Parlamentskorrespondenz Nr. 818 vom 06.11.2007

Vorlagen: Finanzen

Der neue sechsjährige Finanzausgleich

Da das Programm der Bundesregierung eine Reihe von Punkten enthält, die von allen Gebietskörperschaften gemeinsam umgesetzt und finanziert werden müssen, vor allem die 24-Stunden-Betreuung, die Mindestsicherung und die Finanzierung des Gesundheitssystems, haben sich Bund, Ländern und Gemeinden am 10. Oktober 2007 auf eine neue Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung geeinigt, und zwar für eine sechsjährige Periode von 2008 bis 2013. Das Ergebnis dieser Einigung hat die Bundesregierung dem Nationalrat kürzlich als Entwurf für ein Finanzausgleichsgesetz 2008 samt Begleitgesetzen vorgelegt (289 d.B.).

Gegenüber dem Finanzausgleichsgesetz 2005 steigen im FAG 2008 die jährlichen Bundesausgaben in der ersten Periode (2008 bis 2010) um 246 Mill. € und in der zweiten Periode (2011 bis 2013) um 438 Mill. €.  Davon entfallen in der ersten Periode 193 Mill. € auf die Länder und 53 Mill. € auf die Gemeinden, in der zweiten Periode 280 Mill. € auf die Länder und 158 Mill. € auf die Gemeinden. Zur Krankenanstaltenfinanzierung wird der Bund jährlich 100 Mill. € zusätzlich beitragen. Dazu kommen die Mehreinnahmen der Länder und Gemeinden aus der Umwandlung bisher fixer Transfers in Ertragsanteile ab dem Jahr 2008 und aus der Valorisierung der Bundesbeiträge zur Krankenanstaltenfinanzierung ab dem Jahr 2009.

Mit einer Änderung des Umweltförderungsgesetzes wird das Gesamtzusagevolumen für die Siedlungswasserwirtschaft in den Jahren 2008 bis 2013 mit 1,06 Mrd. € festgelegt. Auf Basis bisheriger Erfahrungen in der Siedlungswasserwirtschaft rechnet die Regierung mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von voraussichtlich rund 4,23 Mrd. € und einem Beschäftigungseffekt von 58.467 Arbeitsplätzen.

Beim Thema Finanzierung des Gesundheitssystems machten Länder und Gemeinden in den Verhandlungen geltend, dass ihre Ausgaben stärker steigen als die Finanzierungsbeiträge durch Bund und Sozialversicherung, während der Bund auf das Vorantreiben der notwendigen Strukturreformen drängte.

Wesentliche Neuerungen des FAG 2008 sind die Verlängerung der Geltungsdauer des Finanzausgleichs von fünf auf sechs Jahre, um die Planungssicherheit der Gebietskörperschaften zu verbessern. Die Krankenanstaltenfinanzierung wird dauerhaft gewährleistet, indem der Bund zusätzlich 100 Mill. € jährlich zur Verfügung stellt und seine Anteile ab 2009 entsprechend den Einnahmen aus den gemeinschaftlichen Bundesabgaben valorisiert. 24-Stunden-Betreuung und Mindestsicherung werden von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam finanziert, wobei davon ausgegangen wird, dass der Mehraufwand für Länder und Gemeinden mit 66 Mill. € jährlich begrenzt ist. Zum Ausbau der Kinderbetreuung und der Sprachförderung werden die Länder in den Jahren 2008 bis 2010 einen Beitrag von insgesamt mindestens 20 Mill. € und der Bund einen Zweckzuschuss in der selben Höhe leisten.

Durch die etappenweise Abschaffung der Konsolidierungsbeiträge der Länder und Gemeinden erhöhen sich in den ersten drei Jahren der neuen Finanzausgleichsperiode die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden um 209 Mill. € jährlich, in den weiteren drei Jahren um 418 Mill. € jährlich. Davon erhalten die Gemeinden in der ersten Etappe 53 Mill. € jährlich und in der zweiten 156 Mill. € jährlich, weil dann 50 Mill. € jährlich von den Ländern zu den Gemeinden umgeschichtet werden.

Bei den Landeslehrern steigt der zusätzliche Kostenersatz des Bundes von 12 Mill. € jährlich auf 24 Mill. € jährlich in der ersten Etappe und in der zweiten Etappe auf 25 Mill. € jährlich. Die Erhöhung der Mittel des Katastrophenfonds um 10 Mill. € jährlich werden je zur Hälfte von Ländern und Bund finanziert.

Außerdem wurden folgende Strukturreformen vereinbart: Beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel wird die unterste Stufe bis zu 10.000 Einwohnern ab 2011 deutlich angehoben und der nächsten Stufe bis 20.000 Einwohner angenähert; die Mindereinnahmen der Städte werden voll ausgeglichen, wobei für diese Maßnahme 100 Mill. € aus den zusätzlichen Gemeindemitteln von 156 Mill. € zur Verfügung stehen. Diese Ausgleichszahlungen werden künftig entsprechend der Entwicklung der Ertragsanteile valorisiert.

Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern erhalten ab 2011 eine zusätzliche Finanzzuweisung von insgesamt 16 Mill. € jährlich, finanziert von Gemeinden (10 Mill. €), Bund (2 Mill. €), Wien (2 Mill. €) und aus den Gemeinde-Bedarfszuweisungsmitteln der Länder ohne Wien (2 Mill. €).

Bund und Länder haben vereinbart, im Laufe des Jahres 2008 eine verstärkte Widmung der Wohnbauförderungsmittel zur Erreichung der Klimaschutzziele auszuarbeiten, die 2009 in Kraft treten soll.

Ab dem Jahr 2009 wird an Stelle der Volkszählungen die Bevölkerungsstatistik des Zentralen Melderegisters für die Mittelverteilung im Finanzausgleich herangezogen. Davon erwartet sich die Regierung eine gerechtere Verteilung der Mittel, weil Städte und Gemeinden mit überdurchschnittlichem Bevölkerungszuwachs rasch zusätzliche Ertragsanteile erhalten werden.

Die meisten Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse des Bundes an Länder und Gemeinden werden in Ertragsanteile ohne Zweckbindung umgewandelt, auch die finanziell bedeutsamen Zweckzuschüsse für die Finanzierung der Straßen und – ab dem Jahr 2009 - für die Wohnbauförderungs-Zweckzuschüsse und die Bedarfszuweisungen an die Länder zum Haushaltsausgleich. Diese Reform dient der Vereinfachung des Finanzausgleichsgesetzes und der Zusammenführung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung.

Im Rahmen der Verwaltungsreform sind weitere Personaleinsparungen, die Umsetzung der Pensionsreform des Bundes auch durch die Länder und Gemeinden, eine Abschaffung der Selbstträgerschaft beim Familienlastenausgleich und eine einheitliche Abgabenordnung geplant. Die einheitliche Abgabenordnung – verbunden mit einer verfassungsgesetzlichen Kompetenzänderung zu Gunsten des Bundes  – wird die Vollziehung der Abgabengesetze vereinfachen - die zehn Abgabenordnungen werden auf eine reduziert.

Kampf gegen Missbrauch von Banken durch Terroristen wird verschärft  

Eine Regierungsvorlage mit Änderungen im Bankwesengesetz, im Börsegesetz, im Versicherungsaufsichtsgesetz, im Wertpapieraufsichtsgesetz und im Pensionskassengesetz (286 d.B.) dient der Intensivierung des Kampfes gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Vorgesehen sind verstärkte Sorgfaltspflichten bei Kunden oder Geschäftsbeziehungen mit hohem Risiko und angemessene Verfahren zur Festgestellung,  ob es sich bei einer Person um eine politisch exponierte Person handelt. Zugleich werden die Sorgfaltspflichten in Fällen erleichtert, in denen das Risiko von Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung objektiv gering ist.

In das Bankwesengesetz werden überdies Strafen bei Verstößen gegen die EU-Verordnung zur Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers aufgenommen. Um die Transparenz im Zahlungsverkehr zu gewährleisten und Geldtransfers lückenlos zurückverfolgen zu können, muss jede Überweisung von einem vollständigen Kundendatensatz (Name, Adresse und Kontonummer) begleitet sein. Gemeinschaftsrechtskonforme Ausnahmen von der Anwendbarkeit der Verordnung gelten für traditionelle Kleinbetragsspenden via Erlagschein an karitative Einrichtungen.

EU-Richtlinie zur Verwirklichung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen verpflichtet die Mitgliedstaaten,  dafür zu sorgen, dass der „Faktor Geschlecht“ im Bereich verwandter Dienstleistungen nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen führt. Geschlechtsspezifische Unterschiede sind aber - künftig auch für Pensionskassen - zulässig, sofern das Geschlecht für die Risikobewertung ein bestimmender Faktor ist und solche Unterschiede durch aussagekräftige versicherungsmathematische und statistische Daten unterlegt werden.

EU-Anpassungen für Wirtschaftstreuhänder ...

Zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen hat die Bundesregierung einen Entwurf zur Änderung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes (279 d.B.) vorgelegt.  Wirtschaftstreuhänder, die in EU, EWR oder in der Schweiz berufsberechtigt niedergelassen sind und grenzüberschreitend tätig werden, müssen Berufsbezeichnung in der Amtssprache des Niederlassungsstaates führen und den Dienstleistungsempfänger informieren. Bei nicht gleichwertiger Berufsqualifikation kann ein Niederlassungswerber eine Eignungsprüfung ablegen. Die zu erwartenden Auswirkungen der Richtlinienumsetzung auf den Arbeitsmarkt der österreichischen Wirtschaftstreuhänder werden in den Erläuterungen als "marginal" bezeichnet.

... Ziviltechniker und ...

Ein Entwurf zur Änderung des Ziviltechnikergesetzes (287 d.B.) dient der Umsetzung der EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Ziviltechniker, die in EU, EWR oder in der Schweiz zeitweilig und gelegentlich grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen, müssen ihre Berufsbezeichnung in der Amtssprache des Niederlassungsstaates führen und den Dienstleistungsempfänger informieren. Bei nicht gleichwertiger Berufsqualifikation ist eine Eignungsprüfung oder ein Anpassungslehrgang zu absolvieren.

... Bilanzbuchhalter

Ein Entwurf zur Änderung des Finanzbuchhaltungsgesetzes (288 d.B.)   dient der Umsetzung der EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Bilanzbuchhalter, Buchhalter und Personalverrechner, die in EU, EWR oder in der Schweiz berufsberechtigt niedergelassen sind und grenzüberschreitend tätig werden, müssen Berufsbezeichnung in der Amtssprache des Niederlassungsstaates führen und den Dienstleistungsempfänger informieren. Bei nicht gleichwertiger Berufsqualifikation kann ein Niederlassungswerber entweder einen Anpassungslehrgang absolvieren

oder eine Eignungsprüfung ablegen. Die zu erwartenden Auswirkungen der Richtlinienumsetzung auf den Arbeitsmarkt der österreichischen Bilanzbuchhalter werden in den Erläuterungen als "marginal" bezeichnet. (Schluss)