Parlamentskorrespondenz Nr. 391 vom 02.05.2006

Vorlagen: Justiz

Tiefgreifende Änderungen im Sachwalterrecht

Tiefgreifende Änderungen im Sachwalterrecht sieht die Regierungsvorlage zum Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 (1420 d.B.) vor. Zunächst wird die Bestellung eines Sachwalters ausgeschlossen, "soweit Angelegenheiten der behinderten Person durch einen anderen gesetzlichen Vertreter oder im Rahmen einer anderen Hilfe, besonders in der Familie, in Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder im Rahmen sozialer oder psychosozialer Dienste, im erforderlichen Ausmaß besorgt werden", etwa durch eine Vorsorgevollmacht. Bei dieser müssen die Angelegenheiten, auf die sie sich bezieht, angeführt sein. Bei der Sachwalterschaft wird nach Art und Umfang der zu besorgenden Angelegenheiten differenziert: Sachwalter können mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten, eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten (zB Vermögensverwaltung) oder mit der Besorgung aller Angelegenheiten betraut werden.

Rechtsanwälte und Notare können einen entsprechenden Auftrag ablehnen, wenn sie bereits mit fünf oder mehr Sachwalterschaften betraut sind. Generell ist die Zahl bei Einzelpersonen mit fünf, bei Rechtsanwälten und Notaren mit 25 Sachwalterschaften gleichzeitig begrenzt. Nahestehende Personen – wie ein bisher mit der Obsorge betrauter Elternteil – werden bevorzugt.

Außerdem ist vorgesehen, dass Sachwalter persönlichen Kontakt mit ihren Klienten halten müssen, und zwar mindestens einmal pro Monat, sofern sich die Sachwalterschaft nicht bloß auf die Besorgung einzelner Angelegenheiten bezieht.

Neu geregelt werden auch die Bestimmungen für Sachwalterschaftsvereine: Das Justizministerium entscheidet durch Verordnung über die Eignung derartiger Vereine. Zu den Aufgaben dieser Vereine gehört, dass sie hauptamtliche Vereinssachwalter, Patientenanwälte und Bewohnervertreter namhaft machen, für deren Aus- und Fortbildung zu sorgen, sie anleiten und deren Arbeit überwachen. Außerdem können die Sachwaltervereine ehrenamtliche Sachwalter bekannt geben. Die Vereine sollen darüber hinaus als Clearingstellen fungieren, indem sie auf Ersuchen des Gerichts überprüfen, ob die Bestellung eines Sachwalters erforderlich ist und welche nahe stehende Person dafür allenfalls in Frage käme.

Der entstehende Aufwand wird den Vereinen aus dem Budget des Justizressorts abgegolten. Laut Vorblatt rechnet das Justizministerium mit einer schrittweisen Aufstockung der Mittel für die Sachwaltervereine innerhalb von vier Jahren um letztlich acht Millionen Euro jährlich. Allerdings wäre ohne die Neuregelung im Zusammenhang mit der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung durch die zu erwartende Zunahme von Sachwalterschaften mit einer noch größeren Budgetbelastung zu rechnen, heißt es dazu im Vorblatt.

Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 setzt EU-Normen um

Am 18. August 2006 tritt die EU-Verordnung über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE – Societas Cooperativa Europaea) in Kraft, und bis zu diesem Termin muss das entsprechende Ausführungsgesetz erlassen sein. Bis zum gleichen Datum muss auch die Beteiligung der ArbeitnehmerInnen gemäß EU-Richtlinie geregelt sein. Beides wird mit der Regierungsvorlage des Genossenschaftsrechtsänderungsgesetzes 2006 (1421 d.B.) umgesetzt. Die Vorlage umfasst außer dem SCE-Gesetz, das neben allgemeinen Vorschriften Bestimmungen über die Verlegung des Sitzes einer SCE, über die Gründung einer SCE durch Verschmelzung resp. durch Umwandlung enthält, korrespondierende Änderungen in einer Reihe von Rechtsbereichen, zB im Arbeitsverfassungsgesetz und im Landarbeitsgesetz, durch die – in Umsetzung der Richtlinie – ein Recht auf Beteiligung der ArbeitnehmerInnen in Form von Rechten auf Unterrichtung, Anhörung und Mitbestimmung statuiert wird.

Konzentration der Dienst- und Fachaufsicht im Justizbereich

Mit einer Novelle des Strafvollzugsgesetzes, des Bundes-Personalvertretungsgesetzes und des Ausschreibungsgesetzes (1426 d.B.) sollen die derzeit teilweise parallelen Agenden der Dienst- und Fachaufsicht im Justizministerium, beim Präsidenten des Gerichtshofs I. Instanz und beim Präsidenten des Oberlandesgerichts bei einer neuen Behörde – der Strafvollzugsdirektion - konzentriert werden. Diese neue Behörde soll interdisziplinär ausgestattet sein, d.h. über PsychologInnen, BetriebswirtInnen und Exekutivbedienstete, verfügen. Angestrebt wird die Straffung der Organisation, die Verkürzung der Entscheidungswege und der effektivere Personal- und Finanzmitteleinsatz. Die Einführung der Vollzugsdirektion soll planstellenneutral, im Bedarfsfall durch Umsystemisierung, erfolgen.

Publizitätsrichtlinie-Gesetz zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht

Mit dem Publizitätsrichtlinie-Gesetz (1427 d.B.) wird die Richtlinie in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen umgesetzt. Konkret soll die Möglichkeit des elektronischen Rechtsverkehrs in Firmenbuchsachen im Firmenbuchgesetz verankert werden. Kleine Gesellschaften (Jahresumsatz bis 70.000 €) sollen von dieser Verpflichtung allerdings ausgenommen sein. Die elektronische Urkundensammlung soll als gesetzlicher Normalfall gelten, für die "Papierform" soll es ein Übergangsrecht geben. Damit geht die neue Regelung teilweise über die von der EU vorgesehene Lösung noch hinaus.

Versicherungsrecht: Gerechtere Lastenverteilung und Gleichbehandlung

Eine gerechtere Verteilung der Lasten sowie ein Verbot der Benachteiligung von Frauen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt bringt das Versicherungsrechts-Änderungsgesetz (1428 d.B.). Bisher wurden bei vorzeitigen Kündigungen und bei Umwandlungen von Versicherungen die daraus entstehenden Kosten in der Regel dem Versicherungsnehmer in Rechnung gestellt. Mit dem Vorlage soll es nun eine Regelung geben, wonach einmalige Abschlusskosten höchstens mit jenem Anteil berücksichtigt werden, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Laufzeit und dem Zeitraum von fünf Jahren (oder der vereinbarten kürzeren Laufzeit) entspricht. Anderseits hat in den diesen Fällen der Vermittler auch nur auf den analogen Teil der Provision Anspruch.

In Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung im Versicherungsrecht stellt der Entwurf lapidar fest: "Die Kosten und Risiken der medizinischen Betreuung und Behandlung im Zusammenhang mit der Schwangerschaft, der Entbindung und der Mutterschaft dürfen in der Krankenversicherung nicht zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen zwischen Männern und Frauen führen."

Vereinheitlichung des Versicherungsrechts im Luftverkehr

Das österreichische Luftfahrthaftungs- und –versicherungsrecht soll an die internationale Entwicklung angepasst werden. Mit einer entsprechenden Regierungsvorlage (1429 d.B.) werden zum einen die mit dem Übereinkommen von Montreal im Zusammenhang mit internationalen Beförderungen enthaltenen Regelungen nachvollzogen und zum anderen die in der so genannten Überbuchungsverordnung zugunsten der Fluggäste statuierten Normen in österreichisches Recht übernommen. Wie im Vorblatt betont wird, hofft man so bisher in der Praxis aufgetretene Unklarheiten und Unsicherheiten zu überwinden.

SPÖ will Änderung des Mediengesetzes

In einem von den Abgeordneten Mag. Maier und Dr. Jarolim eingebrachten Antrag (823/A) schlägt die SPÖ eine Änderung des Mediengesetzes vor. Damit soll der Schutz journalistischer Quellen dahingehend abgesichert werden, dass das Redaktionsgeheimnis nicht nur für Zeugen, sondern auch für Beschuldigte in einem Verfahren wegen eines Medieninhaltsdelikts gilt. (Schluss)