Parlamentskorrespondenz Nr. 621 vom 30.06.2008

Vorlagen: Gesundheit

Suchtmittelgesetz: Cannabisanbau für medizinische Zwecke

Durch die von der Regierung vorgeschlagenen Änderungen des Suchtmittelgesetzes (SMG) und des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes (GESG) sollen zunächst einmal Anpassungen an EU- sowie nationales Recht vorgenommen werden (590 d.B., SMG-Novelle 2008). Weiters soll durch die Novelle der Cannabisanbau zur Wirkstoffgewinnung für die Arzneimittelherstellung ermöglicht werden, wobei diese Tätigkeit ausschließlich im Rahmen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) und unter Aufsicht und Kontrolle der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend zulässig sein soll. Bei den Wirkstoffen handelt es sich vor allem das Delta-9-Tetrahydrocannabinol, das in der Medizin bei verschiedenen Indikationen (beispielsweise bei Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Tumorerkrankung oder Chemotherapie, Appetitlosigkeit und Kachexie/Anorexie bei Tumor- oder HIV-Erkrankung, Spastik und spastisch bedingten Schmerzen bei Multipler Sklerose oder nach Rückenmarksverletzungen sowie anderen Bewegungsstörungen, Tourette-Syndrom, chronischen oder neuropathischen Schmerzen) zum Einsatz gelangt.

Weitere Eckpunkte des Gesetzes sind die Verankerung eines bundesweiten Substitutionsmonitorings und die Regelung des Informationsaustausches innerhalb einer koordinierten Gesamtbetreuung des Substitutionspatienten im Rahmen eines berufsgruppenübergreifenden Betreuungsnetzwerks; die Schaffung der Rechtsgrundlagen für die Nutzung der Möglichkeiten des E‑Governments im Rahmen der zentralen Suchtmittel-Datenevidenz; die Übertragung der Überwachung der zum Besitz und Verkehr mit Suchtmitteln berechtigten Betriebe und Einrichtungen an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen. Im Zusammenhang mit der Schaffung der Voraussetzungen für die Nutzung der Möglichkeiten des E‑Governments im Rahmen der zentralen Suchtmittel-Datenevidenz ist im Bereich des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend für die Entwicklung und Implementierung des erforderlichen elektronischen Dokumentationssystems ein Aufwand in Höhe von rund 250.000 Euro zu veranschlagen.

FPÖ zeigt Ungleichbehandlung durch die Sozialversicherungsträger auf

Die Bundesregierung wird in einem FPÖ-Entschließungsantrag (763/A[E]) ersucht, im Rahmen des derzeit zur Verhandlung stehenden Gesundheitspaketes auf die Sozialversicherungsträger einzuwirken, dass die unterschiedlichen Kostenersätze der einzelnen Gebietskrankenkassen angeglichen werden und im Besonderen auch der drastische Kostenersatzunterschied zwischen Physiotherapeuten und Heilmasseuren angeglichen wird. So bekommen Patienten, die Heilmassagen bei Heilmasseuren durchführen lassen, im Durchschnitt österreichweit etwa zwei Euro ersetzt, hingegen wird seitens der Sozialversicherungsträger mehr als das achtfache für Massageleistungen, die durch Physiotherapeuten erbracht werden, ersetzt. Diese Ungleichbehandlung verletze den Gleichheitsgrundsatz und stelle zudem eine klare Wettbewerbsverzerrung dar.

Grüne für Regulierung der Nanotechnologie zur Minimierung der Risken

Mit der Nanotechnologie, die als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts angesehen wird, beschäftigt sich ein Entschließungsantrag der Grünen (820/[E]). Während auf EU-Ebene und in einzelnen EU-Ländern die Chancen und Risiken dieser Technologie intensiv diskutiert und Aktivitäten gesetzt werden, hinke Österreich hinterher, meinen die G-Mandatare. Der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz wird daher aufgefordert, gemeinsam mit der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend einen Gesetzesvorschlag bis 1. Oktober 2008 dem Nationalrat vorzulegen, in dem unter anderem eine gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnungspflicht von Nanokomponenten ab 1.1.2009 insbesondere bei Lebensmitteln und Kosmetika vorgesehen ist und ein begründetes Vertriebsverbot für Produkte mit Nanokomponenten ermöglicht wird. Außerdem sollte ein Moratorium für Produkte im Lebensmittel- und Kosmetikabereich, die mit freien Nanopartikeln versetzt sind, verhängt werden. Zusätzlich müsse ein bundesweites Register eingeführt werden, um im Gefahrenfall auf Rezepturen und Produktdatenbanken zurückgreifen zu können und so Schaden von Verbraucherinnen und Verbrauchern schnell abwenden zu können.

FPÖ-Antrag betreffend nationaler Gesundheitsgipfel

Der "Gesundheitsreform" der Regierung kommt von allen Seiten, auch aus den eigenen Reihen, massive Kritik entgegen, konstatiert die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein in einem Entschließungsantrag (836/A[E]) ihrer Fraktion. Der Kernpunkt der geplanten Reform, die Entflechtung komplizierter und teurer Strukturen, werde nicht angegangen und einer der größten Kostenfaktoren, die von den Ländern betriebenen Krankenhäuser, wird im Entwurf nicht einmal erwähnt. Auch bei der neuen "Aut idem"-Regelung sei das von den Sozialpartnern genannte Sparpotenzial von 35 Millionen Euro nicht nachvollziehbar. Dafür bringe diese Gesundheitsreform den niedergelassen Ärzten befristete Kassenverträge und nehme ihnen die Rechtsicherheit. Die freiheitlichen Mandatare sprechen sich daher für die rasche Einberufung eines nationalen Gesundheitsgipfels aus, um die dringlichsten Probleme des österreichischen Gesundheitssystems zu erörtern und Lösungsvorschläge für eine Gesundheitsreform zu erarbeiten, die auf dem Konsensprinzip beruhen. (Schluss)