Parlamentskorrespondenz Nr. 581 vom 17.06.2008

Sozialausschuss: Anträge der Opposition abgelehnt oder vertagt

Wien (PK) – Schließlich standen im Sozialausschuss eine Reihe von Anträgen der Oppositionsfraktionen zur Debatte, die zum Teil vertagt, zum Teil abgelehnt wurden.

In einem F-Entschließungsantrag, der mehrheitlich abgelehnt wurde, verlangten die FPÖ-Mandatare klare definierte Voraussetzungen für die Zuerkennung persönlicher Assistenz am Arbeitsplatz; bei Erfüllung dieser Voraussetzungen soll ein Rechtsanspruch auf die Zuerkennung persönlicher Assistenz bestehen. – Bundesminister Erwin Buchinger hielt die bisherige Regelung für besser und flexibler, zumal sie in der Praxis reibungslos funktioniere und man relativ schnell auf Veränderungen reagieren könne.

Außerdem forderten die Freiheitlichen in einem Antrag, dass Menschen mit besonderen Bedürfnissen, die in geschützten Werkstätten, im so genannten zweiten Arbeitsmarkt, arbeiten, ohne Pflicht zur Beitragszahlung von der Arbeiterkammer vertreten werden. Nach einer ausführlichen Diskussion über diese Thematik wurde der Antrag schließlich vertagt, und zwar unter dem Hinweis, dass zunächst Stellungnahmen von den Länderkammern eingeholt werden sollen.

Bundesminister Erwin Buchinger wies darauf hin, dass die Beschäftigten in den integrativen Betrieben aus rechtlicher Sicht nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind. Er hielte es auch für besser, wenn in solchen Fällen ein Entgelt bezahlt würde und solche Beschäftigungen in echte Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden. Ermutigende Beispiele dazu gebe es aus Kärnten, wo die Landessozialreferentin Gaby Schaunig-Kanduth bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen hat. Buchinger war auch überzeugt davon, dass diese Lösung nicht teurer kommen müsse als die bisherige.

In Paragraph 8 Abs. 2 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz verpflichtet sich der Bund, die geeigneten und konkret erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu seinen Leistungen und Angeboten zu ermöglichen, heißt es in einem FPÖ-Entschließungsantrag, der schließlich dem Landesverteidigungsausschuss zugewiesen wurde. Dazu war bis zum 31. Dezember 2006 ein Plan zum Abbau baulicher Barrieren für die vom Bund genutzten Gebäude zu erstellen und die etappenweise Umsetzung vorzusehen. Da nur das Landesverteidigungsressort diese Aufgabe bisher nicht erfüllt habe, ersuchen die F-Abgeordneten den zuständigen Bundesminister, seiner Pflicht zur Erstellung eines Etappenplanes nachzukommen. Außerdem wurden der Bundeskanzler, der Landwirtschaftsminister und der Wissenschaftsminister in einem – mehrheitlich vertagten - F-Entschließungsantrag aufgefordert, die Etappenpläne ihrer jeweiligen Ressorts mit einer konkreten Zeitplanung zu versehen.

Bundesminister Erwin Buchinger bestätigte, dass nur das Landesverteidigungsministerium, das auf die laufende Strukturreform verwiesen hat, noch keinen Etappenplan und dass das BKA sowie das Landwirtschafts- und Umweltministerium noch keine konkreten Zeitpläne vorgelegt haben. Insgesamt seien von dieser Maßnahme über 2.200 Gebäude betroffen, informierte er. Erfreulich sei, dass die Präsidentschaftskanzlei, die Volksanwaltschaft und der Rechnungshof bereits vollständige Barrierefreiheit gemeldet haben.

F-Abgeordnete traten in einem weiteren Entschließungsantrag dafür ein, dass in Hinkunft Konkurrenzklauseln in Arbeitsverträgen nur noch mit hoch qualifizierten Fachkräften vereinbart werden dürfen und darüber hinaus ein Verbot von Konkurrenzklauseln normiert wird, die die Ausübung des Berufes nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unangemessen einschränken. – Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt.


Da für freie Dienstnehmer und Werkvertragsnehmer die arbeitsrechtlichen Bestimmungen nicht gelten, kann der Dienstgeber allein über die Rahmenbedingungen des "Dienstverhältnisses" entscheiden, geben freiheitliche Mandatare in einem weiteren Entschließungsantrag zu bedenken. Die Abgeordnete Birgit Schatz (G) konnte sich der Forderung nach einheitlichen und gerechten arbeitsrechtlichen Bestimmungen für atypisch Beschäftigte grundsätzlich anschließen; der Antrag der FPÖ sei jedoch nicht der richtige Weg. Da sich die Sozialpartner derzeit mit der Kodifikation des Arbeitsrechts befassen, schlug Abgeordneter Franz Riepl die Vertagung des Antrags vor. – Mehrheitlich angenommen.

In weiterer Folge wandte sich der Sozialausschuss insgesamt fünf Anträgen der Opposition zum Thema Pflegegeld zu. Die FPÖ spricht sich in ihren Anträgen dafür aus, den Sozialversicherungsträgern künftig eine pauschalierte Abgeltung der Verwaltungsaufwendungen für das Pflegegeld zu gewähren (516/A[E]), das Pflegegeld bei ausländischem Wohnsitz ruhen zu lassen (517/A[E]), "Gesundheitsmanager" für die Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung des Pflegegelds einzusetzen, um Verwahrlosungen hintanzuhalten (518/A[E]), und die Dauer des Pflegegeldverfahrens bei nicht strittigen Verfahren auf 60 Tage zu beschränken (519/A[E]). Abgeordnete Theresia Haidlmayr beantragt namens der Grünen eine bessere Pflegegeldeinstufung für behinderte Kinder.

In der Diskussion machte Abgeordneter Karl Donabauer (V) geltend, dass das Pflegegeld eine österreichische Besonderheit sei, das mehr als 300.000 Personen zugute komme. Einer Limitierung der Dauer von Pflegegeldverfahren stand er aus praktischen Erwägungen heraus skeptisch gegenüber, er sprach sich aber dafür aus, laufend zu prüfen, ob Verfahren so rasch wie möglich abgewickelt würden. Was die Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung des Pflegegelds betrifft, verwies Donabauer auf das Pilotprojekt einer Sozialversicherungsanstalt.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) sprach sich vehement gegen den Antrag der FPÖ aus, Pflegegeld bei ausländischem Wohnsitz generell ruhen zu lassen. Er gab zu bedenken, dass es vor allem emigrierte Opfer des Nationalsozialismus sind, die trotz eines Wohnsitzes im Ausland Anspruch auf Pflegegeld haben. Ihnen diese Leistung zu streichen, würde er für "perfid" halten, sagte Öllinger.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) stellte dazu klar, es sei nicht Intention des FPÖ-Antrages, ausländischen OpferrentenbezieherInnen das Pflegegeld zu streichen. Vielmehr habe die FPÖ mit dem Antrag auf einen Bericht des Rechnungshofs reagiert. Zum Thema Gesundheitsmanager merkte Hofer an, es müsse im Interesse aller und nicht nur im Interesse der Sozialversicherungsträger sein, dass Personen, die Pflegegeld beziehen, optimal betreut werden.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) wies darauf hin, dass in Bezug auf eine bessere Pflegegeldeinstufung behinderter Kinder bereits ein Gesetzentwurf von Sozialminister Buchinger vorliege, der derzeit in Begutachtung sei. Dieser Entwurf wurde von Abgeordneter Theresia Haidlmayr (G) jedoch als unzureichend bewertet. Der Vorschlag von Buchinger werfe mehr Fragen auf, als er Probleme löse, sagte sie. Ebenfalls nichts abgewinnen konnte Haidlmayr den Forderungen der FPÖ nach einer Pauschalabgeltung der Verwaltungsaufwendungen für das Pflegegeld und dem Einsatz von Gesundheitsmanagern zur Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung von Pflegegeld.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) bezeichnete das Pflegegeld als eine der wichtigsten Sozialleistungen in Österreich. Ihrer Meinung nach gibt es in diesem Bereich aber einige "Baustellen", bei denen Verbesserungen notwendig sind. Unter anderem urgierte Haubner eine bessere Pflegegeldeinstufung für behinderte Kinder und für Demenzkranke und signalisierte Unterstützung für die Vorschläge der FPÖ nach einer Limitierung der Dauer von Pflegegeldverfahren und einer Pauschalierung des Verwaltungsaufwands.

Abgeordneter Franz Riepl (S) wies darauf hin, dass die Verwaltungskosten für das Pflegegeld derzeit evaluiert würden, Ergebnisse würden bis Jahresende vorliegen.

Sozialminister Erwin Buchinger informierte die Abgeordneten darüber, dass es derzeit, abseits der OpferrentenbezieherInnen, knapp 350 Fälle von Pflegegeldbezug im Ausland gebe. Jemand, der Pflegegeld in Zusammenhang mit einer Unfallrente erhalte, könne dieses auch im Ausland beziehen, stellte er in Richtung Abgeordnetem Öllinger klar.

Was die widmungsgemäße Verwendung von Pflegegeld betrifft, hielt Buchinger fest, dass im Rahmen eines Projekts 17.000 Hausbesuche durchgeführt wurden. Dabei konnte in weniger als 1 Prozent der Fälle ein mangelhafter Pflegezustand festgestellt werden, eine Verwahrlosung habe es in keinem einzigen Fall gegeben.

Als ermutigend wertete Buchinger die Entwicklung bei der Dauer der Pflegegeldverfahren. So würden im ASVG-Bereich, also im Bereich der größten Sozialversicherungsanstalt, sowohl Erstanträge als auch Erhöhungsanträge im Schnitt in weniger als 60 Tagen abgewickelt.

Bei der Abstimmung wurden die FPÖ-Anträge betreffend Pflegegeldleistungen mit Auslandsbezug und betreffend Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung des Pflegegeldes durch Gesundheitsmanager von der Ausschussmehrheit abgelehnt, die anderen FPÖ-Anträge und der Antrag der Grünen vertagt.

Sodann befasste sich der Ausschuss mit zwei Anträgen des BZÖ betreffend Förderung und Ausbau der Tagesbetreuung und betreffend bessere Förderung von selbständigen Betreuungskräften. Hier meinte Abgeordnete Ridi Steibl (V), der Tagesbetreuung komme entsprechende Wichtigkeit zu. Der Minister verhandle mit den Ländern über einen entsprechenden Ausbau der diesbezüglichen Möglichkeiten, man solle die Ergebnisse dieser Gespräche abwarten, weshalb der Antrag zu vertagen sei. Einen Vertagungsantrag für den zweiten Antrag stellte Abgeordneter Werner Amon (V), der darauf verwies, dass die 24-Stunden-Betreuung gerade evaluiert werde, weshalb man die Resultate dieser Überprüfung abwarten sollte.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) kritisierte am zweiten Antrag, das dieser am Wesentlichen vorbeigehe, da er in keiner Weise auf die unselbständigen Betreuungskräfte eingehe und zudem eine Vielzahl weiterer Faktoren nicht berücksichtige. Abgeordnete Ursula Haubner (B) erläuterte die Stoßrichtung ihrer Anträge und trat für eine umfangreiche Debatte zum Thema Pflege ein. Bundesminister Erwin Buchinger verwies auf die derzeit laufende Evaluierung und sagte zudem, eine Arbeitsgruppe befasse sich zur Zeit mit der Tagesbetreuung. Die Arbeit dieser Gruppe sei schon recht weit fortgeschritten. Beide Anträge wurden sodann mehrheitlich vertagt.

Für eine Förderung und einen Ausbau der Tagesbetreuung von pflegebedürftigen Menschen setzt sich Abgeordnete Ursula Haubner (B) in einem Entschließungsantrag ein. Tagesbetreuung diene mit ihrem strukturierten Tagesablauf und dem Angebot an aktivierenden und therapeutischen Maßnahmen vorwiegend dazu, den pflegebedürftigen Menschen trotz vielfältiger Einschränkungen ein relativ selbständiges Leben im eigenen Haushalt zu ermöglichen. Es solle daher sichergestellt werden, dass zur Entlastung der Betroffenen spätestens ab 2009 eine flächendeckende stundenweise Betreuung von pflegebedürftigen Personen angeboten wird.

In einem weiteren Entschließungsantrag (833/A [E]) gibt das BZÖ

zu bedenken, dass nach den derzeitigen Bestimmungen zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung bei der Inanspruchnahme von selbständigen Betreuungskräften nur 225 Euro monatlich ausbezahlt werden, während für die Betreuung durch unselbständige Kräfte eine Förderung von 800 Euro vorgesehen ist. Dass das Angestelltenmodell als zu teuer betrachtet wird, beweise die Tatsache, dass es per Stand Ende Mai 2008 rund 5.700 selbstän­dige Betreuungskräfte gibt und nur etwa 300 unselbständig Beschäftigte. Damit den Betroffenen keine finanziellen Mehrkosten entstehen, soll daher nach Ansicht des BZÖ die Förderung bei selbständigen Betreuungskräften auf min­destens 500 Euro angehoben werden.

Abgelehnt wurde hingegen ein F- Entschließungsantrag betreffend Erstellung einer Studie über die ökonomischen und sozialen Auswirkungen von Zuwanderung nach Österreich und die sich daraus ergebenden Belastungen für das österreichische Sozialsystem. Diese wäre ein erster Schritt, so die FPÖ, um die Kostenwahrheit der Zuwanderung und die Auswirkungen auf den Sozialstaat zu evaluieren.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) meinte, ordentliches Zahlenmaterial sei nie schlecht, aber just das in der Begründung des gegenständlichen Antrags verwendete Zahlenmaterial sei mehr als ungenau. Konkret beziehe sich dieses auf eine Studie in Biel, wonach 40 Prozent der dortigen Sozialhilfebezieher Migrationshintergrund hätten. Im beistehenden Artikel in der "Weltwoche" seien daraus schon 60 Prozent geworden, in einem diesbezüglichen Kommentar gar 80 Prozent. Schließlich seien diese lokalen Daten sogar noch verallgemeinert worden. Die Debatte über Migration müsse sachlich geführt werden – "mit Zahlen, die stimmen". Abgeordneter Franz Riepl (S) warf der FPÖ vor, eine solche Studie nur zu demagogischen Zwecken nutzen zu wollen, da sie ihr Urteil "Zuwanderung belastet das heimische Sozialsystem" ja schon vorab gefällt habe. Dafür stünde man aber nicht zur Verfügung.

Während Abgeordnete Ursula Haubner (B) meinte, die Initiative der FPÖ sei zu begrüßen, weil man dann endlich die Diskussion auf der Basis von Daten und Fakten führen könne, votierte Abgeordneter Herbert Kickl (F) für eine "Solidargemeinschaft der Staatsbürger". Der Steuerzahler habe ein Recht darauf zu erfahren, wie viel ihn die Migration koste. Dem hielt Abgeordnete Theresia Haidlmayer (G) entgegen, dass man auf diese Weise auch verlangen könne, zu erheben, wie viel dem Steuerzahler Behinderte, Raucher oder Motorradfahrer kosteten. Abgeordneter Norbert Hofer (F) meinte schließlich, konkretes Zahlenmaterial werde zur Versachlichung der Debatte beitragen.

Abgelehnt wurde auch ein Antrag des BZÖ auf Einführung eines Generationengeldes. Das BZÖ tritt dafür ein, dass ein Generationengeld in der Höhe von 300 € monatlich als finanzielle Anerkennung unbezahlter sozialer Leistungen (Kindererziehung, Pflege) für un- oder schlecht versorgte Frauen über 60 Jahre eingeführt wird. Während Abgeordneter Norbert Hofer (F) dem Antrag prinzipiell positiv gegenüberstand, meinte Abgeordneter Karl Öllinger (G), dieser weise einen falschen Lösungsansatz auf. Es gehe nicht darum, ob man Frau sei, sondern darum, ob man arm sei. Entsprechend müsste die Lösung des Problems aussehen. Abgeordneter August Wöginger (V) – dem sich Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) anschloss – sagte, man könne nicht mit Pauschalbeiträgen einzelne Gruppen herausheben. Sinnvoll sei es, den jetzigen Weg, von einer Mindestpension mit Ausgleichszulage hin zu einer bedarfsorientierten Mindestsicherung, weiterzugehen.

Vertagt wurde schließlich ein Antrag der Grünen betreffend Ausgleich der Defizite der Pensionserhöhungen 2008. Hier verwies Abgeordneter August Wöginger (V) darauf, man müsse sich die Problematik im einzelnen ansehen, gegebenenfalls könne man ja schon bei der nächsten Anpassung kommenden November darauf reagieren, weshalb man den Antrag vertage. Dies erfolgte sodann mit Mehrheit. (Schluss)


Themen