Parlamentskorrespondenz Nr. 302 vom 25.04.2007

Nationalrat startet Debatte über Doppelbudget 2007 und 2008

Deckelung der Medikamentenkosten bei 2 % des Nettoeinkommens

Wien (PK) - Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER eröffnete die 21. Sitzung des Nationalrates und teilte mit, dass ein Verlangen vorliege, eine kurze Debatte über die Beantwortung 307 /AB der Anfrage 315/J der Abgeordneten Mag. Kogler (G) betreffend Lufttaxi-Service mit Saab 105-OE durch den Bundesminister für Landesverteidigung abzuhalten. Die kurze Debatte findet nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Dann startete das Plenum mit der Debatte über das Doppelbudget 2007 und 2008. Vorerst befassten sich die Abgeordneten mit dem Teil Oberste Organe/Bundeskanzleramt, Frauen und Sport.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) stellte zunächst bezüglich des Kapitels Oberste Organe fest, dass seine Fraktion ausdrücklich die Erhöhung der Mittel für den Verwaltungsgerichtshof begrüße. Bedauerlich sei, dass – trotz einer Einigung in der vergangenen Legislaturperiode - keine Gelder für den Umbau des Plenarsaals im Parlament vorgesehen sind.

Sodann setzte der Klubchef der Grünen seine Rede mit einigen allgemeinen Bemerkungen zum Budget fort. Vor zwei Tagen habe er das österreichisches Stabilitätsprogramm für die Jahre 2006-2010 erhalten, das auf einer 3-Säulen-Strategie aufbaue. Bei der dritten Säule, die die Struktur- und Verwaltungsreformen umfasst, sei ihm aufgefallen, dass die wichtigste Frage, nämlich das Verhältnis von Bund und Ländern (Föderalismus), nicht ausdrücklich erwähnt wird. Nicht ganz klar sei ihm auch, was genau unter der ersten Säule, wo als Ziel ein ausgeglichener Haushalt über den Konjunkturzyklus angegeben ist, verstanden wird. Wenn damit gemeint ist, dass eine milde Form einer antizyklischen Budgetpolitik betrieben werden soll, dann halte er das für absolut positiv. Außerdem wäre dies eine radikale Abkehr von der Grasserschen Budgetpolitik, konstatierte Van der Bellen. Oder meinen Sie damit, Herr Finanzminister, dass Sie über den gesamten Zyklus hinweg ein ausgeglichenes Budget anstreben, d.h. Überschüsse in der Hochkonjunktur und Defizite in der Rezession? Sollte Anfang 2010 eine mehr oder minder massive Steuersenkung stattfinden, dann sei auch die Datenlage falsch, urteilte der Redner. Nicht nachvollziehen könne er, warum trotz steigender Staatsschuld die Zinsausgaben sinken sollen, wie im Text nachzulesen ist.

Nachdem das Budget ein in Zahlen gegossener Ausdruck der Politik ist, könne man sehen, dass neue Akzente gesetzt und ein Kurswechsel eingeleitet wurde, urteilte Abgeordneter Dr. CAP (S). Das Sinken der Verschuldensquote und der Arbeitslosigkeit führe dazu, dass die Handlungsspielräume erweitert und zusätzliche Mittel in die Schwerpunktbereiche Soziales, Bildung, Wachstum, Beschäftigung, Gesundheit etc. fließen können. Daran könne man auch die sozialdemokratische Handschrift erkennen, war Cap überzeugt. Zusätzliche Impulse sollen durch die zukünftige Steuerreform gesetzt werden. Letztlich gehe es bei all den Maßnahmen um die entscheidende Frage, nütze es Österreich oder nicht, denn die Bürger haben das Recht, dass das eingenommene Geld auch sinnvoll ausgegeben wird. Schließlich sprach Cap noch den Umbau des Plenarsaals an, wobei es primär um die symbolische Selbstdarstellung der Republik geht; auch dieser Aspekt sollte bei der ganzen Diskussion mitberücksichtigt werden.

Abgeordneter STRACHE (F) hielt seinem Vorredner entgegen, dass die SPÖ-Vertreter in den Ländern und Gemeinden das Budget ganz anders sehen und die Regierung auffordern, die unsozialen Maßnahmen zurückzunehmen. Das Budget sei auch sicherlich kein großer Wurf, denn obwohl es eine Hochkonjunktur gibt und keine Steuersenkungsmaßnahmen durchgeführt werden, gebe es wieder ein Defizit von weiteren 8 Mrd. €, kritisierte Strache. Er frage sich, wie eine mittelfristige Sanierung des Haushalts gelingen könne, wenn die rot-schwarze Bundesregierung in einer konjunkturell guten Phase ein deutliches Defizit zustande bringt. Die ÖVP, die immer an die Schuldenpolitik von Bruno Kreisky erinnert, sei heute für das höchste Budgetdefizit der Zweiten Republik verantwortlich. Jährlich zahle jeder Österreicher 3.050 € nur für die Tilgung von Zinsen, zeigte Strache auf, insgesamt müssen 9,3 Mrd. € an Schulden zurückbezahlt werden. Jedes Baby, das heute in Österreich auf die Welt kommt, sei schon bei der Geburt mit 23.077 € Schulden belastet.

Im besonderen kritisierte Strache, dass es wieder zu keiner Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe, wie z.B. durch die Senkung der Lohnnebenkosten und die Abschaffung der sogenannten Bagatellsteuern, gekommen ist. Weitere zielführende Maßnahmen wären seiner Meinung nach die Einführung des Vorsteuerabzugs für betrieblich genutzte Fahrzeuge, die Abschaffung der Mindestkörperschaftssteuer, die Absetzbarkeit der Kinderbetreuung und der haushaltsnahen Dienstleistung, die Bekämpfung der Schattenwirtschaft, die Senkung des Mehrwertsteuersatzes bei Medikamenten oder die Umgestaltung der Pendlerpauschale (Fixbetrag statt Absatzbetrag). Das Wifo habe festgestellt, dass die Kaufkraft der österreichischen Bürger im Jahr 1997 eine bessere war als heute. Es sei eine Entwicklung feststellbar, wo der Mittelstand zerbrösle, einige wenige immer reicher werden und die Armen immer ärmer. Es hätte viele Möglichkeiten gegeben, um einen zusätzlichen Spielraum zu schaffen, wie etwa Nutzung der Mehreinnahmen bei der Lohnsteuer (allein im Jänner und Februar 2007 plus 800 Mill. €), die Umsetzung der Reformmaßnahmen des Österreich-Konvents (Einsparungen bis zu 3 Mrd. €) oder ein effizienter Bürokratieabbau. In diesem Zusammenhang gab er zu bedenken, dass die Verwaltungsbelastung in Österreich bei 4,6 % des Bruttonationaleinkommens liege, der europäische Durchschnitt betrage jedoch nur 3,5 %. Bezüglich des Umbaus des Plenarsaals war Strache der Meinung, dass eine Verbesserung zwar notwendig sei, diese sollte aber im Rahmen bleiben.

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) gratulierte zum Doppelbudget, das einen guten Weg auf hohem Niveau fortsetzt. Es sei natürlich nicht so, dass nun alles anders ist, entgegnete er dem Abgeordneten Cap, 97 bis 98 % des Budgets sind vollkommen unverändert. Seinem Vorredner gegenüber merkte er an, dass in den letzten Jahren einige Anstrengungen unternommen wurden, um die Budgets zu sanieren; und seit dem Jahr 1996 werden auch primär Überschüsse geschrieben. Nach dem Nulldefizit 2001, den Wachstumspaketen und den Steuersenkungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren gebe es nun wieder sehr gute Wachstumsraten und eine Erholung am Arbeitsmarkt, hob Schüssel hervor. Diese milde, antizyklische Budget- und Konjunkturpolitik soll fortgesetzt werden, um im Jahr 2010 wiederum ein Nulldefizit zu erreichen. Er glaube, dass Österreich gut aufgestellt sei. Im vorigen Jahr habe man etwa den bisher größten Leistungsbilanzüberschuss (8 Mrd. €) in der Geschichte Österreichs erzielt. Interessant sei auch, dass ein Fünftel des BIP-Anstiegs auf die Teilnahme an der Währungsunion zurückzuführen sei. Eine extrem positive Entwicklung gab es auch bei den Exporten, wo in den letzten zehn Jahren eine Steigerung von 29 % auf 43 % (inklusive Tourismus sogar 57 bis 58 %) festzustellen ist. Eine Erfolgsgeschichte gebe es auch bei der Verwaltungsreform und beim e-government, führte Schüssel weiter aus. Österreich habe sich im europäischen Vergleich vom Platz 13 vor vier Jahren auf den ersten Platz vorgearbeitet.

Schüssel trat dafür ein, dass der durch die gute Konjunktur entstandene größere Spielraum nun durch eine behutsame Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes genutzt werden soll. Dies sei auch notwendig, um den österreichischen Standard zu halten. In vielen Bereichen gebe es heute schon Probleme, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, zeigte der ÖVP-Klubchef auf. Außerdem sollte man gerade in der Hochkonjunktur daran gehen, die Schulden und das Defizit zu verringern, was in den Budgetvoranschlägen auch gut gelungen sei. Schüssel wies darauf hin, dass erstmals im nächsten Jahr die 60 %-Schuldenquote unterschritten wird. Wichtig sei zudem, dass die Sozial- und Investitionsquoten hoch bleiben. Bei den Infrastrukturausgaben gehe es um einen sinnvollen Einsatz der Mittel und eine kluge Prioritätensetzung. So wäre es z.B. ganz wichtig, dass eine Schnellbahnverbindung von Wien nach Pressburg gebaut wird, dass die Fahrtzeitverkürzungen an die Kunden weitergegeben werden, dass die Stromleitungen verstärkt werden und dass die Energiesicherheit langfristig durch entsprechende Projekte gewährleistet wird.

BZÖ-Klubobmann WESTENTHALER warf der Regierung vor, mit ihrer "Streithanselkultur" zu verhindern, dass etwas Positives passieren könne. Eine sozialdemokratische Handschrift sei nicht zu erkennen, zumal zwei Drittel des Budgets in "schwarze" und nur ein Drittel in "rote" Ressorts fließen würden. Trotz Mehreinnahmen in Höhe von 10 % würden Schulden und Belastungen steigen, und von der von Gusenbauer versprochenen "sozialen Wärme" sei nichts zu spüren. In Summe sei das Budget einfallslos, ja an manchen Stellen "gefährlich", sagte Westenthaler. Er forderte ein steuerbegünstigtes Investivlohnmodell und hielt dem Finanzminister vor, bei der Sicherheit zu sparen. Unterstützung signalisierte der BZÖ-Chef hinsichtlich des Iran-Engagements der OMV. Im Zusammenhang mit der Kündigung kubanischer Kunden durch die BAWAG vermisste Westenthaler eine Stellungnahme des Finanzministers, zumal diese Maßnahme menschenrechtswidrig sei und das Bankgeheimnis auf den Prüfstand stelle.

Westenthaler brachte zudem, anknüpfend an eine Äußerung von Vizekanzler Molterer, einen Entschließungsantrag ein, der ein Berufsverbot für Sexualstraftäter zum Ziel hat.

Bundeskanzler Dr. GUSENBAUER plädierte dafür, die gute Konjunktur zu nützen und gemeinsam daraus das Beste zu machen, wozu die beiden Budgets einen Beitrag leisteten. Um das Ziel der Regierung zu erreichen, bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode die Arbeitslosigkeit um ein Viertel zu reduzieren, würde die Qualifizierungspolitik forciert. Ziel sei eine nachhaltige Senkung der Arbeitslosigkeit, betonte der Bundeskanzler. Es gehe auch darum, für die ArbeitnehmerInnen einen höheren, gerechten Anteil am wachsenden Reichtum zu sichern. Diesem Ziel diene der angestrebte General-Kollektivvertrag mit einem Mindestlohn von 1.000 €. Bei der angestrebten Mindestsicherung gehe es nicht um eine "soziale Hängematte", sondern um Mobilisierung, um den Betroffenen die Rückkehr auf den 1. Arbeitsmarkt zu ermöglichen, eine Ausbildung oder eine kommunale Beschäftigung anzubieten. "Das ist einer der innovativsten Beiträge zur Bekämpfung der Armut, die es in Europa gibt", betonte Gusenbauer. Als "sozialpolitischen Meilenstein" sah der Bundeskanzler schließlich die Deckelung der Medikamentenkosten bei 2 % des Nettoeinkommens.

Regieren bei guter Wirtschaftslage bedeute, für nachhaltiges Wachstum zu sorgen, sagte der Bundeskanzler weiter. Maßnahmen wie zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Bildung würden sich erst in Zukunft voll auswirken. Eine Steuerreform sei am sinnvollsten, wenn die Konjunktur etwas abflache, weil sie dann die Binnennachfrage und damit zusätzliches Wachstum stimuliere. Es ergebe sich das Gesamtbild eines nachhaltigen Wachstums, das aus Leistungsbilanzüberschüssen, einer guten Produktivitätsentwicklung und starken Exporten gespeist werde und durch das auch in Zukunft gute Löhne verdient werden könnten, sagte Gusenbauer.

Der Bundeskanzler ging abschließend auf aktuelle Fragen der Energiepolitik ein. Zum einen gehe es um Versorgungssicherheit, und die sei am besten durch Diversifikation bei den Zulieferern zu erreichen. Gusenbauer bekannte sich zur Iran-Verbindung der ÖMV, zur führenden Rolle Österreichs beim Nabuco-Projekt und zum Energiegeschäft mit Russland. In dieser Politik werde sich Österreich auch durch Einmischung von außen nicht beirren lassen, betonte der Bundeskanzler. Bei der eigenen Energieproduktion setze man auf erneuerbare Energie. Hinsichtlich der Energieeffizienz gehe es auch darum, die Energie "auf Leitung zu bringen", daher müsse die 380-kV-Leitung geschlossen werden. Zur Steigerung der Effizienz würde auch der Klima- und Energiefonds beitragen.

Abgeordneter KRAINER (S) ortete ein "antizyklisches Budget", in dem die Fehler vergangener Budgets nicht wiederholt würden. Es würden neue Akzente gesetzt, z.B. in der Bildung. Anhand von Beispielen widerlegte Krainer die These Westenthalers, das Budget enthielte keine Maßnahmen sozialer Wärme. Auch in der Umwelt- und Klimapolitik gebe es Akzentverschiebungen, und in Summe liege das Budget und die Politik der Regierung in mittel- und langfristiger Perspektive richtig.

Kritischer sah Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) das Doppelbudget. Von der versprochenen Verwaltungsreform sei nichts zu sehen, im Stabilitätsprogramm würden zwar Summen angegeben, aber keine Projekte genannt. "E-Government kann doch nicht alles sein", sagte der Abgeordnete. Die Bundesstaatsreform sei "eingeschlafen", ohne neue Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern fehle überhaupt ihr Kernstück, und hinsichtlich Haushaltsreform sei zu fragen, wo die frühere Regierungsvorlage sei. Als zentrale Herausforderungen für die Budgetpolitik identifizierte Rossmann Mehrausgaben für Zukunftsaufgaben, Zurüstungen für einen kommenden Konjunkturabschwung – wo er Positives vermerkte - und eine Reform der Steuerstruktur. Der Faktor Arbeit müsse entlastet, Vermögen dafür stärker besteuert werden, etwa durch eine Erbschafts- und Schenkungssteuer, aber auch durch einen höheren Anteil der Ökosteuern. Die Voranschläge für 2007 und 2008 würden diesen Forderungen nicht gerecht, diagnostizierte der Redner und plädierte für eine Beachtung der "goldenen Regel", wonach ausgeglichene Haushalte dort angestrebt werden sollen, wo es um die laufenden Einnahmen und Ausgaben gehe, Investitionsausgaben in die Zukunft aber durch Schulden zu finanzieren, was auch generationengerecht sei.

Abgeordneter AUER (V) gratulierte dem Vizekanzler und dessen Staatssekretär zur Vorlage des Doppelbudgets, das in einer bemerkenswert moderaten Form debattiert werde. Auer würdigte die Schwerpunktsetzungen bei Forschung, Bildung, Infrastruktur, Klimaschutz und sozialer Absicherung und besprach auch die Maßnahmen zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes und für die Entwicklung des ländlichen Raums positiv. Beim Thema Umweltschutz fragte Auer, ob Wachtelkönige oder Wespenbussarde tatsächlicher wichtiger sind als der Schutz der Menschen und die Energieversorgung.

Die moderaten Aussagen der Oppositionspolitiker, die kräftig sprudelnden Steuereinnahmen und die Spitzenposition Österreichs bei den Investitionen in Osteuropa zeigten, dass die Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre nicht so schlecht gewesen sein könne. "Wir ernten heute, was gestern gesät wurde", sagte Auer, und erinnerte daran, wie gut sich Österreich im internationalen Wettbewerb darstellt und die Globalisierung gemeistert hat. In diesem Zusammenhang mahnte der Vorsitzende des Budgetausschusses Klubobmann Strache zu mehr Vernunft in seinen Aussagen gegenüber ausländischen Mitarbeitern und Mitbürgern. Ohne deren Leistungen würden die Betriebe zusammenbrechen, gab Auer zu bedenken.

Abgeordneter THEMESSL (F) forderte seinen Vorredner auf, bei wirtschaftlichen Vergleichen nicht immer Deutschland heranzuziehen. Wer an die Spitze wolle, müsse sich mit Ländern vergleichen, die europäische Spitzenwerte aufweisen. In den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte Abgeordneter Themessl die Korrektur der Aussage von Vizekanzler Molterer, Experten hätten im Budgetausschuss das Doppelbudget gelobt. Themessl zitierte aus der "Parlamentskorrespondenz" und erinnerte an die Kritik der Experten an der hohen Belastung des Faktors Arbeit, der falschen Ausrichtung der Familienförderung, der bloßen Fortschreibung bisheriger Budgets, am Lobbyismus für die Großindustrie, an fehlenden Maßnahmen zugunsten von Bildung, Gesundheit und Verwaltungsreform und an zu optimistischen Einnahmenschätzungen. Dann problematisierte Themessl die Aussagen des Vizekanzlers zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit. Sie liege nicht bei 4,3 %, sondern bei 7 bis 8 %, rechnete Themessl anhand von Daten vom März dieses Jahres vor. Abschließend plädierte Themessl einmal mehr dafür, die Konjunktur durch eine Steuerreform im Jahr 2008 zu unterstützen.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) brach zunächst eine Lanze für den Umbau des Plenarsitzungssaales und wies polemische Äußerungen gegen dieses Projekt mit dem Hinweis darauf zurück, dass dieser Saal aus dem Jahr 1956 stamme und es hoch an der Zeit sei, ihn modernen Anforderungen entsprechend neu zu gestalten, Wittmanns Aufforderung lautete, die finanzielle Vorsorge dafür beim Budget 2009 zu treffen.

Beim Budget des Bundeskanzleramtes lobte Wittmann die Senkung der Personalkosten und die Beibehaltung der Ansätze zur Volksgruppenförderung. Positiv sah er auch die steigenden Ansätze für den Verwaltungsgerichtshof und das Bemühen der Regierung um die Staatsreform, für die er sich bis Juli 2007 Ergebnisse erwarte.

Wittmann begrüßte auch die Steigerung des Sportbudgets um 24 Mill. € im Jahr 2008 und trat dafür ein, die Mindestgrenze für Einnahmen aus dem Glücksspiel von 40 Mill. € auf 60 Mill. € anzuheben.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) vermisste jede Begeisterung bei den Sprechern der Koalitionsparteien zum vorliegenden Doppelbudget. Besorgt zeigte sich Scheibner über Hinweise darauf, dass die in der letzten Gesetzgebungsperiode geplante Reform des Beamtendienstrechts auf die lange Bank geschoben werden könnte. Scheibner unterstrich die Notwendigkeit, Beamte und Vertragsbedienstete gleichzustellen, unterschiedliche Gehaltsverläufe zu beseitigen und für eine Flexibilisierung des Dienstes zu sorgen. In diesem Sinne brachte er einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der die Einbeziehung aller Fraktionen des Nationalrats in die geplante Dienstrechts-Enquete verlangte.

Bundeskanzler Gusenbauer erinnerte Scheibner an dessen Wahlversprechen für eine Steuerreform zu Beginn der Gesetzgebungsperiode und warf ihm vor, dieses Versprechen gebrochen zu haben. Scharfe Kritik übte Scheibner an dem Wiener Projekt, die Gesamtschule flächendeckend einzuführen, er kündigte dagegen massiven Widerstand seiner Fraktion an. Die Bundesregierung könne damit rechnen, dass das BZÖ sie in der Gesundheitspolitik, bei Forschung und Entwicklung, in der Sicherheitspolitik und bei der Reform des öffentlichen Dienstes vor sich hertreiben werde, schloss Scheibner. 

Finanzminister Mag. MOLTERER bemühte sich, den ökonomischen Hintergrund auszuleuchten, vor dem das Doppelbudget erstellt wurde: Österreich könne mit überdurchschnittlichem Wachstum, sinkender Arbeitslosigkeit und steigender Produktivität rechnen und nehme im internationalen Wettbewerbsvergleich eine hervorragende Position ein. Dennoch habe man die Budgeteinnahmen vorsichtig prognostiziert. Molterer rechnet damit, dass das Defizit des Jahres 2008 mit 0,7 % um einen Prozentpunkt unter dem Wert von 2006 liegen wird. Für 2010 ist ein gesamtstaatlicher Überschuss von 0,4 % des BIP vorgesehen. Die Kosten für die Verzinsung der Staatsschuld sinken von 2007 auf 2008 von 6,9 Mrd. € auf 6,3 Mrd. €. Da das BIP steige und die Zinsen sinken, nehmen auch die Schuldenquote und die Zinsenquote weiter ab. "Die Rückführung der Verschuldung sind wir den jungen Menschen schuldig", zeigte sich Vizekanzler Molterer überzeugt.

Die Bundesregierung sei aber zugleich bestrebt, Wachstumsimpulse zu setzen. In diesem Zusammenhang wies der Vizekanzler, wie schon vor ihm Abgeordneter Auer, Äußerungen von F-Klubobmann Strache gegenüber ausländischen Arbeitnehmern zurück. Österreich müsse die Öffnung der Märkte nützen, sagte Molterer und forderte in weiterer Folge die Grünen auf, bei der Förderung der Biotechnologie nicht auf der Bremse zu stehen. Schließlich bekannte sich Molterer zum Einsatz von Public Private Partnership-Modellen beim Ausbau der Infrastruktur und unterstrich die Notwendigkeit, Wasserkraft und Energieleitungen auszubauen. Die Steuerentlastung will Molterer zum richtigen Zeitpunkt wirksam werden lassen, nämlich dann, wenn sich die Konjunkturkurve wieder abflache - das entspreche dem Rat der Ökonomen und dem Hausverstand, sagte der Finanzminister.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) sprach ebenfalls von einer erfreulichen Budgetdebatte, in der die "neue Bescheidenheit" des SP-Klubobmanns Cap und die "erfrischende Ehrlichkeit" des Grünen-Klubobmanns Van der Bellen Highlights dargestellt haben. Auch das Einbekenntnis von Bundeskanzler Gusenbauer, die Budgeterstellung könne auf der Grundlage einer erfreulichen Wirtschaftsentwicklung erfolgen, lobte Stummvoll und nannte die Gründe dieser Entwicklung: Konjunkturpakete, Wachstumspolitik und Steuerreform der letzten Regierung. Die Freiheitlichen sollten darauf verzichten, das Land schlecht zu reden und zur Kenntnis nehmen, dass Österreich bis 2011 Wachstumsraten von durchschnittlich 2,5 % erwarte, mehr als der Durchschnitt der EU und um einen Prozentpunkt mehr als Deutschland. Das sei das Ergebnis der erfolgreichen Wettbewerbspolitik der letzten Jahre. In der Beschäftigungsentwicklung wurde die Trendwende im April 2006 geschafft, sagte Stummvoll und bekannte sich zur Fortsetzung der erfolgreichen Standortpolitik, die den Menschen Arbeitsplätze, Einkommenschancen, Kaufkraft und soziale Sicherheit bringe.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) warf VP-Klubobmann Schüssel vor, er habe als Bundeskanzler das Nulldefizit im Jahr 2001 nur durch eine "wild prozyklische Budgetpolitik" erreicht - demgegenüber habe das Budget 2007 eine leicht antizyklische Wirkung, räumte Kogler ein. Wenn von Steuerreform die Rede sei, sollte man sich weniger auf die Senkung der Steuern konzentrieren, sondern mehr an strukturelle Reformen, an Umschichtungen denken, wie sie das diesbezügliche WIFO-Weißbuch vorschlägt. Statt die Budgetstruktur fortzuschreiben, sollte man die Effizienz der Ausgaben, die Wirkung der Allokation, wie dies Ökonomen nennen, verbessern, statt finanzielle Spielräume für Klientelpolitik zugunsten jener zu nützen, die sich in Verhandlungen durchsetzen.

Koglers Kritik an der Bundesregierung richtete sich auf deren zu schwaches Engagement bei der Förderung der Umwelt- und Energietechnologie. Tatsächlich rede man werktags dem Umstieg auf Gas das Wort und am Sonntag der Förderung erneuerbarer Energieträger. Die 380-kV-Leitung diene keineswegs der Nutzung heimischer Energiequellen, sondern dem Atomstromtransit durch Österreich, klagte Kogler.

Die "Schwärzung" von Akten des Finanzministeriums, die dem Banken-Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt werden, bezeichnete Kogler als verfassungswidrig und sprach von Amtsmissbrauch durch den Ressortleiter oder seine Beamten. Dem Untersuchungsausschuss müssen sämtliche Informationen vorgelegt werden, die er für seine Arbeit braucht, hielt Abgeordneter Kogler fest.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) meinte, die Budgetmittel für das Parlament seien gut angelegt, hier würde gleichsam in die "Software der Demokratie" investiert. Diesbezügliche Bemühungen seien keinesfalls zu unterschätzen, gehe es doch darum, schon Kinder und Jugendliche an die Werte der Demokratie heranzuführen, wie dies etwa mit dem Projekt "Demokratiewerkstatt" geschehe.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) erklärte, man müsse die negativen Folgen der schrankenlosen Öffnung des Arbeitsmarktes vermeiden. Konkret verwehre sich ihre Partei gegen politisch gewolltes Lohndumping, erläuterte die Rednerin, die sich sodann mit den Gender-Aspekten des Budgets befasste. Ihrer Ansicht nach sei das Geschlecht kein "Lernprogramm", und so sei es interessant, dass das gesamte Budget "gegendert" sei, was teilweise tiefgreifende Folgen zeitige.

Konsequent weitergedacht heiße das nämlich, dass nicht mehr die Lage des Menschen verändert werden solle, sondern der Mensch selbst, und das könne nicht goutiert werden, meinte die Abgeordnete. Alle sollten sich überlegen, ob ihnen diese Einmischung des Staates wirklich recht ist. Ihre Fraktion wolle das auf keinen Fall, schloss Rosenkranz, denn dies würde den Triumph der Ideologie über die Vernunft bedeuten. Vielmehr sollte man soziale Maßnahmen im Interesse der Frauen setzen. Dieses Budget nütze den Frauen jedenfalls nicht wirklich.

Abgeordnete RAUCH-KALLAT (V) erinnerte daran, dass es sich beim Gender Mainstreaming um eine EU-Vorgabe aus dem Jahre 1995 handle. Erstmals eingesetzt wurde dieses vernünftige Instrument zum Aufzeigen von Diskriminierungen übrigens von Bundesminister Haupt. Dieses Budget gestehe den Frauen mehr zu, man müsse Ministerin Bures und Minister Molterer zu dieser Initiative gratulieren. Man setze somit konsequent Schritte, gegen Diskriminierung vielfältiger Art entschieden vorzugehen.

Frauenpolitik werde im übrigen von allen Ministerien betrieben, eines der Hauptziele müsse es sein, Ungerechtigkeiten zu beseitigen, was insbesondere bedeute, dass die Einkommensschere endlich geschlossen werden müsse. Zudem müsse Armut bekämpft und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesichert werden.

Abgeordnete HAUBNER (B) sagte, Fairness für Frauen sei immer ein Grundziel ihrer Fraktion gewesen, man habe während der Zeit in der Regierung auch entsprechend agiert, so bei der Einführung des Kindergeldes, bei der Anhebung der Mindestpensionen und bei der steuerlichen Entlastung. Dieses Budget weise zwar eine Erhöhung der Mittel auf, doch brauche es eine Vielzahl konkreter Maßnahmen, um wirklich Politik im Interesse der Frauen zu betreiben. Es gebe noch viel zu tun, es bestehe nach wie vor Handlungsbedarf, meinte die Rednerin, die auf konkrete Beispiele einging. Die Ministerin habe angekündigt, sich überall einmischen zu wollen, es gebe genug Punkte, wo eine solche Einmischung dringend geboten sei.

Bundesministerin BURES freute sich, dass in diesem Entwurf ein eindeutig höheres Frauenbudget vorgesehen sei, ein Plus von 35 Prozent, und sie könne garantieren, dass sie dieses Geld auch zielorientiert einsetzen werde. Sodann nannte die Ministerin konkrete Sachbereiche, in denen sie die neu bewilligten Mittel einzusetzen gedenke, und zeigte sich davon überzeugt, dass es sich dabei um gute Investitionen handle. Konkret ging das Regierungsmitglied sodann auf die nächsten inhaltlichen Vorhaben ihres Ressorts ein, dabei den Bogen von der Armutsbekämpfung über Reformen beim Kindergeld bis zur Ausweitung der Kinderbetreuungseinrichtungen spannend.

Es sei besonders wichtig, dass die besondere Lage der Frauen von allen Ministerien entsprechend beachtet werde, und genau diesem Ziel dienten "Gender Mainstreaming" und "Gender Budgeting". In diesem Sinne werde sie auch einen eigenen Leitfaden herausgeben, damit genau darauf geachtet werden könne, die Interessen der Frauen auch adäquat zu berücksichtigen. Es gelte, in Frauenangelegenheiten an einem Strang zu ziehen, und darauf werde sie auch ihre Politik abstellen, resümierte Bures.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) setzte sich mit dem Parlamentsbudget auseinander und vertrat die Ansicht, die Mittel seien sehr knapp gehalten. Es gebe personelle Engpässe in der Parlamentsdirektion, vor allem durch die derzeit tagenden Untersuchungsausschüsse, hier gebe es Verbesserungsbedarf. Die Kontrollrechte sollten im übrigen ausgeweitet und ein Minderheitenrecht werden, schloss die Rednerin.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) bedankte sich eingangs bei den MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion für ihren außerordentlichen Arbeitseinsatz und setzte sich sodann mit dem Volksgruppenbudget auseinander und bemängelte, dass die Summe der vorgesehenen Mittel seit Jahren eingefroren sei. Auch unter der neuen Regierung ändere sich nichts, durch das Beharren auf den alten Zahlen komme es zu einer realen Kürzung der Volksgruppenförderung, und das dürfe ebenso wenig hingenommen werden wie der Umstand, dass in Kärnten immer noch nicht die Ortstafelfrage gelöst ist.

Weiters kritisierte die Rednerin die geplante Verlängerung der Legislaturperiode, was eine Verringerung der Möglichkeiten der politischen Partizipation bedeute, weshalb dieser Vorschlag von den Grünen entschieden abgelehnt werde. Schließlich plädierte die Rednerin für mehr Barrierefreiheit im Interesse der Menschen mit besonderen Bedürfnisse und erklärte, dies gelte natürlich auch für den Plenarsaal.

Abgeordneter HAUBNER (V) beleuchtete das Budget im Lichte des Sports und zeigte sich mit der diesbezüglichen Entwicklung zufrieden. Er setzte sich mit der Sportförderung auseinander und ging dabei insbesondere auf den Behindertensport ein. Nicht minder wichtig sei die Breitensportförderung, wo gleichfalls wichtige Projekte umgesetzt würden. Mit diesen Maßnahmen sei man fit für die Zukunft, resümierte der Redner.

Abgeordneter GRADAUER (F) zeigte sich alarmiert über den Stand der Staatsverschuldung in der Höhe von 190 Mrd. € und forderte die Regierung auf, mit der Schuldenpolitik endlich Schluss zu machen. Die günstige Entwicklung der Steuereinnahmen böte seiner Meinung nach ausreichend Gelegenheit, ausgeglichen zu budgetieren. Mit Nachdruck deponierte er zudem die Forderung seiner Fraktion nach einer Steuerreform für den Mittelstand und die KMU, und zwar nicht erst 2010, sondern bereits jetzt.

Abgeordneter REHEIS (S) äußerte den Eindruck, dass es dank der Regierungsbeteiligung der SPÖ nun wieder aufwärts geht in Österreich. Der Redner kam überdies auch auf die Arbeitsbedingungen im Hohen Haus zu sprechen und ortete Handlungsbedarf bei der Renovierung des Plenarsitzungssaals oder etwa bei der Umrüstung des Parlaments auf Energiesparlampen.

Abgeordneter BUCHER (B) replizierte, 100 Tage Gusenbauer seien nicht verantwortlich für den Aufschwung, vielmehr hätten die konstruktive und besonnene Arbeit der vorangegangenen Regierung und das Engagement des BZÖ die Grundlage für die gute Konjunktur gelegt. Zum aktuellen Budget fand Bucher die Worte "brav, aber nicht ideenreich".

In einem Abänderungsantrag forderte der Redner eine Valorisierung der seit 1996 unveränderten Volksgruppenförderung.

Abgeordnete RIENER (V) würdigte die Tätigkeit der Volksanwaltschaft und dankte den drei Volksanwälten für ihren persönlichen Einsatz.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) vermisste im Budget die Mittel für den Parlamentsumbau und kritisierte, "billige Parteitaktik" seitens der ÖVP habe dazu geführt, dass heute das Geld für die Renovierung des Plenarsaals fehlt.

Abgeordneter PENDL (S) sprach den Volksanwälten, aber auch den MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion seinen Dank aus.

Abgeordneter ZANGER (F) übte heftige Kritik an der ÖVP und bemerkte unter Hinweis auf die Debatte über gleichgeschlechtliche Partnerschaften und die Aktionen von Ministerin Kdolsky, die Volkspartei sei auf dem besten Weg, die SPÖ links zu überholen.

Abgeordneter NEUGEBAUER (V) befasste sich mit der Verwaltungsreform und rief dazu auf, verstärkt aus dem Know-how und den Erfahrungen der MitarbeiterInnen zu schöpfen. Gerade in vielen kleinen, aber innovativen Vorschlägen aus dem Bereich der Kollegenschaft liege oft großes Einsparungspotential.

Staatssekretärin SILHAVY zeichnete ein modernes Bild der Verwaltung und betonte, den Beamten "mit dem Ärmelschoner" gebe es schon längst nicht mehr. Bei der Verwaltungsreform gehe es nun nicht nur um Einsparungsmaßnahmen, sondern auch um Qualität, zumal eine gut funktionierende Verwaltung auch eine Voraussetzung für den Standort Österreich und oft Türöffner für den Export sei, unterstrich sie.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) kam noch einmal zur Frauenpolitik zurück und vermisste im Budget Ansätze eines durchgehenden Gender-Budgeting. So stelle die Pendlerpauschale auf ein Einkommen ab, das ein Drittel der Frauen gar nicht erreichen. Bei der Wirtschaftsförderung wiederum fließen nur 17 % in die meist von Frauen geführten Kleinstbetriebe. Nach Einschätzung der Rednerin fehlen auch strategische frauenpolitische Überlegungen wie etwa die Koppelung der Wirtschaftsförderung an die Frauenförderung. (Fortsetzung)