Parlamentskorrespondenz Nr. 782 vom 18.10.2005

Österreich im Tourismus weiter Spitze

Mehr Gäste, kürzere Urlaube - Tourismuswirtschaft im Jahr 2004

Wien (PK) - Österreich hat seine Spitzenposition unter den Tourismusländern im Jahr 2004 erfolgreich verteidigt und lag mit Tourismus-Einahmen von 1.535 € pro Kopf der Bevölkerung weit vor der Schweiz (1.134 €), Belgien/Luxemburg (958 €), Spanien (899 €) und Frankreich (532 €).

Die Zahl der Österreich-Gäste nahm um 1,2 % auf 28,5 Millionen zu, 19,4 Millionen (+ 1,5 %) kamen aus dem Ausland, 9,1 Millionen (+ 0,4 %) aus Österreich selbst. Obwohl der Trend zum Kurzurlaub die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der inländischen Gäste auf 3,4 Nächte und jene der ausländischen Gäste auf 4,4 Nächte sinken ließ und die Zahl der Nächtigungen erstmals seit 1997 um 0,6 % auf 117,2 Millionen zurückging, stiegen die Tourismusumsätze (Übernachtung, Verpflegung) um 2,4 % auf 18,55 Mrd. €.

2005 kann die Tourismus- und Freizeitwirtschaft 4 % mehr Umsatz erwarten. Laut Prognose soll sich das Wachstum 2006 dank besserer Konjunktur in den Gäste-Herkunftsländern auf 4,5 % beschleunigen, heißt es im aktuellen "Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2004" (III-173 d.B.).

Tourismus und Volkswirtschaft

Die Tourismusstatistik allein dokumentiert die volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus nur unvollständig. Mit dem "Tourismus-Satellitenkonto (TSA)" erheben Statistik Austria und WIFO seit 2001 den tatsächlichen Beitrag des Tourismus zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. Für 2004 wurde ein Wert von 21,16 Mrd. € (2003: 20,61 Mrd. €) errechnet, das sind 9 % des BIP. Seit 1999 wuchs der Tourismus um 25,5 % bzw. um durchschnittlich 4,6 % pro Jahr, der Wertschöpfungsanteil am BIP wurde um 0,5 Prozentpunkte gesteigert.

Für Freizeitkonsum am Wohnort gaben die Österreicher 2004 21,1 Mrd. € aus und lösten damit eine Wertschöpfung von 17,3 Mrd. € (2003: 16,7 Mrd. €) aus, das sind 7,4 % der Gesamtwirtschaft. 2004 summierten sich die direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte der Tourismus- und Freizeitwirtschaft auf 38,46 Mrd. € (+3,1 %), der Zuwachs betrug seit 1999 22,6 % bzw. durchschnittlich 4,2 % pro Jahr. Der Gesamtbeitrag der Tourismus- und Freizeitwirtschaft zum BIP erreichte in den vergangenen beiden Jahren jeweils rund 16,5 %, ein halber Prozentpunkt mehr als im TSA-Basisjahr 1999. Der Überschuss in der Reiseverkehrsbilanz stieg von 3,15 Mrd. € im Jahr 2003 auf 3,52 Mrd. € im Vorjahr und belief sich auf 1,5 % des BIP.

Wintersaison und Sommersaison

In der Wintersaison 2003/04 verbesserten sich die Tourismusumsätze im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Die Einnahmen stiegen um 5,7 %, wobei die Nachfrage aus dem Inland mit 7 % deutlich stärker wuchs als jene aus dem Ausland mit 5,5 %.

Im Gegensatz dazu nahmen die Einnahmen in der Sommersaison 2004 mit 1,4 % nur schwach (2003: 5,5 %) zu, wobei sich der Binnenreiseverkehr mit + 0,8 % verhaltener entwickelte als der Tourismus der Gäste aus dem Ausland (+ 1,5 %).

Die Gäste

Auf den für Österreich wichtigen Herkunftsmärkten konnten 2004 bei Gästen aus Spanien (+19,4 %), der Slowakei (+19,3 %), Japan (+16,1 %), Ungarn (+13,9 %), den USA (+13,4 %), Tschechien (+13,1 %), Frankreich (+7,7 %) und Großbritannien (+7 %) deutliche Zugewinne an Nächtigungen verbucht werden, während bei deutschen (– 3,5 %) und polnischen Gästen (– 7,9 %) Einbussen hinzunehmen waren. 

Die Zahl der Nächtigungen von Belgiern und Schweizern überstieg jeweils nur knapp das Vorjahresniveau. Insgesamt lässt sich eine leicht negative Tendenz (– 0,5 %) in der Nächtigungsstatistik ausländischer Gäste feststellen. Die Tendenz zu kürzeren Reisen setzte sich auch im abgelaufenen Jahr fort.

Das Urlaubsland Österreich im internationalen Wettbewerb

Seit 2000 stieg der Anteil Österreichs am internationalen Tourismusmarkt von 4,7 % auf 5,2 %. 2004 kam es zu einem leichten Marktanteilsverlust. In der EU zählten Schweden (- 9,4 %), Dänemark (- 6,9 %), Finnland (- 4,2 %) und die Niederlande (- 4 %) zu den größten Verlierern, kräftige Marktanteilsgewinne hingegen verbuchten Großbritannien (+ 7,1 %), Portugal (+ 6,4 %) und Griechenland (+ 6 %). Von den zehn neuen EU-Mitgliedstaaten konnten Litauen (+ 16,7 %), Polen (+ 14,7 %) und Slowenien (+ 5,9 %) ihre Position am internationalen europäischen Tourismus besonders stark ausbauen, beträchtliche Marktanteilsverluste mussten die Slowakei (- 15,2 %) und Ungarn (- 12,9 %) hinnehmen.

2005 wird für den Tourismus- und Freizeitmarkt in Österreich eine Steigerung von 4 % auf ein Volumen von 51,2 Mrd. € prognostiziert. 2006 wird aufgrund der konjunkturellen Belebung in unseren wichtigen europäischen Herkunftsmärkten eine Steigerung der Tourismusumsätze um 5 % erwartet, der nicht-touristische Freizeitkonsum wird im Gegensatz zu 2005 mit 4 % schwächer wachsen als der Tourismus. Die gesamte Tourismus- und Freizeitwirtschaft wird 2006 um 4,5 % zulegen, Umsätze von etwa 53,6 Mrd. € sind zu erwarten.

Die wirtschaftliche Lage der Betriebe

Die Einkommen der Dreistern-Hotels stagnierten 2004 im Durchschnitt bei 580.000 €. Auch in der 5/4-Sterne-Kategorie blieben die Durchschnittseinnahmen bei 1,3 Mill. € gleich. Durch Investitionen in Richtung Qualitätstourismus stiegen die Ausgaben. Vor allem die 5/4-Sterne-Betriebe zeigten stabile Ertragskraft und setzten die Verbesserung ihrer Bonität fort. Mehrere Jahre mit sehr gutem Geschäftsgang werden erforderlich sein, um auch bei den 3-Sterne-Betrieben eine nachhaltige Verbesserung der Kapitalsituation zu erreichen, heißt es im Tourismusbericht 2004.

Betriebe höherer Kategorie verbesserten ihre Auslastung von 153 auf 165 volle Tage (3-Sterne-Hotels von 103 auf 113 VBT; 2/1-Sterne-Hotels von 70 auf 77 volle Tage). Die Kluft zwischen Unternehmen minderer Qualität und Unternehmen oberer Kategorien bleibt bestehen. Die Zahl der Betriebe hoher Qualität steigt, jene in der 3-Sterne- Kategorie stagniert, die Zahl der Betriebe minderer Qualität sinkt.

Die Gastronomiebetriebe (Restaurants, Gasthäuser, Imbiss-Stuben, Kaffeehäuser und Eissalons) verfehlten das Ziel einer positiven Eigenkapitalausstattung von 8 % weit. Die Maßzahl einer 15-jährigen Tilgungsdauer wird im Durchschnitt erreicht, Verschlechterungen bei den Schulden sind aber erkennbar. In Tourismus hängt die Stabilität von der Betriebsgröße ab. Daher ist die "Betriebsgrößenoptimierung" in der TOP-Tourismus-Förderung sowie bei Garantien ein Förderungssignal für gesunde, langfristig lebensfähige Unternehmen.

Die Insolvenzen entwickeln sich in Hotellerie und Gastronomie ähnlich wie in der Gesamtwirtschaft, reagieren aber stärker auf konjunkturelle Entwicklungen. Erfreulicherweise liegt die Insolvenzquote (Insolvenzen pro 100 Unternehmen) mit 1,58 % in Hotellerie und Gastronomie deutlich unter den 1,9 % der Gesamtwirtschaft. Der Schaden pro Insolvenz macht in der Gesamtwirtschaft im Schnitt 800.000 € aus, in der Tourismuswirtschaft aber nur 340.000 €.

Nach mehreren Jahren mit Nächtigungszuwächsen hat die Tourismuswirtschaft 2004 weiter investiert. Das von ERP-Fonds, TOP-Tourismus-Förderung und mit Bundesgarantien geförderte Gesamtinvestitionsvolumen betrug 596 Mill. €. 85 % der Mittel flossen in die Hotellerie, 10 % in die regionale Infrastruktur und 5 % in Restaurants. Die Schwerpunkte der Hotels lagen auf Betriebsgrößenoptimierung, Qualitätsverbesserung und Einrichtung von Wellness-, Seminar- und Fitnessräumen.

Der touristische Arbeitsmarkt 

Die Zahl der in Hotels und Restaurants beschäftigten Menschen stieg 2004 um 2.552 oder 1,6 % stärker als in der Gesamtwirtschaft mit 0,5 %. 159.019 oder 5 % der 2,3 Millionen Arbeitnehmer waren im Durchschnitt des Jahres 2004 im Tourismus beschäftigt. Die Branche hatte mit 31,4 % einen hohen Ausländer- und mit 10 %  einen hohen Anteil an geringfügig Beschäftigten.

Von den 243.880 Arbeitslosen im Jahr 2004 waren 14,1 % Beherbergungs- und Gaststättenbetrieben zuzurechnen. Während die Arbeitslosigkeit allgemein um 1,6 % (+ 3.800) zunahm, stieg sie im Tourismus um 5,1 % oder um 1.687 auf 34.468. 61,5 % oder 21.183 der Arbeitslosen im Tourismus waren Frauen, um 5,2 % oder 1.052 mehr als 2003. Bei den Männern stieg die Zahl der Erwerbslosen um 5 % (635) auf 13.285.

2004 standen in den Fremdenverkehrsberufen 515 Lehrstellensuchende (+ 75 bzw. + 17,1 %) 787 offenen Lehrstellen (-178 bzw. -18,5 %) gegenüber. 1.726 Lehrlinge mit deutscher Staatsbürgerschaft waren in Österreich in Ausbildung.

Eine Analyse des touristischen Arbeitsmarktes zeigt einen auffälligen Widerspruch zwischen steigender Arbeitslosigkeit einerseits und Klagen über Mangel an qualifizierten Arbeitskräften andererseits. Das negative Image des Tourismus bei den Arbeitnehmern resultiert aus langen und unregelmäßigen Arbeitszeiten, vielen Überstunden, Arbeit zu Zeiten, in denen andere nicht arbeiten, aus dem hohen Anteil an niedrig qualifizierten Jobs und der oft nur kurzen Dauer der Arbeitsverhältnisse. Minister Bartenstein bereitet daher ein "Maßnahmenpaket Tourismus - Arbeit&Ausbildung" zur Stärkung des touristischen Arbeitskräftepotenzials vor - es wird im Herbst 2005 präsentiert.

Vorbereitung der EU-Strukturfondsperiode 2007-2013

Derzeit wird die EU-Strukturfondsperiode 2007-2013 vorbereitet. Erste Verordnungsentwürfe der Kommission liegen vor: EU-Kofinanzierungsmittel sollen reduziert werden, das Burgenland seinen Ziel 1-Status verlieren und INTERREG-Außengrenzgebieten sollen nur noch Binnenprogramme zur Verfügung stehen. Für Regionalbeihilfen sind neue Leitlinien mit geringeren Förderintensitäten geplant. Derzeit arbeitet die Raumordnungskonferenz (ÖROK) an einem Strategischen Rahmenplan für Österreich. Das Wirtschaftsressort will den Tourismus auch in Zukunft mit EU-Mitteln unterstützen.

Nachhaltige Entwicklung

Drei Millionen Österreicher leben in Berggebieten, die 67 % der Fläche Österreichs ausmachen. Der Berg- und Wandertourismus spielt dort eine bedeutende Rolle. Während der Wintertourismus seit 2000 eine Rekordsaison nach der anderen verzeichnet, entwickeln sich die Sommersaisonen nicht ganz so positiv. Die Ankünfte nehmen zwar Jahr für Jahr zu, die Nächtigungen zeigen aber eine sinkende Tendenz. Bei der Förderung des Bergtourismus (KMU-Förderungsgesetz, Tourismus-Förderungen, EU-Programme) setzt das Ressort auf Nachhaltigkeit. So werden beim Hüttensanierungsprogramm in ökologisch sensiblen Regionen umweltgerechte Verbesserungen bei der Energie-, Trinkwasser- und Güterversorgung gefördert. Die Plattform "Sanfter Bergtourismus" informiert die Öffentlichkeit über die Erhaltung der alpinen Infrastruktur (Hütten, Wege, Aufstiegshilfen) als Grundlage für die Lebensqualität im alpinen Raum. Im Herbst 2005 wird das Wirtschaftsministerium der Tourismuswirtschaft ein "Handbuch über nachhaltiges Bauen im Tourismus" zur Verfügung stellen.

Österreichs Ratspräsidentschaft und der Tourismus 

Im März 2006 wird Österreich zu einer Tourismusministerkonferenz mit den Schwerpunkten Wachstum und Beschäftigung einladen. 2004 hat die EU-Kommission mit China, das seinen Reiseveranstaltern bislang nur Reisen in autorisierte Destinationen (ADS) erlaubte, ein ADS-Abkommen abgeschlossen. Das Tourismus-Arbeitsprogramm der EU-Kommission sieht unter anderem auch die Konsolidierung der Tourismus-Satellitenkonten in allen Mitgliedstaaten, ein Umwelt-Qualitätszeichen für Campingplätze und ein Internet-Portal für die Förderung des gemeinsamen Auftritts der EU-Reiseziele vor.

Österreich Werbung setzt auf Wertewelten

Die Österreich Werbung entwickelte die Dachmarke "Urlaub in Österreich" mit dem Ziel, Österreich als charmantestes Urlaubsland der Welt zu etablieren. "Wertewelten statt Themen" lautet das neue Motto. Die Marke "Urlaub in Österreich" soll mit Werten wie "kultiviert", "unverfälscht" und "intensiv" aufgeladen und an neue Zielgruppen herangetragen werden. So rückt in der Werbung für das  Mozartjahr 2006 die Zielgruppe der "Klassischen Musikliebhaber" in den Mittelpunkt. Zudem wurde das internationale Urlaubsservice der ÖW in Wien weiter ausgebaut. Für Zentraleuropa und die GUS-Staaten wird in Ungarn ein weiteres Service-Center eingerichtet. Die Österreich Werbung konzentrierte sich auf ihre Schwerpunktmärkte Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien, Niederlande und Großbritannien, aber auch auf Hoffnungsmärkte in den neuen EU-Ländern sowie in China, Japan und Indien.

Umfassende Markenstrategie

Die Österreich Werbung kooperierte 2004 auch mit anderen starken Marken und wickelte mit 35 Firmen (darunter AUA, ÖBB, Brau Union, Intersport, Kornland, Mobilkom, Kodak, Vöslauer, Pago, Teekanne und VW) gemeinsame Projekte im Gesamtwert von über 570.000 € ab. Im Mittelpunkt von Sportkooperationen standen Schifahren, Rodeln, Handball und Fußball (Schluss).


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