Parlamentskorrespondenz Nr. 971 vom 06.12.2007

Neuer Finanzausgleich mit Stimmen der Koalition beschlossen

Opposition vermisst Reformansatz

Wien (PK) - Nationalratspräsidentin Mag. Prammer teilte den Abgeordneten vor Eingang in die Tagesordnung der 42. Sitzung des Nationalrates eine Dringliche BZÖ-Anfrage (2597/J) an die Justizministerin mit. Der Titel lautet: "Gewalt gegen Kinder - Stunde der Wahrheit für Berger". Im Anschluss an die um 15 Uhr zum Aufruf gelangende Anfrage wird, ebenfalls auf Verlangen des BZÖ, eine Kurzdebatte zum Thema Heizkostenausgleichsfondsgesetz stattfinden. Das BZÖ verlangt eine Fristsetzung für seinen Antrag 435/A.

Finanzausgleich und Stabilitätspakt mit Mehrheit der Koalition

Die Debatte über das Finanzausgleichsgesetz 2008 und den österreichischen Stabilitätspakt 2008 eröffnete Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V). Die Tagesordnung der heutigen Sitzung beweise eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit von Finanzminister Molterer, seines Ressorts und des Finanzstaatssekretärs Matznetter. In kurzer Zeit sei ein neuer, für sechs Jahre geltender Finanzausgleich, ein "Zukunftspakt für Österreich" ausverhandelt und dem Parlament vorgelegt werden. Eine Novelle zum Bundeshaushaltsgesetzes bringe die größte Budgetrechts-Novelle der Zweiten Republik. Dazu kommt ein Paket für die in ihrer Existenz gefährdeten Trafikanten, unter ihnen viele Behinderte. Außerdem werden Gebühren, die bisher bei der Geburt eines Kindes eingehoben wurden, abgeschafft, lobte Abgeordneter Stummvoll. Die aktuelle Kritik der Medien an der großen Zahl von Gesetzesbeschlüssen in kurzer Zeit sei ihm lieber als der Vorwurf, die Regierung bringe nichts zusammen, sagte der Abgeordnete.

Die Finanzpolitik der Bundesregierung beruhe auf den Grundwerten Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit, sagte Stummvoll einmal mehr und illustrierte dies konkret an der Sicherung der Spitalsfinanzierung, des Ausbaus der Kinderbetreuung, der Pflegevorsorge und der Mindestsicherung durch den neuen Finanzausgleich. Dieser Finanzausgleich sei "Politik im besten Sinne des Wortes, nämlich Zukunftsgestaltung für die Menschen unseres Landes". Als Waldviertler Abgeordneter sei er froh darüber, dass der Finanzausgleich kleinen Gemeinden 100 Mill. € mehr zur Verfügung stellt, "denn wir wollen, dass kleine Einheiten mehr Aufgaben übernehmen - dafür brauchen sie aber auch mehr Geld".

Abgeordneter Kai-Jan KRAINER (S) erinnerte daran, dass vorzeitige Finanzausgleichsverhandlungen notwendig geworden waren, weil die Bundesländer mit ihrem Geld nicht mehr ausgekommen seien und auch ihren Beitrag zum Stabilitätspakt nicht mehr erfüllen konnten. Die einzige Ausnahme stelle Wien dar, das nach wie vor die geringste Pro-Kopf-Verschuldung Österreichs aufweise. Der neue Finanzausgleich zeige die Schwerpunkte der neuen Bundesregierung: Lösung der Pflegeprobleme, Maßnahmen für den Klimaschutz, Bekämpfung der Armut und Sicherstellung der Spitalsfinanzierung. Zudem gehe es darum, nicht nur von einem Weltklasse-Bildungssystem zu reden, sondern aus dem Mittelmaß wieder an die Spitze zu kommen sowie Familie und Beruf für Frauen vereinbar zu machen. Der Finanzausgleich sichere zudem kleine Schulen im ländlichen Raum und bringe mit der Aufhebung der Selbstträgerschaft einen wichtigen Teil der Verwaltungsreform.

Der Redner würdigte auch die Leistung des Ressorts bei der Formulierung der Bundeshaushaltsrechtsreform und hob beim Thema Finanzmarktaufsicht hervor, wie wichtig es sei, eine schlagkräftige neue Kontrolle einzurichten, um Konsumenten und kleine Anleger zu schützen. Daher sei es zu begrüßen, wenn künftig "die Profis von der Nationalbank für die Sicherheit der Spareinlagen sorgen".

Abgeordneter Mag. Bruno ROSSMANN (G) stimmte seinen Vorrednern zu, wenn sie die Haushaltsrechtsreform als einen wichtigen Schritt nach vorne bezeichnen. Weniger positiv sah der Abgeordnete die Reform der Finanzmarktaufsicht, da sie keine Anlegerentschädigung vorsehe. Massive Kritik übte der Redner am neuen Finanzausgleichsgesetz. Es sei kein Zukunftspakt und bringe keine großen Lösungen, weder für das Pflegeproblem noch für die Kinderbetreuungseinrichtungen und auch die Probleme des Gesundheitswesens blieben laut Rossmann ungelöst. Da und dort werde ein bisschen mehr Geld ausgegeben, von Verwaltungsreform könne aber keine Rede sein.

Vor allem aber sei es nicht gelungen, eine gerechte Gemeindefinanzierung zustande zu bringen, die sich an den Aufgaben orientiert - stattdessen werde Geld wahllos an kleine Gemeinden verteilt. Das System des Transferchaos blieb unangetastet, die Kluft zwischen Finanzierungsverantwortung und Aufgabenerfüllung klaffe weiterhin auseinander - das Paradies der Unwirtschaftlichkeit bleibe bestehen, die Bundesstaatsreform lasse weiterhin auf sich warten. In diesem Zusammenhang verwies der Redner auf das Beispiel der Schweiz, wo 2008 ein neuer Finanzausgleich und eine neue Kompetenzverteilung in Kraft treten. In Österreich aber werden die Landeshauptleute weiterhin nur für 3 % der Einnahmen verantwortlich sein. Sie werden auch künftig durch ihre Länder reisen können und Gelder verteilen, für die der Bund Verantwortung zu tragen hat.

Es sei falsch, bei der Finanzierung der Gemeinden nach dem Grundsatz vorzugehen, jeder Bürger sei gleich viel wert, denn, so Rossmann, große Gemeinden haben größere Aufgaben - Spitäler, Sport- und Kultureinrichtungen - die auch von den Bewohnern kleiner Gemeinden genutzt werden. Daher bedürfe es eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs, der Zentren im Raum fördere, denn diese seien die Motoren für die Entwicklung der Gesellschaft, der Kultur und der Arbeitsplätze.

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) konfrontierte die Bundesregierung und die Koalitionsparteien vorweg mit dem Vorwurf, es bedeute nicht Recht zu haben, weil man über die Mehrheit verfüge. Wer den Menschen zuhöre, wisse, wie enttäuscht sie von der Politik der Regierung seien. Enttäuscht über den neuen Finanzausgleich sei aber beispielsweise auch Wirtschaftskammerpräsident Leitl, der von Stillstand und Rückschritt gesprochen und darüber geklagt habe, dass notwendige Veränderungen in Österreich offenbar nicht gewünscht seien. Der F-Klubobmann kritisierte die weitergehende Ausdünnung des ländlichen Raums und forderte Hilfestellungen für Siedlungsgemeinden, die bereits 15 % ihrer Aufwendungen zur Lösung sozialer Probleme ausgeben müssen.

Die Regierung übersehe unsoziale Entwicklungen und Gefahren für den Sozialstaat; Strache machte auf die unsoziale Verteilung der Vermögen in Österreich aufmerksam. Ein Prozent der Bevölkerung besitze ein Drittel aller Vermögen, 9 % verfügten über das zweite Drittel und auf 90 % entfalle das restliche Drittel. Vor diesem Hintergrund sei eine Million Menschen in Österreich armutsgefährdet, 160.000 Menschen seien nicht krankenversichert. Die Armut werde durch die enorme Teuerung der letzten Jahre zusätzlich verschärft. Rindfleisch wurde um 45 %, Kartoffeln um 34 % teurer. Während die Grundversorgung von Asylanten gewährleistet werde, sei die Bundesregierung nicht bereit das Pflegeproblem zu lösen, kritisierte der FPÖ-Klubobmann. Die ÖVP wolle die Illegalität verlängern, die SPÖ wolle die Familien zur Finanzierung der Pflege heranziehen. Die FPÖ verlange hingegen eine Erhöhung des Pflegegeldes um 18 % und eine jährliche Indexerhöhung, schloss Klubobmann Strache.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) sah keinen Grund, von "Heldentaten" der Regierung zu sprechen, über die Haushaltsrechtsreform habe man drei Jahre lang diskutiert und sei sich in der Sache schon lange weitgehend einig. Auch die Reform der Finanzmarktaufsicht sei keine große Tat, sie folge - wie bei ASFINAG und ÖBB - dem "rot-schwarzen Reißverschlusssystem" und verteile die Kontrollaufgaben auf Nationalbank und Aufsichtsbehörde. Auch mit der gerühmten Stabilität sei es nicht weit her, stabil sei lediglich die permanente Streitkultur zwischen den Regierungsparteien. Das gelte auch für die Verlässlichkeit - worauf sich der Bürger verlassen könne, seien permanente Erhöhungen von Steuern und Abgaben, kritisierte Bucher. An den großen Problemen, an der immer dringender werdenden Verwaltungsreform, an der Verbesserung der Schulen und an der Reform der Krankenanstaltenfinanzierung schwindle sich die Regierung vorbei und verspreche den Menschen statt dessen eine große Steuerreform im Jahr 2010. Wie diese Reform zustande kommen solle, sei aber mehr als fraglich, sagte der Abgeordnete. Er könne sich nicht vorstellen, wie SPÖ und ÖVP ihre Differenzen bei den Themen Familiensplitting und Vermögensbesteuerung bereinigen könnten.

Der Kritik Straches an der Teuerung und an der Erhöhung von Gebühren und Abgaben - ORF, ÖBB, Tabak, Mineralölsteuer, Normverbrauchsabgabe - stimmte Bucher zu, klagte seinerseits darüber, dass bei der Verwaltungsreform nichts weitergehe und schloss mit der Feststellung: "Das BZÖ kann dem neuen Finanzausgleich nicht zustimmen."

Finanzminister Mag. Wilhelm MOLTERER (V) wandte sich gegenüber seinen Vorrednern entschieden dagegen, Österreich in Grund zu Boden zu reden und dabei alle Fakten zu ignorieren. Österreich liege mit einer Wachstumsrate von 3,4 % über dem Durchschnitt des Euro-Raums und werde auch im kommenden Jahr schneller wachsen als die anderen Euroländer. Mit einer Arbeitslosenrate von 4,2 % zähle Österreich zu den Top 4 der EU und die österreichischen Unternehmer und Arbeitnehmer bewiesen ihre weit überdurchschnittliche Wettbewerbsfähigkeit mit einer Exportrate von 60 %. Die Staatsschuldenquote habe zuletzt die Grenze von 60 % unterschritten. Der "Economist" sah sich zuletzt veranlasst, einen Artikel über Österreich mit "The Sound of Success" zu überschreiben, berichtete Vizekanzler Molterer mit Stolz.

"Darf´s ein bisserl mehr sein?" lautete Molterers pointierte Antwort auf die Forderungen der Opposition. Es wäre falsch, die alte Politik des Schuldenmachens unter diesem Motto fortzusetzen, weil es nicht angehe, junge Menschen künftig die Ausgaben von heute zahlen zu lassen - "damit muss Schluss sein". Daher laute das gemeinsame Ziel von Bund, Ländern und Gemeinden, solide zu wirtschaften und bis 2010 ein Nulldefizit zu erreichen, "damit wir uns eine Steuerreform zur Entlastung der Menschen leisten können". Ohne diese solide Finanzpolitik wäre es auch nicht möglich gewesen, die Pensionen zu erhöhen, den Mittelstand zu entlasten und Zukunftsinvestitionen zu finanzieren. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in die Zukunft sei auch die Bundeshaushaltsrechtsreform, mit der Österreich zum Vorbild für viele europäische Länder werde. Haushalte werden künftig planbarer, das Controlling verbessert und das Parlament stärker in die Budgetpolitik einbezogen.

Der neue Finanzausgleich ist für Molterer die Antwort auf die täglichen Probleme von 8,3 Mill. Menschen in 2.500 Gemeinden. Er sichert den Schulunterricht, die Finanzierung der Spitalsleistungen, die Mindestsicherung und die kleinen Gemeinden. Die Forderung des Abgeordneten Rossmann, mehr Geld in die großen Zentren zu pumpen zeige, dass er den Sinn des Finanzausgleichs nicht verstanden habe. Das zitierte "Transferchaos" sei bereinigt worden, beim Klimaschutz sei die Bundesregierung gemeinsam mit Ländern und Gemeinden gut unterwegs, sagte Finanzminister Molterer.

Der Minister wies auch auf die Maßnahmen zugunsten der Trafikanten hin, die vielfach existenzgefährdende Umsatzeinbußen verzeichneten. Bei der Reform der Finanzmarktaufsicht habe man Empfehlungen des Rechnungshofes aufgegriffen und Verbesserungen im Interesse der Konsumenten und der Wirtschaft herbeigeführt. In Rekordtempo sei es auch möglich gewesen, Gebühren abzuschaffen, die bisher bei der Geburt eines Kindes eingehoben wurden, teilte Finanzminister Molterer den Abgeordneten mit.

Abgeordneter AUER ((V) begrüßte den Finanzausgleich als akzeptablen Abschluss und ersten Schritt zu mehr Gerechtigkeit für die kleineren Gemeinden, war sich aber klar darüber, dass das Auseinanderklaffen der reichen und der armen Gemeinden dadurch sicher nicht gemildert werden könne. Bei den Sprechern der Opposition diagnostizierte Auer fehlendes Grundwissen, wobei er vor allem dem Abgeordneten Rossmann vorwarf, nichts von der Kommunalpolitik zu verstehen.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) sah im Finanzausgleich eine Basis, mit der viele sozialdemokratische Forderungen insbesondere in den Bereichen Bildung und Kinderbetreuung Schritt für Schritt verwirklicht werden können. So sei es nach der Flexibilisierung des Kindergelds nun gelungen, Ländern und Gemeinden Geld für den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze zukommen zu lassen. Als positiv hob die Rednerin auch die 120 Mill. € hervor, die für Bildung und Ausbildung der Kinder investiert werden können.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) beklagte, die Reformen beim Finanzausgleich würden immer nur im Schneckentempo erfolgen. Das Kernproblem des Auseinanderfallens von finanzieller Verantwortung für die Einnahmen und finanzieller Verantwortung für die Ausgaben sei auch diesmal wieder nicht angegangen worden, man stehe heute noch auf dem gleichen Stand, wie vor fünfzig Jahren. Im Einzelnen kritisierte Van der Bellen, dass die Kinderbetreuung nach wie vor nicht gesichert sei und auch ausreichende Mittel für die neue Mittelschule fehlen.

Abgeordneter WEINZINGER (F) vermisste ebenfalls Reformen im Finanzausgleich und meinte, die Strukturprobleme der kleineren Gemeinden könnten damit nicht einmal angegangen werden. Heftige Kritik übte er insbesondere an der Erhöhung der Handelsspannen für die Trafiken und an steuerlichen Mehrbelastungen für die Nahversorgungsbetriebe.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (B) stellte unter Hinweis auf die Steigerungen bei den Krankenversicherungsbeiträgen und den Rezeptgebühren, aber auch auf die Regelung der Pflege und die Mehrbelastungen der Familien durch Preissteigerungen fest, die soziale Wärme sei mit der neuen Regierung nicht gekommen, vielmehr blase ein kalter Wind den Menschen ins Gesicht. Er forderte eine Senkung der Lohnsteuer und die Abschaffung der Überstundenbesteuerung sowie einen Teuerungsausgleich.

Staatssekretär Dr. MATZNETTER erwiderte auf die Kritik seiner Vorredner, der neue Finanzausgleich ermögliche eine Mindestsicherung von 747 € ab dem Jahr 2009. Weiters sei es gelungen, den Ländern den Konsolidierungsbeitrag zurückzugeben. Dazu komme noch, dass die Länder für die Spitalsfinanzierung 100 Mill. € erhalten. Auch leiste die Regierung ihren Beitrag zur Verbesserung der vorschulischen Betreuung, für die, wie Matznetter vorrechnete, 120 Mill. € in den nächsten drei Jahren mobilisiert werden.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) sprach aus der Sicht des ländlichen Raumes von einem guten und gerechten Finanzausgleich, bei dem viele Forderungen der Volkspartei und des Bauernbundes umgesetzt wurden. Heftig kritisierte der Redner in diesem Zusammenhang SP-Bundesgeschäftsführer Kalina wegen dessen Ständestaat-Äußerungen und forderte eine Entschuldigung von Parteichef Gusenbauer.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) qualifizierte den Finanzausgleich als relativ gut für die Gemeinden, äußerte aber die Befürchtung, dass nicht das ganze Geld in den Kommunen ankomme, sondern bei den Ländern hängen bleiben könnte. Er bedauerte darüber hinaus auch, dass die Dotierung des Katastrophenfonds mit 10 Mill. € nicht ausreichend ausgefallen sei.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) sprach von vertanen Chancen und meinte, es gehe oft um das Thema "Bund versus Länder". Zunehmend mache sich Ärger breit, dass der Bund, gemessen an seinen Zielen, immer weniger durchsetzt. Es "hapert und hängt" nicht so sehr am Vizekanzler und am Staatssekretär, sondern bei den Landeshauptleuten. Aus der Sicht Koglers ist die Landeshauptleutekonferenz ein "ein Waggon voller Reformverweigerer". Es gebe genügend Materien, bei denen man auf Bundesebene schon weiter sei als auf Landesebene. Diese Ansicht werde unisono vertreten. Die Länder, betonte er abermals, wollen in ihren Systemen verharren - und das vor dem Hintergrund der Globalisierung. Es wäre, so Kogler, an der Zeit zu überlegen, ob man nicht einen anderen Verhandlungsstil mit den Ländern einschlagen sollte, habe man doch bisher schon genug Zeit verschlafen.

Abgeordneter GRADAUER (F) stellte fest, dass Valorisierungen, wie im Abgabensicherungsgesetz vorgesehen, nur zugunsten des Fiskus stattfinden. Durch das Abgabensicherungsgesetz hole sich der Finanzminister ein Körberlgeld von ca. 25 Mill. €. Es heiße immer wieder, die ÖVP sei die Mittelstands- und Wirtschaftspartei. Diese Ansicht kann der F-Abgeordnete nicht teilen, weil die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, die in den neunziger Jahren gegründet wurden, durch diese Gesetzesvorlage in ihrer Effektivität beschnitten werden; diese Finanzierungsgesellschaften sind für den Mittelstand außerordentlich wichtig, weil sie Wirtschaftswachstum und Beschäftigung speziell im kleineren und mittleren Betriebsbereich fördern. Für den Redner erhebt sich die Frage, weshalb man die Voraussetzung für die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften abändere, ohne über Alternativen nachzudenken, z. B. über eine gesetzliche Anerkennung der Private-Equity-Gesellschaften.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) sprach das Gesundheitssystem an, befürchtete, dass die Krankenversicherungsbeiträge weiter angehoben werden, und strich heraus, dass seine Fraktion einer Sanierung über Einsparungen und einen Philosophiewechsel das Wort rede. Man soll "nicht das Kranksein finanzieren, sondern in die Vorsorge investieren". Die Länder sollten angehalten werden, die Pensionsprivilegien im Landesdienst zu reformieren bzw. eine Vereinfachung der Kompetenzen herbeiführen. Wenn, sagte Scheibner in Richtung des Finanzministers, die Steuereinnahmen sprudeln, dann sollte ein Teil dieser Einnahmen wieder an die zurückfließen, die das bezahlt haben, nämlich an die Steuerzahler. Und das über eine Steuerreform - nicht erst im Jahr 2010, sondern jetzt, da es gelte, die Kaufkraft weiter zu steigern. Zudem forderte Scheibner, dass im Bereich des Katastrophenschutzes mehr getan werde.

Abgeordnete LENTSCH (V) meinte, der Finanzausgleich sei ebenso wie das Budget in einer Geschwindigkeit erstellt worden, die von niemandem erwartet wurde. Kein Ressort könne eine solche Leistungsbilanz aufweisen wie das Finanzministerium. Der Finanzausgleich, so Lentsch, bringe endlich das, was die ÖVP permanent gefordert hat, nämlich mehr Geld für die kleinen Gemeinden, für den ländlichen Raum. Der neue Finanzausgleich werde nicht auf vier, sondern auf sechs Jahre beschlossen, was den Gemeinden mehr Planungssicherheit bringe. Positiv bewertete sie, dass auch die Bundesländer die Pensionsreform, die auf Bundesebene im Jahr 2003 beschlossen wurde, umsetzen werden bzw. müssen.

Abgeordnete RINNER (S): Die Finanzausgleichsverhandlungen zwischen den Bund, den Ländern und den Gemeinden wurden erfolgreich abgeschlossen. Die Bundesregierung habe ein deutliches Signal gesetzt. Mit den Bereichen der Kinderbetreuung, der Bildung, der Gesundheit und der bedarfsorientierten Mindestsicherung habe die Koalition große Herausforderungen angenommen und bewiesen, dass sie die Sorgen und Nöte der Menschen sehr ernst nimmt. Die SPÖ und die ÖVP sicherten gemeinsam die Mittel für die großen Projekte. Das bedeute Sicherheit für alle ÖsterreicherInnen.

Im Zusammenhang mit der 24-Stunden-Pflege wies die Rednerin darauf hin, dass die Zahl der über 80-Jährigen bis zum Jahr 2010 um 2 % zunehmen wird. Aufgrund dieser Prognosen gewinne die Absicherung für den Fall der Pflegebedürftigkeit immer mehr an Bedeutung. Mehr als 80 % aller pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause von ihren Familienangehörigen betreut. Gerade sie ermöglichten es, dass pflegebedürftige Menschen so lang wie möglich ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung führen können. Mit der 24-Stunden-Pflege werden nun einheitliche Qualitätsstandards und einheitliche Förderhöhen in den Bundesländern geschaffen und die Position der pflegenden Angehörigen wird gestärkt. Mit dem Auslaufen der Amnestieregelung wird die letzte Unsicherheit beseitigt, betonte sie.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) meinte, der Finanzausgleich habe auf lebensnahe Fragen keine Antwort. Der Vizekanzler hätte es in der Hand gehabt, über den Finanzausgleich dafür zu sorgen, dass die Menschen in Zukunft in thermisch sanierten Wohnungen leben könnten, so dass sie Heizkosten sparen könnten, er hätte dafür sorgen können, dass sich die Wohnbauförderung an den Klimaschutzzielen orientiert und den Menschen beim Heizkostensparen hilft. Eine WIFO-Studie, die in Zusammenarbeit mit der Industriellenvereinigung entstanden ist, zeige auf, wo bei der thermischen Sanierung dringender Handlungsbedarf besteht. Die 15a-Vereinbarung helfe den Menschen jetzt und hier nicht. Außerdem soll mit der gedeckelten Wohnbauförderung nicht nur saniert, sondern auch neuer, kostengünstiger Wohnraum geschaffen werden. Ferner warf sie dem Finanzminister vor, nichts unternommen zu haben, um mehr Mittel in Richtung öffentlichen Verkehr auf Landesebene zu lenken. Die Mineralölsteueranteile werden überwiesen, aber es besteht kein Junktim für die Länder. Die Grünen fordern, damit sich die Menschen Mobilität leisten können, eine verstärkte Orientierung der MöST-Mittel in Richtung Ausweitung des öffentlichen Verkehrs.

Abgeordneter ZANGER (F) wies darauf hin, dass die kleinen Gemeinden schon seit Jahren jeden Euro zweimal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben. In Österreich gebe es eine hervorragende Wirtschaftslage, aber die Regierung zeige keinen politischen Willen zu Strukturänderungen und echten Reformen. Ein vernünftiger und weitsichtiger Finanzausgleich würde bestehende Probleme berücksichtigen. Die Abwanderung der Jugendlichen aus dem ländlichen Raum mangels Bildungs- und Ausbildungsangeboten, Chancen und Perspektiven gehe auf Versäumnisse der Regierung zurück. Ein freiheitlicher Ansatz für einen Finanzausgleich würde unter dem Credo "Chancen schaffen, Heimat stärken" stehen. Es soll nicht nur um das Hin- und Herschieben von Geld gehen, sondern auch um einen Chancenausgleich.

Abgeordneter SCHALLE (B) vertrat die Ansicht, die rot-schwarze Regierung wisse nicht mehr, wo den Menschen der Schuh drückt. Über 250.000 Haushalte können sich die Heizung nicht mehr leisten. Letzten Umfragen zufolge kommt die Hälfte der Bevölkerung mit dem Geld nicht mehr aus, und das obwohl Österreich zu den wohlhabendsten Ländern Europas zählt. Im letzten Quartal sind die Privatkonkurse um 1.000 auf über 10.000 angestiegen; erstmals ist auch der Mittelstand massiv betroffen. Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander. Obwohl die "Steuereinnahmen nur so sprudeln", erhöhe der Finanzminister permanent die Belastungen. Die Rezeptgebühr werde erhöht, die Selbstbehalte bei Heilbehelfen würden angehoben, die Krankenversicherungsbeiträge werden erhöht, die Mineralölsteuer wird erhöht, die NoVA wird angehoben, die Zigarettenpreise werden erhöht, Bahntickets und Wochenkarten werden teurer. Die Steuerreform müsse kommen, weil die Not der Bevölkerung immer größer wird, sodass man damit nicht bis 2010 warten kann, zeigte er sich überzeugt.

Ein aufgabenorientierter Finanzausgleich wäre nach Meinung von Abgeordnetem Dr. PIRKLHUBER (G) ein Gebot der Stunde. Der ländliche Raum sei besonders benachteiligt, vor allem gehe es um Zusammenarbeit und um interkommunale Gewerbegebiete. Das würde Sinn machen, weil der (öffentliche) Verkehr besser organisiert werden könne. Auch im Bereich eines Fuhrparks der Gemeinden wäre eine gemeinsame Vorgangsweise von Vorteil. Außerdem ging Pirklhuber auf die Bereitstellung von gesundem Trinkwasser und der Entsorgung der Abwässer ein. Auch in diesem Bereich, bedauerte er, gebe es keine Innovation.

Abgeordneter SCHULTES (V) wies darauf hin, dass der größte Teil der Steuern vom Bund eingehoben und dann verteilt werde – an die Europäische Union, an die Länder und an die Gemeinden. Aus der Sicht des Steuerzahlers ist es umgekehrt; den Menschen ist wichtig, dass es dort funktioniert, wo sie leben, nämlich in den Gemeinden. Dort müssen ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stehen, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens zu regeln. Es tut weh, so Schultes, wenn man daran denkt, wie viele Freiwillige, engagierte kleine Funktionäre, Gemeinderäte, Bürgermeister, Feuerwehrkommandanten ihre Kraft dem Gemeinwesen widmen, dass Rossmann oder Pirklhuber die Gemeinden niedermachen und immer nur davon reden, man solle dem ländlichen Raum das Geld wegzunehmen.

Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) hielt in einer tatsächlichen Berichtigung zur Wortmeldung von Abgeordneter Lentsch fest, er habe nicht gesagt, dass zu viel Geld in den ländlichen Raum fließe.

Abgeordnete STADLER (V) bedankte sich bei Finanzminister Molterer, der, wie sie sagte, ein deutliches Bekenntnis zum ländlichen Raum abgegeben habe. Die Gemeinden bräuchten ausreichende finanzielle Unterstützung, da ihre Aufgaben immer vielfältiger und mehr würden, betonte sie. Restlos zufrieden werde sie, so Stadler, aber erst sein, wenn es im Bevölkerungsschlüssel überhaupt keine Abstufung und damit keinen Unterschied mehr zwischen großen und kleinen Gemeinden gebe.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) unterstrich, Finanzminister Molterer sei es gelungen, die Finanzierung der Gemeinden für weitere 6 Jahre abzusichern. Dem Finanzausgleich nicht zuzustimmen, wie es die Opposition angekündigt habe, erachtet er als "schlichtweg verantwortungslos".

Das Finanzausgleichsgesetz 2008 und damit in Zusammenhang stehende Gesetzesänderungen wurden vom Nationalrat mit der Zustimmung der Koalitionsparteien und damit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen. Auch der Österreichische Stabilitätspakt 2008-2013 wurde mit S-V-Mehrheit genehmigt.

(Schluss Finanzausgleich/Forts. NR)