Parlamentskorrespondenz Nr. 352 vom 10.05.2007

EU-Programm des Gesundheitsministeriums zur Kenntnis genommen

Bundesrat möchte früher bei Gesetzen mitreden

Wien (PK) – Die Jahresvorschau des Gesundheitsministeriums auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der EU-Kommission, ein Entschließungsantrag betreffend den jährlichen Bericht des Infrastrukturministeriums über geplante Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur sowie ein Entschließungsantrag betreffend die Berücksichtigung von Anregungen im Begutachtungsverfahren waren die restlichen Punkte der Tagesordnung der 745. Sitzung des Bundesrats.

Bundesrat FLORIANSCHÜTZ (S) knüpfte in seinen Ausführungen an europäische Absichtserklärungen für eine familienfreundliche Politik an und unterstrich die Notwendigkeit, Kindern und Jugendlichen Schutz und Hilfe zu geben. Mädchen sollen gestärkt und Burschen gefördert werden, die Integrationsbemühungen seien voranzutreiben und die Kindergärten als erste Bildungseinrichtung zu begreifen. Florianschütz appellierte an die Ministerin, sich gegen die Jugendarbeitslosigkeit einzusetzen und bat sie um Unterstützung bei seinen Bemühungen um Übernahme der Lehrlinge des öffentlichen Dienstes nach dem Ende ihrer Ausbildung.

Nicht hinnehmen wolle er, dass 45 % der 15 bis 35-jährigen türkischen Mädchen und Frauen in Österreich keine Arbeitsplätze haben. Florianschütz möchte diese Frauen aus ihren "Gefängnissen der Abhängigkeit" herausführen. Humanitäres Asyl wiederum brauchen jene chinesischen Flüchtlingskinder - oft zweite oder dritte Kinder chinesischer Familien - die kein Asyl und keine Staatsbürgerschaft erhalten können, aber auch nicht zurückgeschickt werden können, weil China sie nicht anerkenne. Vollinhaltliche Unterstützung sagt Florianschütz der Bundesministerin bei ihren Initiativen gegen den Alkoholmissbrauch von Kindern zu.

Bundesrat AGER (V) bekannte sich nachdrücklich zu den Zielsetzungen der deutschen, portugiesischen und slowenischen Ratspräsidentschaften auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik und zeigte sich vom Auftreten der neuen Familien-, Gesundheits- und Jugendministerin angetan. Andrea Kdolsky sei "ein wohltuender Farbklecks in der Politik", sagte Ager, der die Ministerin herzlich im Bundesrat willkommen hieß und sich überzeugt zeigte, dass die Jugend bei ihr gut aufgehoben sei.

Bundesrat BREINER (G) wies auf oberösterreichische Familien mit Migrationshintergrund hin, die von Abschiebung bedroht sind, und hielt eine derartige Vorgangsweise für unvereinbar mit Aussagen über mehr Familienfreundlichkeit in der Politik. Die Absicht der Gesundheitsministerin, die Frauen besser über neue Impfungen gegen Gebärmutterhalskrebs zu informieren, begrüßte der Redner ausdrücklich.

Eine familienfreundliche Politik dürfe auf die oft schwierige Situation von Eltern nicht vergessen, die ihre Erziehungsgewalt verlieren und den Problemen ihrer Kinder hilflos gegenüberstehen. Breiner warb um Unterstützung für Eltern und für eine kinderfreundliche Gesellschaft. "Der Sinn unserer Arbeit könne nicht nur sein, alt zu werden, sondern den Kindern eine Zukunft zu geben", schloss Bundesrat Breiner. 

Bundesrat KAMPL (A) nannte das vorliegende EU-Programm ein gutes Papier, wobei er sich schwerpunktmäßig mit den Vorhaben auf den Gebieten Energiepolitik und Justizpolitik befasste und es ausdrücklich begrüßte, dass die europäische Union die Geltung der Menschen- und Heimatrechte als wichtig für das gemeinsame Europa betrachtet. In diesem Zusammenhang appellierte Kampl an Slowenien, die Avnoj-Beschlüsse außer Kraft zu setzen, wie dies beim EU-Beitritt versprochen wurde.

Bundesministerin Dr. KDOLSKY unterstrich die Bedeutung einer hochwertigen gesundheitlichen Versorgung und betonte dabei die Bedeutung einheitlicher Normen für Qualität und Sicherheit von Arzneimitteln und Lebensmitteln in der EU. Eine Neufassung der Medizinproduktegesetzgebung durch das Europäische Parlament stehe unmittelbar bevor. Vom portugiesischem Vorsitz sei eine Verordnung über Arzneimittel für neuartige Therapien zu erwarten. Eine Erhöhung der Patientenmobilität, die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen über die Grenzen hinweg, biete nicht nur Chancen, sondern habe auch Risken, sagte die Ministerin und verlangte klare Vorgaben für die Rückerstattung von Kosten, etwa für die Behandlung italienischer Patienten in Tirol.

Nachdrücklich bekannte sich die Ministerin zur Umsetzung von Tierschutzinitiativen, etwa für ein Verbot des Handel mit Hunde- und Katzenfellen sowie eine Richtlinie zum Schutz von Masthühnern. Der Schutz aller Lebewesen sollte auch den Kindern im Schulunterricht als ein Wert nahe gebracht werden.

Beim Thema Familien- und Jugendpolitik will sich die Ministerin nicht nur auf zusätzliche Kinderbetreuungsstätten beschränken, auch wenn diese zweifellos notwendig seien. Es geht ihr auch darum, Väter zu unterstützen, die Karriereprobleme bekommen, wenn sie in Karenz gehen wollen. Ganz besonders wichtig ist der Ministerin der Kampf gegen den Alkoholmissbrauch von Kindern. Die Harmonisierung des Jugendschutzes sei ein erster Schritt, die Vereinfachung der Kontrollen ein weiterer und es brauche auch scharfe Sanktionen, wobei sich Kdolsky nicht mit Geldstrafen und Konzessionsverlust begnügen möchte. "Wir müssen über Betriebstättengenehmigungen sprechen", sagte die Ministerin und verlangte harte Maßnahmen gegen schwarze Schafe unter der Gastronomen, die Alkoholmissbrauch von Kindern und Jugendlichen in ihren Betrieben zulassen. Zur breiten Maßnahmenpalette der Ministerin zählen Veranstaltungen, die Kindern und Jugendlichen zeigen sollen, dass Spaß ohne Alkohol möglich sei, und sie trat auch dafür ein, den vielfach überforderten Eltern zu helfen, etwa in den noch zu wenig bekannten Familienberatungsstellen.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen.

Entschließungsantrag betr. jährlichen Bericht des MMVIT

Bundesrat Mag. KLUG (S) erläuterte den Drei-Parteien-Entschließungsantrag, der sich auf das Infrastrukturinvestitionsprogramm der Bundesregierung bezieht und einen jährlichen Bericht des Verkehrsministers über die geplanten Maßnahmen und Absichten in den Bundesländern verlangt. Dieses Programm sei von großer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Österreich, diese Auffassung werde von allen Fraktionen geteilt. Es sei aber auch verständlich, dass die Landeshauptleute jeweils für ihre Projekte kämpfen, sodass die Notwendigkeit bestehe, die Umsetzung des Programms im Einklang zwischen den einzelnen Bundesländern voranzutreiben. Diesem Anliegen diene der Entschließungsantrag der Bundesratsfraktionen.

Bundesrat MITTERER (A) kündigte seine sowie auch die Zustimmung seines Kollegen Siegfried Kampl zu beiden vorliegenden Entschließungsanträgen an. Auch er zeigte sich überzeugt, dass eine transparente Vorgangsweise bei der Umsetzung des Infrastrukturprogramms gegenüber den Bundesländern geeignet sei, Misstrauen und Eifersucht zwischen den Ländern zu vermeiden.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag einstimmig angenommen.

Entschließungsantrag betr. Berücksichtigung von Anregungen des Bundesrats im Begutachtungsverfahren

Bundesrat KONECNY erinnerte eingangs seiner Ausführungen über den Drei-Parteien-Entschließungsantrag zur Berücksichtigung von Anregungen zum Wahlrechtsänderungsgesetz im Begutachtungsverfahren an wiederholte Anträge des Bundesrates, nicht erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens zu Wort zu kommen, sondern schon früher, etwa in der Phase der Ausschussberatungen im Nationalrat. Dies deshalb, weil der Bundesrat oft auf Einsprüche verzichte, weil er wegen einer berechtigten Detailkritik nicht einen im Übrigen positiv zu beurteilenden Gesetzesbeschluss blockieren wolle. Konecny unterstützte insbesondere den Vorschlag, die Hausanschläge über die Wahlberechtigten im Vorfeld von Nationalratswahlen nicht mehr nach Geschlechtern getrennt führen zu müssen. Die Gründe dafür liegen vor allem in der steigenden Kriminalität im städtischen Bereich, und man wolle vermeiden, dass auf Grund dieser Bekanntmachungen signalisiert wird, wo eine alleinstehende Frau lebt. Er hielt es auch für vernünftig, den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, AuslandsösterreicherInnen auch bei der Landtagswahl das Wahlrecht zu zuzugestehen.

Bundesrat WEISS (V) betonte, das verfassungsrechtlich eingeräumte Recht zur Stellungnahme sei eine Sache, dieses auch zu nützen, eine andere. Es spreche aber nichts dagegen, die Instrumente, die bereits jetzt zur Verfügung stehen, zu nützen. Das Stellungnahmerecht sei wesentlich, sagte Weiss, auch wenn es noch Fragen aufwerfe. So müsse man sich überlegen, wie repräsentativ eine Stellungnahme des Bundesrates ist, wenn seitens der Bundesländer gegensätzliche Auffassungen vorliegen. Alles in allem dienen laut Weiss die beiden vorliegenden Entschließungsanträge dazu, einer stärkeren Gesetzgebungsautonomie des Bundesrates Rechnung zu tragen. Abschließend thematisierte der Bundesrat die im Demokratiepaket der Bundesregierung fehlende Frist für die Anpassung in den Bundesländern. Außerdem müsse man seiner Meinung nach bei der Briefwahl die Dreistufigkeit des Auszählungsverfahrens überdenken, da es auf Gemeindeebene zu Schwierigkeiten mit der Wahrung des Wahlgeheimnisses kommen könnte.

Bundesrat SCHENNACH (G) hielt es für notwendig, seitens des Bundesrates vorausschauend auf die Gesetzwerdung Einfluss zu nehmen. Man werde dieses Instrument in nächster Zeit auch anwenden, sagte er. Schennach kündigte die Erarbeitung eines gemeinsamen umfassenden Entschließungsantrags zur Reform des Bundesrates an. Dieser müsse von sich aus erklären, wohin die Reform gehen soll, nachdem ein öffentlicher Erklärungsbedarf entstanden ist. Es seien daher eine Fülle von Vorschlägen erarbeitet worden, und nun sei jeder Bundesrat aufgefordert, bei den eigenen NationalratskollegInnen in der Fraktion dafür zu werben.

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag einhellig beschlossen. (Schluss)


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