Parlamentskorrespondenz Nr. 345 vom 04.05.2005

SCHAUMAYER: ÖSTERREICH FOLGTE MORALISCHER VERPFLICHTUNG

Rede bei der Gedenkveranstaltung im Parlament

Wien (PK) - Maria Schaumayer, ehemalige Nationalbank-Präsidentin und Regierungsbeauftragte für die Einrichtung eines Fonds zur Erbringung freiwilliger Leistungen an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter während des NS-Regimes auf dem Gebiet des heutigen Österreich, ging auf die Entstehungsgeschichte des Versöhnungsfonds ein und verwies auf dessen Motto "Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit". Völkerrechtlich hätte Österreich als Staat, der vom Anschluss 1938 bis zur Befreiung vom NS-Regime 1945 nicht existierte, keine Leistungsverpflichtung gehabt, skizzierte sie, die österreichische Regierung und das österreichische Parlament hätten finanzielle Leistungen an die damaligen Sklaven- und Zwangsarbeiter jedoch als moralische Verpflichtung angesehen.

Österreich habe sich bei der Errichtung des Fonds, so Schaumayer, sehr bemüht, niemanden zu vergessen und besonderes Leid besonders zu berücksichtigen. Auch die mit dem Versöhnungsfonds zusammenarbeitenden Opferorganisationen in Polen, in der Ukraine, in Weißrussland, in der Tschechischen Republik, in Ungarn und in der Russischen Föderation hätten darauf Bedacht genommen, den betagten Opfern bürokratische Mühen weitestmöglich zu ersparen.

Schaumayer zufolge haben bisher rund 132.000 ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter in mehr als 60 Ländern Leistungen aus dem Österreichischen Versöhnungsfonds erhalten. Einschließlich der Einmahlzahlung an die Claims Conference seien 352 Mill. € aufgewendet worden. Es gehe allerdings nicht nur um die finanzielle Seite, unterstrich Schaumayer, die Leistungen des Versöhnungsfonds sollten den Opfern der NS-Sklaven- und Zwangsarbeit auch dokumentieren, "dass Österreich ihr Leid begriffen hat, dass es ihnen Mitgefühl entgegenbringt und um dauerhafte Versöhnung bemüht bleibt". (Schluss Schaumayer/Forts. Gedenkveranstaltung)