Parlamentskorrespondenz Nr. 1053 vom 21.12.2005

Regierungsfraktionen beharren auf Familie und Beruf Management GmbH

Wien (PK) - Letzter Punkt der Tagesordnung war der Einspruch des Bundesrats gegen das Gesetz, mit dem die Familie und Beruf GmbH errichtet wird. Der entsprechende Beharrungsbeschluss fiel ebenfalls mit Mehrheit, wobei allerdings nicht alle Abgeordneten der Fraktion der Freiheitlichen mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen stimmten.

Abgeordnete LENTSCH (V) bemerkte an die Adresse der Opposition gerichtet, die rot-grüne Blockadepolitik bringe niemandem etwas, das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eigne sich nicht für billige Polemik. Es sei vielmehr hoch an der Zeit, zusätzliche Unterstützung für die Frauen anzubieten und ihnen durch eine unbürokratische Organisation bei ihrem täglichen Spagat zwischen Familie und Beruf zu helfen, unterstrich Lentsch.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) erwiderte, bei dem vorliegenden Gesetz gehe es gar nicht darum, mehr für die Frauen zu tun, sondern vielmehr darum, mehr für die MitarbeiterInnen der Regierungsparteien zu tun. Sie warf im übrigen der Koalition vor, zahlreiche negative Stellungnahmen zu missachten und auch geschäftsordnungswidrig vorzugehen, zumal keine Ausschussberatungen stattgefunden haben. In einem Entschließungsantrag verlangte Kuntzl zudem die Schaffung einer Kontrollmöglichkeit durch die Volksanwaltschaft.

Nationalratspräsident Dr. KHOL begründete nach der Kritik von Abgeordneter Kuntzl seine Entscheidung und wies darauf hin, dass die Verfassung von einem aufschiebenden Veto spreche. Wenn ein vorbereitender Ausschuss es in der Hand hätte, durch seine Berichterstattung, die erfolgt oder nicht erfolgt, einen Beharrungsbeschluss zu verhindern, würde aus einem suspensiven Veto ein absolutes Veto. Das entspreche weder der Geschäftsordnung noch der Verfassung.

Abgeordnete MITTERMÜLLER (F) betonte, dass Österreich mit seinen familienpolitischen Leistungen auf Platz 3 in Europa liege. Durch die Maßnahmen der Regierung sei es auch gelungen, bei der Geburtenentwicklung eine positive Trendumkehr einzuleiten. Sie verteidigte die geplante Gesellschaft "Familie und Beruf Management GmbH" und meinte, dass hier gemeinsam mit Eltern und Wirtschaft beste Lösungen und Modelle für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erarbeitet werden könnten.

Abgeordnete MANDAK (G) hatte kein Verständnis dafür, einen derart zentralen politischen Bereich aus dem Ministerium auszulagern. Sie kritisierte auch scharf, dass das vorliegende Gesetz, das sie als "unsinnig" bezeichnete, noch nie in einem Ausschuss des Nationalrates behandelt worden sei. Mandak mutmaßte, man wolle mit dieser neuen Gesellschaft das Österreichische Institut für Familienforschung ÖIF mundtot machen und durch die neue Gesellschaft Posten für eigene Leute schaffen.

Abgeordneter KEUSCHNIGG (V) entgegnete, durch den heutigen Beharrungsbeschluss werde ein hoch interessantes Modell, wie man Verwaltung besser und interessanter machen kann, verwirklicht. Der Opposition warf er vor, die angebotenen Ausschusstermine abgelehnt zu haben.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) sprach von einer Missachtung der Verfassung durch die Regierungsfraktionen. Der Bundesrat sei seiner Aufgabe nachgekommen und habe ein Begutachtungsverfahren eingeleitet, aus dem sich die Ablehnung des Gesetzes durch maßgebliche Stellen herauskristallisiert habe. Auch sie kritisierte die Ausgliederung von Kernaufgaben aus dem Ressort und die dadurch entstehende teure Doppelstruktur. Offensichtlich, so Grossmann, wolle man Politgünstlinge mit Posten versorgen und die demokratische Kontrolle von Parlament, Rechnungshof und Volksanwalt ausschalten.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) kündigte an, den Beharrungsbeschluss nicht mitzutragen. An sich halte sie die Gesellschaft für eine gute Idee, doch sei die Entstehungsgeschichte äußerst unglücklich. Die Fristsetzungen seien aus ihrer Sicht zu kurz gewesen und sie könne auch die vorzeitige Ausschreibung des Postens für den Geschäftsführer nicht gutheißen.

Abgeordneter KECK (S) bezeichnete die geplante Gesellschaft als "Humbug" und als ein "Konstrukt für Versorgungsfälle". Man degradiere damit eine Kernaufgabe des Staates zur Filialtätigkeit und entziehe dem Parlament das Kontrollrecht. Die Ministerin aber verfüge über ein Durchgriffsrecht. Der Bundesrat habe nicht grundlos Einspruch erhoben, zumal so wichtige Institutionen wie Wirtschaftskammer, Industriellenverband und katholischer Familienverband sich ebenfalls negativ zur geplanten Gesellschaft geäußert haben.

Abgeordnete HÖLLERER (V) verteidigte das Projekt als eine wichtige Vernetzungs- und Koordinationsstelle, in der die unterschiedlichen Materien zu einem Kompetenzzentrum zusammengeführt werden. Insbesondere würde dadurch eine effiziente Zusammenarbeit der Sozialpartner gewährleistet. Sie unterstrich, dass die Gesellschaft der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt. Der Kritik der Opposition hielt sie entgegen, dass der Fonds Soziales Wien mit tatsächlichen Kernkompetenzen ausgegliedert und rot eingefärbt worden sei.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) warf den Grünen vor, Ausschusstermine abgelehnt zu haben. Dem wurde von Abgeordneter MANDAK (G) in einer Tatsächlichen Berichtigung widersprochen. Achleitner begrüßte die Errichtung der Gesellschaft "Familie und Beruf Management GmbH" als eine effiziente Koordinierungsstelle, wo wichtige Ideen der Familienallianz umgesetzt würden. Keineswegs, so Achleitner, würden hoheitliche Aufgaben ausgegliedert. Die parlamentarische Kontrolle bleibe erhalten und es werde auch Berichte an den Nationalrat geben.

Abgeordneter SCHWEISGUT (V) wiederholte den Vorwurf an die Opposition, Ausschusstermine abgelehnt zu haben, dem von Abgeordneter Mag. KUNTZL (S) in einer Tatsächlichen Berichtigung widersprochen wurde. Schweisgut sah in der Gesellschaft eine große Chance für Unternehmen, um gute Lösungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erarbeiten.

Abgeordnete STEIBL (V) bezeichnete das Jahr 2005 als ein gutes Jahr für die Familien und zählte die von der Regierung gesetzten Maßnahmen auf. In Bezug auf die Verbesserung der Familienhospizkarenz kritisierte sie scharf den Vertagungsbeschluss des Bundesrates, da damit die Verbesserungen verzögert würden.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) hielt die Entscheidung des Nationalratspräsidenten für "rechtswidrig" und auch für "verwerflich", weil sie nicht anfechtbar ist.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) schloss sich seinem Vorredner an und ging nochmals auf die Umstände ein, die zu diesem Gesetz geführt haben. Er kritisierte, dass dieses "als Initiativantrag verkleidet" und damit ohne Begutachtungsverfahren dem Parlament zugeleitet und auf Grund eines Fristsetzungsantrages ohne Ausschussberatung im Nationalrat beschlossen worden sei. Nach dem Einspruch des Bundesrates habe es einen neuerlichen Fristsetzungsantrag im Nationalrat und eine ungewöhnliche Entscheidung des Präsidenten gegeben. Offensichtlich, so Öllinger, gehe es um Postenbesetzung für Günstlinge aus dem Ministerbüro und die Abschaffung des ÖIF in seiner jetzigen Struktur.

Bei der Abstimmung beschloss der Nationalrat mehrheitlich, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates zur Errichtung der Gesellschaft "Familie und Beruf Management GmbH" zu wiederholen. Der Entschließungsantrag der SPÖ betreffend Kontrolle durch die Volksanwaltschaft blieb in der Minderheit und wurde damit abgelehnt.

(Schluss Familien-GmbH/Forts NR)

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