Parlamentskorrespondenz Nr. 876 vom 01.12.2004

REGIERUNGSVORLAGE: GESUNDHEITSREFORMGESETZ 2005

Die Einigung zwischen Bund und Ländern über den so genannten 15a-Vertrag betreffend die Neuorganisation des Gesundheitswesens zieht weitere legistische Maßnahmen nach sich. Die Bundesregierung hat ein umfassendes Reformpaket (693 d.B.) vorgelegt, das insgesamt acht Gesetze abändert und zwei neue schafft, nämlich ein Gesundheitsqualitätsgesetz sowie ein Gesundheitstelematikgesetz.

Mit der Novellierung des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten wird die 15a-B-VG-Vereinbarung über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung umgesetzt, wobei die Details der Einigung in der Vereinbarung zu finden sind.

Im Mittelpunkt steht dabei die Durchführung einer leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung, die zu einer Optimierung des Ressourceneinsatzes sowie einer Beibehaltung gedämpfter Kostensteigerungsraten beitragen soll. Dies soll durch eine nur den medizinischen Erfordernissen entsprechende kürzere Verweildauer im Krankenhaus, durch vermehrte Leistungserbringung im ambulanten Bereich sowie im rehabilitativen Nachsorgebereich und durch eine Reduzierung unnötiger Mehrfachleistungen erreicht werden. Darüber hinaus soll es dem Krankenhausmanagement durch die im System geschaffene höhere Kosten- und Leistungstransparenz ermöglicht werden, seine Betriebsführung nach betriebswirtschaftlichen Aspekten auszurichten und Entscheidungen auf fundierten Datengrundlagen zu treffen.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Einrichtung einer Bundesgesundheitsagentur als öffentlicher rechtlicher Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit und die Bundesgesundheitskommission als deren Organ. Weiters sollen die Landesfonds zu Landesgesundheitsfonds weiterentwickelt werden, die Aufgaben bezüglich der Planung, Steuerung und Finanzierung des Gesundheitswesens auf Länderebene übernehmen sollen. Die Bundesgesundheitskommission soll die Entwicklung im österreichischen Gesundheitswesen insgesamt beobachten und seine Weiterentwicklung durch die Vorgabe von Grundsätzen planen und steuern. Sie soll zudem für die Integration und Kooperation der verschiedenen Gesundheitsbereiche Sorge tragen und strukturelle Veränderungen im Gesundheitswesen forcieren. Diese Bestimmungen sollen alle ab 1. Jänner 2005 in Kraft treten.

Durch die vorgeschlagenen Änderungen muss auch das Sozialversicherungsrecht an die neue 15a-Vereinbarung angepasst werden. Neben der Einbindung der Sozialversicherung an die Neustrukturierung des Gesundheitswesens in Form der Bundesgesundheitsagentur, der Landesgesundheitsplattformen und der Regelung über die Aufteilung der dem Gesundheitssystem ab dem Jahr 2005 neu zufließenden Mittel, geht es bei den die Sozialversicherungsgesetze regelnden Artikeln vorwiegend um technische Umsetzungen. Zur nachhaltigen Sicherstellung der Versorgung der Versicherten haben sich der Hauptverband und die Sozialversicherungsträger an einer regionen- und sektorenübergreifenden Planung, Steuerung und Finanzierung des Gesundheitswesens zu beteiligen. Sie haben die dabei abgestimmten Ergebnisse, z.B. den Österreichischen Strukturplan Gesundheit, in ihrem Verwaltungshandeln zu beachten, heißt es im Gesetz. Der Hauptverband hat zudem Vertreter in die Bundesgesundheitskommission der Bundesgesundheitsagentur zu entsenden; die örtlich zuständige Gebietskrankenkasse schickt Vertreter in die Gesundheitsplattform des jeweiligen Landesgesundheitsfonds. Die Sozialversicherungsträger sind auch verpflichtet, Gelder für vereinbarte Strukturveränderungen und Projekte zur Leistungsverschiebung zwischen intra- und extramuralen Bereich bereit zu halten; und zwar für die Jahre 2005 bis 2006 mindestens 1 % und in den Jahren 2007 bis 2008 mindestens 2 % ihrer Mittel. Weitere Neuregelungen betreffen die Verpflichtung zur Datenübermittlung an das Gesundheitsministerium sowie die Verbesserung des Nahtstellenmanagements.

EU-ERWEITERUNG ERFORDERT ANPASSUNGEN IM ÄRZTEGESETZ

Novelliert wird weiters auch das Ärztegesetz, da durch den EU-Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten Anpassungen hinsichtlich der Berufsausübung sowie der gegenseitigen Anerkennung von Diplomen und Zeugnissen erforderlich sind. Aufgrund der uneingeschränkten Niederlassungsfreiheit sind Ärzte und Zahnärzte aus den neuen EU-Ländern bei Erfüllung der Erfordernisse zur freiberuflichen Ausübung des ärztlichen und zahnärztlichen Berufs berechtigt. Für die Berufsausübung im Rahmen eines Dienstverhältnisses sind auch die Voraussetzungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu erfüllen. Darüber hinaus ist auf Anregung der Österreichischen Ärztekammer eine Ausbildungskommission als Organ der ÖÄK mit Entscheidungskompetenz einzurichten. Außerdem wird noch das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen an die neu zu errichtenden Institutionen (Bundesgesundheitsagentur, Landesgesundheitsfonds) angepasst.

BUNDESEINHEITLICHE STANDARDS IM GESUNDHEITSWESEN

Da es derzeit im Bereich des Gesundheitswesens weder ein gesamtösterreichisches Qualitätssystem noch bundesländerübergreifende Qualitätsarbeit gibt und auch Verpflichtungen zur Einhaltung bestimmter Vorgaben bei der Erbringung von Gesundheitsleistungen fehlen, hat die Regierung einen Entwurf für ein Gesundheitsqualitätsgesetz ausgearbeitet. Damit sei die Absicht verbunden, auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige, effektive und effiziente, allen frei zugängliche und gleichwertige Gesundheitsversorgung in Österreich sicherzustellen, heißt es in den Erläuterungen.

Um ein gleiches Qualitätsniveau zu gewährleisten, kann die zuständige Bundesministerin Standards entweder in Form von Bundesqualitätsrichtlinien durch Verordnung erlassen oder in Form von Bundesqualitätsleitlinien im Sinne einer Hilfestellung anbieten. In die Erarbeitung der Standards sollen die relevanten Akteure in geeigneter Form einbezogen werden. Die konkrete Ausformung von Bundesqualitätsstandards werden je nach Sachgebiet unterschiedlich sein und können jeweils erforderliche Vorgaben im Hinblick auf personelle und sachliche Anforderungen, Verfahren, Verhalten sowie Ergebnisse enthalten. Auf Basis der Ergebnisse der bereits laufenden bzw. abgeschlossenen Qualitätsprojekte des Bundes sind in einem ersten Schritt Standards und Indikatoren beispielsweise zu folgenden Themen denkbar: Qualitätsberichterstattung, Antibiotikastrategie, einheitliche Erhebung und Analyse der Patientenzufriedenheit etc.

Da die aufgrund dieses Gesetzes der Gesundheitsministerin obliegenden Aufgaben mangels Ressourcen nicht zur Gänze von ihrem Ressort wahrgenommen werden können, wird ein "Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen" eingerichtet. Dieses Institut hätte insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen: Mitwirkung an der Erstellung von allgemeinen Vorgaben und Grundsätzen für die Standardentwicklung, Erstellung des jährlichen Qualitätsberichts, Überprüfung, Empfehlung und Erarbeitung von Qualitätsstandards, Fördermaßnahmen, Kontrolle der Einhaltung etc.

SICHERHEIT BEIM TRANSFER VON GESUNDHEITSDATEN SOLL VERBESSERT WERDEN

Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien werden auch im Gesundheitswesen immer stärker eingesetzt. Dem Nutzen stehen in der Praxis aber auch erhebliche Probleme etwa beim Transport von Gesundheitsdaten in weitgehend offenen Netzen gegenüber. Aus diesem Grund wurde nun ein "Gesundheitstelematikgesetz" ausgearbeitet, das Mindeststandards zur Gewährleistung der Datensicherheit festlegt.

Außerdem wird eine österreichweite Harmonisierung unterschiedlicher Ansätze für Datensicherungsmaßnahmen angestrebt. Damit soll auch den Entscheidungsträgern eine breitere Informationsgrundlage für die Bewertung dieser Technologien zur Verfügung gestellt werden. Ebenso wird ein Verzeichnis eingerichtet, das als Informationsbasis für die technologische Erreichbarkeit der Gesundheitsdiensteanbieter dienen soll.

Zur besseren Datensicherheit soll u.a. beitragen, dass im elektronischen Verkehr mit personenbezogenen Daten die Identität des Kommunikationspartners bekannt sein muss. Um der außerordentlichen Dynamik in der Entwicklung der Kommunikationstechnologien und somit auch der Missbrauchsmöglichkeiten zu begegnen, sollen kryptographische Verfahren, Zertifikate und elektronische Signaturen zur Anwendung kommen. (Schluss)