Parlamentskorrespondenz Nr. 393 vom 23.05.2007

Staatssekretärin Marek präsentiert EU-Arbeitsprogramm 2007

Wirtschaftspolitische Themen: Handelspolitik, Binnenmarkt, Energie

Wien (PK) - Im Wirtschaftsausschuss stand heute zunächst das gemeinsame wirtschaftspolitische 18-Monate-Arbeitsprogramm des deutschen, portugiesischen und slowenischen Ratsvorsitzes (III-25 d.B.) zur Debatte und Abstimmung, aus der sich schließlich eine Kenntnisnahme mit S-V-Mehrheit ergab. Staatssekretärin Christine Marek erläuterte einleitend die Schwerpunkte im gemeinsamen Programm der drei aufeinanderfolgenden EU-Präsidentschaften in der Wirtschaftspolitik und nannte die Fortsetzung des Lissabon-Prozesses, die Stärkung des Außenhandels, die Weiterentwicklung des Binnenmarktes, Investitionen in Forschung und Entwicklung und die Verbesserung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz. Dazu kommen Klimaschutz und höhere Energieeffizienz sowie die Reduzierung des Verwaltungsaufwandes. Die Energiepolitik habe unter österreichischer Präsidentschaft an Brisanz gewonnen, erinnerte die Staatssekretärin und unterstrich das österreichische Bekenntnis zu einer Reduktion der CO2-Emissionen sowie zu den ambitionierten Zielen bei der Nutzung erneuerbarer Energieträger.

In der Debatte sprach sich Abgeordneter Hannes Bauer (S) dafür aus, die soziale Frage in der europäischen Wirtschaftspolitik stärker zu berücksichtigen, zumal auch unter den derzeit günstigen konjunkturellen Bedingungen keine Entwarnung auf dem Arbeitsmarkt gegeben werden könne. Weiters bewegte Abgeordneten Bauer die Frage, inwieweit das Thema Dienstleistungen durch die Einbeziehung der Sozialpartner Eingang in die WTO-Verhandlungen gefunden habe.

An der Zukunft der Lissabon-Strategie unter den Bedingungen der gegenwärtigen Konjunktursituation zeigte sich Abgeordneter Caspar Einem (S) interessiert, der dafür plädierte, Produktivitätsfortschritte für Lohnsteigerungen zu nutzen, um die Binnenkonjunktur aufrecht zu halten. Einem erkundigte sich auch nach der Abstimmung zwischen WTO-Abkommen und bilateralen Abkommen.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) problematisierte die gleichzeitigen Verhandlungen über das WTO-Abkommen und bilaterale Abkommen und kritisierte die EU-Ziele bei der Nutzung erneuerbarer Energieträger als zu wenig ambitioniert.

Abgeordneter Karlheinz Klement (F) zeigte sich erschrocken darüber, dass die CO2-Problematik in der EU zu einer Wiederbelebung der Atomenergie führe, und drängte auf österreichischen Widerstand gegen diese Tendenz.

Abgeordneter Kurt Eder (S) bezweifelte, dass das Ziel eines 40-prozentigen Anteils erneuerbarer Energieträger bis 2020 technisch machbar sei. Eder verlangte bessere Startförderungen für neue Energietechnologien, wobei er vor allem die Fotovoltaik ansprach, in der Österreich stark engagiert sei und seine Exportchancen nutzen sollte.

Abgeordneter Franz Glaser (V) erinnerte an die Absicht der aktuellen WTO-Verhandlungen, wirtschaftlich schwächere Länder zu unterstützen und die europäischen Agrarsubventionen zu reduzieren.

Auf Detailfragen der Abgeordneten eingehend, führten Staatssekretärin Marek und Experten ihres Ressorts aus, dass derzeit eifrig an der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie gearbeitet werde, wobei man die enge Kooperation mit Deutschland suche. Ein spezieller Leitfaden der EU sei noch vor dem Sommer zu erwarten.

In den Verhandlungen der Doha-Runde sei in den letzten Monaten wenig Bewegung zu registrieren. Nachdem die EU zur zentralen Frage Agrarförderungen weitgehende Vorschläge unterbreitete habe, warte man nun auf entsprechende Vorschläge der USA. Man hoffe auf einen Durchbruch bis zum Sommer, um die Chance auf einen Abschluss bis Ende des Jahres zu wahren. Außer Streit stehe, dass die Doha-Runde einen Erfolg für die Entwicklungsländer bringen müsse.

Die WTO-Verhandlungen haben Priorität, werden aber zugleich mit Verhandlungen über bilaterale Verträge ergänzt, wobei sich die EU bemühe, Themen bilateral zu regeln, die keine Chance auf eine Regelung auf WTO-Ebene haben. Auch die bilateralen Verhandlungen erweisen sich aber als sehr mühsam.

Die Ziele bei der Nutzung erneuerbarer Energieträger bezeichnete die Staatssekretärin als durchaus ambitioniert und informierte über zwei in Auftrag gegebene Potenzialstudien zu den Themen Wasserkraft und Biomasse.

Das kürzlich novellierte Ökostromgesetz werde evaluiert, sagte die Staatssekretärin und zeigte sich eines Sinnes mit den Abgeordneten, wenn es darum gehe, vor den Risken der Atomenergie auf EU-Ebene zu warnen.

Die günstige Konjunktur und das über dem Potenzialwachstum liegende Wirtschaftswachstum wirke sich in der EU erstmals seit den neunziger Jahren auf den Arbeitsmarkt aus. 2007 sinke die EU-Arbeitslosigkeit auf 7,2 % und 2008 weiter auf 6,8 %. Die Arbeitsproduktivität nehme zu und verbessere die Wettbewerbsfähigkeit im Export. In der Lohnpolitik sollte man aber dennoch berücksichtigen, dass auf einen konjunkturellen Aufschwung wieder ein Abschwung folgen könne.

BWB-Generaldirektor Walter Barfuß nimmt Abschied

Die Debatte über den Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde von Juli 2005 bis Juni 2006 (III-10 d.B.) war angesichts der bevorstehenden Pensionierung von BWB-Generaldirektor Walter Barfuß von Abschiedsstimmung geprägt. Ausschussobmann Reinhold Mitterlehner dankte dem scheidenden Generaldirektor im Namen der Ausschussmitglieder für seine Arbeit, seine präzisen Berichte und die umfassende Information des Wirtschaftsausschusses. Auch Staatssekretärin Christine Marek hob die Aufbauarbeit von Generaldirektor Barfuß, des ersten Leiters der Bundeswettbewerbsbehörde, hervor und überbrachte ihm Worte des Dankes und der Anerkennung von Bundesminister Bartenstein.

Abgeordnete aller Fraktionen gingen auf die oft beklagte knappe Personalsituation in der Bundeswettbewerbsbehörde ein und baten Generaldirektor Barfuß, allen voran die Abgeordneten Caspar Einem (S) und Veit Schalle (B), seine Erfahrungen an der Spitze der Bundeswettbewerbsbehörde resümierend darzustellen. Abgeordneter Hannes Bauer (S) lobte, dass die Wettbewerbsbehörde zunehmend im Vorfeld von Entscheidungen tätig werde und ihr Informationsservice für die Bürger stark ausgebaut habe. 

Abgeordnete Michaela Sburny (G) wollte wissen, wie sich die Kronzeugenregelung tatsächlich auswirke und ob daran gedacht sei, die Bundeswettbewerbsbehörde und die Bundeskartellanwaltschaft zusammenzuführen. 

Abgeordneter Alois Gradauer (F) forderte mehr Kompetenzen für den bislang "zahnlosen Tiger" Bundeswettbewerbsbehörde, erbat Auskunft über die Branchenuntersuchungen auf dem Energiemarkt und klagte darüber, dass das Kartellrecht eher kleine Unternehmen treffe, während man mit großen Konzernen sehr vorsichtig umgehe. 

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (S) sah die Wettbewerbsbehörde vor allem bei der Sicherung der Nahversorgung im ländlichen Raum gefordert.

Generaldirektor Walter Barfuß räumte zunächst ein, dass es einige personelle Verbesserungen bei der Bundeswettbewerbsbehörde gegeben habe, stellte aber fest, die Personalausstattung der BWB halte weder internationalen Vergleichen stand noch könne sie als ausreichend bezeichnet werden, wenn man die Aufgabenstellung der Bundeswettbewerbsbehörde ernst nehme. Die Parallelstruktur Bundeswettbewerbsbehörde - Bundeskartellanwalt erklärte Barfuß mit einem politischen Kompromiss und sprach die Hoffnung aus, dass es in der Zukunft gelingen werde, diese beiden Organisationen zusammenzuführen. Seine Zusammenarbeit mit dem Kartellanwalt habe hervorragend funktioniert.

In der Arbeit der Bundeswettbewerbsbehörde seien wirtschaftliche und juristische Fachkenntnisse wichtig, ebenso pragmatische Gestaltungskraft und die Fähigkeit, mit Menschen umzugehen.

Die Schwierigkeiten bei der Liberalisierung der Energiemärkte erklärte Generaldirektor Barfuß mit historischen Gründen. Es erweise sich als schwierig, Strukturen und Mentalitäten zu zerschlagen, so lange diese funktionierten. Bußgelder seien für die Firmen oft leichter zu ertragen als Imageverluste, lautete eine Erfahrung des scheidenden BWB-Generaldirektors, der an dieser Stelle einmal mehr auf die Bedeutung der Homepage seiner Behörde aufmerksam machte.

Über eine Kompetenzausweitung der BWB würde er sich freuen, sagte Walter Barfuß, der schließlich darauf hinwies, dass die Kronzeugenregelung in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen habe.

Staatssekretärin Christine Marek erinnerte daran, dass der Personalstand der Bundeswettbewerbsbehörde in einem Zeitraum, in dem der Personalstand des Ressorts um 12 % abnahm, von 13 auf 20 erhöht wurde. Im Jahr 2006 haben die BWB weitere Mitarbeiter bekommen, in den Stellenplänen 2007/2008 sei eine weitere Erhöhung auf insgesamt 32 Planstellen vorgesehen. Im heutigen Ministerrat sei über die Nachfolge für Generaldirektor Barfuß und über die Zusammenführung der beiden Organisationen in der Bundeswettbewerbsbehörde beraten worden. Eine Evaluierung werde sich mit der Kronzeugenregelung, den Schwellenwerten, der Kompetenzausstattung der BWB und dem Thema Marktmachtmissbrauch befassen.

Grüner Antrag auf Reform der Gütezeichenverordnung vertagt

Eine umfassende Reform der Gütezeichenverordnung verlangte Abgeordnete Bettina Hradecsni (G). Die Antragstellerin betonte die Bedeutung von Gütezeichen bei der Information der VerbraucherInnen, die ihre Kaufentscheidungen in Kenntnis der Sachlage treffen sollen. Die aktuelle Vielzahl von Gütezeichen führe jedoch zu einer neuen Unübersichtlichkeit bei der Produktinformation. Eine umfassende Neuregelung der Gütezeichenverordnung sei daher dringend notwendig, argumentierte die Abgeordnete (53/A(E)).

Der Antrag wurde nach einer kurzen Debatte, in der Abgeordneter Franz Hörl (V) einen Vertagungsantrag stellte, weil er keinen dringenden Handlungsbedarf erkennen konnte, mit S-V-F-B-Mehrheit vertagt. Abgeordneter Hannes Bauer (S) schloss sich an, obwohl für ihn dringender Handlungsbedarf bestand, weshalb er auf Fortsetzung der Gespräche und Verhandlungen im Wirtschafts- und im Konsumentenschutzausschuss drängte.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) verlangte die Einbeziehung der Grünen in die laufenden Verhandlungen über die Gütezeichen.

Abgeordneter Veit Schalle (B) unterstrich die Bedeutung einer einheitlichen Gütezeichenregelung für die Konsumenten und die Wirtschaft.

Abgeordneter Werner Kogler (G) problematisierte schließlich die von den Regierungsparteien betriebene Vertagungspraxis gegenüber Anträgen der Opposition.

Kompetenzänderungen bei der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft

Mit den Stimmen der Regierungsparteien beschloss der Wirtschaftsausschuss eine Forschungs- und Wirtschaftsförderungsrechtsnovelle, die auf Änderungen bei der Verwaltung der Anteilsrechte des Bundes an der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (AWS) abzielt. Der Bundesminister für Finanzen wird sich demnach in Zukunft aus der Eigentümervertretung zurückziehen und die Ausübung der Gesellschafterrechte dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie überlassen. Der Finanzminister bleibt für Haftungsübernahmen aus dem Garantiegesetz 1977 verantwortlich. Ferner wird der AWS ermöglicht, Angebote des Bundesrechenzentrums zu nutzen.

Ein von SPÖ und ÖVP eingebrachter Abänderungsantrag stellt die Anhörung der mit der Eigentümervertretung der Gesellschaft betrauten Bundesminister sicher.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) konnte in der Novelle keine Fortschritte erkennen und meinte, die Aufteilung der Posten erfolge nach wie vor nach dem alten Proporzsystem.

Ähnlich äußerte sich auch Abgeordnete Michaela Sburny (G), die kritisch von Parteipolitik sprach und sachliche Argumente für die Novelle vermisste.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) erwiderte, die Änderungen würden der neuen Kompetenzlage des Bundesministeriengesetzes entsprechen und seien zudem von einem starken sozialpartnerschaftlichen Bezug geprägt.

Staatssekretärin Christine Marek wies den Vorwurf des Parteiproporzes zurück und führte überdies als positiv ins Treffen, dass für die Aufsichtsräte nunmehr unternehmerische Erfahrung gefordert sei.

Bundeskompetenz für die Bauarbeitenkoordination 

Eine Änderung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes, die mit S-V-G-B-Mehrheit verabschiedet wurde, dient einer Gesetzesreparatur, nachdem der Verfassungsgerichtshof das Gesetz mangels Kompetenz des Bundesgesetzgebers per 1. Juli 2007 aufgehoben hatte. Um die materielle Rechtslage beizubehalten, wählt das Gesetz nun die Variante einer Kompetenzdeckungsklausel für den Bund in Gesetzgebung und Vollziehung bei der Bauarbeitenkoordination.

Abgeordneter Werner Kogler (G) begrüßte es, dass die Regierung bei dieser Gesetzesreparatur nicht den Weg einer Kompetenzaufsplitterung auf neun Ländergesetze gegangen ist, und kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an.

Bedenken aus der Sicht des Föderalismus brachte hingegen Abgeordneter Alois Gradauer (F) vor. Er klagte über Eingriffe in die Länderkompetenzen und erinnerte in diesem Zusammenhang an einen Einspruch des Landes Salzburg.

Staatssekretärin Christine Marek hielt dem entgegen, das Gesetz habe sich in Inhalt und Vollziehung exzellent bewährt und werde von allen Seiten sehr positiv gesehen. Ohne den heutigen Beschluss hätten die Länder innerhalb kürzester Zeit möglichst gleichlautende Gesetze zu schaffen und für die entsprechenden Ressourcen für deren Vollziehung zu sorgen, gab sie zu bedenken. (Schluss)