reformwerk sprechen könne, wenn sich keine einzige Zahl im Budget ändere.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) stellte gegenüber Abgeordnetem Kogler fest, dass die vereinbarte Gesundheitsreform gut sei und zitierte das Lob des Kärntner SPÖ-Vorsitzenden Ambrozy und anderer SPÖ-Politiker für dieses Verhandlungsergebnis. Die Erhöhung der Rezeptgebühr konnte, wie das auch Alfred Gusenbauer verlangt habe, verhindert werden. Zumindest die sparsamen Bundesländer werden auf einen Spitalskostenbeitrag verzichten können. Die SPÖ sollte sich diesem Erfolg durch Zustimmung zum Gesundheitsbudget anschließen. 

Bei der Abstimmung wurde das Budgetkapitel Gesundheit und Frauen mehrheitlich angenommen. Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Arbeiterkammern erzielte keine Mehrheit und wurde abgelehnt.

(Schluss Gesundheit/Forts. NR)