Parlamentskorrespondenz Nr. 963 vom 05.12.2007

Von der Bürgerkarte bis zum Datenschutzübereinkommen

Ab März 2008 treiben Behörden ausländische Verkehrsstrafen sein

Wien (PK) - Im Zusammenhang mit der E-Government-Gesetz-Novelle, der Änderung des Vermessungsgesetzes, des Signaturgesetzes und des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007 erklärte Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) das Projekt Bürgerkarte angesichts der geringen Akzeptanz durch die Bevölkerung für gescheitert. Er sah darin technische und datenschutzrechtliche Probleme und warnte vor der Gefahr eines "gläsernen Bürgers". Steinhauser forderte den Stopp des Projektes und sprach sich statt dessen für einen weiteren Ausbau des Online-Angebots der Behörden aus.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) wies die Kritik seines Vorredners zurück, hielt die Bürgercard aber für verbesserungsfähig. Ein von Kräuter eingebrachter S-V-Abänderungsantrag zum Zustellgesetz zielte darauf ab, dass bei Anbringen außerhalb der Amtsstunden die behördlichen Entscheidungsfristen erst mit Wiederbeginn der Amtszeit zu laufen beginnen sollen.

Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) begrüßte das E-Government-Gesetz aus dem Blickwinkel der Verwaltungsvereinfachung. Der von Kräuter eingebrachte Abänderungsantrag hingegen ging seiner Meinung nach an der Praxis völlig vorbei. Es gehe nicht an, dass das Abstellen des Faxgerätes den Fristenlauf hemmen könne, argumentierte er.

Abgeordneter MORAK (V) sah Österreich beim E-Government auf gutem Weg, drängte aber dennoch auf eine beschleunigte Weiterentwicklung, da nicht einzusehen sei, dass das, was etwa im Bereich der Bankomat-Karte funktioniere, nicht auch beim E-Government eingeführt werden könne. Die Grünen, die in manchen Bereichen immer noch auf die Produktion zusätzlichen Papiers Wert legten, mahnte der Redner, "Bruder Baum nicht zu vergessen".

Abgeordneter SCHEIBNER (B) sprach sich ebenfalls dafür aus, moderne Kommunikationsmöglichkeiten zu erweitern und die Bürger-Karte besser zu nutzen. Die Regelungen beim Zustellgesetz seien zu kompliziert, lautete Scheibners Kritik, der damit die Ablehnung seiner Fraktion begründete.

Für Staatssekretärin SILHAVY ist die Bürger-Karte nicht einfach eine Karte, sondern ein Konzept, das die Verwaltung effizienter und bürgernäher machen soll. Zugleich betonte die Staatssekretärin das Ziel, alle Kanäle auch für Menschen offen zu halten, die keinen Zugang zum Internet haben. Im Einzelnen erläuterte die Staatssekretärin die größere Transparenz im Bereich der elektronischen Signatur, die die Arbeit der Signaturzertifizierungsunternehmen und die Ausgabe der Bürgerkarte erleichtern werde.

Abgeordneter Dr. SCHELLING (V) begrüßte die technischen Anpassungen aufgrund der Erfahrungen seit Einführung der Bürger-Karte, drängte auf eine intensivere Aufklärung der Bevölkerung über die Nutzungsmöglichkeiten der Bürger-Karte sowie auf weitere Verwaltungsvereinfachungen und auf eine dadurch möglich werdende Senkung der Verwaltungsgebühren.

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) erinnerte an die konstruktiven Vorschläge der Landesverwaltungen zur Umsetzung der vorliegenden Neuerungen und verlangte seinerseits, über Alternativen bei den Zustellnachweisen nachzudenken.

Bei der Abstimmung wurden die E-Government-Gesetznovelle, die Änderung des Vermessungsgesetzes und die Änderung des Signaturgesetzes jeweils mit S-V-F-B-Mehrheit verabschiedet.

Das Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz wurde samt S-V-Abänderungsantrag teils mit S-V-, teils mit S-V-F-Mehrheit beschlossen.

Abgeordneter PRÄHAUSER (S) erläuterte den Inhalt des BG über die Errichtung eines Rates für Fragen der österreichischen Integrations- und Außenpolitik, mit der die Zusammensetzung des Rates für Integration und Außenpolitik sowie des Nationalen Sicherheitsrates verändert und die Möglichkeit geschaffen wird, eine Sitzung auf Verlangen von zwei Mitglieder eines Rates einzuberufen. Dadurch werden gemeinsame Entscheidungen in wichtigen Fragen erleichtert.

Abgeordneter BROSZ (G) wertete die Einführung eines Minderheitenrechts bei der Einberufung von Beratungsgremien als Signal in Richtung Geschäftsordnung des Nationalrates, auch hier Minderheitenrechte einzuführen, etwa bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) appellierte an die Regierung, die Entscheidungen des Nationalen Sicherheitsrates ernst zu nehmen.

Der Antrag wurde einstimmig beschlossen.

Der nächste Punkt der Tagesordnung betraf ein EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz. Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) hielt es für wichtig, Verkehrssünder grenzüberschreitend verfolgen zu können, und zu verhindern, dass Straßenverkehrsdelikte im Ausland, insbesondere Autoraserei, als Kavaliersdelikt betrachtet werden können. In diesem Sinne brachte der Abgeordnete einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, in dem die Grünen einen vollständigen Kfz-Halterdatenaustausch in der EU fordern.

Abgeordneter FAZEKAS (S) bekannte sich zur Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses über die gegenseitige Anerkennung von Verwaltungsbußen und -strafen und begrüßte es, dass die Einhebung der Gelder bei den Behörden bleibe und die Beschäftigung von Inkasso-Büros ausgeschlossen werde.

Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) trat für die gleiche Einhebung von Verwaltungsstrafen in ganz Europa ein, warnte aber vor einer Musterschülerrolle Österreichs. Ein Abänderungsantrag seiner Partei war darauf gerichtet, das Inkrafttreten des Gesetzes bis 2010 aufzuschieben, um Zeit für Maßnahmen zur Gewährleistung größtmöglicher Gegenseitigkeit zwischen den EU-Mitgliedsländern zu gewinnen.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) wandte sich gegen die Verschiebung des Inkrafttretens, weil dies "eine Endlosschleife" bei der Umsetzung der Rahmenrichtlinie nach sich ziehen würde. Bedenken gegen diese Umsetzung seien im Ausschuss berücksichtigt und daher vorgekehrt worden, dass die Vollstreckung einer nicht gerechtfertigten Strafe von österreichischen Behörden abgelehnt werden könne. Überdies werde die Regierung nach einem Jahr einen Erfahrungsbericht vorlegen.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) kündigte die Ablehnung des Gesetzes durch seine Fraktion an, das befürchten lasse, dass zwar österreichische Lenker für Delikte im Ausland verfolgt werden, ausländische Verkehrssünder in Österreich aber mangels ausreichender Rechtshilfe unbehelligt blieben.

Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) erinnerte an die Verpflichtung Österreichs, die Rahmenrichtlinie zur Verwaltungsstrafvollstreckung umzusetzen, und warnte generell davor, gegenüber der EU Misstrauen zu hegen. Der Abgeordnete zeigte sich froh über einen ersten Schritt zur gemeinsamen Verfolgung von Verkehrssündern auf den europäischen Straßen. Über die Erfahrungen, die bei der Umsetzung dieses Gesetzes gemacht werden, werde der Nationalrat anhand eines Berichtes schon in einem Jahr diskutieren können.

Abgeordneter PRASSL (V) klärte auf, dass die Vollstreckung jeweils dort erfolgen soll, wo der Lenker Einkommen und Vermögen besitzt, wobei die Geldbuße jeweils dem Vollstreckungsstaat zufließen soll.

Staatssekretärin SILHAVY erinnerte, dass mit dem vorliegenden Gesetz im Bereich der Verwaltung nachvollzogen werde, was im Bereich der Justiz bereits gelte. Die Maßnahme diene dazu, die Straßen in Österreich und in Europa sicherer zu machen.

Bei der Abstimmung wurde das Gesetz mit S-V-Mehrheit verabschiedet. Die Anträge der Opposition blieben jeweils in der Minderheit der Antragssteller.

Der einhelligen Zustimmung zu der 15a-Vereinbarung über die Einrichtung von Kontrollsystemen für die EU-Strukturfonds in der Periode 2007 bis 2013 gingen positive Wortmeldungen der Abgeordneten Mag. GROSSMANN (S), Dr. PIRKLHUBER (G) und SCHEIBNER (B) voraus.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) unterstrich die Bedeutung der Strukturfondsmittel für regionale Initiativen, etwa bei der Qualifizierung von Arbeitnehmern, warnte aber davor, bei der Kontrolle nicht über das Ziel hinauszuschießen. Man sollte dafür sorgen, dass das Geld in Leistungen und nicht in den Verwaltungsapparat fließe.

Auch Abgeordneter Dr. PIRKLHUBER (G) bezeichnete die Rolle der NGOs in der Regionalförderung als wichtig. Sein spezielles Anliegen war die Berücksichtigung des Gender-Mainstreaming in den Förderungsleitlinien. Sie werde auf das Gender-Mainstreaming achten, sagte ihm Staatssekretärin SILHAVY in einer kurzen Wortmeldung zu.

Änderung des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und ein Zusatzprotokoll hierzu.

Abgeordneter MARIZZI (S) begrüßte den Beitritt der EU zum Datenschutzübereinkommen des Europarates und zeigte sich stolz auf die Arbeit der österreichischen Datenschutzkommission. An die Bundesregierung richtete der Abgeordnete den Appell, bei der personellen Ausstattung der Datenschutzorganisationen künftig großzügiger zu sein.

Abgeordneter BROSZ (G) unterstützte das internationale Übereinkommen, sprach sich aber gleichzeitig dafür aus, die Meinung von Kontrollstellen stärker zu berücksichtigen. Die Kritik des Abgeordneten richtete sich darauf, dass Bildungsdaten nach wie vor mit Gesundheitsdaten verknüpft würden.

Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) meinte, in Österreich werde der Datenschutz schon längst positiv gelebt, in diesem Sinne sei auch dieses Abkommen zu unterstützen, welches das wichtigste multilaterale Dokument auf diesem Gebiet sei. Die Materie sei also positiv und finde die Zustimmung seiner Fraktion.

Auch Abgeordneter SCHEIBNER (B) signalisierte Zustimmung zu diesem "wichtigen Signal auf europäischer Ebene" und setzte sich sodann mit heimischen Aspekten der Materie auseinander.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) trat gleichfalls für die Annahme der Vorlage ein.

Staatssekretärin SILHAVY würdigte den Umstand, dass es in Österreich einen breiten Konsens hinsichtlich des Umgangs mit dem Datenschutz gebe und dankte für die ausführliche Debatte.

Die Vorlagen wurden einstimmig angenommen. (Fortsetzung/Strafrechtsänderung)