Parlamentskorrespondenz Nr. 364 vom 28.04.2009

Adelheid Popp - ein Porträt

Ein Leben für soziale Gerechtigkeit und Frauenemanzipation

Wien (PK) – Adelheid Popp wurde am 11. Februar 1869 in Inzersdorf bei Wien als jüngstes von fünfzehn Kindern der Weberfamilie Dworak geboren.

Zehn Geschwister starben bereits im Säuglingsalter. Den Vater beschreibt Popp in ihren Erinnerungen ("Jugend einer Arbeiterin", S. 25) als jähzornig, der die Mutter schlug, die dann oft nur halb angekleidet fliehen musste, um sich bei den Nachbarn zu verbergen. Als der tyrannische Vater starb, war Adelheid sechs Jahre alt. Wie sie zugab, empfand sie darüber – verständlicher Weise - keine Trauer. Die Mutter, die schon zu Lebzeiten ihres Mannes meist für die Ernährung der Familie aufkommen musste, setzte alles daran, nun als Alleinerzieherin, zu zeigen, dass auch eine Mutter für die Kinder aufkommen kann. Freilich ging es nicht ohne Mithilfe der Kinder, und so setzte sie es durch, dass auch der jüngste Bruder trotz Schulpflicht aus der Schule entlassen wurde, um als Hilfsarbeiter in eine Fabrik gehen zu können. Drei Jahre Schule waren ihrer Ansicht nach genug. Sie selbst hatte nie eine Schule besucht, konnte weder lesen noch schreiben und war bereits mit sechs Jahren in den Dienst gekommen.

Armut, Demütigungen, Arbeitsleid und Leseleidenschaft

Als der Bruder nach einem Sturz ins Krankenhaus musste, der zweitälteste wegen schwerer Misshandlungen seinen Lehrplatz verlassen hatte, begann Adelheid mit acht Jahren Strümpfe zu stricken und Botengänge zu machen, um etwas zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Später arbeitete sie mit ihrem zweitältesten Bruder bei einem Perlmutterdrechsler und nähte nach der Schule Perlmutterknöpfe auf Silber- und Goldpapier. Die Familie war so arm, dass Adelheid nicht einmal Schuhe besaß, sodass sie oft nicht in die Schule gehen konnte. Auf Grund eines Bittbriefs, den Adelheid schrieb, erhielt sie dann von einer Herzogin fünf Gulden und ein paar Bücher, weil sie gerne las.

Die Leseleidenschaft blieb ihr zeit ihres Lebens, und Adelheid nahm dankbar jeglichen Lesestoff an, der ihr in die Hände kam. Die Leihgebühr von zwei Kreuzern für Bücher aus dem Antiquariat sparte sie sich, als sie bereits in die Lehre ging, vom Mund ab. Lesen war für sie eine Art Flucht aus der Wirklichkeit, aus dem Elend. Sie wollte das Gelesene auch nicht für sich behalten, sondern sie erzählte es Mutter, Brüdern, Nachbarn, später auch Arbeitskolleginnen weiter – der Grundstein für die spätere begnadete Rednerin war damit gelegt. Sie sei als Erzählerin sogar eine Berühmtheit gewesen, schreibt Popp in ihren Erinnerungen (vgl. Jugend einer Arbeiterin, S. 41), an Sonntag Abenden sei sie sogar zur Lehrfrau geladen gewesen, um dort vorzulesen, in ihrem Wohnhaus sei sie von Familien eingeladen worden, um zu erzählen.

Obwohl der Oberlehrer der Schule ihrer Mutter dringend riet, Adelheid zur Schule zu schicken, weil sie sehr begabt sei, entschloss sich die Mutter, in die Stadt zu ziehen und Adelheid nach drei Jahren nicht mehr in die Schule gehen zu lassen. Niemand habe je Einspruch dagegen erhoben, dass sie der gesetzlichen achtjährigen Schulpflicht entzogen worden ist, klagte Adelheid Popp später in ihren Erinnerungen (vgl. Jugend einer Arbeiterin, S. 35). Mutter und Tochter wohnten bei einem alten Ehepaar in der Stadt und die zehnjährige Adelheid ging um sechs Uhr morgens in eine Werkstatt Tücher häkeln und kam um acht Uhr abends nach Hause. Als Adelheid mit ihrer Mutter schließlich ein Kabinett mietete, das sie für sich allein hatten, war das Kind sehr froh, denn das Ehepaar war laut Popp von zweifelhaftem Charakter.

Mit dem zwölften Lebensjahr begann Adelheid Popp eine Lehre im Posamentriegewerbe. Zwölf Stunden am Tag hatte sie aus Perlen und Seidenschnüren Aufputz für Damenkonfektionen herzustellen. Die Erinnerungen an diese Zeit waren ebenfalls keine guten, denn das Kind erfuhr laut ihren Erzählungen viele Kränkungen, Härte und Herzlosigkeit. Da die Auftragslage stark saisonabhängig war, gab es einige Wochen im Jahr wenig bis gar nichts zu tun, sodass sie ihre Mutter drängte, während dieser Periode eine andere Arbeit anzunehmen. Die Suche, besser gesagt, das Betteln um Arbeit beschreibt Adelheid Popp als ein derart demütigendes Gefühl, das Zeit ihres Lebens in ihrem Inneren lebendig blieb (vgl. Jugend einer Arbeiterin, S. 42). Nachdem sie in einer Bronzewarenfabrik angestellt wurde, dort mehr verdiente als im Lehrberuf, auch deshalb, weil sie so tüchtig war, gab Adelheid die Lehre auf. Die Arbeit in der Fabrik war jedoch enorm anstrengend, sodass sie Schwindelanfälle bekam, die bis zur schweren Ohnmacht führten. Der Arbeit in der Bronzewarenfabrik folgten Anstellungen in einer Metalldruckerei, dann in einer Patronenfabrik. Die Ohnmachtsanfälle häuften sich, sodass Adelheid schließlich zur Beobachtung auf die psychiatrische Klinik kam, wo sie sich in vier Wochen erholen konnte. Die harte Wirklichkeit des Alltags und der Arbeitssuche führten zu weiteren Ohnmachtsanfällen, sodass Adelheid mit vierzehn Jahren im Armenhaus landete, weil man keine Aussicht auf Genesung sah.

Wieder zu Hause, sollte sie das Weißnähen erlernen, aber sie wurde eher als Kinder- und Dienstmädchen verwendet und schließlich wieder weggeschickt, womit die demütigende Suche nach Arbeit von Neuem begann. Ein Bruder war beim Militär, der andere kam von der Militärdienstzeit. Eine Beschäftigung zu finden, war auch für ihn schwer. Die Familie fror und hungerte, im Laufe des strengen Winters konnten Wind und Schnee ungehindert in die kleine Kammer eindringen. Die Schilderungen der schrecklichen Armut sind erschütternd, genauso wie jener Stunden, in denen Adelheid herumirrte, um nur irgend eine Arbeit zu finden (vgl. Jugend einer Arbeiterin, S. 51 ff). Die Mutter wurde zunehmend unwillig, weil ihre Kinder kaum Geld nach Hause brachten, und es war wohl auf den puren Überlebenskampf zurückzuführen, dass sie kein Verständnis für ihre Tochter aufbrachte, als diese ihre Anstellung in einer Glas- und Schmirgelfabrik aufgab, nachdem sie von einem Mitarbeiter belästigt worden war und sie aus Angst vor Schande lieber hungern wollte. Mutter und Bruder nannten sie daraufhin schlecht und faul.

Das Schicksal wendet sich, das politische Interesse erwacht

Das Schicksal fügte es jedoch, dass Adelheid letztendlich doch eine Anstellung in einer großen Fabrik fand, wo es ihren Aussagen nach, damals die besten Arbeitsbedingungen gab. Sie verdiente bald sechs Gulden pro Woche und setzte alles daran, ihre Arbeit pünktlich, genau und sorgfältig zu machen. Die Arbeitszeit betrug zwölf Stunden, von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends, ihrer Gruppe war die Aufgabe zugeteilt, die erzeugten Waren zu sortieren. Auch die Wohnungsverhältnisse besserten sich für die Familie, sie hatten ein Zimmer mit zwei Fenstern genommen. Die Mutter ging nicht mehr außer Haus arbeiten, sondern verdiente zu Hause etwas und führte den Haushalt. Ein Fenster zu haben, war für Adelheid Luxus, denn nun konnte sie sich am Sonntag zum natürlichen Licht setzen und lesen. Die Lektüre ging von Lenau über Wieland bis zu Chamisso, auch Goethes Wahlverwandtschaften und Iphigenie standen auf dem Plan.

Die Interessen der fünfzehnjährigen Adelheid änderten sich jedoch, als in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts Arbeiterunruhen ausbrachen und über Wien und Wiener Neustadt der Ausnahmezustand verhängt wurde. Die Politik trat plötzlich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der jungen Adelheid. Schon als Lehrmädchen hatte sie sich öfters nichts zu essen gegönnt, um sich eine Zeitung kaufen zu können. Nun zweigte sie dafür von ihrem Lohn regelmäßig Geld ab. Mit "leidenschaftlicher Anteilnahme" verfolgte sie die so genannten Anarchistenprozesse und kam somit erstmals mit sozialdemokratischem Gedankengut in Berührung, das sie begeisterte.

Wesentlich für die weitere Entwicklung ihres politischen Interesses wurde aber ein Freund ihres Bruders, ein Sozialdemokrat. Adelheid beschreibt ihn als besonders intelligent. Er habe ihr den Unterschied zwischen Anarchismus uns Sozialismus erklärt, und von ihm habe sie auch erstmals gehört, was eine Republik ist (vgl. Jugend einer Arbeiterin, S. 72/73). Er machte sie auch mit dem ersten sozialdemokratischen Parteiblatt "Gleichheit" bekannt. "Die theoretischen Abhandlungen konnte ich nicht sofort verstehen, was aber über die Leiden der Arbeiterschaft geschrieben wurde, das verstand und begriff ich und daran lernte ich erst mein eigenes Schicksal verstehen und beurteilen. Ich lernte einsehen, dass alles, was ich erduldet hatte, keine göttliche Fügung, sondern von den ungerechten Gesellschaftseinrichtungen bedingt war", hält Popp in ihren Erinnerungen (Jugend einer Arbeiterin, S. 73) fest. Der Freund versorgte Adelheid auch mit einschlägigen Büchern, sie war begierig danach, sich weiter zu bilden und las neben den Schriften von Engels, Lasalle und Liebknecht etwa auch neun Bände der Weltgeschichte, um ihre Allgemeinbildung zu verbessern.

Ein weiteres politisches Schlüsselerlebnis bereitete Popp die Lektüre eines Artikels über die Lebensumstände von Frauen. Er erweckte ihr Interesse für Frauenfragen und sie begriff, dass die soziale Frage und die Politik keine Männerthemen allein darstellen.

Die "Agitation" beginnt trotz aller Widerstände

Popp begann ihre neue Überzeugung und ihr Wissen auch unter ihren Kolleginnen am Arbeitsplatz zu verbreiten, ihnen die Ursachen von Unterdrückung und Ausbeutung darzulegen. Sie begann zu "agitieren", was zunächst dazu führte, dass sie von ihrem unmittelbaren Vorgesetzten besonders streng kontrolliert wurde. Der Fabrikbesitzer drohte: "Denken Sie daran, dass Sie für eine alte Mutter zu sorgen haben".(Jugend einer Arbeiterin, S. 76). Aber Adelheid Popp war eine äußerst genaue und auch geschätzte Arbeiterin, und so konnte oder wollte man ihr nichts anhaben.

Ihre erste politische Versammlung besuchte sie mit ihrem Bruder im Dezember 1889. Da sie die einzige Frau unter den zahlreichen Besuchern war, richteten sich alle Blicke auf sie. Es blieb nicht bei dieser einen Versammlung. Die Zusammenkünfte und neuen Kontakte sollten Adelheid Popp eine neue Welt erschließen. Sie empfand es als schmerzlich, dass nie über Frauen gesprochen wurde und in ihr regte sich immer mehr das Bedürfnis, mitzuhelfen und mitzukämpfen. "Wie sehr ich die politische Reife der Männer überschätzt hatte, erfuhr ich nur zu bald", bekannte sie nicht ohne Stolz (Jugend einer Arbeiterin, S. 81). Sie, das junge, politisch rechtlose Mädchen habe wahlberechtigten Männern politisch manches erklären können und man habe sich gewundert, woher sie ihre "Gescheitheit" genommen habe (vgl. ebda. S. 82).

Als im Jahr 1890 erstmals der 1.Mai 1890 als Tag der Arbeitsruhe begangen werden sollte, damals kein allgemein gültiger Feiertag, machte Adelheid dafür Propaganda, aber der angedrohte Verlust eines halben Wochenlohns und die Furcht vor einer eventuellen Entlassung schreckte alle ab. Aber bereits im nächsten Jahr konnte der erste Mai begangen werden, und zwar unter der Bedingung, dass all jenen, die nicht feiern wollten, von den anderen der Lohnverlust zu ersetzen war. Und so plünderte Popp, wie einige ihrer Kolleginnen auch, ihre Sparkasse.

Kurze Zeit später hatte Adelheid Popp ihren ersten öffentlichen Auftritt. Er fand im Rahmen einer Versammlung von dreihundert Männern und neun Frauen statt, in der einmal über Frauenfragen referiert wurde. Als der Vorsitzende die Anwesenden aufforderte, sich dazu zu äußern, fühlte sich Adelheid angesprochen, sie hatte plötzlich das Gefühl, reden zu müssen. Sie überwand ihre Nervosität ("Als ich die Stufen zum Rednerpult hinaufging, flimmerte es mir vor den Augen und ich spürte es würgend im Hals" - vgl. Jugend einer Arbeiterin, S. 84) und sprach von den Leiden und der Ausbeutung der Frauen, der geistigen Vernachlässigung der Arbeiterinnen und forderte Aufklärung, Bildung und Wissen für die Frauen. Laut ihren Erinnerungen war der Jubel "grenzenlos" und man forderte sie auf, einen Artikel zu schreiben.

Adelheid Popp, damals natürlich noch Dworschak, wurde in der Folge zu einer begehrten Rednerin. Sie redete oft mehrmals in der Woche und an Sonntag Vormittagen. Bei ihren Vorgesetzen in der Fabrik wurde ihr Engagement mit Argwohn verfolgt. Ihr "Herr" warnte sie: "Sie sind jung und können nicht beurteilen, was sie tun, merken Sie sich aber, die Politik ist ein undankbares Geschäft". Sie ließ sich dennoch nicht beirren (vgl. Jugend einer Arbeiterin, S. 88).

Bald gehörte sie zum inneren Kreis des 1890 gegründeten Arbeiterinnen-Bildungsvereins, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Bildung und Wissen unter die Frauen zu bringen. Diesen zu gründen, hatte viel Mühe gekostet, denn das österreichische Vereinsgesetz hatte Frauen die Mitgliedschaft in Vereinen verboten. Adelheid gehörte auch nicht zu den Gründerinnen im Gasthaus "Zum Goldenen Luchsen", weil sie sich als Frau scheute, allein in ein Gasthaus, das als "unschicklicher Ort" galt, zu gehen. Erst als sich der Verein im geschlossenen Lokal der Bäckervereinigung traf, wurde sie Mitglied und bald in dessen Vorstand gewählt.

Durch ihren unermüdlichen Einsatz erwarb sie sich nach kurzer Zeit einen zentralen Platz in der Sozialdemokratie. Nach Arbeitsschluss um 19 Uhr nahm sie oft stundenlange Wege in Kauf, um in entlegene Bezirke zu gehen, denn für die Straßenbahn war oft das Geld nicht da. Das Engagement und der missionarische Eifer gingen so weit, dass sie zeitweise auf das Mittagessen verzichtete oder nur Brot und Suppe aß, um abends das Sperrgeld bezahlen zu können. Entschädigungen für die Vorträge gab es keine. Ihre Mutter durfte jedoch nicht wissen, dass die politische Tätigkeit eigenes Geld kostete, und es hat Adelheid immer geschmerzt, dass sie kein Verständnis für die politische Tätigkeit ihrer Tochter fand, ja dass sie ihre Ansichten als suspekt empfand. Dies wurde dadurch verstärkt, dass sich neben der bürgerlichen Presse bald auch Polizei und Geheimpolizei für die junge Politikerin interessierten und am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft Erkundigungen einzogen. Auch der Besuch von Friedrich Engels und August Bebels in der bescheidenen Vorstadtwohnung änderte nichts an der Haltung ihrer Mutter. Die beiden wollten der alten Frau Dworak begreiflich machen, dass sie stolz auf ihre Tochter sein sollte, sie aber hielt die älteren Männer für Freier und schalt Adelheid mit den Worten: "So Alte bringst Du daher" (Jugend einer Arbeiterin, S. 97).

Adelheid wurde auch vom bürgerlichen "Österreichischen Frauenverein" zu einer Frauenwahlrechtsversammlung eingeladen und thematisierte dort im Kreis eleganter Damen die Problematik der Prostitution, zu der viele Frauen durch Not, Hunger, Arbeitslosigkeit und Verführung gekommen seien. Es fanden bald auch erste Versuche statt, die damals völlig rechtlosen Hausgehilfinnen und Dienstboten zu organisieren. Ab Mitte der 90er Jahre unternahm Popp wochenlange Agitationsreisen nach Böhmen und Mähren, die mit großen Strapazen verbunden waren, aber oft auch ein gerichtliches Nachspiel hatten. Denn Versammlungen konnten damals nur unter Aufsicht eines Regierungskommissärs stattfinden, der die Macht hatte, sie jederzeit aufzulösen.

Ein Ehemann, der die Ideale teilt und Emanzipation unterstützt  

Die 90er Jahre brachten auch eine große berufliche und vor allem private Wende im Leben der nun bereits anerkannten Politikerin. Sie lernte den um 20 Jahre älteren Julius Popp kennen. Er stammte ebenfalls aus ärmlichen Verhältnissen, war gelernter Schuhmacher und gehörte zum Urgestein der Sozialdemokratie. Ursprünglich dem radikalen Flügel zugehörig, schloss er sich dann Victor Adler an, der ihn einmal als das personifizierte Gewissen der Partei bezeichnete. Julius Popp war federführend an der Vorbereitung des Hainfelder Parteitags an der Jahreswende 1888/89 beteiligt, dessen Vorsitz er auch innehatte. Er wurde Mitherausgeber der Arbeiterzeitung, zeichnete für die gesamte Administration des Blattes verantwortlich und hatte auch die Parteikassen über. In diesen Funktionen traf er auch mit der umtriebigen Adelheid Dworak zusammen, die in der Zwischenzeit die Schriftleitung der Arbeiterinnen-Zeitung übernommen hatte.

Adelheid Popp beschreibt ihn in ihren Erinnerungen als einen Mann, "dessen Charakter das Ideal erreichte", von dem sie geträumt habe (vgl. Jugend einer Arbeiterin, S. 99). Manches persönliche Wohlbehagen habe er aufgegeben, um ihr die Agitation unter den Arbeiterinnen zu ermöglichen. Die Hochzeit fand im Februar 1894 im Wiener Rathaus statt, als Trauzeuge fungierte Victor Adler. Die Ehe war sehr glücklich und harmonisch, aus ihr entstammten zwei Söhne. Julius Popp unterstützte die politische Tätigkeit seiner Frau vorbehaltlos, er fungierte quasi als ihr Manager und drängte sie oft dazu, ihren politischen Aufgaben nachzukommen. "Manches persönliche Wohlergehen gab er auf, um mir die Agitation unter den Arbeiterinnen zu ermöglichen", schreibt sie später in ihren Erinnerungen: "Was hat mein Mann alles entbehrt, um seiner Gattin eine Betätigung zu ermöglichen, die er als eine nützliche für die Arbeiterklasse angesehen hat. Aber daraus habe ich auch die Erfahrung geschöpft, wie glücklich und ungetrübt eine Ehe sein kann, wenn sie auf vollständiger Harmonie der Gesinnung beruht; wenn der Mann auch Anerkennung für die Leistungsfähigkeit der Frau hat und nicht nur verlangt, dass seinen Fähigkeiten von ihr Anerkennung gezollt werde." (Jugend einer Arbeiterin, S. 102; siehe auch: Köpl, Regina: Adelheid Popp. In: Edith Prost (Hrsg): Die Partei hat mich nie enttäuscht. S. 16 f)

So konnte Adelheid Popp auch als Ehefrau und Mutter wochenlange Agitationsreisen unternehmen, wobei sie bis an ihre körperlichen Grenzen ging. Victor Adler befürchtete einmal eine bevorstehende "Tribünengeburt", als Adelheid Popp hochschwanger mit ihrem ersten Kind bei einer Versammlung redete (vgl. Köpl, Regina: Adelheid Popp. S. 19). Ihr Mann spornte sie auch an, sich weiterzubilden, insbesondere in der Orthographie, in Grammatik und in Sprachen, die sie vor allem auch bei der Frau Victor Adlers, Emma Adler, lernte. Den Haushalt führte ihre Mutter, die sich ursprünglich gegen die Heirat sehr gesträubt hatte.

Dass die Haltung ihres Mannes auch in der Sozialdemokratischen Partei keine Selbstverständlichkeit war, zeigt die innerparteiliche Haltung gegenüber Frauen und Frauenorganisationen. So hatte man am Parteitag zu Hainfeld Anna Altmann als Delegierte zurückgewiesen mit der Bemerkung, dass man Männer brauche. Am zweiten Parteitag durfte dann der Arbeiterinnen-Bildungsverein zwei Delegierte entsenden. Adelheid Popp war damals nur Gast, trat aber gegen die Frauenignoranz in den Arbeiter-Bildungs- und Gewerkvereinen auf.  

Dieser mutige Auftritt zeitigte insofern Wirkung, als im Jahr 1892 den Frauen die selbstverantwortliche Leitung der Arbeiterinnenzeitung zugestanden wurde. Denn bisher wurden die Beiträge des jungen Blattes von den Redakteuren der Arbeiterzeitung redigiert. Sogar Victor Adler zweifelte ursprünglich daran, dass eine Frau imstande sein könnte, die Zeitung zu machen.

So trat Adelheid Popp, damals noch nicht verheiratet, am 15. Oktober 1892 ihren Dienst als Schriftleiterin an, nachdem sie ihre Stelle in der Fabrik aufgegeben hatte, in der sie acht Jahre tätig gewesen war. Dies war eine zentrale Position, denn die Redaktion der Arbeiterinnenzeitung war genauso wie die Redaktion der Arbeiterzeitung lange Zeit eine Koordinations- und Schaltstelle, bis es gelang, durch den Aufbau einer zentralistischen Organisation die Parteiorganisation aus den Redaktionen herauszulösen und von den Parteiblättern unabhängig zu machen. Die Zeitung, deren Inhalte Adelheid Popp durch ihre Funktion inhaltlich maßgeblich mitbestimmte, verstand sie gezielt als Sprachrohr für die Sache der Frauen einzusetzen. So unterstützte sie den ersten großen Arbeiterinnenstreik in Wien 1893, um Lohnerhöhungen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen durchzusetzen, sie lehrte die Frauen, wie man Streiks vorbereitet und durchführt, und organisierte in weiterer Folge Versammlungen, Streikposten und Spendenaufrufe, da es eine Streikkassa nicht gab. Im Jahr 1895 musste sich Adelheid Popp als Chefredakteurin vor Gericht verantworten, weil man der Arbeiterinnenzeitung vorwarf, Ehe und Familie herabgewürdigt zu haben. In der Verteidigung kritisierte sie die geltenden Ehegesetze, die die Unfreiheit der Frauen in der Ehe normierten, und die Doppelmoral, indem sie die Prostitution und deren Ursachen ansprach. Sie fand jedoch kein Verständnis und wurde zu vierzehn Tagen Arrest, verschärft durch zwei Fasttage, verurteilt. Ihre emanzipatorischen Anschauungen über die Ehe wurden davon jedoch nicht beeinflusst und Adelheid Popp sollte später auch als Parlamentarierin diese Themen konsequent und auf die ihrer Art entsprechende eindringlichen Weise immer wieder durch Anträge und Reden aufs Tapet bringen.

Das Ehepaar Popp wäre durch die Anstellung beider Ehepartner bei der Partei finanziell gut abgesichert gewesen, das rief aber parteiinterne Kritik – "Doppelverdiener", "Vetternwirtschaft", "Bonzentum" – hervor, sodass sie beschlossen, auf das Gehalt Adelheids zu verzichten. Sie arbeitete nun unentgeltlich als Redakteurin und Sekretärin der Frauenorganisation, sodass ständige Geldsorgen auf den Alltag der Familie drückten. Als Julius Popp, der bereits bei der Eheschließung ein kranker Mann war, im Jahr 1902 starb, rächte sich diese Rücksichtnahme auf die Partei. Er hinterließ eine Frau mit zwei Kleinkindern im Alter von 4 1/2 Jahren bzw. 14 Monaten. Die Partei half zunächst wenig, Adelheid wusste oft nicht, wie sie ihre Familie über die Runden bringen soll, und als sie nun wieder gegen Entgelt arbeiten musste, wurde sie von der Partei niedriger eingestuft, als Männer in ähnlichen Positionen, und als es ihrer langjährigen Erfahrung entsprach. Als sie schließlich damit drohte, eine besser bezahlte Stellung in einer Provinzredaktion anzunehmen, wurde letztendlich ihr Gehalt aufgestockt, "was aber noch lange nicht bedeutete, dass man die Frau, die alles, jedes persönliche Leben opfert, um der Partei zu dienen, so gestellt hätte, wie es bei Männern selbstverständlich war", bemerkte sie später in ihren Blättern der Erinnerung und zur parteiinternen Praxis der programmatischen Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit (vgl. Köpl, Regina: Adelheid Popp S. 21).

Aber nicht nur das Glück ihrer Ehe währte kurz - die Ehe "hat mich aus einem frühernsten Mädchen zu einer frohsinnigen Frau gemacht", gab sie zu Papier (Jugend einer Arbeiterin, S. 103) -,  Adelheid verlor auch ihre beiden Söhne auf tragische Weise. Der ältere fiel im Ersten Weltkrieg, der zweite, ebenfalls begeisterter Sozialdemokrat, starb 1924 als eine Grippeepidemie in Wien grassierte.

Der innerparteiliche Kampf der Frauen

Adelheid Popp war bald anerkannte Größe in der sozialdemokratischen Bewegung. Zunächst eine Anhängerin des radikalen Flügels der Partei, der gegen einen allzu starken Zentralismus und gegen die übermächtige Person Victor Adlers auftrat, änderte sie ihre Meinung und unterstützte am Parteitag 1892 Adler, indem sie dort öffentlich bekannte, eine Opposition habe keine Berechtigung. Eine Ja-Sagerin wurde sie aber nicht. Ihr Kampf um die Frauenemanzipation inner- und außerparteilich verlor nie an Intensität, auch wenn Popp bei öffentlichen Auftritten versuchte, zwischen Frauen und Gesamtpartei zu vermitteln. Frauenfeindlichkeit in der Partei, öffentliche Diffamierungen und Anklagen vor Gericht konnten Popp nicht beirren.

Adelheid Popp war als Rednerin auf Versammlungen unermüdlich unterwegs. Sie engagierte sich inner- und außerparteilich, um Frauen aufzuklären, sie in ihren Anstrengungen um bessere Arbeitsbedingungen zu unterstützen. Sie nahm sich in diesem Zusammenhang auch besonders der Dienstboten an, die damals völlig entrechtet und den Launen der Herrschaft bis zu sexuellen Übergriffen ausgeliefert waren. Im Sommer 1883 fand im Parlament eine Gewerbeenquete statt und Adelheid Popp hatte damals, lange bevor sie als Abgeordnete in die Konstituierende Nationalversammlung einzog, die Möglichkeit, als erste Frau im Parlament das Wort zu ergreifen. Sie nahm die Gelegenheit wahr, die fürchterlichen Zustände, denen Arbeiterinnen ausgesetzt waren, basierend auf Daten und Namen, schonungslos zu schildern. Im Wiener Tagblatt vom 6. August 1893 war daraufhin zu lesen: "....nur von wenigen Männern unseres Parlaments ist man so rücksichtslose Reden gewohnt..."

Um für die Sache der Frauen in der Öffentlichkeit wirksam eintreten zu können, ging es zunächst auch darum, den Frauen in der Partei eine eigene Organisation, und damit entsprechende Stimme, zu geben. Es gab zwar den Arbeiterinnen-Bildungsverein, aber dieser unterstand Beiräten der Partei, die bei allen Sitzungen des Vereins dabei waren.

Der Arbeiterinnen-Bildungsverein entsprach aber bereits nach wenigen Jahren nicht mehr den gesteigerten Anforderungen, und so wurde er aufgelöst und 1893 der Lese- und Diskutierklub "Libertas" gegründet, dessen Vorsitzende Adelheid Popp wurde. Anna Boschek übernahm das Amt der Kassierin. Das Lesezimmer des Libertas wurde von den männlich dominierten Parteifunktionären als "Weiberwirtschaft" diskreditiert, andererseits war man entgegen aller Beschlüsse sehr zurückhaltend bis ablehnend, Frauen in die parteinahen Vereine aufzunehmen. Die Gewerkschaft blieb ebenfalls sehr reserviert gegenüber eigenständigen Frauenorganisationen, weil sie diese als Konkurrenz empfand. Die Gründung von Sektionen in den Gewerkschaften ging nur sehr langsam voran, innerhalb der Partei wurde die gewerkschaftliche Organisation als vorrangig betrachtet. Die Arbeiterinnenbewegung hatte es daher schwer, einen Aufschwung zu nehmen. Man glaubte, in erster Linie die Lohnarbeiterinnen in den Gewerkschaften organisieren zu müssen, obwohl nur ein geringer Teil der Frauen außerhäuslich erwerbstätig war. Erst als die Christlich-Soziale Partei unter Karl Lueger begann, sich systematisch um Frauen zu kümmern, setzte in der Sozialdemokratischen Partei ein Umdenken ein. Man wandte sich den Hausfrauen zu, die oft auch Heimarbeiterinnen, Wäscherinnen, Gelegenheitsarbeiterinnen waren, gründete 1902 den Verein der Heimarbeiterinnen und der im Haus tätigen Frauen und Mädchen, der auch Serviceleistungen anbot. Auf politischer Ebene wurde der Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen ins Leben gerufen und 1907 die Einbindung von Frauen in die so genannte freie politische Organisation beschlossen (vgl. Köpl, Regina: Adelheid Popp. S. 37)

Entsprechend schwer war es für die Frauen, für die Parteitage delegiert zu werden. Schon damals trat Popp für eine Quotenregelung ein und forderte 1896 für Orte mit Frauenorganisationen das Delegierungsrecht für Frauen. Sie hatte damit jedoch keinen Erfolg. Das Delegierungsrecht für Frauen kam dann erst 1912. Durchsetzen konnte sie jedoch bereits im Herbst 1892, als einzige Frau der österreichischen Delegation zum dritten Kongress der II. Internationale nach Zürich zu reisen, wo auch die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit vorgebracht wurde.

Zu Ostern 1898 wurde ohne Absprache mit den Partei- und Gewerkschaftsgremien die erste "Reichsfrauenkonferenz" einberufen, die im Jahr 1903 abermals stattfand. Dort wurde eine Resolution angenommen, in der unter anderem die Einführung des Achtstundentags, die Erhöhung der Altersgrenze jugendlicher Arbeiter auf 18 Jahre, das ausnahmslose Nachtarbeitsverbot für Frauen und Jugendliche, die Freistellung des Samstagnachmittags, die Ausdehnung des Wöchnerinnenschutzes inklusive der Erstattung des Verdienstentgangs während dieser Zeit durch die Krankenkassen, weiters Entbindungsanstalten, Wöchnerinnenheime und Wöchnerinnenhauspflege sowie die Anstellung von Gewerbeinspektorinnen gefordert wurde.

Erst 1919, am ersten Parteitag nach dem Krieg, gelang eine gemeinsame Organisation der Frauen und Männer in der Partei.

Selbstverständlich war auch das Frauenwahlrecht ein großes Thema, dem sich Adelheid Popp mit aller Kraft widmete. Sie führte dabei aber auch einen Zweifrontenkrieg, da es nicht nur galt, die Männer in der eigenen Partei von der Notwendigkeit des Frauenwahlrechts zu überzeugen, sondern es auch schwierig war, die Frauen selbst dafür zu gewinnen. Denn die meisten litten unter unsäglicher Armut und waren eher an höheren Löhnen und billigeren Lebensmitteln interessiert als am Wahlrecht. Die Not der Männer sei von den Kapitalisten benützt worden, um Frauen und Kinder als Lohndrücker in ihren Betrieben einzustellen, schildert Adelheid Popp die Lage in ihrer Schrift "Der Weg zur Höhe" (S. 39), sodass sich der Groll der Arbeiter gegen die Frauen richtete. Daher habe der Wunsch nach dem Frauenwahlrecht noch keine große Zustimmung gefunden. "Es waren nur die Idealisten der Bewegung, welche die Forderungen der Frauen nicht nur billigten, sondern auch unterstützten. Der Spott bürgerlicher Zeitungen über die "Emanzipationshyänen", über die "Mannweiber" und wie man die ersten Pionierinnen noch nannte, fand auch in Arbeiterkreisen vielfach Zustimmung. Frauen selbst schlossen sich in ihrer Unerfahrenheit dieser Meinung an" (ebda S. 39).

Adelheid Popp war die erste, die in den frühen 90er Jahren auf einer öffentlichen Versammlung für das Frauenwahlrecht eintrat. Dennoch machte sie einen Schritt zurück, und verzichtete 1905 im Namen der organisierten Frauen auf das Frauenwahlrecht, um die Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Männerwahlrechts nicht zu gefährden (vgl. Köpl, Regina: Adelheid Popp. S. 73 und Hauch, Gabriella: Adelheid Popp. Bruch-Linien einer sozialdemokratischen Frauen-Karriere. In: Severit, Frauke (Hrsg): Das alles war ich. Politikerinnen, Künstlerinnen, Exzentrikerinnen der Wiener Moderne.  S. 40/41). Brachte ihr diese Haltung innerparteiliches Lob, war man in der Fraueninternationale darüber weniger erfreut. Klara Zetkin machte 1907 den Vorschlag, dass "zu einer bestimmten Zeit in allen Ländern große Massenkundgebungen aller Sozialdemokraten für das Frauenwahlrecht stattfinden" sollten, woraus am 18. März 1911 der erste internationale Frauentag entstand. In Österreich gab man sich nach dem Wahlergebnis 1907 der Hoffnung hin, dass "eine starke sozialdemokratische Fraktion im Parlament für die politischen Rechte der Frauen kämpfen werde" (Popp, Adelheid: Auf dem Weg zur Höhe S. 85).

Die Jahre als Abgeordnete und der Rückzug im Autoritären Ständestaat

Adelheid Popp folgte Klara Zetkin 1916 als Vorsitzende der Sozialistischen Fraueninternationale nach. Auch wenn sie anfangs nicht zu den ausgesprochenen Kriegsgegnerinnen zählte, trat Popp   bei Friedenskundgebungen im Jänner und Februar 1917 neben Therese Schlesinger als einzige Rednerin auf. Sie prägte die Sozialdemokratische Partei auch in den Jahren der Ersten Republik. Sie war Mitglied des Wiener Gemeinderats (1918 bis 1923) und wurde am 4. März 1919 als Abgeordnete in der Konstituierenden Nationalversammlung angelobt, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass auch das nicht so selbstverständlich war. Erst im letzten Moment stand für sie ein sicherer Listenplatz zur Verfügung.

Popp war eine der sechs weiblichen Abgeordneten, die während der gesamten Ersten Republik ein Mandat innehatten. (Über ihre parlamentarische Tätigkeit siehe PK-Meldung Nr. 190/2009. Ein Kurzporträt siehe PK NR. 363 /2009). Im Parlament setzte sie sich weiter vehement für soziale Anliegen und vor allem für die Rechte der Frauen ein, trat insbesondere gegen das geltende Ehegesetz auf und erhob die Forderung nach der Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs. Hinsichtlich dieser Forderung war sie jedoch immer wieder auch parteiinterner Kritik ausgesetzt. Fast alle ihre Anliegen konnten erst in der Zweiten Republik realisiert werden. 

Sie litt immer darunter, dass bis 1930 mehr Frauen die Christlich-Soziale Partei wählten als die Sozialdemokratische. Den Grund dafür sah sie in der Haltung der eigenen Partei: "Solange Frauen nicht das Gefühl haben, in der Partei vollständig gleichwertig zu sein" (siehe Köpl, Regina: Adelheid Popp S. 38), dürfe man sich nicht darüber wundern. Sie aber beklagte in ihren Parlamentsreden auch immer wieder die Missachtung der Fraueninteressen im Nationalrat, vor allem seitens der Regierung und der anderen Parlamentsparteien.

Als das Parlament infolge der Ereignisse am 4. März 1933 aufgelöst wurde und ein Jahr später die Sozialdemokratische Arbeiterpartei am 12. Februar 1934 verboten wurde, war Adelheid Popp 65 Jahre alt. Da sie sich zur Zeit der Februarkämpfe im Spital aufhielt, entging sie einer Verhaftung. Ihre letzten Lebensjahre zur Zeit des Autoritären Ständestaates verbrachte die Politikerin zurückgezogen. Der Alltag dürfte von Geldsorgen und Depression geprägt gewesen sein. Um Geld zu verdienen begann sie, Drehbücher, Romane und Geschichten zu schreiben, denn über eine gesicherte Altersversorgung verfügte sie nicht. Jüngere Sozialdemokratinnen wie Gabriele Proft oder Rosa Jochmann kümmerten sich um sie, sie selbst war bemüht, ihre internationalen Kontakte aufrecht zu erhalten. (vgl. Hauch, Gabriella: Adelheid Popp; S. 47)

Knapp ein Jahr nach der Machtergreifung Hitlers in Österreich starb Adelheid Popp am 7. März 1939 in Wien. (Schluss)