Parlamentskorrespondenz Nr. 592 vom 17.07.2007

Schutz von Klima und Umwelt - der Handlungsbedarf ist groß (1)

Achter Umweltkontrollbericht liegt dem Nationalrat vor

Wien (PK) - Umweltminister Josef Pröll hat dem Nationalrat kürzlich den Achten Umweltkontrollbericht (III-71 d.B.) vorgelegt. Der Bericht zeigt Handlungsbedarf auf vielen Gebieten des Umweltschutzes an, insbesondere beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel, beim Schutz der Artenvielfalt, und bei der Verbesserung der Luftqualität - Stichworte Feinstaub, Stickoxide und Ozon. Die Experten des Umweltbundesamtes liefern in ihrem Bericht gut aufbereitete Daten und Informationen über den Zustand und Belastungen der Umwelt, sie bewerten aktuelle Schutzmaßnahmen und leiten Handlungsoptionen ab. Zentrale Bewertungsgrundlagen sind neben den Rechtsnormen das Konzept der Nachhaltigkeit und der Schutz der menschlichen Gesundheit. Für die Erreichung aller Umweltschutzziele werden konkrete Empfehlungen formuliert.

Immer wieder unterstreichen die Autoren des Berichts das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung. Es gelte den Bedürfnissen der heutigen Generation Rechnung zu tragen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, eigene Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen. Dies erfordere die Integration ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte, betont das Umweltbundesamt.

Wasser

Österreich ist laut EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet, alle Gewässer bis 2015 in einen guten Zustand zu bringen. Die Qualität der Fließgewässer ist bereits sehr gut. 99 % aller Messstellen zeigen Güteklasse I oder II an. Auch die Badegewässer entsprechen zu 97 % den EU-Anforderungen. Die Natürlichkeit der Flüsse wird allerdings durch Hochwasserschutzbauten und Wasserkraftnutzung auf 60 % ihrer Strecken beeinträchtigt. Die Menge des Grundwassers sei zufriedenstellend, seine Qualität aber in einigen Gebieten wegen Belastungen mit Nitrat, Atrazin und Desethylatrazin gefährdet, heißt es im Umweltkontrollbericht.

Luft

Die Emissionen der Schadstoffe Schwefeldioxid (SO2; –18,75%), Ammoniak (NH3, –1,5%) und flüchtige organische Verbindungen ohne Methan (NMVOC, –5%) nahmen von 2003 bis 2006 erheblich ab, die EU-Etappenziele für 2010 konnten schon jetzt erreicht werden. Die Stickoxidemissionen (NOx) sanken um rund 5 % auf 159.000 t, liegen aber noch um 56.000 t über dem Zielwert für 2010. Die Emissionen von Feinstaub (PM10 und PM2,5) gingen nur geringfügig zurück, Grenzwerte werden nach wie vor häufig überschritten. Bei NO2 sind die Werte vor allem an verkehrsnahen Messstellen überhöht, auch die Ozonwerte lagen an etlichen Messstellen über den Zielwerten.

Große Probleme bestehen bei Feinstaub und Ozon, wobei Experten vor einer durch den Klimawandel hervorgerufenen Verstärkung der Ozonbelastung warnen. Die Feinstaubbelastung verkürze die Lebenserwartung der Europäer derzeit um sieben Monate. Daher wird die Kommission für 2007 neue Werte für Emissionshöchstmengen vorschlagen. Experten betrachten diese Grenzwerte nur als Zwischenschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Luftqualität, von der keine negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt mehr ausgehen werden.

Schwerpunkte der Feinstaubbelastung (PM10) sind Städte und verkehrsnahe Standorte. Verkehr (Dieselruß und Gummiabrieb), Industrie, Kleinverbraucher (alte Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe) und Landwirtschaft (Vorläufersubstanz Ammoniak) tragen zur PM10-Belastung bei. Maßnahmen nach dem IG-L und die Feinstaubprogramme von Bund und Ländern vermindern die Belastungen, reichen aber nicht aus, um die Einhaltung der nationalen und europäischen PM10-Grenzwerte sicherzustellen.

Auch bei Stickoxiden sind weitere Reduktionsmaßnahmen notwendig. Hauptverursacher der NO2-Grenzwertüberschreitungen ist der Verkehr. Technische Verbesserungen an den Fahrzeugen wurden durch einen steigenden Anteil von Dieselfahrzeugen, höhere Kilometerleistungen und einen höheren NO2-Anteil an den NOx-Emissionen überkompensiert, liest man im Umweltkontrollbericht.

Boden

Die heimischen Böden sind generell kaum mit Schadstoffen belastet. Vereinzelt zeigen Böden aber Verunreinigungen mit Schwermetallen und organischen Schadstoffen aus der Luft oder aus Altablagerungen. Waldböden werden von Luft-Schadstoffen belastet. Blei- und Cadmiumeinträge nahmen seit den neunziger Jahren dank Anwendungsverboten, Grenzwerten für industrielle Verbrennungsprozesse und durch die Düngemittelverordnung ab. Künftig sind Probleme durch den vermehrten Einsatz organischer Schadstoffe in Pflanzenschutzmitteln, durch polybromierte Diphenylether in Flammschutzmitteln oder durch den Einsatz perfluorierter Tenside zur Oberflächenbehandlung zu erwarten. Die Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung wurde reduziert, nachdem Antibiotika-Rückstände in Böden festgestellt wurden. Schwermetalle oder persistente organische Verbindungen, die aus der Luft, durch Klärschlämme, Düngemittel oder Pflanzenschutzmittel in die Böden gelangen, können in die Nahrungskette oder in das Grundwasser eingehen und das Nerven-, Immun- oder Hormonsystem stören. Die Belastung der Böden mit Cäsium-137 nach Tschernobyl hat seit 1986 um die Hälfte abgenommen. In Pilzen wie dem Maronenröhrling werden an manchen Standorten noch stark erhöhte Konzentrationen gemessen.

Da in Österreich wesentlich mehr Boden versiegelt wurde als in der Nachhaltigkeitsstrategie vorgesehen und überdies 13 % der landwirtschaftlichen Böden von Wassererosion gefährdet sind, warnen Experten vor CO2-Freisetzungen und Hochwassergefahr. Sie drängen auf Verabschiedung einer EU-Bodenrahmenrichtlinie, auf die Ausweisung erosionsgefährdeter Gebiete, auf Beratungen und auf die Förderung einer humusaufbauenden Bodenbewirtschaftung in den Agrar- und Umweltprogrammen sowie auf die Reduktion der Bodenneuversiegelung durch Raumplanung.

Klimaschutz und Klimawandel

Im Hinblick auf die Erfüllung des Kyoto-Klimaschutzprotokolls durch die EU hat sich Österreich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen (THG) von 2008 bis 2012 gegenüber 1990 um 13 % zu senken. 2005 lagen die THG-Emissionen mit 93,3 Mill. t um 18 % über dem Basisjahr und um 36 % über dem Kyoto-Ziel. In der EU liegt Österreich bei der Abweichung vom Kyoto-Zielpfad an vorletzter Stelle. Die wesentlichen Emittenten waren Verkehr (27 %), Industrie (27 %), Energieaufbringung (17 %) sowie Raumwärme und Kleinverbraucher (17 %).

Da die Bundesregierung plant, im Rahmen des JI/CDM-Programms von 2008 bis 2012 Emissionsrechte im Ausmaß von 45 Mill. t CO2 zuzukaufen, müssen die THG-Emissionen im Kyoto-Zielzeitraum 2008 bis 2012 gegenüber 2005 um 78 Mill. t reduziert werden. Zumal die bis Anfang 2005 beschlossenen Reduktionsmaßnahmen zusätzliche Emissionsminderungen von 40 Mill. t CO2 erwarten lassen, müssen 2008 bis 2012 38 Mill. t CO2-Äquivalente eingespart werden. Dem dient die aktualisierte Klimastrategie der Bundesregierung vom März 2007 mit den Schwerpunkten Verkehr, Energieerzeugung, Raumwärme und Industrie.

Der zu erwartende globale Temperaturanstieg von mehr als 2°C wird die Biosphäre und den Wasserhaushalt massiv stören. In den Alpen ist eine Erhöhung der Temperaturen um 4°C wahrscheinlich. 2100 wird es in Österreich kaum noch Gletscher geben, die Trinkwasser- und Energieversorgung wird dadurch beeinträchtigt. Auch Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Gesundheit und die technische Infrastruktur müssen mit Problemen rechnen. Daher schlagen Experten eine Klimafolgenabschätzung für Regionen, Wirtschaftssektoren, Ökosysteme, für den Wasserhaushalt sowie für die Lebensmittel- und Trinkwasserversorgung vor. Eine nationale Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels sei notwendig.

Landwirtschaft

Biologisch bewirtschaftete Flächen haben in der österreichischen Landwirtschaft von 2000 bis 2005 um 30 % zugenommen, der Einsatz von Stickstoffdünger sank um 15 %. Von 1995 bis 2003 verringerten sich die Dauergrünlandflächen um 6,5 %, die Ackerflächen um 2 %. Gleichzeitig nahmen die Getreideproduktion um 4,6 %, die Schweinebestände um 12,4 % und die Rinderbestände um 11,8 % ab. In Gunstlagen wurde die Landwirtschaft bei Aufgabe von Flächen in weniger ertragreichen Gebieten weiter intensiviert. In Österreich werden gentechnisch veränderte Organismen (GVO) nicht angebaut, sie können aber in importierten Futtermittelrohstoffen enthalten sein - ab einem Schwellenwert gilt eine Kennzeichnungspflicht.

Wegen der Risken von Pflanzenschutzmittelrückständen in der Umwelt wollen Experten deren Einsatz reduzieren. Die Artenvielfalt (Biodiversität) in der Agrarlandschaft sei zu bewerten und ein Biodiversitäts-Monitoring-Konzept zu entwickeln. Die Förderung großer Viehbetriebe sollte auf Umweltwirkungen hin analysiert werden. Zur Schonung des Naturhaushaltes sollte die landwirtschaftliche Umweltförderung standortangepasste Nutzung, Aufrechterhaltung extensiver Wiesen und den biologischen Landbau unterstützen. Die Förderung der Biomasseproduktion sei an ökologische Kriterien zu knüpfen. Eine Ausweitung der Anbauflächen für erneuerbare Energieträger und nachwachsende Rohstoffe sollte unter ökologischen und nachhaltigen Bedingungen erfolgen. Die bisherige Praxis, GVOs nicht zuzulassen sei fortzusetzen, liest man im Umweltkontrollbericht.

Wald und Waldnutzung

Die österreichischen Wälder nahmen in den letzten Jahren an Fläche und Holzvorrat zu, wobei das Tempo des Zuwachses steigt und der Anteil der Nadelhölzer kontinuierlich zugunsten der Laubbäume abnimmt. Die Stabilität des Waldes und seine multifunktionalen Waldwirkungen sind dennoch vielfach gefährdet. Selbst ein wichtiger Puffer gegen klimabedingte Naturgefahren, wird der Wald von den Folgen des Klimawandels beeinträchtigt: Trockenschäden, Windwürfe und verstärkten Borkenkäferbefall.

Beim Schutz der Wälder vor den negativen Folgen des Klimawandels hat die Reduktion von Treibhausgasemissionen oberste Priorität. Zugleich müsse die Anpassungsfähigkeit des Waldes verbessert werden. Fichtendominierte Wälder in Tieflagen sollten stärker auf Wärme ertragende Laubholzarten umgestellt werden. Mit dem Umbau sei unverzüglich zu beginnen, empfehlen die Fachleute. Weiters wird die Bereitstellung ausreichender Fördermittel zur Schutzwaldsanierung und die Ausrichtung des Wald-Wild-Verhältnisses an den Kriterien der Nachhaltigkeit empfohlen.

Biologische Vielfalt und Naturschutz

Die EU will das Artensterben bis 2010 stoppen. Gefährdet ist die biologische Vielfalt durch Aufgabe extensiv genutzter Flächen in der Landwirtschaft, Lebensraumzerschneidung und -verlust sowie durch den Klimawandel. Die Roten Listen gefährdeter Tiere und Pflanzen weisen 33 % der Wirbeltierarten und 40 % der Farn- und Blütenpflanzen als gefährdet aus. Von 61 Grünlandbiotoptypen sind 55 Biotoptypen gefährdet, vor allem extensiv genutzte Magerrasen und Feuchtwiesen.

Zum Schutz der Biodiversität sollte die Förderung der Grünlandwirtschaft weiter ausgebaut und mit dem Schutzgebietsmanagement abgestimmt werden. Das Kriterium der biologischen Vielfalt sollte auch in den Richtlinien für eine nachhaltige Biomassenutzung zu energetischen Zwecken Berücksichtigung finden. Zur Einhaltung der Schutzziele sollte eine koordinierte Strategie für Schutzgebiete in Österreich erstellt werden. Weitere Empfehlungen der Experten lauten auf standardisierte Naturverträglichkeitsprüfungen und die Ausarbeitung von Arten- und Biotopschutzprogrammen.

Lärm

Beim Thema Lärm empfiehlt das Umweltbundesamt, den Schwellenwert für Fluglärm (derzeit 65 dB) in der Bundes-Lärm-Verordnung auf 55 dB zu senken. Im Straßenverkehr wird eine Absenkung des Grenzwertes für das Abrollgeräusch von Reifen oder zumindest eine Kennzeichnungspflicht vorgeschlagen. Tempolimits sollten verstärkt eingesetzt werden, um Lärm-Grenzwerte einzuhalten. Die Erhaltung von Ruhegebieten sollte ein Ziel der Raumplanung werden. Güterwaggons sollten auf lärmarme Bremsen umgerüstet und der Freiraumschutz auch an Bundesstraßen gewährleistet werden. Für Veranstaltungen sollten Lärmschutzregeln ausgearbeitet und in den Rechtsbestand übernommen werden.

Abfallwirtschaft

Die Abfallmenge nahm in Österreich von 1999 bis 2004 von 49 Mill. t auf 54 Mill. t zu, während gefährliche Abfälle mit 1 Mill. t konstant blieben. Behandlung und Wiederverwertung von Müll ließen den Anteil unbehandelt deponierten Hausmülls von 1999 auf 2004 von 28,5 % auf 7,7 % sinken. Seit Mitte der neunziger Jahre wächst die Abfallmenge gleich stark wie das BIP, beim Hausmüll war die Zunahme deutlich stärker. Für eine optimierte Abfallwirtschaftsstrategie fehle es derzeit noch an präzisen Daten über die Abfallströme. Angesichts zunehmend knapper Rohstoffe, vor allem bei Metallen (Cu,Zn,Cr,Ti,Ni,W), sei die Abfallwirtschaft zu einer integrierten Stoffflusswirtschaft weiterzuentwickeln. Abfallvermeidung sollte ein Kriterium der Produktgestaltung, im Produktionsprozess und im umweltbewussten Konsumverhalten sein.

Die Umsetzung der Deponieverordnung setze ausreichende Verbrennungskapazitäten für Restmüll, Klärschlämme und andere heizwertreiche Abfälle voraus. Müllverbrennungsanlagen seien mit modernen Rauchgasreinigungen auszustatten. Auch bei der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung sollte moderne Technik eine neuerliche Verteilung von Schadstoffen in der Umwelt verhindern. Aschen, Schlacken und Stäube aus der Abfallverbrennung sollten nach Vorbehandlung und Wertstoffrückgewinnung sicher deponiert werden.

Altlasten

Bis Ende 2006 wurden in Österreich 50.000 Altstandorte und Altablagerungen registriert. In den nächsten Jahren dürften weitere 30.000 erfasst werden. Von 2.500 Standorten geht eine erhebliche Gefahr für Gesundheit und Umwelt aus. 78 große und gefährliche Altlasten sind bereits saniert. Bis 2050 sollen alle sanierungsbedürftig Altlasten entschärft werden, die Reihenfolge bestimmt jeweils der Grad der Umweltgefährdung. Die zur Sanierung aller Altlasten erforderlichen Mittel werden vom Umweltbundesamt auf 3,7 Mrd. € geschätzt. Derzeit stehen zur Förderung von Sanierungen jährlich 50 Mill. € zur Verfügung.

Um die Erfassung von Altlasten zu beschleunigen, Gesundheits- und Umweltgefahren besser beurteilen und bei der Förderung von Projekten Kosten/Nutzung-Relationen sowie sekundäre Auswirkungen (Verkehr, Energie- und Ressourcenverbrauch) berücksichtigen zu können, empfehlen Experten die Verabschiedung eines eigenes Verfahrensgesetz für die Sanierung von Altlasten.

Chemikalien, Biozid-Produkte und Pflanzenschutzmittel

Das System REACH steht für die Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien in der EU. Seit 1. Juni 2007 werden 30.000 Stoffe, mehr als 90 % des Chemikalienmarktes erfasst, ihre Risiken und Anwendungen beurteilt. Nur registrierte Stoffe dürfen neu in den Handel kommen. Alte Pestizid-Wirkstoffe werden neu bewertet. Ab 2009 wird die Kennzeichnung von Chemikalien durch das Globally Harmonised System (GHS) weltweit vereinheitlicht.

Die Umsetzung von REACH erfordere eine zeitgerechte Novellierung des Chemikaliengesetzes und neue Methoden zur Erfassung und Bewertung von Nanopartikeln. Wegen problematischer Eigenschaften (Resistenz, PBT, schweres Tierleid) von rodentiziden Antikoagulantien sollten rechtliche und/oder andere Möglichkeiten auf EU-Ebene geprüft werden. Wegen der hohen Giftigkeit von Paraquat sei das bestehende Verbot aufrechtzuerhalten.

Energie

Nachhaltige Nutzung von Energie mit weniger Auswirkungen auf die Umwelt lautet eines der Ziele der neuen EU-Energiepolitik. In Österreich stieg der Energieverbrauch zwischen 2002 und 2005 jährlich um 3,1 %. Der Anteil des Verkehrs beträgt 31 %, der Produktion 29 %, der privaten Haushalte 26 %, öffentlicher und privater Dienstleistungen 12 % und der Landwirtschaft 2 %. Die Dominanz fossiler Energieträger hat sich weiter verstärkt. Der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Inlandsverbrauch lag 2002 bei 21,7 %, 2004 bei 21,5 % und 2005 bei 20 %. Der niedrigere Anteil 2003 (19,1 %) resultiert aus der niedrigen Wasserkrafterzeugung dieses Jahres. Ohne Wasserkraft verbuchten die "Erneuerbaren" von 2002 bis 2005 ein Plus um 15 %.

Der für 2010 prognostizierte Inlandsverbrauch von 1.480 PJ wurde bereits 2005 erreicht und wird bis 2020 auf 1.665 PJ weiterwachsen. Dieser Trend steht dem Ziel entgegen, die österreichischen Kyoto-Verpflichtung zu erfüllen, den Import fossiler Energieträger zu reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energieträger massiv zu erhöhen. In diesem Zusammenhang kritisieren Experten die geringe Abwärmenutzung bei einigen großen Kraftwerksprojekten: statt erreichbarer 85 % haben diese Kraftwerke nur eine Brennstoffnutzung von maximal 60 %.

Verbessert wird die Brennstoffnutzung durch stärkere Eigenstromerzeugung in der Papier-, Zellstoff- und chemischen Industrie sowie in der Abwärmenutzung aus Industrieanlagen, insbesondere aus integrierten Stahlwerken. Experten kritisieren, dass Unternehmen, die am Emissionshandel teilnehmen, vom Geltungsbereich der Energieeffizienzrichtlinie ausgenommen sind und die EU-Gebäuderichtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt wurde. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Automobilhersteller, die CO2-Emissionen neuer Pkw bis 2008/2009 auf 140 g pro Kilometer zu beschränken, wird nicht erreicht werden können. Zwar haben die Emissionen der Benzinfahrzeuge zuletzt leicht abgenommen, bei Dieselfahrzeugen stagnierten die Emissionen aber seit 2000. Verbesserungen in der Motortechnik würden durch den Trend zu größeren und stärkeren Fahrzeugen überlagert.

Wegen des starken Anstiegs des Energieverbrauchs steigt der Anteil an erneuerbaren Energieträgern zwischen 2010 und 2020 nur auf 22 bis 22,5 % und damit nur unwesentlich über den derzeitigen Wert. Auch bei der Nutzung der "Erneuerbaren" sei Nachhaltigkeit laut Experten unerlässlich. Dazu gehören eine ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft, die Nutzung von Biogas und die Berücksichtigung des Naturschutzes beim Ausbau der Wasserkraft.

Um den Einsatz fossiler Energieträger zu reduzieren und Energieverbrauch und Wirtschaftswachstum dauerhaft zu entkoppeln, sollte ein umfassendes Gesamtenergiekonzept für Österreich erstellt werden. Bei der Genehmigung von Anlagen sollte eine höhere Energieeffizienz als Kriterium gelten und für Kraftwerke, Müllverbrennungs- und Industrieanlagen die Wärmenutzung verpflichtend werden. Das Ökostromgesetz sei weiterzuentwickeln.

Industrielle Anlagen

Die EU-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC-RL) schreibt die Anpassung der 530 Altanlagen an den Stand der Technik bis Ende Oktober 2007 vor. Einige nationale Emissionsgrenzwerte entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik, vor allem bei SOX, NOx und Staub. Für Feuerungsanlagen ab 20 MW Leistung schlagen Experten in allen EU-Mitgliedstaaten eine Regelung nach dem Stand der Technik vor. Zur Reduktion von THG-Emissionen sollte beim IPPC- und UVP-Verfahren für Neuanlagen und Anlagenerweiterungen die Energieeffizienz stärker berücksichtigt und Emissionen aus der Span- und Faserplattenindustrie einheitlich geregelt werden.

Verkehr

26 % der Verkehrsleistung im Personenverkehr erbrachten 2005 der öffentliche Verkehr sowie der Fuß- und Radverkehr. Die restlichen 74 % entfielen auf Pkw, Motorräder und Flugverkehr, der Großteil auf den Pkw-Verkehr mit 61 %. Insgesamt nahm die Verkehrsleistung von 1990 bis 2005 um 21 % zu, um 5 8% im Güterverkehr. Dadurch stiegen auch Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen, Flächenverbrauch und Lärmemissionen.

Ohne Gegenmaßnahmen werde der Anteil des umweltintensiven Straßen- und Flugverkehrs weiter zu-, jener des öffentlichen Verkehr sowie des Rad- und Fußgängerverkehrs weiter abnehmen. Die Ursachen dafür liegen laut Analyse des Umweltbundesamts in den Kostenstrukturen des Verkehrssektors. Während die Kraftstoffpreise in den letzten Jahrzehnten unterdurchschnittlich stiegen und in Österreich unter dem europäischen Niveau lagen, nahmen die Transportpreise im öffentlichen Verkehr seit Mitte der achtziger Jahre deutlich stärker zu. Geringe variable Kosten des Pkw animierten dazu, geringe Distanzen im Pkw zurückzulegen. Niedrige Kraftstoffpreise - Kerosin ist von der Mineralölbesteuerung ausgenommen - führten zu einer starken Zunahme des Flugverkehrs. Im Verkehrssystem fehle Kostenwahrheit, klagen die Experten: Den Verkehrsträgern würden Kosten nicht angelastet, die sie verursachen. Der Verkehr trage von den 93 Mrd. € an Kosten, die er verursache, 29 Mrd. € nicht mit. 19,6 Mrd. € davon entfielen auf den Pkw-Verkehr und 5,9 Mrd. € auf den Lkw-Verkehr. 

Ohne einen erheblichen Beitrag des Verkehrssektors werde Österreich das Ziel, die Stickoxid-Emissionen zur Erreichung des sektoralen Kyoto-Ziels ab 2010 auf 103.000 t zu reduzieren, weit verfehlen. Verantwortlich für den hohen Stickoxidausstoß im Verkehr sind vor allem Dieselmotoren, die dreimal mehr NOX ausstoßen als Benzin-Pkw. Oxidationskatalysatoren reduzierten zwar die Partikel- und Kohlenmonoxidemissionen, erhöhten aber die NO2-Emissionen. Damit bleibe der Verkehr eine bedeutende Quelle für Feinstaubimmissionen. Dazu kommen Partikelemissionen aus Abrieb und Aufwirbelung, die bereits höher sind als jene aus der Verbrennung von Kraftstoffen und mit einem Anstieg der Verkehrsleistung weiter zunehmen werden.

Ein Gesamtverkehrskonzept sollte laut Experten zur Reduktion des Straßenverkehrsaufkommens und zur Verlagerung zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln beitragen. Emissionsabhängige Kostenstrukturen sollten die Anlastung der verursachten Kosten an die jeweiligen Verkehrsträger ermöglichen. Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, der öffentliche Verkehr sowie Rad- und Fußgängerverkehr seien zu fördern. Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen sollten durch Beschränkung und Überwachung (Section Control) der Geschwindigkeiten im hochrangigen Straßennetz erreicht werden.

Verkehrs- und umweltpolitische Ziele sollten in die Raumplanung integriert, Individual- und Straßengüterverkehr besser an den öffentlichen Verkehr angebunden und Telematiklösungen im Verkehrssektor ausgebaut werden. Alternative Antriebs- und Kraftstofftechnologien sollen forciert, biogene Kraftstoffe verstärkt eingesetzt und schärfere Emissionsgrenzwerten eingeführt werden. Ökonomische Maßnahmen zur Förderung von Fuß- und Radwegeverkehr und des öffentlichen Verkehrs sollten geschaffen und ausgebaut werden.

Raumplanung

Während die Österreichische Nachhaltigkeitsstrategie den Zuwachs der Verkehrs- und Bauflächen bis 2010 auf 1/10 reduzieren möchte, wurden von 2005 bis 2006 pro Tag 11,5 ha Land für Verkehrs- und Bauflächen verbraucht, 5 ha davon wurden versiegelt. Neuaufschließung statt Nachnutzung alter Betriebsflächen erhöhe den Flächenverbrauch zusätzlich. Die Klimaveränderung lege präventive raumplanerische Maßnahmen, die Freihaltung von Risikozonen und die Sicherung von Hochwasserrückhalteräumen nahe.

Die Drosselung des Flächenverbrauchs auf 2,5 ha pro Tag bis 2010 erfordert laut Experten den Einsatz raumplanerischer, steuerpolitischer und fördertechnischen Steuerungsinstrumente. Bei der Planung neuer Verkehrsinfrastruktur seien Alternativen zu prüfen, vorhandene Strukturen optimal zu nutzen und eine hohe Umweltqualität sicherzustellen, bei der Interessensabwägung fehlten Vorgaben für die monetäre Bewertung von Umweltgütern in der Kosten/Nutzen-Analyse. "Harte" Verbauung stehe in vielen Fällen auch im Konflikt mit den Qualitätszielen der Wasserrahmenrichtlinie, liest man im 8. Umweltkontrollbericht. (Schluss)