Parlamentskorrespondenz Nr. 330 vom 29.04.2005

WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS STELLT DIENSTLEISTUNGSSCHECK AUS

Schecksystem zum Kauf von Dienstleistungen im Haushalt

Wien (PK) - Der Wirtschaftsausschuss beschloss heute mit den Stimmen der Regierungsparteien die Einführung des so genannten Dienstleistungsschecks, durch den die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert und zugleich möglichst viele der bisher illegalen Bschäftigungsverhältnisse im Bereich der häuslichen Dienste legalisiert werden sollen. Die Oppositionsparteien begründeten ihre Ablehnung mit ihrer Kritik an der Entstehung eines separierten Arbeitsmarktes, auf dem traditionelle arbeitsrechtliche Standards nicht gelten. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse seien prekär, weil sie laut Sozialbericht "Wege in die Armut" darstellten.    

Konkret handelt es sich dabei um den Kauf von so genannten "personennahen Dienstleistungen im Haushalt" (einfache Tätigkeiten zur Unterstützung der Haushaltsführung, der Kinderbeaufsichtigung, von Einkauf, Reinigung und Gartenarbeiten) in Form eines Schecks, der möglichst flächendeckend (z.B. bei Postämtern oder Trafiken) vertrieben werden soll. Sämtliche vom Dienstgeber zu tragenden Sozialversicherungsabgaben sind im Kaufpreis des Schecks enthalten. Bei einem Entgelt von 10 € wird der Scheck 10,20 € kosten. Mit der Übergabe des Dienstleistungsschecks hat der Arbeitgeber alle Verpflichtungen erfüllt. Der Lohn wird frei vereinbart, als Untergrenze gilt aber der Mindestlohntarif bei Hausgehilfen. Zu den Mindeststundenlöhnen ist ein Zuschlag für Sonderzahlungen und Urlaubsentgelt (ca. 35 %) hinzuzurechnen. Bei der erstmaligen Beschäftigung ist auch ein für die Abrechnung erforderliches Beiblatt auszufüllen. Der Arbeitnehmer reicht dann die Schecks bei der zuständigen Gebietskrankenkasse ein.

Davon betroffen sind nur bis zu einem Monat befristete Dienstverhältnisse für die Dauer des jeweiligen Arbeitseinsatzes. Wird die monatliche Geringfügigkeitsgrenze in der Höhe von 323,46 € überschritten, sind die für gewöhnliche Arbeitsverhältnisse geltenden Bestimmungen anzuwenden. Durch diese Begrenzungen soll verhindert werden, dass regelmäßige Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigungen in größerem Umfang durch Dienstleistungsschecks ersetzt werden. Der Arbeitnehmer hat aber auch die Möglichkeit, bei bloß geringfügigen Entgelten aus DLS freiwillig in die Krankenversicherung und die Pensionsversicherung einzuzahlen.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) lehnte den Dienstleistungsscheck ab, weil er überall in Europa "abgestürzt" sei, weil er einen separaten Arbeitsmarkt schaffe und bestehende bessere Modelle, wie sie beispielsweise von Hilfswerk und Volkshilfe praktiziert werden, verdrängen könnte.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) erinnerte an die Feststellung des Sozialberichts, dass geringfügige Arbeitsverhältnisse als ein Weg in die Armut zu betrachten seien - man sollte derartige Arbeitsverhältnisse nicht fördern.

Abgeordneter Richard Leutner (S) stimmte den Ausführungen Öllingers zu und beklagte den Ausschluss von Arbeitnehmern von arbeitsrechtlichen Standards wie Entgeltfortzahlung, Pflegefreistellung, Abfertigung neu und Kündigungsfristen. Leutner sprach sich gegen die Aufgabe sozialrechtlicher Standards aus und drängte darauf, Kettendienstverträge aus der Regierungsvorlage herauszunehmen.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) entgegnete den Oppositionssprechern, dass es sich bei der Einführung des Dienstleistungsschecks um ein Pilotprojekt handle, dass nach einem Jahr evaluiert werden soll. Darüber hinaus plädierte die Abgeordnete für die steuerliche Absetzbarkeit von Erziehungs- und Haushaltsleistungen.

Im Hinblick auf die geäußerten Bedenken stellte Abgeordnete Christine Lapp (S) einen Vertagungsantrag.

Abgeordnete Mares Rossmann (F) meinte, man sollte es mit dem Dienstleistungsscheck versuchen, weil er vielen, etwa Studenten, die Möglichkeit einer Beschäftigung mit Versicherungsschutz biete.

Abgeordnete Margit Csörgits (S) erinnerte an die vielen Vorschläge der SPÖ, die Schwarzarbeit zu bekämpfen. Sie habe nichts gegen Evaluierungen, sagte die Rednerin, wenn man aber schon vorher wisse, was man besser machen könnte, sollte man es tun.

Bundesminister Martin Bartenstein teilte die Befürchtungen nicht, dass der Dienstleistungsscheck eine Konkurrenz für legal beschäftigte Arbeitnehmer darstelle, er rechne ausschließlich mit den derzeit mindestens 150.000 Personen, die illegal arbeiten. Bartenstein erinnerte an gemeinsame Zielvorstellungen mit der Opposition und an Verhandlungen mit Sozialpartnern und NGO, erteilte aber dem Vorschlag, reguläre Dienstverhältnisse zu schaffen, eine Absage, weil dies in diesem Arbeitsbereich zum Scheitern verurteilt sei. Europäische Vergleiche könne man nicht anstellen, weil es nirgendwo eine Dienstleistungsscheckmodell gebe. Kettenvertragsverhältnisse sind, wenn sie sachlich begründet seien, EU-konform, hielt der Minister fest und bekundete die Bereitschaft zu Änderungen, wenn die Evaluierung Bedarf danach anzeige.

EINSTIMMIGKEIT FÜR NOVELLE DES ELWOG-GESETZES

Mit den Stimmen aller vier Parlamentsparteien verabschiedete der Wirtschaftsausschuss eine ElWOG-Novelle, die eine Nachfolgeregelung für die durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmungen betreffend die Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung der Ausgleichsenergie enthält. Während bei den materiellen Voraussetzungen, die ein Unternehmen erfüllen muss, um die Funktion eines Bilanzgruppenkoordinators wahrzunehmen (organisatorische, rechtliche und faktische Unabhängigkeit der Verrechnungsstellen) und bei den Aufgaben der Bilanzgruppenkoordinatoren keine Änderungen gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage vorgesehen sind, tritt anstelle der bisherigen Konzessionserteilung durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Benennung durch den Regelzonenführer.

EU-RICHTLINIE ZUM SCHUTZ BIOTECHNOLOGISCHER ERFINDUNGEN WIRD UMGESETZT

Weiters beschloss der Ausschuss eine Biotechnologie-Umsetzungsnovelle, deren Ziel es ist, die EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen in die heimische Rechtsordnung zu überführen, um damit die Rechtssicherheit im Patentrecht zu erhöhen und Investitionshindernisse zu beseitigen.

V-Abgeordnete Gertrude Brinek brachte einen § 27-Antrag ein, der eine allgemeine Bestimmung im ABGB festschreibt, die ein grundsätzliches Verbot der Forschung an Personen, die eines Sachwalters bedürfen, vorsieht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) gab bekannt, dass die SPÖ der Vorlage nicht zustimmen werde, da sie einen eingeschränkten Stoffschutz beinhalte und damit Dingen Tür und Tor geöffnet werde, die die SPÖ nicht wolle.

Die Richtlinie strotzt vor Widersprüchlichkeiten und schweren Mängeln, behauptete Abgeordnete Eva Glawischnig (G).

Die Bioethik-Kommission habe sich damit befasst und das Ergebnis sei positiv zu sehen, erklärte F-Abgeordneter Maximilian Hofmann. Die Umsetzung der Richtlinie sei im Jahr 2000 fällig gewesen. Mit welchen Konsequenzen müssen wir aufgrund der verspäteten Umsetzung rechnen?, erkundigte er sich.

Staatssekretär Eduard Mainoni wies darauf hin, dass die Umsetzung der Richtlinie bindend sei und man Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren angedroht habe. Die drohende Strafe sei „drastisch“: 152.000 € pro Tag.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) wollte wissen, weshalb man keine extrem restriktive Auslegung wolle.

Der Staatssekretär teilte mit, man orientiere sich am Wortlaut der Richtlinie, daher könne er die vorgebrachte Kritik nicht nachvollziehen.

Zu den Fragen des Abgeordneten Kai Jan Krainer (S), warum man nicht den Weg von Deutschland und Frankreich eingeschlagen habe, und der Abgeordneten Eva Glawischnig (G), weshalb man – vor dem Hintergrund des Volksbegehrens – keine andere Lösung getroffen habe, wiederholte der Staatssekretär seine Antwort, man habe sich am Wortlaut der Richtlinie orientiert; eine Richtlinie diene dazu, möglichst alle in der EU gleich zu behandeln und auch die Zugangsbedingungen in allen Ländern gleich zu gestalten.

Die Vorlage wurde mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien verabschiedet. Der § 27-Antrag auf Änderung des ABGB fand einhellige Zustimmung.

AUSFUHR VON KRIEGSMATERIAL: GESETZ WIRD AN EU-RECHT ANGEPASST

Unter Berücksichtigung eines V-F-Abänderungsantrages, der Präzisierungen enthält, passierte mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der Grünen ein Bundesgesetz, mit dem das Außenhandelsgesetz und das Kriegsmaterialgesetz geändert werden, den Ausschuss. Das an die europäische und internationale Rechtslage angepasste neue Gesetz enthält klare Bestimmungen für Kontrollen im innergemeinschaftlichen Verkehr und bei der Durchfuhr, erlaubt größere Flexibilität bei Reaktionen auf internationale Entwicklungen, vor allem beim Kampf gegen den Terrorismus, bringt Erleichterungen für die Wirtschaft, bietet aber keine Möglichkeit, Ausfuhren aus rein wirtschaftlichen Gründen zu beschränken.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) gab die Zustimmung ihrer Fraktion bekannt, obgleich die Vorlage zwei Mängel aufweise, und zwar hinsichtlich der Übermittlung von technischem Wissen und betreffend die Behandlung von österreichischen Staatsbürgern im Ausland im Rahmen der Bewilligungspflicht. Sie brachte auch einen Abänderungsantrag ein, der bei der Abstimmung keine Mehrheit erhielt.

Abgeordnete Mares Rossmann (F) hielt die Vorlage für wichtig, da sie Maßnahmen zur Terrorbekämpfung enthalte.

Auch Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) begrüßte die Regierungsvorlage, die wichtige Verbesserungen enthalte. Die geäußerte Kritik verstand sie nicht, da das Außenhandelsgesetz alles erfasse; was nicht erfasst sei, sei in der EU-Verordnung geregelt.

NEUREGELUNG DES BEITRAGSZEITRAUMS FÜR GERINGFÜGIG BESCHÄFTIGTE

Änderungen des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes, die der Ausschuss ebenfalls mit V-F-Mehrheit verabschiedete, betreffen eine Neuregelung des Beitragszeitraumes für geringfügig Beschäftigte. Da der Beitragszeitraum von einem Monat für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse im Hinblick auf die geringe Höhe der Beiträge einen nicht unbeträchtlichen Verwaltungsaufwand verursacht, wird in Zukunft der Arbeitgeber die Wahlmöglichkeit haben, die Beiträge entweder wie bisher monatlich oder einmal jährlich zu überweisen. Ferner bringt das Gesetz eine formale Zusammenfassung der Regelung über die Auswahl der MV-Kassen, setzt eine Frist von 6 Monaten im Hinblick auf das neu geschaffene Zuweisungsverfahren und installiert ein Verfahren zur Zuweisung von Arbeitgebern, die nach Ablauf der Fristen noch keinen Beitrittsvertrag mit einer MV-Kasse abgeschlossen haben. - Der Beschluss erfolgte in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages einstimmig.

In der Debatte erinnerte Abgeordneter Karl Öllinger (G) daran, dass die Renditen der betrieblichen Mitarbeitervorsorgekassen nicht halten, was man sich von ihnen erwartet habe und befürchtete lediglich "kümmerliche Zusatzpensionen" für die Arbeitnehmer.

Abgeordneter Richard Leutner (S) sprach hingegen von guten Auswirkungen der Abfertigung neu: bereits 1,3 Mill. Anwartschaften seien bislang für Personen begründet worden, die vorher keine Ansprüche hatten. Es sei wahr, dass die Erträge unter Plan seien, die Ursachen seien relativ hohe Anfangskosten und kurzfristig schwache Kapitalerträge.

Abgeordneter Reinhold Mitterlehner (V) sah die Abfertigung neu als eine Erfolgsstory und riet dazu, die Ertragslage der Kassen längerfristig zu beurteilen.

Bundesminister Martin Bartenstein sprach ebenfalls von einem Erfolgsprojekt und meinte, ein Ertrag von 4,6 % sei in einer Niedrigzinsphase nicht schlecht und lasse das Ertragsziel als erreichbar erscheinen. Die Begrenzung freiwilliger Einzahlungen mit 1,53 % habe ihren Grund in der steuerlichen Begünstigung, erfuhren die Abgeordneten Heidrun Silhavy und Franz Riepl (beide S). (Schluss)