Parlamentskorrespondenz Nr. 433 vom 25.05.2005

GESUNDHEITSAUSSCHUSS: LEIHARBEITSKRÄFTE AUCH IM PFLEGEBEREICH

Debatte über WHO-Abkommen und EU-Legislativvorhaben

Wien (PK) - Bei der heutigen Sitzung des Gesundheitsausschusses befassten sich die Abgeordneten zunächst mit den Legislativvorhaben 2005 in den Bereichen Gesundheit und Frauen. Die Bundesministerin hat erstmals einen Bericht über die Jahresvorschau 2005 präsentiert, der auf dem Arbeitsprogramm der Kommission sowie auf dem operativen Jahresprogramm des Rates basiert. Danach stand noch eine sehr umfangreiche Tagesordnung auf dem Programm. Die Themenpalette reichte dabei vom Personalleasing im Pflegebereich, der Neugestaltung der MTD-Ausbildung, einem WHO-Übereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs, bis hin zur Novellierung des Blutsicherheitsgesetzes, des Dentistengesetzes sowie zahlreicher Veterinärgesetze. Behandelt wurden auch noch vier SPÖ-Anträge, die unter anderem die Sicherstellung der fairen Finanzierung des Gesundheitssystems sowie die Reduktion der Selbstbehalte zum Inhalt hatten.

DIE LEGISLATIVVORHABEN 2005 IN DEN BEREICHEN GESUNDHEIT UND FRAUEN

Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hat dem Parlament erstmals eine Jahresvorschau 2005 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates vorgelegt; der Bericht wurde mehrheitlich angenommen. Rauch-Kallat wies darauf hin, dass sich die Kommission ein ehrgeiziges Programm vorgenommen hat, wobei ein neuer Ansatz gewählt wurde; das Programm sei dieses Mal stärker politisch ausgerichtet. Sodann informierte sie über die strategischen Ziele und über die Legislativvorhaben im Jahr 2005. Weiters ging sie noch näher auf das operative Jahresprogramm des Rates ein.

Es sei nicht erkennbar, welche Initiativen auf österreichischer Seite geplant sind, bemängelte die Abgeordnete Heidrun Silhavy (S). Im besonderen interessierte sie sich für die Bereiche Kindermedikamente, Drogen sowie Gentechnik. Abgeordneter Johann Maier (S) machte wiederholt auf die Problematik der Nahrungsergänzungsmittel, die oft aus Drittstaaten importiert werden und teilweise mit Hormonen verunreinigt sind, aufmerksam. Derzeit sei ein diesbezügliches Verfahren beim EuGH anhängig und es bestehe die Gefahr, dass die Verordnung aufgehoben wird. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) fragte, ob es möglich sei, die nationalen Parlamente bei wichtigen Fragen, z.B. der Erzeugung von menschlichem Gewebe, früher einzubinden.

Die Ressortchefin teilte dem Abgeordneten Maier mit, dass die Frage der nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel im Herbst im Arzneimittelrecht geregelt werden soll. Die beiden anderen angesprochenen Verordnungen stehen bei der Ratstagung der europäischen Gesundheitsminister am 3. Juni in Luxemburg auf der Tagesordnung. Was die österreichische EU-Präsidentschaft angeht, so werde das Thema Frauengesundheit einen Schwerpunkt bilden. Außerdem werden Fachkonferenzen zu den Themen "Diabetes" und "kardiovaskuläre Erkrankungen" abgehalten werden. Rauch-Kallat informierte weiters darüber, dass das Drogenregister noch in diesem Jahr fertig gestellt werden soll. Man habe sich auch dazu verpflichtet, die EU-Drogenstrategie umzusetzen, und zwar in zwei Vierjahresplänen (von 2005 bis 2008 bzw. von 2009 bis 2012). Ein großes Anliegen sei ihr die Frage der Kinderarzneimittel. Man stehe dabei in einem engen Kontakt mit dem St. Anna Kinderspital, weil es gerade in der Onkologie das Problem gebe, dass aufgrund der geringen Krankheitsfälle die Auswirkungen der Medikamente auf Kinder noch viel zu wenig untersucht sind. Hinsichtlich der Gentechnik setze sie sich gemeinsam mit dem Landwirtschaftsminister vehement dafür ein, die drohende Aufhebung des Gentechnikimportverbots zu verhindern.

HEFTIGE DEBATTE ÜBER LEIHARBEITSKRÄFTE IM PFLEGEBEREICH

Heftige Diskussionen löste dann eine Regierungsvorlage (GuKG-Novelle 2005) aus, mit der die Möglichkeit geschaffen wird, dass in Hinkunft

die Berufsausübung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege auch im Wege der Arbeitskräfteüberlassung möglich ist. Obwohl im Laufe der Sitzung ein Abänderungsantrag vorgelegt wurde, der die Bestimmung enthält, dass nicht mehr als 15 % des Pflegepersonals auf diesem Wege rekrutiert werden darf (ursprünglich war ein Drittel vorgesehen), befürchtete die Opposition einen massiven Qualitätsverlust in der Pflege.

Die Regierungsvorlage sieht außerdem die Etablierung einer speziellen Sonderausbildung in der Kinderintensivpflege vor. Aufbauend auf der Basisausbildung für Kinder- und Jugendlichenpfleger soll es die Möglichkeit geben, eine Zusatzausbildung in der Kinderintensivpflege im Ausmaß von 400 Stunden absolvieren zu können.

Man habe versucht, einerseits den Wünschen der Spitalserhalter entgegenzukommen und andererseits die hohen Qualitätsstandards in der Pflege abzusichern, argumentierte Abgeordneter Erwin Rasinger (V).  Abgeordnete Maria Grander (V) wies darauf hin, dass es bisher einen Graubereich (Stichwort Poolarbeitskräfte) gegeben hat, für den nun geordnete rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Abgeordnete Christine Lapp (S) sprach von einer fahrlässigen Vorgangsweise. Während zum Beispiel in der voest nur 5 % Leiharbeitskräfte beschäftigt werden können, toleriere man im sensiblen Pflegebereich 15 %. Dies werde dazu führen, dass private Firmen Personal zu Dumpingpreisen an die Spitäler vermitteln, befürchtete sie. Außerdem sei in keiner Weise die Qualität und die Kontinuität in der Pflege gewährleistet.

Auch Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) schloss sich der Kritik von Lapp an. Sie könne es absolut nicht nachvollziehen, warum Firmen wie Manpower, die keine Ahnung haben, welches Personal in den Spitälern benötigt wird, nun neue Geschäftsfelder erschlossen werden.

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F) zeigte sich erfreut über den Abänderungsantrag, weil nun der Anteil der Zeitarbeitskräfte auf 15 % gesenkt wurde. Auch Abgeordneter Herbert Haupt (F) war der Auffassung, dass mit dieser Abänderung die Bedenken minimiert werden konnten.

Er frage sich, wie ein Arzt mit Arbeitskräften, die täglich wechseln, ein Vertrauensverhältnis im so genanten mitverantwortlichen Bereich aufbauen könne, gab Abgeordneter Manfred Lackner (S) zu bedenken. Dies sei eine völlig falsche Politik und führe zu einem Qualitätsverlust in der Pflege.

Bei der getrennten Abstimmung wurden die Regierungsvorlage in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages ebenso wie die Ausschussfeststellung, in der die Erfüllung des Standards der angemessenen Pflege klar zum Ausdruck gebracht wird, mehrheitlich angenommen. Der SPÖ- Entschließungsantrag (in der Fassung eines S-Abänderungsantrages), in dem d ie Umsetzung der schon lange angekündigten Refo rm der Gesundheitsberufe gefordert wird, fand keine Mehrheit. Als miterledigt galt auch der G-Antrag betreffend die Einführung einer bundeseinheitlichen modularen Ausbildung im Bereich der Betreuung und Pflege alter Menschen im ambulanten sowie stationären Bereich.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat zeigte sich erfreut darüber, dass mit der Sonderausbildung in der Kinderintensivpflege ein wichtiges Anliegen umgesetzt werden konnte. Nicht vergessen sollte man auch darauf, dass es nun die Möglichkeit zur Teilzeitausbildung in der Pflege gibt, was vor allem für Wiedereinsteigerinnen sehr interessant ist. In Richtung des Abgeordneten Lackner merkte sie an, dass eine MTF-Novelle noch im Herbst vorgelegt werden soll.

Was die umstrittenen Regelungen bezüglich der Arbeitskräfteüberlassung angeht, so wolle sie daran erinnern, dass es derzeit aufgrund des Personalmangels einen ungeregelten Bereich gibt, wo in keiner Weise garantiert sei, dass Qualitätsstandards eingehalten werden oder dass die Beschäftigten ausreichend sozialrechtlich abgesichert sind. Nunmehr sei garantiert, dass das Personal fix angestellt ist, wobei die Vermittlerfirmen natürlich darauf achten müssen, dass die entsprechenden Qualifikationen vorliegen. Insgesamt führen die Regelungen zu Verbesserungen für die Betroffenen, für die Patienten und tragen zu mehr  Qualität in der Pflege bei, war die Ministerin überzeugt.

WHO-ÜBEREINKOMMEN ZUR EINDÄMMUNG DES TABAKGEBRAUCHS

Einstimmig angenommen wurde sodann ein Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs. Darin bringen die Vertragsstaaten zum Ausdruck, dass dem Recht auf Schutz der öffentlichen Gesundheit Priorität eingeräumt werden soll. In der Erkenntnis, dass die Ausbreitung der Tabakepidemie ein weltweites Problem mit schwerwiegenden Folgen für die menschliche Gesundheit darstellt und daher die bestmögliche internationale Zusammenarbeit und Mitwirkung aller Ländern erfordert, haben sich die Mitgliedsländer zu einem umfassenden Maßnahmenkatalog verpflichtet.

Abgeordnete Beate Schasching (S) erkundigte sich nach den geplanten Initiativen gegen den Tabakschmuggel sowie nach den Anti-Raucherkampagnen insbesondere für Jugendliche. Ein großes Anliegen war ihr der Schutz der Passivraucher, vor allem am Arbeitsplatz.

Aufgrund von Übersetzungsproblemen könne das Abkommen erst heute im Parlament ratifiziert werden, erläuterte Abgeordneter Erwin Rasinger (V). Erfreulich sei jedoch, dass Österreich bereits das Tabakgesetz novelliert habe und wichtige Maßnahmen, z.B. die Erhöhung der Preise, das Werbeverbot etc., umgesetzt hat. Abgeordneter Herbert Haupt (F) erinnerte daran, dass viele behinderte Menschen Tabaktrafiken besitzen und es daher wichtig sei, ihre Existenz zu sichern.

Auch Bundesministerin Maria Rauch-Kallat wies darauf hin, dass noch vor der Ratifizierung des Abkommens alle notwendigen Maßnahmen auf nationaler Ebene umgesetzt wurden. Sie nutze jede Gelegenheit, um auf die Gefahren des Rauchens hinzuweisen, führte die Ministerin weiter aus, und sie unterstütze natürlich auch die Bemühungen des Finanzressorts, den Tabakschmuggel einzudämmen. Gemeinsam mit dem Landwirtschaftsminister stelle sie Überlegungen an, auf welche alternative Produkte Tabakbauern umsteigen können. Sodann ging sie auf die Kampagne gegen das Rauchen ein, die speziell auf Jugendliche zugeschnitten wurde. Die Spots, die Originalaussprüche von Kindern enthalten und die Zielgruppe der 8- bis 12jährigen ansprechen sollten, seien sehr erfolgreich gewesen. Eine sehr positive Entwicklung gebe es auch hinsichtlich der Selbstverpflichtung der Gastronomie, erklärte die Ministerin. Außerdem wurde ein konkreter Aktionsplan für die Umsetzung des Rauchverbots im überdachten öffentlichen Raum entwickelt. Dem Abgeordneten Haupt teilte Rauch-Kallat mit, dass sie sich für die Ausweitung der Geschäftsfelder für die Trafikanten eingesetzt habe, weil es darum gehe, die Existenzgrundlage von vielen behinderten Menschen abzusichern. Ein mögliches neues Aufgabenfeld wäre zum Beispiel die Übernahme von Postdienstleistungen. (Fortsetzung)