Parlamentskorrespondenz Nr. 732 vom 11.10.2007

Finanzausschuss: SP-VP-Mehrheit für EU-Haushaltsplan 2007 - 2013

Matznetter: Österreich profitiert stark von der Europäischen Union

Wien (PK) - Der "EU-Eigenmittelbeschluss", den der Finanzausschuss heute in Form eines Staatsvertrages (224 d.B.) mit S-V-Mehrheit Richtung Plenum verabschiedete, sieht zur Finanzierung der Ausgaben des EU-Gesamthaushaltsplanes einen fixen Abrufsatz von 0,30 % der begrenzten Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlagen der Mitgliedstaaten vor. Von 2007 bis 2013 wird der MwSt-Abrufsatz für die Niederlande und Schweden auf 0,10 %, für Deutschland auf 0,15 % und Österreich auf 0,225 % vorübergehend reduziert. Ebenfalls vorübergehend, von 2007 bis 2013, werden die Bruttonationaleinkommens-Beiträge für Niederlande um 605 Mill. € und Schweden um 150 Mill. € gesenkt und die Korrektur für Großbritannien auf maximal 10,5 Mrd. € vermindert. Auf diese Weise beteiligt sich das Vereinigte Königreich an den EU-Erweiterungskosten. Geändert wird auch die Finanzierung der "Großbritannien-Korrektur": Der Anteil Deutschlands, der Niederlande, Österreichs und Schwedens wird auf 25 % ihres normalen Anteils reduziert. Für Österreich bedeutet dies im Vergleich zur letzten Finanzperiode 2000 bis 2006 insgesamt eine Zunahme des jährlichen österreichischen EU-Beitrages - gemessen am Bruttonationaleinkommen - von voraussichtlich 0,83 % auf 0,88 %.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) leitete die von Ausschussobmann Günter Stummvoll geleitete Debatte mit der Feststellung ein, Beiträge zum EU-Haushalt seien generell unbeliebt und riet dazu, über den Wert der Ausgaben zu diskutieren. Rossmann hielt Schwerpunkte für mehr sozialen Zusammenhalt, Nachhaltigkeit und für den Lissabonprozess für sinnvoll. In der Diskussion über die EU-Finanzierung erinnerte der Redner an Vorschläge wie Kerosinsteuer, Energiesteuer, oder Tobin-Tax und interessierte sich für die Überlegungen des Finanzressorts zur Einnahmenseite des EU-Haushalts.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) klagte über die zunehmende Unübersichtlichkeit im EU-Haushalt und plädierte für mehr Transparenz in der Finanzierung der Union. Als wichtigste Frage bezeichnete er - unisono mit seiner Fraktionskollegin Marianne Hagenhofer -, was mit dem Geld geschehe, ob es effizient ausgegeben werde und wie sich die Ausgaben auf die Beschäftigung auswirken. Und dabei sah der Abgeordnete Änderungsbedarf.

Abgeordneter Josef Bucher (B) meinte, es fließe viel Geld nach Brüssel, versickere dort in der Verwaltung, und nur wenig fließe nach Österreich zurück, wo nur wenige Menschen davon profitierten. Für eine gemeinsame Steuer zur Finanzierung der EU sei das BZÖ zu gewinnen. Um die EU-Zahlungflüsse transparenter zu gestalten, sollte eine Stelle dafür verantwortlich sein, lautete Buchners Vorschlag.

Abgeordneter Andreas Schieder (S) unterstrich die Auffassung, dass die EU eigene Einnahmen brauche, was zugleich eine Reduktion der nationalen Beiträge ermöglichen würde. Zudem sprach sich der Abgeordnete gegen den "Britenrabatt" aus.

Abgeordneter Lutz Weinzinger (F) stellte fest, dass der österreichische EU-Beitrag in den nächsten Jahren ansteigen werde. Die Frage, ob die EU selbst Steuern einheben dürfe oder von den Mitgliedstaaten finanziert werde, klang für Weinzinger wie jene nach "Pest oder Cholera". Letztlich sei es immer der Steuerzahler, der zur Kasse gebeten werde. Für wichtig hielt Weinzinger die Frage, ob sich die EU zu einem Bundesstaat entwickle, wie dies die neue Verfassung andeute, oder ein Bund souveräner Staaten bleibe. Das sei die entscheidende Vorfrage für alle Steuer- und Beitragsfragen.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) entgegnete Weinzinger mit dem Hinweis darauf, Österreich lukriere schon heute eine beträchtliche Friedensdividende durch das gemeinsame europäische Projekt. Hinsichtlich der Diskussion um die EU-Finanzierung präferierte Schultes eine Flugverkehrssteuer.

Auch Abgeordneter Hannes Bauer (S) hielt die "EU-Dividende" Österreichs für wesentlich höher als seinen EU-Beitrag. Die Rückflüsse seien budgetär vielfach unsichtbar. Insbesondere gab Bauer zu bedenken, dass die Verwaltungsaufgaben, die Brüssel erfülle, Europa insgesamt viel teurer kämen, müsste sie jeder der 27 Mitgliedstaaten diese für sich selbst organisieren. Als ein Problem sah Hannes Bauer den Steuerwettbewerb in Europa. Ein standortneutrales Steuersystem wäre vorteilhaft, weil Firmen nicht länger veranlasst würden, Produktionsstandorte aus steuerlichen Gründen zu verlagern. Bauer trat nachdrücklich für eine Steuerharmonisierung in der EU ein.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) riet in der europäischen Steuerpolitik dazu, die realen Verhältnisse stärker zu beachten. Andere Mitgliedsländer wollten mehrheitlich keine neuen Steuern, egal ob sie nun Tobin-Tax oder Kerosinsteuer heiße. Auch bei der KÖST-Harmonisierung sei die Euphorie lange vorbei, man müsse nun froh sein, wenn es gelinge, die Bemessungsgrundlagen zu harmonisieren. Auch Abgeordneter Stummvoll bekräftigte, Österreich sei ein Gewinner der EU-Erweiterung.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) merkte gegenüber Stummvoll an, die aktuelle Klimadebatte habe die Chancen für eine Kerosinsteuer in Europa wesentlich vergrößert.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter machte zunächst darauf aufmerksam, dass Entscheidungen über EU-weite Steuern wegen des Einstimmigkeitsprinzips schwierig seien, daran ändere auch der Reformvertrag nichts. Österreich hält die sogenannte Tobin-Tax für die Finanzierung von EU und Entwicklungszusammenarbeit für sinnvoll. Beim Thema Körperschaftssteuer gehe es in einem ersten Schritt um die Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen, in einem zweiten Schritt sollte man eine Steuerharmonisierung ins Auge fassen.

Der EU-Verwaltung in Brüssel stellte der Finanzstaatssekretär ein gutes Zeugnis aus. Die EU sei kein Moloch, sie habe ein schlankes Management. Sehr gute funktioniere auch die Kooperation Österreichs mit den EU-Stellen. Die Rückflüsse an EU-Mitteln könnten per Internet transparent nachvollzogen werden. Differenzen zwischen verschiedenen Berechnungen über die österreichischen EU-Beiträge seien auf Zwischenberichte zurückzuführen, erfuhr Abgeordneter Bucher auf seine diesbezügliche Frage.

Die Frage nach den Auswirkungen des EU-Haushalts in den kommenden Jahren beantwortete Staatssekretär Matznetter, indem er die Veränderungen nannte, die etwa in der Agrarstruktur und in der Forschung geplant seien. Auch wies er auf Investitionen in das europäische Satellitensystem hin. Österreich profitiere stark von der Europäischen Integration, zeigte sich auch der Finanzstaatssekretär überzeugt.

Der EU-Verfassungsvertrag sei kein rein völkerrechtlicher Vertrag, räumte Matznetter ein, er mache die EU aber auch nicht zu einem Bundesstaat. Matznetters Frage an die EU-Kritiker lautete: "Wie würde Europa ohne EU aussehen?"

Der Kritik des Abgeordneten Rossmann (G), der jüngst vereinbarte Finanzausgleich verfolge keine Ziele, hielt Matznetter die lange Liste von Zielen entgegen, auf die sich Bund, Länder und Gemeinden geeinigt haben: Klimaschutz, Kampf der Armut, Sicherung der Gesundheitsfinanzierung, Kinderbetreuung, Integration, 24-Stundenbetreuung pflegebedürftiger Menschen. (Fortsetzung)