Parlamentskorrespondenz Nr. 773 vom 25.09.2008

Unterschiedliche Lehren aus dem Untersuchungsausschuss

Einsetzung von Untersuchungsausschüssen soll Minderheitsrecht werden

Wien (PK) – Der Bericht des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Vertuschung von Polizeiaffären und des Missbrauchs der politischen Macht insbesondere im Bundesministerium für Inneres, aber auch in den Bundesministerien für Justiz, für Finanzen und für europäische und internationale Angelegenheiten bot die Gelegenheit, eine Bilanz über die Arbeit des Ausschusses zu ziehen.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) sah zwei Fragen des Nationalrats an den Untersuchungsausschuss beantwortet. Kriminalbeamte seien von der ÖVP im Wahlkampf 2006 missbraucht worden, um gezielt und ohne jeden Auftrag des Staatsanwalts gegen die SPÖ zu ermitteln und Wahlkampfmunition zu beschaffen. Hinter dem Rücken der Staatsanwaltschaft sei nicht an der Aufklärung des Kriminalfalls BAWAG gearbeitet, sondern gegen den politischen Mitbewerber ermittelt worden. Auch im Fall Arigona Zogaj sei die Macht des Innenministeriums in unerträglicher Weise missbraucht worden, führte Pilz aus. Unter Führung des Innenministers wurden Daten erhoben, um die Familie Zogaj "fertig zu machen". Viele Fragen seien aber offen geblieben, daher müsse dieser Untersuchungsausschuss laut Pilz seine Arbeit in der nächsten Gesetzgebungsperiode fortsetzen. Denn es sei Aufgabe des Parlaments, Machtmissbrauch zu untersuchen, um ihn für die Zukunft ausschließen zu können.

Laut Abgeordnetem Mag. MAIER (S) habe sich im Untersuchungsausschuss klar erwiesen, dass das Recht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, ein Recht der Opposition werden soll. Der Ausschuss habe viele Missstände aufgezeigt und Lösungsmöglichkeiten skizziert. Die ÖVP habe Fehler eingeräumt und Lösungen in Aussicht gestellt, konzedierte der Abgeordnete. Es wäre also falsch zu sagen, dieser Ausschuss habe kein Ergebnis gebracht. Es sei erwiesen, dass der Sicherheitsapparat im Wahlkampf 2006 gegen die SPÖ missbräuchlich instrumentalisiert wurde. Im Fall Arigona Zogaj sei mit persönlichen Daten in einer skandalösen Weise umgegangen worden. Eine Wachkörperreform reicht für Maier nicht aus, es brauche eine umfassende Behördenreform und Vorkehrungen, damit Untersuchungsausschüsse künftig effektiver arbeiten können.

Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) warf der Mehrheit im Untersuchungsausschuss vor, keine andere Absicht verfolgt zu haben, als die ÖVP im Hinblick auf einen künftigen Wahlkampf politisch "anzupatzen". Die drei Untersuchungsausschüsse hätten außer hohen Spesen nichts gebracht, sagte Kukacka, das gelte insbesondere für den "Kraut-und-Rüben-Untersuchungsausschuss" zum Innenministerium. Dieser Ausschuss habe seine Untersuchungsaufgabe nicht erfüllen können. Prinzipiell sprach sich der Abgeordnete einmal mehr dafür aus, strafrechtliche Tatbestände durch Gerichte zu klären und sich im Untersuchungsausschuss auf die politische Verantwortung zu konzentrieren.

Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) räumte ein, der Untersuchungsausschuss habe nicht alle seine Aufgaben erfüllen können, es seien aber objektive Faktoren zutage getreten, die gezeigt hätten, dass der Untersuchungsausschuss zurecht eingesetzt wurde. Es seien Verwaltungsstrukturen sichtbar geworden, die dringend verbessert werden sollten, insbesondere die Position der Kabinette und die Position der dort Beschäftigten, die nicht dem Beamtendienstrecht unterliegen. Nicht hinzunehmen sei auch die Aufstellung von Sondereinheiten wie das BIA per Weisung des Ministers. Allein diese Erkenntnisse ließen die Beurteilung zu, dass dieser Ausschuss erfolgreich gearbeitet hat. Auch die FPÖ tritt für eine Erneuerung dieses Ausschusses in der nächsten Gesetzgebungsperiode ein, zumindest in einigen Punkten, schloss Abgeordneter Fichtenbauer.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) resümierte, viel sei es nicht, was beim Untersuchungsausschuss herausgekommen sei. Gezeigt habe sich, dass die Führungspersönlichkeiten im Innenministerium "nicht miteinander können und wollen" und dass das Justizministerium "löchrig wie ein Käse" und "politisch manipuliert" sei.

Abgeordneter PARNIGONI (S) zog aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses unter anderem den Schluss, dass das Büro für Interne Angelegenheiten im Innenministerium (BIA) auf neue rechtliche Grundlagen gestellt werden müsse und das Weisungsrecht in Kabinetten neu gestaltet gehöre. Parnigoni verabschiedete sich mit seiner Rede nach 25 Jahren aus dem Nationalrat.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) übte Kritik am umfassenden Prüfauftrag des Untersuchungsausschusses. Durch diesen umfassenden Prüfauftrag, der auf einem "politischen Deal" beruhe, habe der Ausschuss keine effiziente Arbeit leisten können und sei zu einer "reinen politischen Showbühne" herabgestuft worden, betonte er. Durch die gewählte Vorgangsweise habe man, so Donnerbauer, ein wichtiges Kontrollinstrument des Parlaments "kaputt gemacht".

Abgeordneter HORNEK (V) sprach von einem "Regenbogen-Untersuchungsausschuss" mit einem noch nie da gewesenen Aktenberg. Seiner Ansicht nach war der Beweisbeschluss viel zu weit gefasst, weshalb in der Bevölkerung zu Recht von einem "Kraut-und Rüben-Ausschuss" die Rede gewesen sei. Zudem hätten sich sämtliche Vorwürfe von Ex-BK-Chef Haidinger "in Luft aufgelöst". Hornek zitierte aus zwei E-Mails, die die Glaubwürdigkeit Haidingers in Frage stellen.

Abgeordneter KRAINER (S) hielt seinem Vorredner entgegen, alle konkreten Vorwürfe Haidingers hätten sich bewahrheitet und seien bestätigt worden. Man habe zu Wahlkampfzwecken Untersuchungen gegen die SPÖ durchgeführt und versucht, ihr den BAWAG-Skandal in die Schuhe zu schieben. Eine fragwürdige Rolle hat seiner Auffassung nach dabei die Finanzmarktaufsicht gespielt.

Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses wurde vom Nationalrat mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

G-Antrag : Untersuchungsausschüsse als Minderheitsrecht

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) sprach sich dafür aus, neue Rahmenbedingungen für Untersuchungsausschüsse festzulegen. So lange dies nicht erfolgt sei, brauche man über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitsrecht nicht zu diskutieren, meinte er.

Abgeordneter PENDL (S) wies dem gegenüber darauf hin, dass es bereits sei Jahren Bemühungen gebe, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu einem Minderheitsrecht zu machen. Seiner Ansicht nach ist es aber gleichzeitig notwendig, die Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse zu ändern.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) vertrat die Auffassung, dass sämtliche Untersuchungsausschüsse der jüngsten Vergangenheit eine "Erfolgsgeschichte" gewesen seien, auch wenn man sie aus unterschiedlichen Gründen "abgedreht" habe. So habe der Eurofighter-Untersuchungsausschuss aufgezeigt, wie anfällig das "System" für dubiose Zahlungskanäle sei, meinte er, die Ergebnisse des Banken-Untersuchungsausschusses hätten zur Reform der Finanzmarktaufsicht beigetragen. Kogler plädierte vehement dafür, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu einem parlamentarischen Minderheitsrecht zu machen.

Der Entschließungsantrag der Grünen wurde mehrheitlich angenommen.

(Schluss Untersuchungsausschuss/Forts. NR)