Parlamentskorrespondenz Nr. 387 vom 22.05.2007

Jugendwohlfahrt: Familienausschuss billigt erweiterte Meldepflichten

Gesetzesänderung soll Informationsfluss zwischen Behörden verbessern

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Wien (PK) – Die Meldepflichten im Bereich der Jugendwohlfahrt werden erweitert. Der Familienausschuss des Nationalrats stimmte in seiner heutigen Sitzung mehrheitlich einer von der Regierung vorgeschlagenen Änderung des Jugendwohlfahrtsgesetzes zu. Vorrangiges Ziel der Gesetzesvorlage ist ein besserer Informationsfluss zwischen den zuständigen Behörden und den Schulen sowie anderen Betreuungseinrichtungen. Damit sollen drohende Vernachlässigungen von Kindern und sonstige Gefährdungen des Kindeswohls im Sinne eines "Frühwarnsystems" möglichst schnell offenkundig werden.

Konkret sind dem Beschluss zufolge in Hinkunft nicht nur Behörden und Organe der öffentlichen Aufsicht, sondern alle Einrichtungen, die Minderjährige betreuen bzw. unterrichten, verpflichtet, Beobachtungen und Anhaltspunkte für Kinder-Verwahrlosung der Jugendwohlfahrt zu melden, also etwa auch Schulen und Horte. Gleichzeitig werden alle in der Jugendwohlfahrt tätigen Berufsgruppen von den im Jugendwohlfahrtsgesetz verankerten Meldepflichten umfasst.

In der Debatte begrüßten alle Fraktionen mit Ausnahme der Grünen die erweiterten Meldepflichten, auch wenn die Abgeordneten zum Teil auf weitergehende Schritte drängten und bezweifelten, ob die Jugendwohlfahrtsbehörden genügend Ressourcen haben, um vermehrten Meldungen tatsächlich nachgehen zu können. Durch konkrete Fälle wie jener in Oberösterreich sei seitens der Politik aber dringender Handlungsbedarf gegeben, lautete der überwiegende Tenor.

Ausdrücklich gegen die Gesetzesänderung wandten sich die Grünen. So hinterfragte etwa Abgeordnete Barbara Zwerschitz, ob erweiterte Meldepflichten tatsächlich etwas bringen würden. Die Abmeldung von Kindern vom Unterricht habe überdies nicht automatisch etwas mit Verwahrlosung zu tun, wandte sie ein. Abgeordneter Karl Öllinger äußerte die Befürchtung, dass zu viele Fehlmeldungen dazu verleiten könnten, bei einem richtigen Alarm letztlich nicht mehr hinzuschauen, wie dies auch bei der Saliera im Kunsthistorischen Museum gewesen sei. Ihm zufolge wäre es besser, mit einem höheren Angebot an niederschwelliger Sozialarbeit zu reagieren. Abgeordnete Sabine Mandak gab zu bedenken, dass gemäß Schulunterrichtsgesetz Schulleitungen bereits verpflichtet seien, der Jugendwohlfahrt zu melden, wenn Erziehungsberechtigte ihren Pflichten nicht nachkommen bzw. sich untereinander uneinig seien.

Seitens der SPÖ äußerte Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) die Hoffnung, dass durch die erweiterten Meldepflichten Fälle wie jener in Oberösterreich künftig verhindert werden könnten. Sie und ihre FraktionskollegInnen mahnten allerdings mehr Ressourcen für die Jugendwohlfahrt und eine Erweiterung des Angebots an Sozialarbeit ein. Fraglich ist für Grossmann, inwieweit vereinzeltes Fernbleiben vom Unterricht künftig meldepflichtig sein wird.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) hielt fest, neben der nunmehrigen "kleinen" Gesetzesänderung seien auch andere begleitende Maßnahmen erforderlich, um das Kindeswohl stärker in den Vordergrund zu rücken. So fehlen ihrer Meinung nach SozialarbeiterInnen und ein Informationsvernetzungssystem. Bedauern äußerte Haubner darüber, dass es erst eines "tragischen Anlassfalls" bedurft habe, um das Jugendwohlfahrtsgesetz zu ändern.

Die ÖVP begrüßte die erweiterten Meldepflichten ausdrücklich. So machte Abgeordnete Anna Höllerer geltend, die Gesetzesnovelle ermögliche es Lehrerinnen und Lehrern künftig, Verdachtsfälle mit gutem Gewissen zu melden. Abgeordnete Silvia Fuhrmann betonte, trotz drohender Fehlmeldungen sei es besser, wenn man sich einen Fall zuviel anschaue, als gravierende Fälle zu übersehen. Abgeordnete Barbara Riener (V) meinte, sie würde sich wünschen, dass die Jugendwohlfahrt von betroffenen Eltern als Unterstützung und nicht ablehnend gesehen würde.

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F) räumte ein, die Gefahr von Fehlmeldungen sei gegeben, die FPÖ gebe den erweiterten Meldepflichten dennoch den Vorzug. Ihrer Auffassung nach sind jedoch noch weitere Maßnahmen gegen die zunehmende soziale Verwahrlosung von Kindern erforderlich. Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) führte aus, der Fall in Oberösterreich habe gezeigt, dass Besuchrechtsverfahren häufig viel zu lange dauerten. Seiner Auffassung nach müssten solche Verfahren künftig nicht notgedrungen in die Kompetenz der Bezirksgerichte fallen.

Familienministerin Andrea Kdolsky führte aus, ihr Ressort habe mit der vorliegenden Gesetzesnovelle rasch auf einzelne Fälle von Kinderverwahrlosung reagieren wollen. Eine größere Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes sei in Planung, zum Schutz von Kindern habe man sich aber dazu entschlossen, die Frage der Meldepflichten vorzuziehen. Selbstverständlich werde es Fehlmeldungen geben, sagte Kdolsky, solche müssten aber in Kauf genommen werden, um gravierende Fälle zu vermeiden.

Auf den Wirkungsbereich der Gesetzesänderung angesprochen, hielt Kdolsky fest, in erster Linie gehe es ihrem Ressort um einen "frühzeitigen informationsmäßigen Zusammenschluss" zwischen Jugendwohlfahrtsbehörde und Schulbehörde. Grundsätzlich seien von den Meldepflichten aber alle Einrichtungen betroffen, die in Bundeskompetenz fallen, so auch Horterzieherinnen oder Tagesmütter.

Dass gelegentliches Fernbleiben von Kindern vom Unterricht gleich zu Meldungen an die Jugendwohlfahrt führen wird, glaubt Kdolsky, wie sie sagte, nicht. Es gehe um monatelanges nicht nachvollziehbares Fernbleiben vom Unterricht, bekräftigte sie. Ihrer Ansicht nach hat es auch nichts mit Kriminalisierung zu tun, wenn genauer hinterfragt werde, warum jemand seine Kinder vom Unterricht abgemeldet habe. Skeptischen Anmerkungen von SPÖ-Abgeordneten hielt Kdolsky entgegen, die Gesetzesnovelle sei unter Einbeziehung von Unterrichtsministerin Claudia Schmied erarbeitet worden.

Die Novellierung des Jugendwohlfahrtsgesetzes wurde von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ gebilligt.

Kindergeld: FPÖ und BZÖ für Abschaffung der Zuverdienstgrenze

Vom Familienausschuss vertagt wurden ein Antrag des BZÖ und ein Antrag der FPÖ, die beide auf eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Bezug von Kinderbetreuungsgeld abzielen. Die Koalitionsparteien begründeten die Vertagung damit, dass eine Novellierung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes bevorstehe, und in diesem Zusammenhang auch eine Erhöhung der Zuverdienstgrenze geplant sei.

Im Rahmen der Debatte gab Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) zu bedenken, dass beim Kinderbetreuungsgeld größerer Reformbedarf bestehe, nicht nur was die Zuverdienstgrenze betreffe. Eines der nicht erreichten Ziele sei, mehr Väter in die Kinderbetreuung zu holen. In diesem Sinn zeigte sich Kuntzl auch hinsichtlich der beiden vorliegenden Anträge skeptisch. Ihrer Ansicht nach ist es nicht angebracht, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um vermehrt auch Vätern Kinderbetreuungsgeld zu überweisen, ohne dass diese tatsächlich verstärkt in die Kinderbetreuung eingebunden würden.

Abgeordnete Sabine Mandak (G) hielt fest, das von den Grünen vorgeschlagene einkommensabhängige Kindergeld wäre der größte Hebel, um  mehr Väter in die Kinderbetreuung zu bringen. Ihr zufolge muss man sich überdies überlegen, wie man in Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld mit sozialer Elternschaft bzw. mit getrennt lebenden Eltern umgehe.

Klar für die Abschaffung der Zuverdienstgrenze sprachen sich die Abgeordneten Ursula Haubner (B), Barbara Rosenkranz (F) und Peter Fichtenbauer (F) aus. Haubner betonte, nach drei bis vier Jahren Erprobung sei eine Weiterentwicklung des Kinderbetreuungsgeldes erforderlich, da für eine wichtige Gruppe von Müttern und Vätern die Zuverdienstgrenze eine Barriere darstelle. Besonders jene, die in höherem Alter ein Kind bekommen, würden zu viel verdienen. Der Wegfall der Zuverdienstgrenze würde Kinderbetreuung für Väter überdies attraktiver machen, zeigte sich Haubner überzeugt. Auch bürokratischer Aufwand würde verringert.

Abgeordnete Rosenkranz bekräftigte, die Aufhebung der Zuverdienstgrenze würde am besten das Prinzip der Wahlfreiheit für Eltern – Eigenbetreuung oder Fremdbetreuung von Kindern – gewährleisten. Abgeordneter Fichtenbauer wandte ein, die Zuverdienstgrenze sei fiskalpolitisch kontraproduktiv.

Familienministerin Andrea Kdolsky gab zu bedenken, dass eine völlige Abschaffung der Zuverdienstgrenze angesichts der erwarteten Kosten von 300 Mill. € und der finanziellen Situation des Familienlastenausgleichsfonds derzeit nicht realistisch sei. Sie könne nicht Geld für etwas ausgeben, was sie nicht habe, betonte sie.

Weitere Oppositionsanträge vertagt

Auch mit weiteren Anträgen konnte sich die Opposition, zumindest vorerst, nicht durchsetzen. So vertagten die Koalitionsparteien einen Antrag des BZÖ betreffend Verankerung der Besuchsbegleitung für Scheidungskinder im Familienlastenausgleichsgesetz. Das BZÖ will damit vor allem die österreichweit bestehenden 72 Besuchscafes langfristig finanziell absichern, wobei Antragstellerin Ursula Haubner den ursprünglichen Antrag heute insofern adaptierte, als die gesetzliche Verankerung der Besuchscafes ab 1. Jänner 2009 wirksam werden sollte. Man habe die Besuchscafes schrittweise in Österreich eingeführt, erklärte Haubner, jetzt, wo feststehe, dass sie gut angenommen würden, wäre eine gesetzliche Absicherung wichtig.

Der Antrag des BZÖ stieß bei SPÖ, ÖVP und Grünen allerdings auf wenig Zustimmung. Die Abgeordneten machten darauf aufmerksam, dass Sozialminister Erwin Buchinger in den Budgets 2007/08 ohnehin 600.000 € für die Besuchsbegleitung budgetiert habe und der Familienlastenausgleichsfonds angesichts der angespannten finanziellen Lage nicht noch weiter belastet werden sollte. Die Grünen seien für eine ausreichende finanzielle Dotierung der Besuchsbegleitung, argumentierte etwa Abgeordneter Karl Öllinger (G), es sei aber nicht notwendig, dafür den FLAF weiter zu "plündern". Abgeordneter Franz Riepl (S) unterstrich, er mache sich mehr Sorgen um den FLAF als um die Besuchsbegleitung, die ohnehin langfristig abgesichert sei.

Familienministerin Andrea Kdolsky hielt fest, sie hätte die männerpolitische Grundsatzabteilung gerne in ihrem Ressort gehabt, diese sei aber im Sozialministerium verblieben. Insofern sei es schlüssig, dass Sozialminister Buchinger als verantwortlicher Minister für die Besuchsbegleitung auch die finanziellen Mittel zur Verfügung stelle und nicht der Familienlastenausgleichsfonds.

Gleichfalls vertagt wurden zwei Entschließungsanträge der Grünen zur Jugendförderung. Zum einen wollen die Grünen erreichen, dass die erste Tranche der Basisförderung gemäß Bundes-Jugendförderungsgesetz bereits im ersten Monat des Kalenderjahrs angewiesen wird (105/A[E]), zum anderen mahnen sie ab dem Jahr 2007 eine jährliche Valorisierung der Fördermittel ein (107/A[E]).

In der Debatte wies Abgeordnete Barbara Zwerschitz (G) darauf hin, dass die Auszahlung einer ersten Tranche bereits im Januar die finanzielle Lage der Jugendorganisationen maßgeblich entspannen würde. Generell trat Zwerschitz zudem für eine Erhöhung der Basisförderung via Index-Anpassung ein. Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) zeigte Verständnis für die Anliegen der Grünen, verwies aber auf die üblichen Handlungsabläufe, die eine Vorgangsweise, wie sie die Grünen intendierten, erschweren würde. Prinzipiell gebe es aber entsprechende Überlegungen, deren Verlauf man abwarten solle, weshalb sie sich in beiden Fällen für eine Vertagung ausspreche, da die Thematik grundsätzlich diskutiert werden müsse.

Ähnlich äußerte sich Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S), die in diesem Zusammenhang inhaltlichen wie organisatorischen Reformbedarf ortete, weshalb es ein entsprechendes Gesamtpaket brauche. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) votierte hingegen für die Annahme des Antrages auf Auszahlung der ersten Tranche, da man diese Frage losgelöst von inhaltlichen Fragen betrachten könne. Hinsichtlich der Valorisierung sprach sich die Rednerin jedoch dafür aus, andere Prioritäten zu setzen; so sei eine Index-Anpassung bei den Familientransferleistungen nach Meinung ihrer Fraktion weitaus dringlicher. Abgeordnete Ursula Haubner (B) schließlich trat für eine rasche Novellierung der Materie im Interesse der Jugendarbeit ein. Abgeordnete Sabine Mandak (G) plädierte abermals für die Annahme der Anträge ihrer Fraktion. Bundesministerin Andrea Kdolsky bekannte sich zur Jugendförderung, erklärte aber, die Probleme bei der Auszahlung der Förderung kämen auch deshalb zustande, weil sich die Jugendorganisationen mit der Einbringung der Unterlagen Zeit ließen. Würden die Unterlagen früher eingereicht, könnte auch früher Geld überwiesen werden.

Beide Anträge wurden vertagt.

Als letzten Tagesordnungspunkt nahm der Familienausschuss einen Antrag der FPÖ betreffend Valorisierung wichtiger Familienleistungen in Verhandlung, der gleichfalls vertagt wurde. Insbesondere urgieren die Freiheitlichen darin eine Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes, der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags und machen geltend, dass seit dem Jahr 2002 keine dieser Leistungen angepasst worden sei.

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F) begründete den Antrag mit der Entwicklung der letzten Jahre und wies vor allem auf die wachsende Familienarmut hin. Die Familien, so Rosenkranz, sollten gleichfalls in den Genuss der steigenden Einnahmen durch die gute Konjunktur kommen. Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) hielt fest, dass trotz der bedauerlichen Lage des FLAF schon in Bälde wichtige familienpolitische Maßnahmen umgesetzt würden, meinte aber auch, dass Armut nicht ausschließlich durch Familienleistungen bekämpft werden könne. Als konkrete Schritte sprach Kuntzl von der Grundsicherung und von einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, die gleichfalls familienpolitischen Zielen dienten. In diese Richtung argumentierte auch Ausschussvorsitzende Ridi Steibl (V). Bundesministerin Andrea Kdolsky erklärte, die gegenwärtige Lage des FLAF lasse eine solche Vorgangsweise nicht zu, doch widme die Regierung dieser Frage volle

Aufmerksamkeit, wie an den von den Abgeordneten Kuntzl und Steibl angesprochenen Maßnahmen abzulesen sei.

Auch dieser Antrag wurde schließlich vertagt. (Schluss)


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