Parlamentskorrespondenz Nr. 993 vom 06.12.2005

Nur die Grünen stimmen gegen das neue Sicherheitspolizeigesetz

Zustimmung der SPÖ sichert Zweidrittelmehrheit

Wien (PK) - Nur die Grünen stimmten in der Plenarsitzung des Nationalrats der Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes nicht zu und machten dafür vor allem datenschutzrechtliche Bedenken geltend. Die Sozialdemokraten sicherten mit ihrer Zustimmung die erforderliche Verfassungsmehrheit.

Für Abgeordneten Dr. PILZ (G) ist die Frage wichtig, was die Regierung und nicht, was die Kriminalpolizei wissen möchte, denn die wichtigsten Neuerungen der SPG-Novelle gehen nicht auf Initiative der Kriminalpolizei zurück. Wenn die Beamten des Bundeskriminalamtes zusätzlich Videodaten von Einkaufszentren, U-Bahnen und von Garagen auswerten müssen, können sie mit ihrer Arbeitszeit nicht auskommen. Die Beamten seien bereits jetzt dermaßen überlastet, dass es keinen Sinn mache, diffuse Überwachungsinstrumente, mit denen die gesamte Bevölkerung verdächtigt wird, anzuwenden. Warum will die Regierung nicht wissen, wer vor drei Jahren ein Visum nach Österreich beantragt hat, warum werden die Unterlagen über Visa-Anträge an österreichischen Konsulaten und Botschaften nach einem Jahr vernichtet, warum werden die zivilen, elektronisch gespeicherten Luftraumdaten nach einer halben Stunde gelöscht, obwohl Österreich die Verpflichtung hat, diese ein Jahr aufzuheben?, fragte Pilz. In einem G-Entschließungsantrag wird verlangt, dass der Bundeskanzler anlässlich seines bevorstehenden Staatsbesuches in den USA etwa gegenüber seinen Gesprächspartnern betonen möge, dass die Tätigkeit der österreichischen Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste sowie die Kooperation mit ausländischen Sicherheitsbehörden und Nachrichtendiensten in Österreich ausschließlich auf der Grundlage von nationalen und internationalen Normen vollzogen werden.

Richtige und ehrliche Sicherheitspolitik bedeute, die Herausforderung der Zukunft zu erkennen und sich dieser Herausforderung zu stellen, meinte Abgeordneter KÖSSL (V). Eine besondere Herausforderung stelle der Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2006 dar, stehe doch Österreich dann im "Schaufenster von Europa". Aus diesem Grund sei es wichtig, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Exekutive effizient und rasch handeln könne, sofern es Bedrohungen gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gebe. Hinzu komme, dass Österreich 2008 Austragungsort der Fußballeuropameisterschaft ist. Solche Ereignisse besäßen nicht nur für Sportinteressierte eine große Anziehungskraft, sondern würden auch immer wieder von gewalttätigen Personen besucht. Mit der SPG-Novelle werde ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt, weil die Polizeibeamten eine gesetzliche Grundlage benötigen, um ihre Arbeit erledigen zu können, so Kössl.

Abgeordneter Mag. DARABOS (S) sprach davon, dass es in Österreich einen sicherheitspolitischen Richtungsstreit gebe. Die einen meinten, man müsse angesichts des vorhandenen Gefahrenpotentials die Grundrechte hintanstellen und dem Staat alle Durchgriffsmöglichkeiten eröffnen, die anderen vertreten die Ansicht, es müsse alles so bleiben, wie es ist. Die Sozialdemokraten hingegen meinen, es müsse einen Weg geben, der zu 100 % die Grundrechte gewährleiste, sich der Gefahrenpotentiale bewusst ist und klar für das Gewaltmonopol des Staates eintritt. Das SPG-Novelle biete aus SPÖ-Sicht eine Balance zwischen der Aufrechterhaltung der Privatsphäre der BürgerInnen und der Aufrechterhaltung der Grund- und Menschenrechte, gleichzeitig gebe sie der Exekutive jene Instrumente in die Hand, mit denen etwaige Bedrohungen abgewendet werden können. Im Mittelpunkt der Novelle stehe der Rechtsschutzbeauftragte, der seit Jahren von der SPÖ gefordert werde.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) betonte, dass sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt habe, die Kriminalität im Interesse der Österreicher zu bekämpfen. Weil die Kriminalität ein "neues Gesicht" hat, sei es jetzt schwieriger geworden, die Kriminalität zu bekämpfen. Aus diesem Grund sei es notwendig geworden, neue Wege zu beschreiten.

Innenministerin PROKOP sprach von einer ausgewogenen Balance zwischen den allgemeinen Grundrechten und dem Grundrecht auf Sicherheit. Dieses Gesetz biete die Möglichkeit, bei Großveranstaltungen die höchste Sicherheitsgarantie zu geben und andererseits im Rahmen der erweiterten Gefahrenerforschung verstärkt Terrorprävention zu betreiben - dies alles in Verbindung mit einem international herzeigbarem Ausbau der Kontrollrechte, unterstrich sie.

Abgeordneter ELLMAUER (V) erwartete sich von der Novelle mehr Sicherheit bei sportlichen Großveranstaltungen wie der EURO 2008 und sah vor allem in der durch das Gesetz möglichen Hooligandatei ein wirksames Instrument bei der Vorbeugung gegen gewalttätige Auseinandersetzungen. Die erweiterte Gefahrenerforschung begrüßte Ellmauer insbesondere im Hinblick auf den kommenden EU-Vorsitz. Als positiv hob er zudem auch die Bestimmungen über den Rechtsschutzbeauftragten hervor.

Abgeordneter PARNIGONI (S) bekräftige die Notwendigkeit der Ausgewogenheit zwischen Sicherheit und entsprechendem Rechtsschutz, die er in diesem Gesetz vor allem durch den unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten gewährleistet sah. Kritisch machte der Redner aber auf den Personalbedarf der Exekutive aufmerksam und warf den Regierungsparteien vor, durch den Abbau von Exekutivbeamten die Sicherheit gefährdet zu haben.

Abgeordneter FAULAND (F) wertete die Novelle als taugliches Instrument, der steigenden Gewaltbereitschaft bei Fußballspielen zu begegnen.

Abgeordneter KAPELLER (V) begrüßte die Präventivmaßnahmen des Gesetzes und meinte überdies an die Adresse des Abgeordneten Pilz gerichtet, die Sicherheitspolitik der Grünen sei "Lobbying für jene, die die Gesellschaft gefährden".

Abgeordneter GAAL (S) beklagte Kürzungen des Stellenplanes für Exekutivbeamte und stellte fest, allein in Wien würden 1.000 Beamte fehlen. Zufrieden zeigte er sich mit den Präventivmaßnahmen, von denen er sich mehr Sicherheit im Vorfeld von internationalen Veranstaltungen erwartete. Hinsichtlich des Rechtsschutzbeauftragten meinte Gaal, hier habe der Forderungskatalog der SPÖ Eingang in die Novelle gefunden. Die SPÖ sei bereit, konstruktiv im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung mit der Innenministerin zusammenzuarbeiten, versicherte Gaal.

Abgeordneter FREUND (V) qualifizierte das Gesetz als richtiges und wichtiges Instrumentarium im Hinblick auf die kommende EU-Präsidentschaft und die EURO 2008.  Die persönliche Freiheit der Bevölkerung werde durch die Maßnahmen in keiner Weise eingeschränkt, war der Redner überzeugt.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) erinnerte an die Bedenken, die gegen das Gesetz seitens namhafter Experten geäußert wurden, und warnte vor einer sukzessiven Einschränkung der Freiheitsrechte.

Abgeordneter PACK (V) sah in der Novelle eine wirksame Handhabe gegen Hooligans bei Fußballspielen.

Abgeordneter BROSZ (G) sprach die Ausschreitungen beim Wiener Derby an und warf der Exekutive Untätigkeit vor. Ein konsequentes Durchgreifen der Polizei und der Vereine würde ausreichen, um die Gewalt zu bekämpfen. Die vorliegende Novelle sah Brosz hingegen für überflüssig an.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) erachtete hingegen eine Mischung aus repressiven und präventiven Maßnahmen für erforderlich, um die Gewalt im Sport zu bekämpfen. Die Innenministerin forderte er auf, über die Ursachen dieses Phänomens eine Studie zu erstellen.

Abgeordneter GAHR (V) sah das Gleichgewicht zwischen Polizeibefugnissen und Bürgerrechten sichergestellt und wies die Bedenken der Grünen zurück. Wer sich ordentliche benimmt, habe nichts zu befürchten, sagte er.

Abgeordneter PENDL (S) rief zu einer Personalaufstockung auf und zweifelte, dass es angesichts des aktuellen Personalstands der Exekutive möglich sein werde, bei der EURO 2008 für die notwendige Sicherheit zu sorgen.

Bei der Abstimmung wurde die Novelle mit den Stimmen der Regierungsparteien und der SPÖ angenommen und erhielt damit die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit. Der Entschließungsantrag der Grünen fand keine Mehrheit.

(Schluss SPG-Novelle/Forts. NR)