Parlamentskorrespondenz Nr. 131 vom 14.02.2008

Außenpolitische Themen in der Fragestunde des Bundesrats

Staatssekretär Winkler steht den BundesrätInnen Rede und Antwort

Wien (PK) – Vor Eingang in die Tagesordnung der 753. Sitzung des Bundesrats stand Staatssekretär Hans Winkler den Mitgliedern der Länderkammer Rede und Antwort.

Bundesrätin MOSBACHER (S): Welche zusätzlichen Maßnahmen werden Sie vor dem Hintergrund der Enthüllungen im Visaprozess setzen, um künftig effiziente Kontrollen im Visabereich zu garantieren?

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Staatssekretär Dr. WINKLER meinte, der Bereich der Visaerteilung sei seit vielen Jahren Gegenstand von intensiven Untersuchungen sowohl innerhalb des Ressorts durch Inspektionen als auch seitens des Innenministeriums und der Staatsanwaltschaft. Als 2005 bekannt wurde, dass es offensichtlich in Einzelfällen zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, sei eine Reihe von Maßnahmen getroffen worden. So wurde eine unabhängige Kommission unter der Leitung des ehemaligen Außenministers Jankowitsch eingesetzt, deren Vorschläge in der Zwischenzeit umgesetzt wurden. Im Lichte der Erkenntnisse der letzten Monate seien Maßnahmen getroffen worden, die in Hinkunft verhindern sollen, dass es zu Unregelmäßigkeiten kommt. In der Zwischenzeit sei das System einigermaßen "wasserdicht". Zudem wurden auch Schritte gesetzt, um zu verhindern, dass in manchen Staaten in Anzeigen versprochen wird, man könne Visa auf unrechtmäßige Weise beschaffen. 2007 habe es elf interne Inspektionen von Botschaften, die sehr viel mit Visa zu tun haben, gegeben.

Auf eine Zusatzfrage meinte der Staatssekretär, seit Jahren sei die Verantwortlichkeit zwischen dem Außen- und dem Innenministerium geteilt; das Außenministerium sei zuständig für die personellen und organisatorischen Fragen und das Innenressort für die Visaprüfung.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V): Wie wird es angesichts täglich neuer Berichte mit der EU-Mission unter österreichischer Beteiligung im Tschad weitergehen?

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Das Regierungsmitglied teilte mit, dass es in den letzten Tagen eine eindeutige Beruhigung der Situation gegeben habe. Die politischen Gremien der EU hätten erst gestern Berichte der Militärs zur Kenntnis genommen, wonach sich die Lage so weit beruhigt habe, dass eine weitere Umsetzung der Maßnahmen erfolgen kann. Österreichischerseits würden die Versorgungsflüge fortgesetzt, und es sei beabsichtigt, weitere österreichische Soldaten zunächst in die Hauptstadt und dann in das Einsatzgebiet zu entsenden. Zwischen der Hauptstadt und dem Einatzgebiet sei die Route frei, das heißt, auf dem Landweg könnten Truppenverlegungen stattfinden. Es spreche alles dafür, dass diese Mission endlich das tut, wofür sie eingerichtet worden ist: die Flüchtlingslager und die Flüchtlinge zu beschützen. Diese Mission sei als Überbrückungsmission angelegt. Mit Sicherheit könne daher aus heutiger Sicht nicht gesagt werden, wie sich die Situation im Juni darstellen werde, meinte Winkler zu einer Zusatzfrage.

Bundesrat SCHENNACH (G): Wann wird Österreich im Rahmen eines koordinierten EU-Prozesses den Kosovo als Staat anerkennen?

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Über die Frage der Anerkennung sollte man nach Meinung des Staatssekretärs erst dann sprechen, wenn es eine Unabhängigkeitserklärung gibt. Es spreche Vieles dafür, dass das in den nächsten Tagen passieren werde. Derzeit gehe es innerhalb der EU um die Einheit bezüglich der Grundlagen einer allfälligen Unabhängigkeit des Kosovo. Die Minister werden sich am kommenden Montag in Brüssel mit dieser Frage befassen. Maßnahmen der EU würden dazu beitragen, dass es zu keinen Fluchtbewegungen komme, gab Winkler bekannt.

Bundesrat KALINA (S): Welche konkreten Gründe gab es, dass von 34 Mill. € in Aussicht gestellter Tsunami-Hilfe der damaligen Bundesregierung nur 8,9 Mill. € tatsächlich den Betroffenen zu Gute kamen?

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Staatssekretär Dr. WINKLER stellte klar, dass es sich dabei nicht um einen konkreten Budgetansatz, sondern um einen Rahmen gehandelt hat, der eine Obergrenze nach Maßgabe der zu verwirklichenden Projekte darstellte. Im Bereich des Außenministeriums seien über 90 % der geplanten Vorhaben mit einem Volumen von 3,9 Mill. € tatsächlich durchgeführt worden, betonte Winkler. Es sei jedenfalls nicht so, dass jetzt noch ungenützte Mittel "in einer Schublade" herumliegen. Bei den Maßnahmen sei es in erster Linie darum gegangen, möglichst rasch den betroffenen ÖsterreicherInnen zu helfen, Opfer zu identifizieren und darüber hinaus aber auch Wiederaufbauprojekte zu fördern.

Bundesrat Mag. HIMMER (V): Wie ist der Stand der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union?

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WINKLER teilte mit, dass bis jetzt fünf Staaten den Ratifikationsprozess bereits abgeschlossen haben und in fast allen anderen Staaten das parlamentarische Genehmigungsverfahren zumindest eingeleitet worden sei. Er rechnete damit, dass zwei Drittel der EU-Staaten bis Sommer 2008 ratifiziert haben werden.

Was den Inhalt des Vertrages betrifft, betrachtete Winkler vor allem den verbindlichen Grundrechtskatalog, aber auch den Beitritt der Union zur MRK als wesentliche Verbesserungen. Die Bestimmungen über die Kooperation bei militärischen Einsätzen seien hingegen vom Vertrag überhaupt nicht betroffen, sodass die österreichische Neutralität in keiner Weise berührt werde, betonte er überdies. Bei der Information der Bevölkerung wiederum werde gezielt auf die Bedürfnisse und Interessen der einzelnen Gruppen eingegangen. Wer sich "nur ein bisschen" für den Vertrag interessiert, finde sehr wohl eine Fülle von Informationsmaterial, sagte Winkler-

Bundesrat Peter MITTERER (oF): Inwiefern werden die Wiederaufbauarbeiten Österreichs nach der Tsunami-Katastrophe in Sri Lanka durch die eskalierende Gewalt und den drohenden Bürgerkrieg beeinflusst?

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Es sei tatsächlich mit Beeinträchtigungen der Hilfsmaßnahmen zu rechnen, fürchtete WINKLER, betonte aber, dass das Außenministerium im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit auch weiterhin Projekte im Infrastrukturbereich unterstützen werde.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S): Werden Sie sich für Visaerleichterungen gegenüber Serbien einsetzen, um vor allem den jungen Menschen des Landes die Chance zu geben, Europa besser kennen zu lernen?

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WINKLER bekräftigte, er werde sich für Visaerleichterungen einsetzen, zumal, wie er zu bedenken gab, die derzeitige Situation äußerst unbefriedigend sei. Er trat insbesondere für maßgeschneiderte Visaerleichterungen für bestimmte Gruppen ein, etwa die Befreiung von der Visagebühr für Studierende und Wissenschaftler, wies aber andererseits auf die Kontrollverpflichtungen als Folge des Schengen-Abkommens hin. Die Vision eines grenzenlosen Europas werde er aber nicht aufgeben, betonte Winkler.

Bundesrat AGER (V): Was bedeutet die Regierungskrise in Italien für Südtirol?

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Der STAATSSEKRETÄR verwies auf die international verbriefte Schutzmachtfunktion Österreichs und stellte fest, für die Autonomie Südtirols sei es vollkommen gleichgültig, welche Regierung in Italien an die Macht kommt, da eine Änderung der Autonomie ohne Zustimmung Österreichs nicht möglich sei. Rückblickend bemerkte Winkler, mit der Regierung Prodi sei man gut gefahren. (Schluss Fragestunde/Forts. BR)


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