Parlamentskorrespondenz Nr. 443 vom 19.05.2009

Immunitätsangelegenheiten und zwei Anträge in Erster Lesung

Wien (PK) – Zwei Immunitätsangelegenheiten – Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft für Abgeordneten Stefan Petzner (B) und für Abgeordneten Harald Walser (G) - sowie zwei Anträge des BZÖ (465/A und 569/A) die in Erster Lesung in Verhandlung genommen wurden, bildeten den Schluss der Tagesordnung der 21. Sitzung des Nationalrats.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) brachte eingangs seiner Rede namens des BZÖ, der SPÖ, der ÖVP und der Grünen einen an Justizministerin Bandion-Ortner gerichteten Entschließungsantrag ein. Demnach soll die Justizministerin die Strafverfolgungsbehörden darauf aufmerksam machen, dass Auslieferungsbegehren an den Nationalrat nicht notwendig sind, wenn eindeutig kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der Tätigkeit eines Abgeordneten besteht.

Stadler zufolge ist es nun schon zum dritten Mal der Fall, dass Behörden mit Immunitätsfragen Politik betreiben würden. Dabei sei allein schon aus zeitlichen Gründen klar, dass die Abgeordnetem Petzner vorgeworfene Handlung in keinem Zusammenhang mit dessen Abgeordnetentätigkeit stehe. Als Protest gegen die Vorgangsweise der zuständigen Behörde kündigte Stadler an, gegen die Empfehlung des Immunitätsausschusses zu stimmen.

Abgeordneter Otto PENDL (S) äußerte sich zustimmend zum von Stadler vorgelegten gemeinsamen Entschließungsantrag und meinte, die Vorgangsweise der zuständigen Behörde im gegenständlichen Fall sei unzumutbar.

Auch Abgeordneter Peter SONNBERGER (V) schloss sich im Wesentlichen der Argumentation von Abgeordnetem Stadler an. Es sei von vornherein klar gewesen, dass Abgeordneter Petzner zum Zeitpunkt der inkriminierten Handlung noch kein Mandat innegehabt und auch keinen Wahlkampf geführt habe, sagte er.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) kündigte die Zustimmung zum Entschließungsantrag durch seine Fraktion an und zeigte sich über die bisherige zweijährige Dauer des gegenständlichen Verfahrens verwundert.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) wertete den vorliegenden Entschließungsantrag als sinnvoll und notwendig. Er geht allerdings davon aus, dass den Nationalrat auch in Zukunft Grenzfälle beschäftigen werden. Nicht jeder Fall sei so eindeutig wie der vorliegende, hielt Brosz fest.

Der Nationalrat schloss sich mehrheitlich der Empfehlung des Immunitätsausschusses an. Dieser hatte festgestellt, dass "ratio temporis" kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit von Abgeordnetem Stefan Petzner besteht. Damit kann die Staatsanwaltschaft Klagenfurt die Ermittlungen gegen Petzner wegen Verletzung des Datenschutzgesetzes fortsetzen. Der Vier-Parteien-Entschließungsantrag fand einhellige Zustimmung.

Im Zusammenhang mit der Immunitätssache Walser wies Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) darauf hin, dass es sich beim vorliegenden Fall um eine Privatanklage des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf gegen den Grün-Abgeordneten Harald Walser handle. Er zeigte kein Verständnis dafür, dass sich Walser nach seinen "Provokationen" gegenüber Graf nunmehr hinter seiner Immunität verschanze und sich nicht traue, den Wahrheitsbeweis für seine Behauptungen anzutreten.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) wies den Vorwurf seines Vorredners zurück und bekräftigte, es gehe nicht um eine Verschanzung hinter der Immunität. Vielmehr gebe es eine einheitliche Spruchpraxis des Immunitätsausschusses in derartigen Angelegenheiten. Brosz betonte, Graf könne Walser jederzeit zivilrechtlich klagen, wenn er an einem Gerichtsverfahren interessiert sei. 

Der Nationalrat stimmte einhellig gegen eine Auslieferung von Abgeordnetem Harald Walser und folgte damit der Empfehlung des Immunitätsausschusses. Dieser hatte einen Zusammenhang zwischen der behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit Walsers festgestellt.

BZÖ-Antrag auf Änderung des Kirchenbeitrags-Gesetzes

Abgeordneter Ewald STADLER (B) betonte, das System der Kirchenbeitragszahlungen sei überholt. Der vorliegende Antrag hat ihm zufolge drei wesentliche Anliegen. Es gehe darum, den Kirchenbeitrag zu einer freiwilligen Leistung zu machen, eine Widmungsmöglichkeit für die Verwendung des Kirchenbeitrags vorzusehen und der Kirche den Rechtsweg zur Eintreibung von Kirchenbeiträgen zu verbauen. Stadler untermauerte seine Forderung mit einem früheren Interview des nunmehrigen Papstes Benedikt. Er wies auch auf den steigenden Unmut in der Bevölkerung über die Eintreibung von Kirchenbeiträgen hin.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) führte aus, auf den ersten Blick habe der Antrag des BZÖ etwas für sich. Er machte allerdings geltend, dass der Antrag völkerrechtswidrig sei und gegen das Gebot verstoße, mit der Kirche Einvernehmen über sie betreffende gesetzliche Änderungen herzustellen.

Abgeordneter Wilhelm MOLTERER (V) appellierte an FPÖ-Klubobmann Strache, nicht mit kirchlichen Symbolen Politik zu machen und wenigstens in diesem Bereich keine Grenzen zu überschreiten. Gleichzeitig lehnte er den Antrag des BZÖ ab. Molterer hält den Antrag unter anderem für gleichheitswidrig, weil er die katholische, die evangelische und die altkatholische Kirche gegenüber anderen anerkannten Religionsgemeinschaften benachteiligen würde. Österreich sei zudem immer gut damit gefahren, derartige Fragen mit den Religionsgemeinschaften und nicht über deren Köpfe hinweg zu diskutieren, bekräftigte er.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) äußerte sich ablehnend und argumentierte, ein Beschluss dieses Antrages hätte verheerende Folgen für die christliche Gemeinschaft. Mit Nachdruck betonte der Redner, die FPÖ wolle in keiner Weise die Kirche vereinnahmen, ihre Abgeordneten würden sich nur ihr Recht nehmen, für ihren Glauben einzutreten.

Abgeordneter Harald WALSER (G) bekannte sich zu einer klaren Trennung von Staat und Kirche, hielt den Antrag aber nicht für zielführend. Er drückte seine Hoffnung auf eine Auseinandersetzung im Ausschuss aus, die auch für die Kirchen akzeptabel ist. Wichtig war für Walter, dass dabei nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden werde.

Der Antrag wurde dem Unterrichtsausschuss zugewiesen.

BZÖ-Antrag auf Änderung des Einkommensteuergesetzes

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) bezeichnete in einer kurzen Wortmeldung die Erhöhung des Pauschalbetrages für außerordentliche Belastungen von Behinderten als längst überfällig.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) signalisierte Gesprächsbereitschaft, äußerte aber Zweifel über die praktischen Auswirkungen des Antrags.

Abgeordnete Dorothea SCHITTENHELM (V) lehnte den Antrag ab und erklärte, es handle sich bei dem Pauschalbetrag um einen Freibetrag, der sogar dann in Anspruch genommen werden kann, wenn keine Mehrkosten anfallen.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) erwiderte, wenn Österreich ein Bankenpaket beschließen kann, dann könne man sich auch die Anpassung des Freibetrages leisten.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) unterstützte den Antrag grundsätzlich, meinte aber, BZÖ und FPÖ würden immer neue Ausgaben fordern, bei Steuern und Umstrukturierungen aber äußerst zurückhaltend reagieren.

Der Antrag wurde dem Finanzausschuss zugewiesen. (Schluss)