Parlamentskorrespondenz Nr. 764 vom 24.09.2008

Nationalrat: Aktuelle Stunde zum Thema Infrastruktur und Konjunktur

Faymann: Investitionen in Infrastruktur fördern Beschäftigung

Wien (PK) – Vier Tage vor der Nationalratswahl eröffnete Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die 72. Sitzung des Nationalrats. Der Termin der Sitzung war seit langem fixiert, es handelte sich also nicht um eine Sondersitzung. Zu Beginn wurde Kurt Nekula (S) als neuer Abgeordneter angelobt. Er folgte Abgeordnetem Alexander Zach, der auf sein Mandat verzichtet hat.

Zunächst stand eine Aktuelle Stunde zum von der sozialdemokratischen Fraktion gewählten Thema "Die Bedeutung von Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Technologie für Konjunktur, Wachstum und Beschäftigung" auf der Tagesordnung.

Abgeordneter HABERZETTL (S) unterstrich die Bedeutung von Investitionen in die Infrastruktur als grundlegende Voraussetzung für Mobilität, Wirtschaftsstandort und Arbeitsplätze. Die Politik trage Verantwortung dafür, in eine preisgünstige Mobilität zu investieren, sagte er. Dies könne insbesondere durch einen zielgerichteten Mitteleinsatz in energiesparende öffentliche Verkehrsmittel geschehen. Zumal die Wohlstandsschere immer mehr auseinanderklaffe, sei es notwendig, erschwingliche Tarife in öffentlichen Verkehrsmitteln zu gewährleisten. Man müsse auch auf einen umweltfreundlichen Verkehr umstellen, meinte Haberzettl und kritisierte in diesem Zusammenhang scharf den Biosprit: Nahrungsmittel für Treibstoff zu verwenden sei zynisch. Investitionen in eine dauerhafte Infrastruktur würden auch Wettbewerbsvorteile für die Wirtschaft bringen, und zwar insbesondere dann, wenn die Verkürzung der Transportzeit ermöglich werde und neue Standorte erschlossen werden. Infrastrukturinvestitionen haben laut Haberzettl positive Auswirkungen auf die Arbeitsmarktpolitik, auf den Wirtschaftsstandort, auf die Mobilität, auf die Steuern und auf die Sozialversicherung. Sie sei weitaus zielführender als eine Privatisierungspolitik. 

Bundesminister FAYMANN wies auf die Steigerung der Investitionen in Infrastruktur von 2,1 Mrd. € pro Jahr auf nunmehr 3,1 Mrd. € pro Jahr hin. Auch die Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung seien um 1 Mrd. € erhöht worden, betonte Faymann. Man dürfe nicht nur über mögliche Konjunkturschwächen reden, sondern müsse handeln und damit die Kaufkraft stärken. Investitionen in Infrastruktur und Forschung hätten einen hohen Beschäftigungseffekt, daher könne man bereits jetzt Arbeitslosigkeit verhindern. Faymann ging dann auf die Projekte Koralm-Tunnel und Semmering-Tunnel ein und bekräftigte, diese seien konstruktiv und sinnvoll mit den betreffenden Ländern vorbereitet worden. Auch am Ausbau der Verbindungen zu den Nachbarstaaten werde mit Hochdruck gearbeitet. Der Infrastrukturminister räumte ein, dass mit dem Ausbau der Schiene viel zu spät begonnen worden sei, man nun aber plane, bis 2020 verstärkt Tunnel- und Hochleistungsstrecken zu bauen, um auf die Schweiz aufzuschließen. Das gelinge nur, wenn auch das Engagement in den EU-Gremien steige, für Kostenwahrheit im Verkehr zu sorgen, meinte er. Dann könnte man auch eine entsprechende Maut für LKW einheben. Abschließend wies Faymann auf die Erhöhung der Forschungsquote in den letzten Jahren hin, die bis 2010/11 3 % des BIP erreichen soll.

Abgeordnete STADLBAUER (S) konzentrierte sich auf die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt. Frauen am Arbeitsmarkt zu unterstützen stelle eine der sinnvollsten Investitionen dar. Frauen hätten ein Anrecht auf gute Arbeitsplätze mit entsprechendem Einkommen, sagte sie. Das setze bei der Berufsfindung und bei der Berufsauswahl ein. Stadlbauer forderte eine gezielte Frauenförderung und klare Rechtsbestimmungen. In diesem Zusammenhang trat sie für verpflichtende Frauenförderungspläne ein und verlangte, öffentliche Förderungen an Frauenförderungspläne zu binden. Für die Aufsichtsräte müsste es eine 40-prozentige Quote für Frauen geben, schloss Stadlbauer.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) teilte die Meinung Faymanns in Bezug auf die Bedeutung von Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung. Faymann wolle aber in erster Linie neue Schulden machen, stellte Mitterlehner fest und zog eine negative Bilanz der Arbeit des Infrastruktur- und Verkehrsministers. So seien die Investitionen unter seiner Amtszeit gesunken, insbesondere beim Bahnausbau. Faymanns Amtszeit sei geprägt gewesen von millionenschweren Abfertigungen für ASFINAG- und ÖBB-Manager, und bei der ÖBB habe man über Veranlagungen mehr diskutiert als über den Bahnausbau. Auch die Causa AUA sei viel zu spät in Angriff genommen worden, kritisierte Mitterlehner. Eine positive Bilanz sehe anders aus.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) erinnerte die SPÖ daran, dass sie einen Antrag der Grünen auf Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel abgelehnt hat. Es sei entlarvend, meinte sie, wenn der Verkehrsminister im Rahmen einer Fernsehdiskussion zugeben müsse, dass öffentliche Verkehrsmittel im ländlichen Raum ausgehungert werden. Wirkliche Zukunftsinvestitionen lägen nicht im Autobahn- und Tunnelbau, sondern im konsequenten Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, was auch deutlich mehr positive beschäftigungspolitische Auswirkungen habe. Glawischnig hielt Minister Faymann und der SPÖ auch die stark steigenden Tarife bei den öffentlichen Verkehrsmitteln vor und bezeichnete dies als den falschen Weg.

Abgeordneter THEMESSL (F) zog ebenfalls eine negative Bilanz der Ministertätigkeit Faymanns. Gegenwärtig würden nur 23 % der Güter auf der Bahn transportiert und nicht ein Drittel. Laut Themessl gefährdet Faymann das Transportgewerbe, ohne eine Alternative auf der Bahn anzubieten. Unter anderem seien durch die Erhöhung der Mineralölsteuer zahlreiche Arbeitsplätze im Transportgewerbe verloren gegangen, weshalb er den Plan Faymanns auf Ausweitung der LKW-Maut nicht nachvollziehen könne. Die ÖVP gefährde massiv den Wirtschaftsstandort, meinte Themessl, denn sie habe es nicht geschafft, die Klein- und Mittelbetriebe zu unterstützen, obwohl 70 % der Beschäftigten in diesen Betrieben arbeiteten.

Abgeordneter BUCHER (B) stellte fest, unter Faymann sei weniger in die Infrastruktur investiert worden als zur Zeit der Vorgängerregierungen. Als Regierungsmitglied habe er nichts gegen die Teuerung unternommen, sondern unter seiner Ägide seien sogar die Tarife erhöht worden. Bucher nannte in diesem Zusammenhang die Erhöhung der Mineralölsteuer, der Sozialversicherungsbeiträge und weitere 13 Abgaben. Er forderte, die Steuern zu senken, denn damit hätten die Menschen mehr Geld in der Tasche. Auch Bucher kritisierte scharf die Abfertigung der ASFINAG- und ÖBB-Manager.

Bundesminister Dr. HAHN wies auf die global angespannte Wirtschaftslage hin und sah aus diesem Grund die Notwendigkeit einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik, zu der auch entsprechendes Engagement in Forschung und Entwicklung gehöre. Derlei Investitionen seien die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft, betonte der Minister, der die durch die gegenwärtige Regierung gesetzten Schritte in Erinnerung rief und erklärte, hinsichtlich der F&E-Quote sei Österreich Europameister. Dieser Kurs müsse fortgesetzt werden, schloss Hahn.

Abgeordneter FAZEKAS (S) beklagte die Absenz des Finanzministers angesichts dieser so wichtigen Debatte und trat sodann für adäquate Investitionen in die Infrastruktur ein. Es gelte, die Arbeitsplatzsituation beständig im Auge zu behalten, um nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen, um die Kaufkraft zu erhalten und die ökonomische Situation zu verbessern. Die SPÖ habe dies erkannt und lege ein entsprechendes Paket im Sinne von mehr Lebensqualität vor, denn man müsse im Interesse der Menschen in die Zukunft des Landes investieren, resümierte der Redner.

Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) erklärte, man habe auf infrastrukturellem Gebiet zunächst durchaus gut begonnen, man habe Arbeitsplätze gesichert und zusätzliche geschaffen, womit man sich positiv von anderen europäischen Ländern abgehoben habe. Doch unter der Ressortleitung des jetzigen Ministers sei sodann nicht mehr viel geschehen. Die Regierung Schüssel habe richtige und wichtige Weichenstellungen vorgenommen, vom jetzigen Minister seien keine nennenswerten Akzente mehr gesetzt worden, beklagte der Redner. Der Minister verwalte nur, die wichtigen Initiativen seien jedoch von der ÖVP ausgegangen, die auch für die Zukunft die richtigen Konzepte habe.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) erinnerte den Vorredner daran, dass unter seiner Verantwortung die ÖBB beachtliche wirtschaftliche Desaster produziert habe. Konkret gehe es darum, die schwache inländische Nachfrage zu stärken, nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen und verstärkt in Bildung, Frauenbeschäftigung sowie Umweltmaßnahmen zu investieren. Die Rednerin trat für eine nachhaltige Konjunkturstärkung ein, und dementsprechend müssten auch die Prioritäten der Regierung gesetzt werden, sagte Moser unter Verweis auf ein nachhaltiges Infrastrukturpaket ihrer Fraktion.

Abgeordneter HOFER (F) erinnerte daran, dass der SPÖ-Spitzenkandidat kein neuer Politiker sei, sondern vielmehr schon die längste Zeit an der Spitze stehe und mithin Mitverantwortung für zahlreiche Fehlentwicklungen trage, was nicht darauf schließen lasse, dass er nun wirklich einen neuen Kurs einschlagen werde. Vor allem im Bereich der Sozialpolitik bräuchte es dringend Maßnahmen, es stehe aber zu bezweifeln, dass die SPÖ mit einem Mal zum "Sozialfighter" werde. Überdies stelle sich die Frage, weshalb überhaupt gewählt werde, wenn die bisherige Koalition fortgesetzt werden solle.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) setzte sich gleichfalls mit der Infrastrukturpolitik auseinander und ortete auf diesem Gebiet einen beunruhigenden Stillstand. Viele notwendige Maßnahmen seien nicht gesetzt worden, umso mehr sei auf diesem Gebiet zu tun, was auch für die Sozialpolitik gelte, unterstrich der Redner. Kärnten habe da wichtige Initiativen gesetzt, die Bundesregierung möge diesen Beispielen folgen, meinte der Mandatar.

(Schluss Aktuelle Stunde/Forts. NR)