Parlamentskorrespondenz Nr. 479 vom 17.05.2006

Abgeordnete für bundeseinheitliche Jugendschutzbestimmungen

Sektenbericht im Familienausschuss enderledigt

Wien (PK) - Mehrheitlich billigte der Familienausschuss einen gemeinsamen Entschließungsantrag von ÖVP, Freiheitlichen und Grünen, in dem Sozialministerin Ursula Haubner ersucht wird, mit den Ländern Gespräche über einheitliche Jugendschutzbestimmungen im gesamten Bundesgebiet aufzunehmen. Nach Ansicht der Abgeordneten ist es für Jugendliche angesichts neun unterschiedlicher Jugendschutzgesetze nicht zumutbar, die jeweiligen Vorschriften jenes Bundeslandes zu kennen, in dem sie sich gerade aufhalten. Zu diesem Thema lag auch ein gemeinsamer S-G-Entschließungsantrag vor, der jedoch keine Zustimmung fand.

In der Debatte hatte sich Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) dafür ausgesprochen, die Jugendschutzbestimmungen zu vereinheitlichen, weshalb es entsprechende Verhandlungen zwischen den Ländern gebe, in die auch die Bundesministerin eingeschaltet sei, von der Fuhrmann sodann wissen wollte, wie der jüngste Stand der Dinge sei. Abgeordnete Elisabeth Großmann (S) meinte, ein Bundesgesetz wäre fraglos die beste Lösung, eine Alternative dazu wäre eine Harmonisierung der Landesgesetze via 15a-Vereinbarung. Letzteres wäre jedoch ein sehr kompliziertes Procedere, weshalb ihre Fraktion ein Bundesjugendschutzgesetz eindeutig präferieren würde.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) trat für eine Einigung der Länder auf Basis einer 15a-Vereinbarung ein, während Abgeordnete Sabine Mandak (G) wiederum ein Bundesgesetz bevorzugte. Eine Einigung sei jedoch unbedingt anzustreben, alles andere ginge auf Kosten der Jugendlichen. Abgeordnete Marialuise Mittermüller (F) bezeichnete die Vereinheitlichung der Bestimmungen als überaus wünschenswert, die Länder seien hier gefordert. Abgeordnete Melitta Trunk (S) betonte, es könne nicht nur um eine Harmonisierung gehen, man müsse auch darauf achten, welche Inhalte damit jeweils verbunden seien. Bundesministerin Ursula Haubner sagte, für sie wäre eine bundeseinheitliche Regelung wünschenswert, derzeit liege der Ball aber bei den Ländern. Bei dieser Gelegenheit berichtete die Ministerin auch über den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen.

Anträge der Grünen vertagt

Von der Ausschussmehrheit vertagt wurden zwei Entschließungsanträge der Grünen (671/A[E] und 733/A[E]) betreffend eine Reform der betrieblichen Jugendvertretung und betreffend die Einrichtung eines österreichweiten Berufsausbildungsfonds.

Die Grünen wollen, dass das Arbeitsverfassungsgesetz dahingehend geändert wird, dass künftig alle Lehrlinge bei der Wahl der Jugendvertretung wahlberechtigt sind und nicht nur unter 18-jährige. Gleichzeitig treten sie dafür ein, das passive Wahlalter von derzeit 21 auf 23 Jahre zu erhöhen und die Bildungsfreistellung für Jugendvertrauensrätinnen und -räte von derzeit zwei auf mindestens drei Wochen pro Funktionsperiode auszudehnen. Der Kündigungsschutz nach der Funktionsperiode soll von derzeit drei auf mindestens sechs Monate ausgeweitet werden.

Abgeordnete Barbara Riener (V) nannte das Anliegen des Antrages überlegenswert. Sie habe Verständnis für die Intentionen dieser Initiative, man sollte sich jedoch eingehender mit dieser befassen, weshalb eine Vertagung sinnvoll erscheine. Abgeordnete Elisabeth Großmann (S) fand den Antrag schon aus demokratiepolitischen Gründen unterstützenswert, sei es doch wichtig, dass Lehrlinge entsprechend vertreten würden, weshalb der Antrag angenommen werden sollte.

Als Gegenmaßnahme zur steigenden Jugendarbeitslosigkeit fordern die Grünen die Einrichtung eines österreichweiten Berufsausbildungsfonds. Dieser Fonds soll Abgeordneter Mandak und ihren FraktionskollegInnen zufolge von Betrieben, die keine Lehrlinge ausbilden, gespeist werden, und Firmen zugute kommen, die Zeit und Geld in die Lehrlingsausbildung investieren. Die Grünen erhoffen sich davon die Bereitstellung zusätzlicher Lehrstellen.

Abgeordneter Roderich Regler (V) begründete die Vertagung damit, dass die bestehende Lehrlingsausbildungsprämie aus dem Insolvenzausgleichsfonds gespeist werde und damit bereits ohnehin alle Unternehmen einen Beitrag zur Lehrlingsausbildung leisteten. Man solle einmal abwarten, ob man mit dieser Förderung auskomme, bevor man einen neuen Fonds einrichte, erklärte er. Familienministerin Ursula Haubner will, wie sie sagte, vermeiden, dass man sich von der Lehrlingsausbildung "freikaufen" könne, wie dies im Falle der Beschäftigung von Behinderten Praxis sei.

Seitens der SPÖ wurde der Antrag der Grünen hingegen unterstützt. Die Abgeordneten Elisabeth Grossmann, Heidrun Silhavy und Franz Riepl machten geltend, dass die bisherigen Fördermaßnahmen nicht greifen würden, und verwiesen auf positive Erfahrungen mit einem ähnlichen, branchenspezifischen, Ausgleichsfonds in Vorarlberg.

Tätigkeitsbericht der Bundesstelle für Sektenfragen

Weiters befasste sich der Familienausschuss mit dem nunmehr siebenten Tätigkeitsbericht der Bundesstelle für Sektenfragen, der von Sozialministerin Ursula Haubner kürzlich dem Nationalrat vorgelegt wurde. Gemäß Bericht haben sich im Jahr 2004 1.808 Personen bzw. Institutionen mit ihren Anliegen an die Bundesstelle für Sektenfragen gewandt, viele davon mehrfach. In 692 Fällen erfolgte über die Vermittlung von Sachinformationen hinaus eine intensive psychosoziale Beratung.

Auffallend ist die breite Streuung der Anfragen. Zu insgesamt 316 unterschiedlichen Gruppierungen wollten die Anfragesteller nähere Auskünfte. Das größte Interesse galt dabei der Guru-Bewegung Sahaja Yoga, gefolgt von Scientology und Satanismus-Aktivitäten. Aber auch zu den Zeugen Jehovas und zum weiten Feld der Esoterik gab es zahlreiche Anfragen.

Bestätigt hat sich der schon seit längerem festgestellte Befund, dass es immer mehr zu einer Zersplitterung der weltanschaulichen Szene kommt. Konfliktträchtige und sektenähnliche Strukturen könnten nicht nur bei religiösen Gruppierungen oder EinzelanbieterInnen beobachtet werden, sondern etwa auch im expandierenden kommerziellen Lebenshilfemarkt, heißt es im Bericht. So hält beispielsweise der breite Markt der Esoterik eine Fülle von spirituellen Angeboten bereit, die, wenn sie unkritisch aufgegriffen werden, ebenfalls zu vielfältigen Problemen führen können.

Eingangs referierte der Geschäftsführer der Bundesstelle German Müller über die Tätigkeit seiner Institution und ging auf Details des Berichts ein. Er skizzierte die gegenwärtige Lage auf dem Gebiet des Sektenwesens und umriss konkrete Strategien seiner Einrichtung. Weiters ging er auf die Klientel und künftige Perspektiven auf diesem Sektor ein.

Abgeordnete Christine Marek (V) erkundigte sich, ob man Rückschlüsse auf Bildungsgrad, sozialen Hintergrund oder Alter der Betroffenen ziehen könne und fragte nach dem nationalen Hintergrund der verschiedenen Sekten. Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S) kam auf die Öffentlichkeitsarbeit der Stelle zu sprechen und wollte wissen, weshalb diese keine eigene Homepage habe. Abgeordnete Marialuise Mittermüller (F) regte an, externe Beratungsstellen in den Bundesländern einzurichten und verwies darauf, dass das Sektenwesen teilweise auch einen Markt bediene, etwa im Bereich der so genannten Lebenshilfe. Hier brauche es gleichsam Empfehlungen aus der Sicht des Konsumentenschutzes. Abgeordnete Sabine Mandak (G) thematisierte Gegenstrategien, um präventiv wirken zu können.

Müller erklärte, es gebe, was die Bildung oder den sozialen Hintergrund betrifft, keine beobachtbaren Auffälligkeiten. Sehr wohl gebe es aber gewisse Umbruchphasen oder krisenhafte Lebenssituationen, in denen Menschen anfälliger für Sekten bzw. einschlägige Angebote seien. Viele solcher Bewegungen kämen aus den USA oder aus Fernost, es gebe aber auch genuin-österreichische Bewegungen mit lokalem Hintergrund. Die Bundesstelle sei über das Ministerium gut erreichbar, zudem gebe es eine internationale Zusammenarbeit mit ähnlichen Institutionen, vor allem mit Deutschland. Bundesministerin Ursula Haubner dankte Müller für die sehr seriöse Arbeit in diesem sensiblen Bereich. Der Servicecharakter werde durch flexible Beratungszeiten weiter erhöht, auch die finanzielle Dotierung sei weiterhin gesichert.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen und damit enderledigt. (Schluss)