Parlamentskorrespondenz Nr. 794 vom 30.10.2007

Rechnungshof prüfte österreichische Botschaften in Belgrad, Budapest

Umweltsituation im Dreiländereck Österreich-Ungarn-Slowenien

Wien (PK) – In der heute kurzfristig einberufenen Sitzung des Rechnungshofausschusses stand zunächst der Bericht über die österreichischen Vertretungen in Belgrad, Budapest und Buenos Aires auf der Tagesordnung. Im September 2005 wurden in den Medien gravierende Verdachtsmomente hinsichtlich Unregelmäßigkeiten und Korruption bei der Visavergabe an mehreren österreichischen Vertretungen geäußert. Die diesbezüglichen Untersuchungen des Innen- sowie des Außenministeriums führten zu Erhebungen der Staatsanwaltschaft Wien. Weiters befassten sich die Abgeordneten mit der Umweltsituation in der Grenzregion zu Ungarn und Slowenien, wobei vor allem die Verschmutzung der Raab im Mittelpunkt stand.

Vor Eingang in die Tagesordnung kritisierte Abgeordneter Günther Kräuter (S), dass die Mandatare erst gestern Nachmittag darüber informiert wurden, dass der Ausschuss heute statt findet. Außerdem sollte man dafür sorgen, dass die jeweiligen Minister nicht durch Beamte als Auskunftspersonen vertreten werden. Abgeordneter Gerald Hauser (F) hielt die Kritik für absolut berechtigt und schlug vor, Vorbesprechungen zu machen. Abgeordneter Hermann Gahr (V) wies darauf hin, dass der Ausschuss acht Monate nicht getagt habe und dass man daher jetzt zügig die Berichte abarbeiten sollte. Was die Auskunftspersonen betrifft, so kommen heute nicht nur Staatssekretär Winkler, sondern auch zwei Sektionschefs, die die Abgeordneten kompetent informieren können. Der Ausschussvorsitzende Werner Kogler (G) gab zu bedenken, dass es sich heute um ein "Notprogramm" handle, in Hinkunft solle es wieder eine längere Vorlaufzeit geben.

Rechnungshof weist auf gravierende Mängel in den Botschaften hin

Der Rechnungshof überprüfte von Februar bis Mai 2005 die Gebarung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten hinsichtlich der österreichischen Vertretungen in Belgrad, Budapest und Buenos Aires, deren Zusammenarbeit mit den Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer Österreich sowie — in Belgrad und Budapest— mit den Vertretungen des militärdiplomatischen Dienstes.

Die Präventionsmaßnahmen im Konsularbereich bei den Österreichischen Botschaften in Belgrad, Budapest und Buenos Aires warenunzureichend, heißt es einleitend in der zusammenfassenden Bewertung des Rechnungshofs. Die Immobilienbewirtschaftung des Außenministeriums im Bereich der überprüften Botschaften war zum Teil unwirtschaftlich und unzweckmäßig. Was das Konsularwesen betrifft, so wurden an der österreichischen Botschaft in Belgrad Visaanträge mehrfach durch nicht befugtes Botschaftspersonal bei der Visaabteilung eingebracht, womit erforderliche vertiefte Prüfungen unterlaufen wurden. Auch war nicht befugtem Botschaftspersonal der Zugang zum Konsularbereich möglich. Ein Sonderbericht des Generalinspektorates des Außenministeriums aus dem Jahre 2003 über vermutete Unregelmäßigkeiten bei der Visaausstellung an der Österreichischen Botschaft in Budapest wurde dem Rechnungshof erst Ende September 2005 zur Kenntnis gebracht, obwohl ausdrücklich alle Inspektionsberichte zu Beginn der Gebarungsprüfung eingefordert wurden. Die diesbezüglichen Untersuchungen des Innen- sowie des Außenressorts führten zu Erhebungen der Staatsanwaltschaft Wien.

Abgeordneter Günther Kräuter (S) erinnerte an die "unglaublichen Vorgänge" rund um den Visaskandal, der fast zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geführt hätte. Er wollte wissen, warum der Bericht des Außenministeriums erst im Jahr 2005 dem Rechnungshof übermittelt wurde. Abgeordneter Günter Kößl (V) sprach vor allem die unwirtschaftliche Vorgangsweise bei den Immobilien sowie die Personalknappheit an.

Staatssekretär Winkler wehrt sich gegen Skandalisierung

Der Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, Hans Winkler, räumte ein, dass es in der Vergangenheit Probleme bei der Erteilung von Sichtvermerken in einigen Vertretungen gegeben hat. Angesichts von über 400.000 Visaerteilungen pro Jahr handle es sich aber wirklich nur um Einzelfälle, die auch mit allem Nachdruck untersucht wurden. Von insgesamt 22 Verfahren wurde die Mehrheit eingestellt und nur in einem Fall habe es eine rechtskräftige Verurteilung gegeben, betonte Winkler. Derzeit seien noch sieben Fälle anhängig. Wichtig sei zudem, dass ein Bündel von Maßnahmen gesetzt wurde, um solche Vorfälle in Hinkunft zu vermeiden, unterstrich der Staatssekretär.

Was die Kritik des Abgeordneten Kräuter betrifft, so bitte er um Entschuldigung, dass der angesprochene Bericht nicht rechtzeitig an den Rechnungshof übermittelt wurde. Generell habe man die Anregungen des Rechnungshofes sehr ernst genommen und zahlreiche Empfehlungen bereits umgesetzt, führte Winkler aus. So sei es z.B. richtig, dass manche Bedienstete viel zu lange in denselben Vertretungen tätig waren, weshalb nun das Rotationsprinzip möglichst lückenlos umgesetzt werden soll. Weiters soll unbedingt das Vier-Augen-Prinzip eingehalten und die persönliche Vorsprache bei der Visaerteilung gewährleistet werden.

In der Frage der Dokumentensicherheit arbeite man eng mit Spezialisten des Innenministeriums zusammen, die bereits an verschiedenen Vertretungen (z.B. Kairo, Bangkok, Neu-Delhi, Damaskus) im Einsatz sind, und die dann auch in andere Missionen wechseln. Außerdem lege man Wert auf regelmäßige Schulungen. Umgesetzt wurde auch die Empfehlung des Rechnungshofs bezüglich Einrichtung eines Call Centers für die Terminvergabe und telefonische Auskunftserteilung in Visaangelegenheiten, wodurch die "Schlangen auf den Straßen" wie in Belgrad verschwunden sind. Erfreulich sei zudem, dass bei den Budgetverhandlungen 50 zusätzliche Dienststellen sowohl für entsandte Mitarbeiter als auch Lokalangestellte bewilligt wurden.

Die Verbesserung des Immobilienmanagements sei ein Thema, das das Außenressort seit vielen Jahren beschäftigte, erklärte Winkler. Das grundlegende Problem sei, dass man mit insgesamt 76 verschiedenen Rechtsordnungen konfrontiert sei, was eine Zentralisierung dieser Aufgabe nicht sinnvoll erscheinen lasse. Allerdings werde in der letzten Zeit die Expertise des BIG immer öfter in Anspruch genommen. Was die konkrete Situation in Kroatien betrifft, so stellte Winkler in Richtung des F-Abgeordneten Gradauer klar, dass gerade dort die Eigentumsverhältnisse besonders unklar sind.

Was den Zuschlag für die Öffentlichkeitsarbeit und die Kontaktpflege betrifft, so sei man von der stichprobenartigen Kontrolle nun wieder zur umfassenden Überprüfung übergegangen, informierte Winkler. Er pflichte in diesem Punkt auch dem Rechnungshof bei, dass hier die Missionschefs gefordert sind, die ihre disziplinarrechtliche Verantwortung verstärkt wahrnehmen müssen. Maßnahmen wurden auch hinsichtlich der Inventarisierung der Kunstwerke gesetzt, wo es klare Vorgaben gebe. Die großen Bargeldvorräte in der Botschaft in Buenos Aires begründete Winkler mit der Wirtschaftskrise in Argentinien, wo die gesamte Ökonomie und das Bankenwesen zusammengebrochen sind.

Auf die Frage des F-Abgeordneten Gerald Hauser bezüglich der überproportionalen Erhöhung der Bruttogehälter bei lokalen Bediensteten in Belgrad, wies Winkler darauf hin, dass nach dem Krieg die Lebenshaltungskosten in Serbien teilweise extrem angestiegen sind und Österreich – ebenso wie alle anderen Botschaften vor Ort – die Gehälter erhöht hat. Dem Abgeordneten Josef Bucher (B) teilte der Staatssekretär mit, dass die Idee eines Österreich-Hauses, also der Zusammenführung aller österreichischen Dienststellen in einem Gebäude, bis dato an den Partnern gescheitert sei. Bei der Erteilung für Visa an chinesische Staatsbürger müsse man genau darauf schauen, dass man dem Schlepperwesen nicht Vorschub leiste.

RH-Präsident Moser: Schon einiges umgesetzt, aber noch viel zu tun

Rechnungshofpräsident Josef Moser informierte über den Umfang der Tätigkeit der Prüfer im vorliegenden Fall und resümierte, dass in nahezu allen Bereichen (Visaerteilung, Personal, Dienstaufsicht, Facility Management, Immobilien etc.) gravierende Mängel gefunden wurden. In der Zwischenzeit wurde zwar einiges von Seiten des Außenministeriums unternommen, räumte er ein, aber es sei noch sehr viel zu tun. Derzeit werden die Botschaften in Madrid und Lissabon kontrolliert, eine Follow-up-Prüfung der Vertretung in Budapest sei 2008 geplant.

Der Rechnungshof habe in seinem Bericht u.a. bemängelt, dass die für die Sicherheit des Botschaftsbetriebes — insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Korruptionsprävention — bestehenden Rotationsbestimmungen nicht eingehalten wurden. An der österreichischen Botschaft in Belgrad konnte der steigende Arbeitsanfall nur durch hohe Überstundenleistungen bewältigt werden. Die Einrichtung des Call Centers, wie dies vom Rechnungshof vorgeschlagen wurde, sei daher als positiv zu beurteilen.

Gravierendste Mängel ortete Moser bei der Dienst- und Fachaufsicht der Vorgesetzten, was z.B. in zu hohen Wohnkostenzuschüssen, die auf unrichtigen Angaben basierten, zum Ausdruck kam; und dabei handelte es sich um keine Einzelfälle. Der Rechnungshof empfahl daher, auf die Überprüfung der sachlichen Richtigkeit der Anträge zu achten und ungerechtfertigt bezogene Zuschüsse von den Bediensteten zurückzufordern. Auch die Abrechnungen der Gehaltszuschläge für Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege waren entweder nicht vorhanden oder mangelhaft. Kritik übte Moser auch an der Inventarverwaltung bzw. an der zu niedrigen Bewertung von Kunstgegenständen und von Gegenständen musealen Charakters. Außerdem sollte der Zahlungsverkehr bei den Botschaften weitgehend bargeldlos erfolgen und der Bargeldbestand auf das unbedingt erforderliche Maß reduziert werden.

Was das Facility Management betrifft, so sollten nicht optimal genutzte Liegenschaften in vertretbarer Zeit veräußert werden, regte der Rechnungshofpräsident an. Die neue Residenz des Missionschefs in Budapest z.B. wurde im Verhältnis zu ihrer Größe nur mäßig genutzt. Nach dem Erwerb der Liegenschaft um insgesamt 1,472 Mill. € fielen mit 1,534 Mill. € unverhältnismäßig hohe Sanierungskosten an. Ein Teil der Liegenschaften der Republik Österreich befand sich zudem im Eigentum der Stadt Budapest. Ein 1972 für die Errichtung eines Kulturinstitutes von der Republik Österreich erworbenes unbebautes Grundstück wurde von der Stadt Budapest als öffentlicher Park genutzt. Es handle sich hier um enorme Vermögenswerte, mit denen effizient und ökonomisch umgegangen werden müsse, forderte der Rechnungshofpräsident.

Umweltsituation im Dreiländereck Österreich – Ungarn – Slowenien

Der Rechnungshof überprüfte 2005 die Gebarung des Landwirtschaftsministeriums sowie der burgenländischen und der steiermärkischen Landesregierung betreffend die Umweltsituation in der Grenzregion zu Ungarn und Slowenien. Schwerpunkte der Prüfung waren die Themen Wasserqualität (Fließ- und Grundwasser), Bodenqualität und Naturschutz (Natura 2000). Das Prüfungsgebiet auf österreichischer Seite umfasste das Südburgenland (Bezirke Jennersdorf und Güssing) und die Südoststeiermark (Bezirke Leibnitz, Feldbach, Fürstenfeld, Radkersburg). In der Region liegen zwei wichtige Grenzflüsse (Mur und Raab), 7 Natura 2000-Schutzgebiete und der trilaterale Naturpark Raab – Örseg - Goricko.

Abgeordneter Christian Faul (S) wollte wissen, ob sich aus den letzten Untersuchungen feststellen habe lassen, wer im Bereich des Leibnitzer Feldes und des Unteren Murtals Primärverursacher der Verunreinigungen sei. Die Schaumbildung auf der Raab und das Agrarumweltprogramm ÖPUL sowie eine vermehrte Inanspruchnahme der Förderungen durch die Südsteiermark sprach V-Abgeordnete Edeltraud Lentsch an. Für die von der steiermärkischen Landesregierung angekündigten legistischen Maßnahmen, um die Nitrataufbringung im Leibnitzer Feld weiter einzuschränken, interessierte sich Abgeordneter Günther Kräuter (S).

Die Fragen beantwortete Sektionschef Wilfried Schimon von der Sektion Wasser des Landwirtschaftsministeriums. So teilte er mit, dass die Raab die Güteklasse II bis III aufweise und dort ein Mix von Verursachern bestehe. Es wurde mit den Ungarn eine Task Force gebildet, die das Problem lösen soll. Auch wurde seitens der ungarischen Seite ein Maßnahmenprogramm samt Zeitplan und Finanzierungsgrundlage anerkannt. Das Schaumproblem solle bis zum Jahr 2010 gelöst sein, unterstrich der Sektionschef. Gespräche habe es auch darüber gegeben, mit Unterstützung des Ministeriums aus der Geothermie in Fürstenfeld auszusteigen. Es bestehe, so der Sektionschef, keine Absicht seitens der Lederfabriken, in ein umweltpolitisch billigeres Land abzusiedeln.

Die "Qualitätszielverordnung Chemie Oberflächengewässer" wurde 2006 erlassen. An weiteren Parametern werde noch gearbeitet.

Im Zusammenhang mit dem Wassernetzwerk Oststeiermark wurde auf die Transportleitung von Graz nach Hartberg hingewiesen, um die begrenzten Wasserressourcen im Raum Hartberg aufzubessern.

Gegenüber S-Abgeordnetem Kurt Gaßner gab der Sektionschef zu, dass in der Südoststeiermark lediglich 40 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche vom ÖPUL-Programm erfasst seien, und versprach, man werde sich angesichts der neuen Programmperiode verstärkt der Frage der ÖPUL-Akzeptanz annehmen.

RH-Präsident Josef Moser bestätigte, dass Einiges geschehen sei, es habe multilaterale, aber auch eigene Landesprüfungen gegeben. Moser bekräftigte, dass es zweckmäßig wäre, österreichweit einheitliche Standards für die Gewässeraufsicht zu haben. Auch stellte der RH-Präsident eine Follow up-Prüfung in Aussicht. - Der Rechnungshofbericht wurde einhellig zur Kenntnis genommen. (Forts.)