Parlamentskorrespondenz Nr. 554 vom 04.07.2007

Banken-U-Ausschuss wurden angeforderte Beweismittel nicht vorgelegt

Nationalrat debattiert über Dringlichen Antrag der Grünen

Wien (PK) - Die Debatte über den Dringlichen Antrag der Grünen betreffend ausständige Aktenübermittlung an den Banken-Untersuchungsausschuss begann mit einer Geschäftsordnungsdiskussion. Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER gab bekannt, dass Bedenken hinsichtlich die Zulässigkeit des Antrags geäußert worden seien und sich diese Zweifel durch eine rechtliche Prüfung der Parlamentsdirektion erhärtet hätten. Insbesondere gehe es darum, dass bei Aktenübermittlungen an das "Parlament", wie es im Antrag heiße, die erforderliche Vertraulichkeit nicht gegeben sei. Prammer rief den Antrag dennoch zur Debatte auf, da ihr, wie sie sagte, keine geschäftsordnungsmäßigen Mittel zur Verfügung stünden, den bereits zugelassenen Antrag wieder von der Tagesordnung zu nehmen, und die Grünen eine Zurückziehung des Antrags ablehnten.

Dazu hielten sowohl G-Klubobmann Dr. VAN DER BELLEN als auch FPÖ-Klubobmann STRACHE fest, ihrer Meinung nach sei der Antrag sehr wohl geschäftsordnungskonform. Van der Bellen sprach von "Wortklauberei". BZÖ-Abgeordneter SCHEIBNER zeigte sich verwundert darüber, dass ein geschäftsordnungswidriger Antrag dennoch aufgerufen würde.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) ging in der Begründung des Dringlichen Antrags zunächst ebenfalls auf dessen Zulässigkeit ein. Er verwies auf den eindeutigen Betreff des Antrags und bekräftigte, selbstverständlich gehe es um die Vorlagen der Akten an den Banken-Untersuchungsausschuss.

In weiterer Folge wandte sich Kogler vehement dagegen, den Untersuchungsausschuss zu beenden, und erhob schwere Vorwürfe gegen die beiden Regierungsparteien. Unter anderem machte er geltend, dass von 18 Untersuchungsgegenständen 6 noch nicht geprüft worden seien, beziehungsweise mit deren Prüfung gerade erst begonnen wurde. Der Untersuchungsausschuss habe einen weiten Prüfungsauftrag, sagte er, dieser könne nicht in wenigen Monaten erfüllt werden. Vor allem auch deshalb nicht, weil Finanz-Behörden angeforderte Akten nicht an den Untersuchungsausschuss übermittelt hätten und Zeugen nicht erschienen seien.

Völlig offen ist Kogler zufolge etwa die Frage der Involvierung von Regierungspolitikern in fragwürdige Geschäfte und die Frage der Parteienfinanzierung. Es gehe nicht nur ums Strafrecht, sondern auch um politische Netzwerke, die bestimmte Handlungen begünstigen beziehungsweise unterbinden, konstatierte er. Laut Kogler ist der Verdacht begründet, dass nur einzelne Beamte in Sachen Geldwäsche gegen bestimmte Praktiken aufgetreten seien. Kogler ortet überdies politische Interventionen "sonder Zahl", um Untersuchungen "abzuwürgen".

Besonders intensiv setzte sich Kogler mit dem Kauf der bulgarischen Mobiltel durch die österreichische Telekom auseinander. Seiner Darstellung nach wurde in diesem Zusammenhang unter Involvierung österreichischer Banken ein Treuhandkonsortium eingerichtet, um die bulgarischen Behörden zu täuschen. Überdies gehe es um den Vorwurf der versuchten Bestechung und der illegalen Parteienfinanzierung. Selbst Verbindungen zu einem Mord sieht Kogler. In Richtung SPÖ merkte der Abgeordnete an, es sei ein Wunder, "dass es jemand mit so wenig Rückgrat schafft, der ÖVP die Räuberleiter zu machen".

Staatssekretär Dr. MATZNETTER wies darauf hin, dass es seitens des Banken-Untersuchungsausschusses zwei Anträge an das Finanzministerium um Aktenübermittlung gebe, einen vom 20. und einen vom 25. Juni. In beiden Fällen habe das Finanzministerium um eine konkrete Darlegung des Zusammenhangs der angeforderten Akten mit dem Untersuchungsgegenstand des Ausschusses ersucht. Beide Schreiben seien bis heute nicht beantwortet worden. Matznetter zufolge können die Akten aber nur übermittelt werden, wenn eine solche Konkretisierung vorliege. Gegen die Vorlage eines angeforderten "Non-Papers" gebe es laut Finanzprokuratur überdies völkerrechtliche Bedenken, hier müsse die Zustimmung der US-Behörde eingeholt werden.

Strikt zurückgewiesen wurden von Matznetter die Vorwürfe Koglers, wonach die Regierung die Aufklärung bestimmter Sachverhalte bewusst verhindern wolle. Seiner Meinung nach hat der Untersuchungsausschuss vielmehr bereits so viele Problemfelder aufgezeigt, dass nunmehr Zeit zum Handeln sei. Der österreichische Finanzstandort könne es sich nicht leisten, dass auch nur geringste Zweifel daran bestehen, dass der Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachgekommen werde, betonte er. Statt weiter abzuwarten und noch monatelang zu untersuchen, sollten, so Matznetter, besser Konsequenzen gezogen werden, damit künftig bei Verdacht auf Geldwäsche oder Bilanzproblemen rasch reagiert würde. Die Aufklärung von strafrechtlich relevanten Vorwürfen will der Staatssekretär den Strafbehörden überlassen.

Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) meinte, die von Matznetter zugesagte Vorlage der angeforderten Akten bei ausreichender Konkretisierung sei hinfällig, wenn SPÖ und ÖVP die Arbeit des Banken-Untersuchungsausschusses per Fristsetzung mit morgigem Tag beendeten. Ausführlich setzte er sich mit dem von Matznetter vorgebrachten Gutachten der Finanzprokuratur zur Frage der Vorlage des "Non-Papers" auseinander. Es liege der Verdacht vor, dass im angesprochenen Schreiben der US-Botschaft Verdachtsmomente gegen die RZB und die BA-CA in Zusammenhang mit Geldwäsche geäußert würden, skizzierte er. Durch die Zurückhaltung des Papiers enthalte Matznetter dem Ausschuss wichtige Beweismittel vor und verhindere damit parlamentarische Kontrolle.

Generell hielt Rossmann fest, der Banken-Untersuchungsausschuss habe monatelang die Causa BAWAG und Atomic untersucht. Jetzt wo es um "die schwarze Reichshälfte" und um Parteienfinanzierung gehe, werde plötzlich der Verschleierung und Vertuschung Vorschub geleistet.

Abgeordneter KRAINER (S) stellte namens seiner Fraktion fest, die SPÖ teile die Rechtsansicht von Nationalratspräsidentin Prammer. Es werde über einen Antrag diskutiert, der nicht zulässig sei, formulierte er. Zur Kritik der Grünen merkte Krainer an, die SPÖ habe im Prinzip nichts dagegen, dass die Steuerakten des ÖGB dem Ausschuss vorgelegt würden. Daraus wäre seiner Ansicht nach aber nicht mehr ablesbar als aus den bereits vorliegenden Bilanzen. Im Übrigen könnten, so Krainer, nach Beendigung des Ausschusses keine neuen Akten angefordert werden.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) sagte, auch die ÖVP teile die Ansicht der Präsidentin, wonach der Dringliche Antrag der Geschäftsordnung widerspreche. Er hält ihn aber nicht nur formal, sondern auch inhaltlich für äußerst bedenklich, etwa aus Gründen des Datenschutzes. Die ÖVP werde Bürgerinnen und Bürger jedenfalls auch in Zukunft vor "Schnüffelaktionen" schützen, bekräftigte Donnerbauer.

Für die Aussage, für die Grünen hätten Menschenrechte und verfassungsmäßige Rechte nur dann Wert, wenn es gelte, gewaltbereite Chaoten zu schützen, erhielt Donnerbauer von Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER einen Ordnungsruf.

Abgeordneter STRACHE (F) übte scharfe Kritik am "Abdrehen" des Banken-Untersuchungsausschusses und sprach von einem demokratie- und kontrollpolitischen Skandal sowie einer Verhöhnung des Parlamentarismus. Er gab zu bedenken, dass von 18 Untersuchungsaufträgen drei im Ausschuss noch nicht einmal behandelt worden seien. Durch die geplante Fristsetzung würde dem Ausschuss aber die Zeit fehlen, offene Fragen zu prüfen. Als noch aufklärungswürdig nannte Strache u.a. die Beziehungen von Ex-Finanzminister Grasser zur Meinl-Bank, die Millionenverluste beim Casino Jericho und die Frage der Parteienfinanzierung.

Den Dringlichen Antrag der Grünen wertete Strache als "gut und richtig". Das zeigt für ihn nicht zuletzt die Tatsache, dass Nationalratspräsidentin Prammer den Antrag auf die Tagesordnung gesetzt habe. Erst nach Einwendungen von Ex-Bundeskanzler Schüssel sei er plötzlich als geschäftsordnungswidrig gewertet worden. Strache warf der SPÖ nicht nur in diesem Zusammenhang vor, in der jetzigen Regierung die Rolle des BZÖ übernommen zu haben und der ÖVP-Politik "willfährig zu dienen". Gegenüber der ÖVP erhob Strache den Vorwurf, durch die angekündigte Beendigung des Untersuchungsausschusses Auskunftspersonen animiert zu haben, nicht vor dem Ausschuss zu erscheinen.

Abgeordneter BUCHER (B) unterstrich die konstruktive Arbeit der BZÖ-Abgeordneten im Untersuchungsausschuss. Für ihn wäre es die vernünftigste Lösung gewesen, den Ausschuss vor drei Monaten zu unterbrechen und erst im Herbst, nachdem die Gerichte ihre Tätigkeit abgeschlossen haben, die Tätigkeit wieder aufzunehmen. Jetzt stehe man aber vor einem Dilemma. Bucher griff vor allem die SPÖ an, denn es sei unseriös, jetzt einen Ausschussbericht zu fordern, nachdem wichtige Auskunftspersonen der Ladung nicht gefolgt sind. Obwohl er für den Dringlichen Antrag größte Sympathie habe, werde er ihn ablehnen, denn es sei Aufgabe und Pflicht des Ausschusses, die Unterlagen vertraulich zu behandeln.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) rief die Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und BZÖ auf, sich der Rechtsansicht der Präsidentin, die diese in einem Schreiben über die Geheimhaltung sensibler Akten am 30. Mai dargelegt hat, anzuschließen. Die Kritik an der Haltung der Nationalratspräsidentin hielt Pilz für ungerechtfertigt. Pilz warf der ÖVP vor, Geldwäscher, Bilanzfälscher und Verbindungsleute zur osteuropäischen Mafia schützen zu wollen. Die einzige Erklärung dafür ist für ihn, dass es Verbindungen zu Parteien gibt. Dabei stünden nicht Raiffeisen und BAWAG im Zentrum, sondern ein Netzwerk von der DDR bis Singapur, verkörpert durch Martin Schlaff, einem informellen Mitarbeiter der DDR unter dem Namen "Landgraf". Pilz erinnerte an den Besuch des ehemaligen Bundeskanzlers Schüssel in Sofia sowie an den Besuch des ehemaligen Vizekanzlers Gorbach in Belgrad. Beide Reisen seien von Schlaff bezahlt worden und dabei sei es darum gegangen, mit dem Geld der BAWAG und undurchsichtigen Geschäften Profit zu machen. Ein Gericht werde diese politische Verantwortung nicht untersuchen, stellte Pilz fest, seltsam sei jedoch nun die Haltung der SPÖ. Diese bezeichnete Pilz als "politisch lächerlich und jämmerlich". Es sei eine Schande, sagte er, dass Staatssekretär Matznetter nicht die Interessen des österreichischen Finanzplatzes vertritt.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) wies darauf hin, dass der heutige Dringliche Antrag weitgehend wortident mit jenem Antrag sei, den Abgeordneter Stummvoll im Untersuchungsausschuss vorgelegt hatte. Dass nun die SPÖ mitspiele, den Ausschuss abzudrehen, habe einen herben Beigeschmack. Die SPÖ-Ausschussmitglieder seien in den ersten zweieinhalb Monaten bemüht gewesen, den ehemaligen Finanzminister Grasser zu desavouieren. In den letzten Monaten hätten sich diese darauf konzentriert, die Finanzmarktaufsicht zu zerstören, um in den alten Postenschacher verfallen zu können. Bemerkenswert sei auch, dass Staatssekretär Matznetter, der die Fronten gewechselt hat, behauptet, man könne erst handeln, wenn der Untersuchungsausschuss beendet ist. Er, Graf, hingegen ist überzeugt, dass der Ausschuss abgewürgt wird, um ein großes ÖVP-SPÖ-Personalpaket zu realisieren. Graf erinnerte auch an die Aussage Treichls, wonach Verflechtungen zwischen Eigentümer und Management korruptes Verhalten verursachen. Er stellte die Frage, warum mit Personen aus dem BAWAG-Bereich so schonend umgegangen wird und warum es keine Gesamtverantwortung für den BAWAG-Skandal gibt. Wesentliche Entscheidungsträger säßen noch heute in den Gremien der BAWAG und Zwettler gehe mit einer Pension von 500.000 € spazieren. An die SPÖ gerichtet meinte Graf, was nützt ein Minderheitenrecht, wenn dieses von der Mehrheit trickreich abgewürgt wird.

Abgeordneter DI KLEMENT (F) kritisierte scharf den ehemaligen Bundeskanzler Schüssel und warf der SPÖ vor, in die Knie gegangen zu sein und dem eigenen Auftrag nicht Folge geleistet zu haben. Die Hypo habe 330 Mill. € in den Sand gesetzt, 150 Mill. € Spekulationsverluste gemacht und 1,4 Mrd. € verloren, weil sie einen Großbetrieb unter dem Wert verkauft habe. Dahinter steckten dunkle Geschäfte in Istrien, wobei es bereits Verdachtsmomente wie Korruption und Parteienfinanzierung gebe. Von Kroatien liege bereits ein Rechtshilfeansuchen vor.

Bei der Abstimmung fand der Dringliche Antrag betreffend ausständige Aktenübermittlung an den Untersuchungsausschuss betreffend "Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister" nicht die erforderliche Mehrheit und wurde somit abgelehnt. (Schluss)