Parlamentskorrespondenz Nr. 558 vom 09.06.2006

Ökostromgesetz-Novelle passiert Bundesrat

Konsulargebührengesetz-Änderung wird beeinsprucht

Wien (PK) - Die Tagesordnung des Bundesrates weist 36 Punkte auf. Die Themenpalette erstreckt sich vom Konsulargebührengesetz über das Energieversorgungssicherheitsgesetz bis zum Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz.

Der erste Punkt betraf die Änderung des Konsulargebührengesetzes 1992.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) wies darauf hin, dass als Folge erhöhter Reisetätigkeit auch die Zahl der Akte der Krisenintervention gestiegen sei. Dafür habe es bisher keine gesetzliche Grundlage gegeben. Die Kritik am Gesetz – es handle sich um Anlassgesetzgebung, es habe keine Begutachtung, aber Einwände von NGO gegeben, das Gesetz bringe Rechtsunsicherheit – wies der Redner zurück. Kühnel beschwor den "mündigen Staatsbürger" und warf Grünen und Sozialdemokraten vor, den Bürger bevormunden zu wollen. Er bedauerte, dass sich durch den Einspruch die im Gesetz normierten Regressansprüche verzögern würden, und stellte den Antrag, den Beschluss des Nationalrats nicht zu beeinspruchen.

Die österreichischen Behörden hätten sich im Zusammenhang mit der Tsunami-Katastrophe in Südostasien "nicht mit Ruhm bekleckert", sagte Bundesrat SCHIMBÖCK (S) eingangs seiner Rede und übte Kritik am Krisenmanagement. Die Menschen brauchten im Ausland Schutz, betonte er und meinte, einige positive Änderungen in der Vorlage seien auf Initiative der Opposition vorgenommen worden. Dennoch blieben – etwa im Zusammenhang mit den Fragen des schuldhaften Verhaltens und der Fahrlässigkeit von Reisenden – Unklarheiten, und er wolle den BürgerInnen "keinen Trapezakt zumuten".

Bundesrat AGER (V) verteidigte das Außenamt gegen Kritik im Zusammenhang mit dem Tsunami: Die Kritiken seien widerlegt worden, das Krisenmanagement sei sehr gut gewesen. Es stehe außer Streit, dass Hilfe für berufsmäßige Helfer, die in Not geraten, nichts koste, dass aber anderseits Menschen, die durch grobes Verschulden in Notsituationen gerieten, "zur Kasse gebeten" werden sollen. Der Tiroler Ager nannte in diesem Zusammenhang schlecht ausgerüstete Bergsteiger sowie Schifahrer und Snowboarder in lawinengefährdeten Gebieten als Beispiele.

Es handle sich bei der Vorlage um die Korrektur eines "peinlichen Entwurfs", konstatierte Bundesrat SCHENNACH (G), in dem die MitarbeiterInnen von NGO ursprünglich nicht ausgenommen worden seien. Ausführlich ging der Bundesrat auf die Reisehinweise bzw. Reisewarnungen des Außenministeriums ein und meinte in diesem Zusammenhang, der Einspruch gegen das Gesetz erfolge auch als Schutz für die BeamtInnen des Außenamts, auf die sonst unglaubliche Zusatzarbeit zukommen würde.

Staatssekretär Dr. WINKLER wies dies zurück und betonte, dass diese Reisehinweise international koordiniert seien. Gegenüber der Kritik von Bundesrat Schimböck verteidigte er die Beamten des Außenamts gegen Kritik im Zusammenhang mit der Tsunami-Katastrophe und nahm seine KollegInnen im Ressort ausdrücklich in Schutz. Es sei auch klar, so der Staatssekretär weiter, dass jedem geholfen werde, der in Not gerate, auch in Fällen von Selbstverschulden. Mit dem Gesetz werde aber in Fällen groben Verschuldens eine Entlastung des Steuerzahlers ermöglicht, wobei nach einem entsprechenden Bescheid des Außenministeriums der Rechtsweg offen sei. "Wir brauchen das Gesetz", fasste Winkler zusammen.

Der Bundesrat fasste mit Mehrheit den Beschluss, gegen das Gesetz Einspruch zu erheben. Der Antrag von Bundesrat Dr. Kühnel, keinen Einspruch zu erheben, gelangte daher nicht zur Abstimmung.

Unter einem wurden verhandelt: die Ökostromgesetz-Novelle 2006, das Energie -Versorgungssicherheitsgesetz 2006 und die Änderung des Versorgungssicherungsgesetzes 1992.

Die Fraktion der Grünen werde dem Ökostromgesetz die Zustimmung nicht erteilen, kündigte Bundesrätin KERSCHBAUM (G) an, weil das Gesetz keine Effizienzsteigerung bringe, sondern den Ökostrom beschränke, statt eine Abkehr von Strom aus Öl, Gas und Atom zu bewirken. Eine Steigerung beim Ökostrom von 7 auf 10 % betreffe die Produktion; es komme aber darauf an, eine Steigerung beim Verbrauchsanteil zu erzielen, führte sie aus. Beim Verbrauch würden Effizienzkriterien fehlen, monierte sie. Zusätzlich erfolge bei Strom aus Öl, Gas und Kernkraft die Wertschöpfung im Ausland, diese Energieträger stünden nicht unbegrenzt zur Verfügung, zudem steige der Ölpreis weiter. Kritisch wandte sich die Rednerin auch gegen eine drohende Verdoppelung des Ökostromzuschlags und die Mehrbelastung der Haushalte. Der Heimmarkt für im Ökostrombereich tätige Betriebe werde, ohnedies klein, weiter eingeschränkt, und statt der Zukunftstechnologie Photovoltaik würde in die Kernfusion investiert, die weder ausgereift noch sicher noch zukunftsträchtig sei. Kritik übte Kerschbaum auch am Prozess der Gesetzwerdung im Fall des Ökostromgesetzes, in dem es u.a. keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben habe.

Kerschbaum richtete eine Reihe von Fragen an Umweltminister DI Pröll auf der Regierungsbank, etwa nach dem Grund für das Abgehen von einer Ökostromabwicklungs-AG laut Entwurf in Richtung Konzession für eine bestehende Gesellschaft. Sei da bereits eine Gesellschaft ins Auge gefasst? Denke man an eine Ausfallshaftung der Republik? Warum die Änderung beim Förderungszuschlag, warum fixe Beträge statt verbrauchsabhängiger Beträge? Schließlich wollte die Bundesrätin wissen, ob der Verrechnungspreis bereits verordnet sei und ob er kostendeckend sein werde.

Bundesrat Ing. EINWALLNER (S) leitete seine Wortmeldung damit ein, dass es beim Ökostromgesetz darum gegangen sei, "viele Interessen unter einen Hut zu bringen". Es sei ein langer und schwieriger Weg bis zum Gesetz gewesen, auf dem Kritik berücksichtigt und schließlich ein Kompromiss gefunden worden sei. Gegenüber seiner Vorrednerin räumte er ein, dass man bei der Photovoltaik ehrgeiziger hätte sein können, doch sei es ein Schritt in die richtige Richtung. Bis zum Jahr 2012 gebe es deutlich mehr Geld für Ökostrom, sagte Einwallner.

Dem Ökostromgesetz könnten die Grünen ihre Zustimmung nicht geben, den beiden anderen unter einem verhandelten Vorlagen schon, bemerkte Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G). Beim Ökostromgesetz würden die Interessen der Menschen, der Umwelt, aber auch der Wirtschaft vernachlässigt. Die Kyoto-Ziele würden bei weitem nicht erreicht, das Wachstumsziel würde verfehlt, Arbeitsplatz-Potenziale würden nicht genutzt. "Der Boom wird eingeschränkt", fasste Lichtenecker zusammen, und wertete das Ökostromgesetz als "katastrophales Gesetz", bei dem sich Wirtschaftsminister Bartenstein gegen Umweltminister Pröll durchgesetzt habe.

Das Gesetz bedeute einen massiven Eingriff in die Länderrechte, und daher dürfe es der Bundesrat nicht einfach "absegnen". Es sei "rückwärtsgewandt" und ginge zu Lasten der Umwelt, der Wirtschaft und der Menschen. Man sollte es daher nochmals überdenken, regte sie an und brachte einen Antrag auf Vertagung ein.

Bundesrat Ing. HALLER (V) unterstützte den vorliegenden Kompromiss, obwohl er sich ein offensiveres Gesetz gewünscht hätte. Vor allem betrachtete er die Limitierung als hart. Mit der Novelle werde aber Rechtssicherheit geschaffen, sagte Haller, und sie komme auch den Konsumentinnen und Konsumenten zugute. Notwendig sei eine baldige Tarifverordnung, die höher ist als die letzte. Abschließend wies Haller auf die Gefahren für Europa hinsichtlich des Wertschöpfungsverlusts und der Energieabhängigkeit hin und unterstrich damit das Erfordernis, den Anteil von Ökostrom anzuheben. Das Ziel, 10 % des österreichischen Stromverbrauchs mit Ökostrom abzudecken, stelle einen enormen Wirtschafts- und Umweltfaktor dar und schaffe Arbeitsplätze. Außerdem werde damit eine dezentrale Energieproduktion ermöglicht.

Bundesminister DI PRÖLL widersprach in seiner Stellungnahme heftig der Argumentation der Grünen. Mit der vorliegenden Novelle setze man ein klares Zeichen zur Weiterverfolgung des Kyoto-Ziels, wobei erstmals im Jahr 2004 eine Trendwende eingetreten sei. Man werde den Ökostrom weiter ausbauen und setze damit Impulse für die Wettbewerbskraft und neue Einkommensmöglichkeiten vor allem im ländlichen Bereich. Pröll erwartet sich dadurch auch, weiter in der Führerschaft hinsichtlich der Umwelttechnologien zu punkten. Das Gesetz integriere eindeutig ökonomische Zielsetzungen und ökologische Herausforderungen, bekräftigte er. Auch er hätte sich mehr Ambition gewünscht, räumte der Minister ein, der vorliegende Kompromiss sei aber tragfähig und mit den Vorgaben der EU kompatibel.

Die kompromisslose Haltung der Grünen konnte er nicht nachvollziehen, denn wäre man den Grünen gefolgt, hätte man heute noch kein Ökostromgesetz. In der Zwischenzeit verzeichne die Umweltindustrie ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 7,3 %. Zwei Jahre nach Beschlussfassung des Ökostromgesetzes habe man dessen Ziel längst erreicht und weit überboten. Mit dem nunmehrigen Ziel, im Jahr 2010 10 % des Energiebedarfs durch Ökostrom abzudecken, liege man doppelt so hoch wie im Jahr 2004 angestrebt worden war. Insgesamt werde man 1,05 Mrd. € für den Ökostrombetrieb und –ausbau zur Verfügung stellen, womit man zahlreiche neue Arbeitsplätze schaffen könne. 60 % davon sollen der Biomasse und dem Biogas zugute kommen, womit man im ländlichen Bereich wichtige Impulse setze und im europäischen Vergleich absoluter Spitzenreiter sei. Den Grünen warf er vor, immer mehr zu wollen, im Gegensatz dazu würden aber vor Ort grüne Bürgerinitiativen gegen Ökostrom erzeugende Unternehmen auftreten.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) meldete sich nochmals zu Wort und hielt aus ihrer Sicht fest, dass sie die Art der Umsetzung dieser EU-Vorgaben im Ökostrom-Bereich für nicht "sinnhaft" erachte. Sie trat dafür ein, den 15 Megawatt-Deckel bei der Photovoltaik aufzuheben und warf gleichzeitig dem Minister vor, die Forschung in der Photovoltaik abzudrehen. Darüber hinaus verwahrte sie sich gegen den Vorwurf, grüne Bürgerinitiativen behinderten den Ausbau der Ökostromproduktion.

Bundesrat Ing. KAMPL (o.F.) begrüßte die vorliegende Novelle und deren Zielsetzungen. Die Aktivierung nachwachsender Rohstoffe schaffe Arbeitsplätze, sagte er und wies auf die Tätigkeit in Kärnten hin, das bei Alternativenergien Spitzenreiterposition in Österreich einnehme. Er ersuchte die Regierung, mehr Forschungsgelder für den Ökostrombereich zur Verfügung zu stellen und appellierte, mehr Mut zu zeigen. Denn ihm bereite es große Sorgen, dass die Multis den Preis bestimmen und die Atomlobby weiter baut.

Bundesrat KRAML (S) widersprach auch seitens der SPÖ den Grünen. Die SPÖ habe das Gesetz aktiv mitgestaltet und dabei Erfolge erzielt. So hätten die SPÖ-Verhandler es erreicht, das Förderziel von 7 % auf 10 % anzuheben und die Fördermittel zu erhöhen. Kraml sah vor allem in der Wasserkraft ein hohes Ausbaupotential. Auch er betonte, dass es sich bei diesem Gesetz um einen Kompromiss handle, wobei es weitaus besser sei, einen Kompromiss zu haben als gar nichts. Er zeigte sich überzeugt davon, dass das Gesetz eine gute Grundlage bilde, die heimische Wirtschaft wieder anzukurbeln.

Bundesrat SALLER (V) konzentrierte sich in seiner Wortmeldung auf die Förderung der Wasserkraft als großes Potential in Österreich und wies in diesem Zusammenhang auf die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Stromverbrauch und –produktion hin. Die Novelle sei ein Erfolg im Sinne der heimischen Wertschöpfung und stelle die Voraussetzung für das neue Wasserkraftwerk in Salzburg dar, mit dem man ca. 20.000 Haushalte werde versorgen können. Die Investition in die Wasserkraft sei eine Zukunftsinvestition und daher ein richtiger Weg. Die Flusskraftwerke hätten sich als Basis für die Schaffung von Erholungsgebieten entwickelt, bemerkte Saller abschließend.

Bundesrat SCHENNACH (G) bezeichnete das Ökostromgesetz als ein "Umweltzerstörungsgesetz" und dessen Zielsetzungen als eine "Zirkusnummer". Das Gesetz sei keineswegs ambitioniert, sagte er und appellierte, diesem nicht zuzustimmen. Er wies nochmals auf die mit Bundesrat Vilimsky (o.F.) eingebrachten Anträge auf Vertagung sowie auf namentliche Abstimmung hin.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Grünen auf Vertagung der Ökostromgesetz-Novelle 2006 mehrheitlich von ÖVP und SPÖ abgelehnt; dafür stimmten nur die Grünen und Bundesrat Vilimsky (o.F.).

Bei der namentlichen Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Gesetzesantrag keinen Einspruch zu erheben, stimmten 51 Bundesräte mit ja, fünf BundesrätInnen (die Grünen BundesrätInnen Kerschbaum, Konrad, Lichtenecker, Schennach sowie Bundesrat Vilimsky, o.F.) mit nein.

Die gleichen fünf BundesrätInnen lehnten es auch bei der weiteren namentlichen Abstimmung ab, dem vorliegenden Gesetzentwurf die gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Damit passierte die Ökostromgesetz-Novelle 2006 den Bundesrat mit der erforderlichen Mehrheit.

Gegen das Energieversorgungssicherheitsgesetz 2006 sowie gegen die Novelle zum Versorgungssicherungsgesetz wurde ebenfalls kein Einspruch erhoben. Diese Beschlussfassungen erfolgten einstimmig sowie die Beschlüsse, beiden Vorlagen die verfassungsmäßige Zustimmung gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG zu erteilen.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) sah in der vorliegenden Anlagenrechtsnovelle 2006 einen Nachteil für die Bevölkerung. Umweltschutz und Gesundheit müssten im Vordergrund stehen, sagte sie. Daher dürfe in Gebieten, die ohnehin schon schadstoffbelastet sind, keine weitere Betriebsansiedlung erfolgen. Kritik übte die Bundesrätin auch in Bezug auf den Lärmschutz, da die Lärmwerte erst nach der Betriebsgenehmigung erhoben werden müssen und die Kontrollinstanzen fehlen.

Bundesrat KRAML (S) brachte seine Erwartung zum Ausdruck, dass diese Anpassung an eine EU-Richtlinie zu Verbesserungen führen werde. Das Gesetz bringe Klarstellungen im Zusammenhang mit gemeinschaftsrechtlichen Betriebspflichten, was positiv sei. Er verteidigte auch den Begriff der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, da die Auflagen für die Betriebe auch verkraftbar sein müssten. Kraml zeigte sich durchaus dessen bewusst, dass diese Bestimmung, wie er sich ausdrückte, ausgereizt werden könne, er hoffe aber auf die Vernunft aller. Als wesentlich sah er Einschränkungen zum Umgebungslärm, denn dieser sei außerordentlich belastet und könne gesundheitsschädliche Folgen haben.

Bundesrätin ZWAZL (V) verteidigte die Novelle. Die gesamte Luftbelastung werde keineswegs erhöht, unterstrich sie, und durch die Ermöglichung moderner Betriebsansiedelungen leiste man einen Beitrag zum Wirtschaftsstandort, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Umweltqualität. Derzeit würden die Belastungen durch Emissionen durchgehend gemessen und bei Überschreitung der Grenzwerte Sanierungskonzepte mit den Betrieben erstellt. Nun werde der Rechtsbereich auch auf neue Betriebe im Sanierungsgebiet ausgedehnt, da man Neuansiedlungen nicht verhindern möchte. Diese Neuansiedlungen dürften aber nicht zu einer Erhöhung der Schadstoffkonzentration führen und dürften auch die Sanierung nicht behindern. Das Neue an dem Gesetz bestehe darin, dass nun sämtliche Schadstoffverursacher, das heißt auch der Verkehr, in die Betrachtung mit einbezogen würden, womit man eine Gesamtlösung für das Sanierungsgebiet erreiche.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag, keinen Einspruch gegen die Anlagenrechtsnovelle zu erheben, mehrheitlich angenommen. (Forts.)