Parlamentskorrespondenz Nr. 127 vom 02.03.2005

NATIONALRAT DEBATTIERT ÜBER KANDIDATEN FÜR DEN FRIEDENSNOBELPREIS

SOS-Kinderdorf findet Mehrheit gegenüber "Parents Circle"

Wien (PK) - Die Regierungsfraktionen treten in einem gemeinsamen Antrag für das SOS-Kinderdorf als Kandidat für den Friedensnobelpreis, die Grünen stellen einen entsprechenden Antrag für den israelisch-palästinensischen "Parent's Circle".

Abgeordneter SCHIEDER (S) kündigte die Zustimmung der SPÖ, das SOS-Kinderdorf für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen, an. Die Kinderdörfer agierten interkonfessionell und überparteilich. Im Zentrum der Arbeit stünden die Kinder, und die Erziehung der Kinder sei auch ein Beitrag zum Frieden. Da es bei den Anträgen nur um die Zustimmung zur Nominierung für den Friedensnobelpreis gehe, werde die SPÖ auch den grünen Antrag unterstützen, den israelisch-palästinensischen "Parents Circle" für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) begründete die Ablehnung des grünen Vorschlags mit dem Argument, das SOS-Kinderdorf agiere global unterscheide sich darin von dem "Parents Circle". Das SOS-Kinderdorf unterstütze vor allem auch Kinder in Gebieten, wo Not und Krieg herrschen. Im Mittelpunkt der SOS-Kinderdörfer stünden nicht nur die Kinder, sondern die Einbindung in eine Familie sowie die Einbindung in dörfliche Strukturen. Die SOS-Kinderdörfer betrieben darüber hinaus auch Schulen, Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, vor allem in Entwicklungsländern. Wichtig sei es, dass die Kinder in ihrem eigenen Kulturkreis belassen werden.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) würdigte ebenfalls die Arbeit der SOS-Kinderdörfer. Deren Kernaufgabe sei jedoch nicht friedenspolitisch ausgerichtet, weshalb die Grünen einen anderen Vorschlag eingebracht hätten. Darüber hinaus hätte die Organisation SOS-Kinderdorf den Wunsch geäußert, die Initiative nicht von Österreich aus zu starten. Im "Parents Circle" arbeiteten Angehörige von Opfern des palästinensisch-israelischen Konflikts und sie seien sowohl auf der persönlichen als auch auf der politischen Ebene für die Versöhnung der beiden Bevölkerungsgruppen tätig. Lunacek bedauerte daher, dass die Regierungsparteien nicht bereit gewesen seien, auch dem grünen Antrag zuzustimmen. Die Grünen würden daher auch den Antrag von ÖVP und FPÖ ablehnen.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) hielt fest, es gebe viele soziale Einrichtungen, die eine Nominierung für den Friedensnobelpreis verdienen würden, dazu möge auch die von den Grünen genannte Organisation zählen, die FPÖ sei aber der Ansicht, dass sich die Regierung auf eine einzige Nominierung konzentrieren sollte, um international die Chancen zu erhöhen. Die FPÖ werde daher den Antrag, SOS-Kinderdorf für den Friedensnobelpreis zu nominieren, unterstützen, den Antrag der Grünen jedoch nicht. SOS-Kinderdorf sei eine private, unabhängige und weltweit aktive Organisation, betonte Bösch.

Außenministerin Dr. PLASSNIK wies darauf hin, dass SOS-Kinderdorf bereits zu einem Zeitpunkt eine international hoch angesehene NGO gewesen sei, als es den Begriff NGO noch überhaupt nicht gegeben habe. Ihrer Meinung nach wäre es ein wichtiges Signal, wenn alle Parteien die Nominierung von SOS-Kinderdorf für den Friedensnobelpreis unterstützen würden.

Abgeordnete Mag. WURM (S) lobte SOS-Kinderdorf als "friedensumspannendes Werk". Die Idee Hermann Gmeiners, elternlosen und verlassenen Kindern eine Betreuung zu ermöglichen, habe einen weltweiten Siegeszug angetreten. Für Wurm leistet aber auch die von den Grünen genannte Organisation einen wichtigen Beitrag zur Friedensarbeit in der Welt.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) wies darauf hin, dass SOS-Kinderdorf in 132 Ländern 1.700 Einrichtungen habe, davon neun Kinderdörfer in Österreich. "Ein Skandal" ist es für ihn, dass die Grünen eine Nominierung von SOS-Kinderdorf für den Friedensnobelpreis ablehnend gegenüber stünden. Sogar UN-Generalsekretär Kofi Annan habe die Organisation gelobt, betonte Großruck.

Abgeordneter REHEIS (S) zeigte sich über die weltweite Ausbreitung der Idee Hermann Gmeiners erfreut. Er hätte sich nur gewünscht, dass der Antrag, SOS-Kinderdorf für den Friedensnobelpreis zu nominieren, als ein gemeinsamer Vier-Parteien-Antrag eingebracht worden wäre, sagte er.

Abgeordneter LEDOLTER (V) sprach von einer "wunderbaren und großartigen Idee" Hermann Gmeiners. SOS-Kinderdörfer würden Kindern einen familiären Rahmen und Schutz geben. Ledolter hält es für eine Verpflichtung Österreichs, SOS-Kinderdorf für den Friedensnobelpreis zu nominieren.

In einer zweiten Wortmeldung hielt Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) fest, die Ablehnung des Antrags, SOS-Kinderdorf für den Friedensnobelpreis zu nominieren, heiße nicht, dass die Grünen der Organisation keine Wertschätzung entgegenbrächten. Sie habe in der Entwicklungspolitik jedoch gelernt, auf Organisationen zu hören, erklärte sie, und Vertreter von SOS Kinderdorf hätten gemeint, es wäre besser, wenn die Organisation nicht von Österreich, sondern von anderen Ländern, etwa skandinavischen, für den Friedensnobelpreis nominiert würde.

Die dem Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den VP-FP-Antrag 494/A(E) beigedruckte Entschließung betreffend SOS Kinderdorf wurde vom Nationalrat mehrheitlich angenommen. Mehrheitlich nahm der Nationalrat auch den ablehnenden Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 508/A(E) der Grünen betreffend Nominierung des israelisch-palästinensischen "Parent's Circle" für den Friedensnobelpreis 2005 zur Kenntnis.

(Schluss Friedensnobelpreis/Forts. NR)