Parlamentskorrespondenz Nr. 701 vom 05.10.2007

Der Präsident mit dem "Schalk im Nacken"

Andreas Khol, Präsident des Nationalrats von 2002 bis 2006

Wien (PK) - Nach mehr als drei Jahrzehnten, in denen Sozialdemokraten die Präsidenten des Nationalrats stellten, gelang der Volkspartei bei der Wahl des Jahres 2002 der Sprung auf Platz eins in der Wählergunst. Andreas Khol gelangte so an die Spitze des Parlaments und damit in eines der drei schönsten Ämter, die nach seiner Einschätzung die Republik zu vergeben hat und das er mit Energie und Herzblut wahrnahm. Seine Verbundenheit mit dem Amt des Nationalratspräsidenten dokumentiert noch seine unmittelbare Reaktion auf die Wahlniederlage seiner Partei am 1. Oktober 2006: "Mein Amt ist weg." In der Person der Sozialdemokratin Barbara Prammer gelangte die erste Frau in das protokollarisch zweithöchste Amt der Republik. Das Bild von Andreas Khol im Empfangsalon des Parlaments ist ein Halbrelief aus Zirbenholz und wurde von Josef Kern geschaffen. Das Gesicht oberhalb der rechten Schulter des Porträtierten stellt den "Schalk im Nacken" dar, über den sich der frühere Präsident bei der Präsentation seines Porträts besonders erfreut zeigte.

Andreas Khol wurde am 14. Juli 1941 in Bergen geboren und wuchs in Tirol auf, wo er in Sterzing die Volksschule und im Anschluss daran in Innsbruck das akademische Gymnasium besuchte, an welchem er 1959 die Matura ablegte. Er studierte sodann Rechtswissenschaften und promovierte 1963 zum Doktor. Er arbeitete zunächst an der Innsbrucker und später an der Wiener Universität als Universitätsassistent, 1969 habilitierte er sich in Wien in Verfassungsrecht zum Dozenten. Gleichzeitig übte er das Amt des Generalsekretärs der Österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik aus.

Von 1969 bis 1973 wirkte Khol als internationaler Beamter im Sekretariat des Europarates, wo er sich auch als Personalvertreter engagierte, zudem war er Jurist der Europäischen Menschenrechtskommission und Sekretär des Expertenkomitees für Menschenrechte.

1974 stellte er sich seiner Partei zur Verfügung und wurde Direktor der Politischen Akademie der ÖVP. Als solcher wurde er auch Mitherausgeber des "Österreichischen Jahrbuchs für Politik". Für die Volkspartei zog er im Mai 1983 auch in den Nationalrat ein, dem er bis zur Wahlniederlage seiner Partei am 1. Oktober 2006 angehörte.

Früh befasste sich Khol mit dem Thema der europäischen Integration, zu dem er umfangreich publizierte. 1989 erschien sein Werk "Fragen und Antworten zur EG-Integration", 1991 "Fragen und Antworten zu Europa". Konsequenterweise avancierte Khol 1990 zum Außenpolitischen Sprecher seiner Fraktion. Zu Beginn der XIX. Gesetzgebungsperiode wurde Andreas Khol als Nachfolger von Heinrich Neisser, der ins Nationalratspräsidium wechselte, Klubobmann seiner Fraktion. Dieses Amt übte er bis zum Oktober 1999 aus, zu welchem Zeitpunkt er zum Dritten Präsidenten des Nationalrates gewählt wurde.

Nach der Bildung der "schwarz-blauen" Bundesregierung im Februar 2000 übernahm Khol allerdings wieder das Amt des Klubobmanns und spielte in der Folge eine zentrale Rolle in der Kommunikation der Regierungspolitik nach außen. Mittlerweile war Khol auch Vorstands- und Präsidiumsmitglied seiner Partei geworden. Nach der Wahl vom November 2002, bei welcher die ÖVP stärkste Partei wurde, übernahm Khol das Amt des Nationalratspräsidenten – das damit erstmals seit 1970 wieder von einem Vertreter der ÖVP ausgeübt wurde – und war damit protokollarisch der "zweite Mann im Staat". 2005 wurde Khol zum Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes gewählt, ein Amt, das er auch nach seinem Ausscheiden aus dem Nationalrat behielt.

Khol ist Träger zahlreicher Orden und Ehrenzeichen und zudem seit 1980 außerordentlicher Universitätsprofessor.

Privat ist Khol mit einer gebürtigen Kärntnerin verheiratet, die er während seines Studiums kennen gelernt hatte. In den Sommerferien seiner Studienzeit hatte Khol als Reiseleiter gearbeitet und Touristen durch Tirol geführt. Dabei begegnete er auch seiner späteren Ehefrau, die damals ebenfalls Reiseleiterin war. 1965 heirateten die beiden, aus der Ehe sind insgesamt sechs Kinder hervorgegangen. Neben der Familie gehören die Gartenarbeit, das Theater sowie das Bergwandern und vor allem das Lesen und Schreiben von Büchern zu seinen Hobbys.  (Schluss)