Parlamentskorrespondenz Nr. 272 vom 27.03.2008

Aufregung über exorbitante Gehaltssteigerungen der ÖBB-Manager

RH-Präsident Moser für mehr Transparenz in den Unternehmen

Wien (PK) - Der Bericht des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen und zusätzlichen Leistungen für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2005 und 2006, mit dem RH-Präsident Josef Moser die Abgeordneten über exorbitante Einkommenssteigerungen bei den Managern informierte, löste im Rechnungshofausschuss teils heftige Reaktionen bei den Abgeordneten aus. Im Mittelpunkt der lebhaften Debatten über die Angemessenheit von Managergehältern standen die ÖBB. Dort nahmen die Durchschnittsbezüge der Vorstände in den Jahren 2002 bis 2006 von 275.060 € auf 390.200 € zu, während der Durchschnittsbezug der Mitarbeiter von 32.770 € auf 38.020 € stieg. Die Abgeordneten fragten nach den Kriterien bei der Gestaltung der Dienstverträge und mahnten die Verantwortung der Aufsichtsräte ein. Josef Moser schlug den Abgeordneten vor, die Transparenz in den öffentlichen Unternehmen zu erhöhen und die Gehälter im Sinne der OECD-Grundsätze der "Corporate Governance" öffentlich zu machen. S-Abgeordneter Günther Kräuter sprach die Hoffnung auf eine parlamentarische Mehrheit für eine entsprechende Verfassungsänderung noch vor dem Sommer aus. Der Bericht des Rechnungshofes erhielt allgemeines Lob und wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Der Bericht des RH-Präsidenten (III-106 d.B.) informierte die Abgeordneten darüber, dass das Durchschnittseinkommen der Vorstandsmitglieder in 316 Unternehmen (2005: 311) von 2005 auf 2006 von 140.600 € auf 149.000 € zunahm, während das Durchschnittseinkommen der Aufsichtsratsmitglieder von 5.500 € auf 5.200 € zurückging. Das Durchschnittseinkommen der Beschäftigten stieg im selben Zeitraum von 38.600 € auf 39.800 €.

Bei den ÖBB, auf die sich die Abgeordneten in der Debatte konzentrierten, nahmen die Vorstandsgehälter im Bereich der ÖBB Dienstleistung 2005/2006 um 84,37 % zu, bei der ÖBB Immo um 45,1 % und in der ÖBB Holding um 41,65 %. Im ÖBB Personenverkehr betrug die Steigerung 25,96 %, bei den ÖBB Infra Betrieb 15,58 % und bei der ÖBB Infra Bau 12,42 %. Die Schere zwischen Vorstands- und Angestellteneinkommen ging durchwegs weiter auf, im Bereich der ÖBB Dienstleistung etwa um 72,11 %. Da jahresverschobene Auszahlungen von Prämien die Vergleichbarkeit der Daten beeinträchtigen, legte der Moser ergänzend Daten über die Entwicklung der ÖBB-Einkommen in den Jahren 2002-2006 vor, denen zu entnehmen war, dass der Durchschnittsbezug der Vorstände in diesem Zeitraum von 275.060 € auf 390.200 € zunahm, während der Durchschnittsbezug der Mitarbeiter von 32.770 € auf 38.020 € stieg.

Als Mittel gegen die "teilweise nicht nachvollziehbaren Gehaltssteigerungen bei den Vorständen", die negative Auswirkungen auf das Betriebsklima befürchten lassen, nannte Moser mehr Transparenz im Sinne der OECD-Grundsätze der "Corporate Governance" sowie des Österreichischen Corporate Governance Kodex für öffentliche Unternehmen, wie dies bei OMV und ÖIAG bereits erfolgreich praktiziert werde. Dort werden die fixen und erfolgsabhängigen Vergütungen jedes Vorstandsmitglieds im Geschäftsbericht veröffentlicht.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) sprach von "atemberaubenden" Steigerungen bei den ÖBB Vorstandsgehältern und dankte dem RH-Präsidenten für die aussagekräftige Gegenüberstellung zur Entwicklung der Angestelltengehälter. Gabriela Moser interessierte sich darüber hinaus für die Entwicklung der Arbeitereinkommen, plädierte dafür, Grundgehälter und Prämien künftig getrennt darzustellen, und problematisierte Erfolgsprämien angesichts von Rücklagenauflösungen und Spekulationsgeschäften.

Abgeordneter Günther Kräuter (S) klagte über die völlige Intransparenz in der Einkommensentwicklung der ÖBB-Vorstände und wies darauf hin, dass der Managementklub und viele maßgebliche Führungskräfte sich für eine Offenlegung der Gehälter aussprechen. Kräuter sprach die Hoffnung auf eine parlamentarische Mehrheit für eine diesbezügliche Verfassungsänderung noch vor dem Sommer aus.

Abgeordneter Hermann Gahr (V) wies auf den Staatszuschuss zu den ÖBB-Pensionen hin, der sich immer mehr als ein "Fass ohne Boden" erweise. Auch Gahr hielt die Transparenz für wichtig und meinte, die exorbitanten Sprünge der ÖBB-Vorstandsgehälter nach oben bedürften auch dann einer Erklärung, wenn man anerkenne, dass gute Manager, die ihre Leistung bringen, gut verdienen sollen. Schließlich mahnte der Abgeordnete die Verantwortung der Aufsichtsräte ein.

Abgeordneter Gerald Hauser (F) sprach von einem eindrucksvollen Bericht, der die Schieflage zwischen Arbeitnehmern und Vorständen deutlich mache. Angesichts eines Einkommenszuwachses von 367 % in den Jahren 2000 bis 2005 bei den Vorständen der OMV stelle sich die Frage, ob und wie Abgeordnete eingreifen könnten. Außerdem machte Hauser darauf aufmerksam, dass OMV-Manager als Leistungsprämie Aktien erhalten, die sie steuerfrei veräußern können. Hauser fragte, was Aufsichtsräte dazu bringe, derartige Verträge zu unterschreiben. Die ÖBB nannte Hauser einen "schamlosen Selbstbedienungsladen", in dem Erfolg und Entlohnung nicht einmal ansatzweise zusammenpassten und den Eigentümervertretern im Aufsichtsrat extremes Versagen vorzuwerfen sei.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) bezeichnete die Gehaltsentwicklung bei den ÖBB-Managern, aber auch bei börsennotierten Unternehmen als "skandalös". Die Auseinanderentwicklung zwischen niedrigen und hohen Einkommen wäre noch viel deutlicher, würde man nicht Durchschnittsdaten, sondern die einzelnen Gehälter miteinander vergleichen. Rossmann hielt es für notwendig, eine Verteilungsdebatte zu führen und zu fragen, was ein angemessenes Einkommen sei. Er begrüßte den Vorschlag des RH-Präsidenten auf mehr Transparenz, dies allein reiche aber nicht aus. Es gelte, konkrete Kriterien festzulegen, zu denen der wirtschaftliche Erfolg, das Verhältnis der einzelnen Einkommen im Unternehmen, aber auch die Entwicklung von Arbeitsplätzen, Sozialleistungen und ökologische Kriterien zählten. Außerdem mahnte Rossmann die Verantwortung der Eigentümervertreter im Aufsichtsrat ein.

Abgeordneter Christian Faul (S) forderte die ÖVP auf, einzusehen, dass die Ausgliederung der ÖBB keinen Erfolg gebracht habe. Faul kritisierte die Darstellung von Rücklagenauflösungen als Gewinne und fragte, ob der Aufsichtsrat noch zeitgemäß sei. Fauls Frage lautete, ob die Zahlung von Erfolgsprämien an Manager eines defizitären Betriebes nicht den Ruf nach dem Staatsanwalt laut werden lassen müsste.

Demgegenüber sah Abgeordneter Erwin Hornek (V) keinen Anlass, den Zeiten der verstaatlichten Industrie nachzutrauern, die Jahresverluste von bis zu 10 Mrd. Schilling schrieben und 50.000 Arbeitsplätze verloren. Die Privatisierungen waren großteils erfolgreich. Der Wert der Betriebe habe zugenommen, die Arbeitsplätze wurden vermehrt und die Verbindlichkeiten des Steuerzahlers getilgt. Der Staat habe gute Gründe, den ÖBB unter die Arme zu greifen, aber nicht um jeden Preis. Bei Jahresverlusten von 4 Mrd. € könne man Effizienzsteigerungen verlangen, sagte Hornek und beantwortete die Frage nach der Auflösung von Rücklagen mit dem Hinweis darauf, dass die Rücklagen innerhalb des Unternehmens den operativen Gesellschaften übertragen wurden.

Abgeordneter Werner Kogler (G) sah ebenfalls die Aufsichtsräte gefordert und wollte wissen, wer bei den Verhandlungen über Dienstverträge nach oben lizitiere. Das Parlament stehe jedenfalls vor der Aufgabe, zu kontrollieren und die Frage nach der Verantwortlichkeit zu stellen.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) sah sich veranlasst, auch auf Erfolge der Bundesbahnen seit der Strukturreform hinzuweisen. Der Staat habe die Verantwortung für die Schieneninfrastruktur, betonte Steindl, der dafür eintrat, Kriterien für Erfolgsprämien nach europäischen Benchmarks festzulegen und strenge Maßstäbe bei der Auswahl von Managern anzulegen.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) erinnerte daran, dass die österreichischen Steuerzahler Jahr für Jahr 4 Mrd. € an Steuergeldern in die ÖBB investieren. Der Betrieb sei dennoch weit von einem positiven Ergebnis entfernt. Die enormen Gehaltserhöhungen bei den Managern entbehrten daher jeder Grundlage. Der Abgeordnete berichtete von sehr vernünftigen Managerverträgen mit klar definierten erfolgsabhängigen Komponenten in vielen mittleren Unternehmen. Bei den ÖBB sei offenbar viel schief gegangen, nicht nur Wertpapierspekulationen mit Verlusten von 120 Mill. €. Die Koalitionsparteien sah der Redner vor der Aufgabe stehen, Veränderungen herbeizuführen.

RH-Präsident Moser beantwortete Detailfragen der Abgeordneten und gab bekannt, dass die Durchschnittseinkommen der Arbeiter in den Jahren 2005 und 2006 um 7,8 % zugenommen haben. Gehaltsverhandlungen werden vom Präsidium geführt, dem der Aufsichtsrat vertraue. Für bemerkenswert hielt es Moser, dass die Managergehälter bei den ÖBB bei der Holding sehr stark, bei den operativen Gesellschaften aber weniger stark gestiegen seien. Es sei die Verantwortung des Aufsichtsrates, zu prüfen, wie die Dienstverträge zustande gekommen seien.

Die Frage nach der Angemessenheit von Managergehältern sei schwierig, sagte Moser, sie werde vom Markt beantwortet. Umso wichtiger sei die Transparenz. Der RH-Präsident schlug vor, personenbezogene Daten im Sinne der OECD offen zu legen, und drängte darauf, Unvereinbarkeiten bei der Bestellung von Aufsichtsräten zu beachten. In künftigen Einkommensberichten werde er fixe und variable Gehaltsbestandteile getrennt darstellen. In öffentlichen Unternehmen sollten Gehaltsverhandlungen, so Moser pointiert, "im Angesicht der Aktionäre, also der Steuerzahler", geführt werden. Das sorge für die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und für Gehälter, die Leistung und Einsatz abbildeten. In die Diskussion über die Kriterien für Leistungsprämien brachte Moser den Hinweis auf praktikable Vorbilder in der Privatwirtschaft ein.

Mit den Spekulationsgeschäften bei den ÖBB werde sich der Aufsichtsrat demnächst beschäftigen und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen.

Zur grundsätzlichen Diskussion über Ausgliederungen sagte Moser, diese seien in einigen Bereichen sehr erfolgreich verlaufen, in anderen nicht. Der RH habe klare Kriterien für die Voraussetzungen festgelegt, unter denen Ausgliederungen erfolgreich durchgeführt werden können.

Schließlich warnte der Präsident davor, einzelne Parameter in der Entwicklung eines Unternehmens zu kurzfristig zu betrachten. Die Feststellung eines isolierten Defizits sage wenig über die längerfristige Entwicklung aus, sinkende Lohnkosten können aus Veränderungen der Altersstruktur der Belegschaft resultieren; Moser plädierte für mittelfristige Betrachtungsweisen.

Moser hielt fest, dass die ÖBB für den Ausbau ihrer Schieneninfrastruktur sinnvoller Weise staatliche Investitionsmittel erhalten. Eine Effizienzsteigerung bei den ÖBB setze einerseits mehr Transparenz und andererseits eine klarere Formulierung der Unternehmensziele voraus. Einmal mehr problematisierte der Präsident die Nebengebühren-Pauschalierungen bei den ÖBB-Pensionen. 

RH-Empfehlungen werden weitgehend umgesetzt

In der Debatte zum Bericht des Rechnungshofes Bund – Tätigkeit im Jahr 2006 befasste sich Abgeordneter Gerald Hauser (F) mit dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung und wollte wissen, ob der Rat die Möglichkeit habe, eine eigene Entscheidung zu treffen, G-Abgeordneter Bruno Rossmann schnitt die Verwaltungsreform sowie den Bürokratieabbau an und interessierte sich dafür, was mit dem Konvolut von 206 nicht aufgearbeiteten Vorschlägen, das Vizekanzler Molterer übergeben wurde, passiert ist. Ein weiteres Thema betraf die Nicht-Valorisierung des Landesbeitrages für den FLAF. Die Tätigkeit des RH als Generalsekretariat der INTOSAI ventilierte S-Abgeordneter Günther Kräuter. Weniger bürokratischen Zugang zu Fördergelder für Forschung, Entwicklung und Innovation forderte V-Abgeordneter Konrad Steindl. Der Koalition unterstellte F-Abgeordneter Alois Gradauer, die Vorschläge des RH zur Verwaltungsreform nicht umsetzen zu wollen; dies sei "nicht anständig" angesichts der vielen Schulden und der hohen Zinsen. Wann wird die Forschungsquote von 3 % erreicht?, fragte B-Abgeordneter Josef Bucher.

RH-Präsident Moser teilte u.a. mit, dass in die Finanzausgleichsverhandlungen die Harmonisierung der Landespensionssysteme eingeflossen ist. Die Gesundheitsministerin habe bekundet, dass die Empfehlungen des RH in die Gesundheitsreform einfließen werden. Auch der Vergleich zwischen der oberösterreichischen und der Wiener Gebietskrankenkasse sei vom Hauptverband aufgegriffen worden. Die RH-Vorschläge werden zum überwiegenden Teil mitberücksichtigt und die Kontrolle funktioniert, konstatierte der Präsident, und bei jeder Prüfung des RH werde darauf hingewiesen, dass, sollten die Empfehlungen bislang unberücksichtigt geblieben sein, Handlungsbedarf bestehe. Derzeit laufen die Arbeiten zum Bundesrechnungsabschluss 2007, auch hier werde geschaut, ob Einsparungseffekte getroffen wurden. Dass der Verfassungsreformentwurf dem RH zur Begutachtung übermittelt wurde, wertete Moser als positives Signal.

Die Ausgaben für F&E in Österreich erhöhten sich von 4,03 Mrd. € bzw. 1,91 % des BIP im Jahr 2000 auf 6,32 Mrd. € bzw. 2,47 % des BIP im Jahr 2006 und somit um 56,8 %. Die öffentlichen Ausgaben betrugen zwischen 2000 und 2006 zur Finanzierung von F&E 13,27 Mrd. € oder 37,4 %; privatwirtschaftliche Unternehmen finanzierten die Forschung zu 62,6 % der Gesamtausgaben. Österreich war damit den Bestrebungen der EU, zwei Drittel der Forschung durch private Unternehmen zu finanzieren, sehr nahe, unterstrich der RH-Präsident. Der Rat habe festgelegt, fuhr Moser zur Zukunftsentwicklung fort, dass 500 Mill. € erforderlich sein werden, um eine Forschungsquote von 3 % erreichen zu können. Die Aufteilung der Forschungskompetenzen auf drei Ministerien habe zu Doppelgleisigkeiten und zu mangelnder Abstimmung im Bereich der Forschungsförderung geführt. Von der Quotenaufteilung sollte man abgehen, meinte der RH-Präsident.

Der Bericht wurde einhellig zur Kenntnis genommen.

Vertagt wurden die Verhandlungen zu den Berichten III-118 d.B., III-119 d.B. und III-124 d.B.. (Schluss)