Parlamentskorrespondenz Nr. 594 vom 30.06.2009

Klarstellungen zur Korruptionsbekämpfung passieren Justizausschuss

Weitere Parteiengespräche bis zum Plenum beabsichtigt

Wien (PK) – Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen hat heute eine Vorlage den Justizausschuss passiert, die "Präzisierungen"  im Kampf gegen die Korruption vorsieht bzw. "überschießende Regelungen" in den bestehenden Bestimmungen entschärft. Die Genese der Vorlage: Eine Regierungsvorlage wurde, nach kurzer Begutachtung, in Gestalt eines Antrags der Justizsprecher der Koalitionsfraktionen, Heribert Donnerbauer (V) und Johannes Jarolim (S), dem Ausschuss zugewiesen. Heute lag dieser Antrag in Form eines umfassenden Abänderungsantrags der beiden genannten Abgeordneten – formal eingebracht von Abgeordneter Ridi Maria Steibl (V) - dem Ausschuss vor. Zugleich wurden in einer Ausschussfeststellung, die ebenfalls die Zustimmung der Mehrheit der Koalitionsfraktionen fand, weitere Klarstellungen vorgenommen. Weitere Präzisierungen im Zuge von Gesprächen der Justizsprecher der Fraktionen sind möglich; sie könnten bis zu den Plenarberatungen Eingang in einen weiteren Abänderungsantrag finden.

Ziel der Vorlage ist es, "eine wirksame und gezieltere Verfolgung und Sanktionierung wirtschaftlicher, behördlicher oder politischer Korruption sicherzustellen". Es gehe "um Präzisierungen unklarer Begriffe und somit eine Klarstellung der Verhaltensanforderungen". Für die betroffenen Bürger, vor allem für Amtsträger, soll Rechtssicherheit hergestellt werden. Außerdem werden auch im Korruptionsstrafrecht Wertequalifikationen eingeführt. Eine Änderung im Strafgesetzbuch betrifft nicht den Bereich Korruption: Bei bedingten Entlassungen aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe wird die Probezeit wieder auf zehn Jahre erhöht. Klarstellungen bringt der Entwurf zunächst zum Begriff des Amtsträgers, Präzisierungen werden auch hinsichtlich von Veranstaltungen vorgenommen, an denen teilzunehmen Amtsträger nicht dem Korruptionsverdacht aussetzt. Neu sind etwa Bestimmungen unter den Stichworten "Vorteilszuwendung" und "Vorbereitung der Bestechung" sowie die Eröffnung der Möglichkeit der "tätigen Reue".

Die Vorlage der Koalition wurde im Ausschuss gemeinsam mit einem Antrag der Grünen verhandelt. Ihre Forderung: Die Bestechung von MandatarInnen soll mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht sein. Sie erinnern an eine ausdrückliche Verpflichtung durch die Antikorruptions-Konventionen von UN und Europarat. Um strafbare Zuwendungen von legalen Parteispenden abgrenzen zu können, fordern die Grünen außerdem ein "umfassendes und transparentes Parteispendengesetz".

In der Debatte unter Vorsitz von Ausschuss-Obmann Heribert Donnerbauer (V) stellte Abgeordneter Johannes Jarolim (S) fest, dass trotz massiver Änderungen durch den Abänderungsantrag immer noch offene Fragen bestünden. Zudem solle die Opposition einbezogen werden. Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) bot an, noch vor den Plenarberatungen einen Termin für weitere Beratungen der Justizsprecher der Fraktionen zu vereinbaren.

Seitens der Opposition gab es zum Teil massive Kritik. Abgeordneter Albert Steinhauser (G) warnte vor "Chaos" und sprach sich dagegen aus, heute einen Antrag zu beschließen, der bis zum Plenum neuerlich geändert werden solle und stellte einen Vertagungsantrag. Steinhauser übte u.a. Kritik daran, dass nunmehr politische Mandatare nicht unter den Begriff des "Amtsträgers" subsummiert werden sollen, was die Optik einer Privilegierung ergebe. Problematisch sei dies auch im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz zu sehen, sagte Steinhauser und bot FPÖ und BZÖ die gemeinsame Anrufung des Verfassungsgerichtshofs an. Mit der Vorlage würde zudem von internationalen Standards abgegangen, kritisierte Steinhauser. Sein Fraktionskollege Wolfgang Zinggl äußerte den Verdacht der Anlassgesetzgebung zeitgerecht vor den Salzburger Festspielen. Bestehende Unsicherheiten blieben bestehen, daher sollte die Vorlage weiter beraten werden.

Abgeordneter Martin Strutz (B) schloss sich der Kritik Steinhausers an. Dem von den Regierungsfraktionen vorgebrachten Argument, bei geltender Rechtslage seien Kulturveranstaltungen bedroht, könne sich seine Fraktion nicht anschließen. Strutz erinnerte an die von Staatsanwälten, vom Rechnungshof und vom früheren RH-Präsidenten Franz Fiedler geäußerte Kritik und kritisierte darüber hinaus die geplante "Extrawurst für Mandatare". Ausdrücklich sprach sich der Abgeordnete für die Beibehaltung des Begriffs der "Anfütterung" aus. Auch er sah keine Notwendigkeit für Eile. Sein Fraktionskollege Herbert Scheibner hielt es für "keine Lösung", jetzt wieder "die herauszunehmen, die es betrifft", etwa ÖBB und AUA.

FPÖ-Abgeordneter Peter Fichtenbauer äußerte sich zustimmend zur Bestimmung hinsichtlich der "tätigen Reue", der gegenüber der Kronzeugenregelung der Vorzug gebühre. Er sprach sich für weitere Parteiengespräche in Sachen Korruptionsbekämpfung aus.

Auch ÖVP-Abgeordnete Karin Hakl plädierte für weitere Gespräche; das Gesetz sollte aber so schnell wie möglich beschlossen werden, um die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Ausdrücklich sprach sie sich gegen "Anfüttern" aus; Sponsoring müsse aber möglich sein. Die Herausnahme von Mandataren begründete Hakl mit unterschiedlichen Gegebenheiten für Mandatare, denen weitere Berufsausübung nicht unmöglich gemacht werden dürfe. "Stimmenkauf muss strafbar, Berufstätigkeit möglich sein", fasste Hakl ihren Standpunkt zusammen.

Die Verunsicherung, die mit der derzeitigen Rechtslage eingetreten sei, sei nicht das Ziel des Gesetzes gewesen, Änderungen seien daher erforderlich, sagte Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V). Nach wochenlanger Diskussion könne nicht von einem "Schnellschuss" gesprochen werden. Donnerbauer wies auch darauf hin, dass in einzelnen Punkten Verschärfungen vorgenommen worden seien. Zum Thema Kronzeugenregelung sollten weitere Diskussionen stattfinden. Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) erläuterte die Ausschussfeststellung.

Abgeordneter Johann Maier (S) wies den Vorwurf der Grünen, es würden mit der Vorlage internationale Standards verlassen, zurück – es gebe derartige Standards nicht einmal. Das Thema "Anfüttern" sei in keinem der fünf existierenden internationalen Abkommen geregelt. Ausdrücklich warnte Maier vor den Folgen für "kleine" Veranstaltungen und für die Gebiete Kultur, Sport und Brauchtum allgemein. Amtsträger würden, um Risiken zu vermeiden, keine Funktionen in Vereinen übernehmen, engagierte Menschen würden sich aus Furcht vor Kriminalisierung zurück ziehen, warnte Maier und erinnerte daran, dass 2010 das "Jahr der Freiwilligen" begangen werde. Zur Herausnahme von MadatarInnen wies der Abgeordnete darauf hin, dass diese Frage alle Vertretungskörper betreffe, nicht nur die Abgeordneten. Deren berufliche Situation sei eine andere als etwa die von Regierungsmitgliedern. Maiers Fraktionskollege Johannes Jarolim warnte vor den Folgen einer Einbeziehung von Abgeordneten, weil dies die Aufhebung der Immunität in allen diesen Fällen nach sich ziehen werde. Abgeordneten als "klassischen Interessenvertretern" könne man genau diese Vertretung von Interessen nicht verbieten. Abgeordneter Peter Wittmann (S) wandte sich gegen "überschießende Regelungen", wodurch "das Kind mit dem Bad ausgeschüttet" werde.

Das Antikorruptionsstrafrecht bereite seit Monaten große Probleme, weil seine Bestimmungen zu unpräzise seien, sagte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, und sie werde "ständig darauf angesprochen". Zum Vorwurf der Anlassgesetzgebung meinte sie, das Gesetz würde erst am 1. September – also nach den Salzburger Festspielen – in Kraft treten. Bei den "Amtsträgern" seinen die Vertreter von Unternehmen herausgenommen worden, die sich im Markt bewähren müssten, führte die Ministerin weiter aus, und Antikorruptionsbestimmungen sollten sich "auf die Verwaltung" beziehen. Gegen die Einbeziehung von Abgeordneten unter den Begriff Amtsträger spreche einiges, die Funktion von Abgeordneten sei "eine ganz spezielle".

Der Vertagungsantrag der Grünen blieb in der Minderheit, ebenso alle anderen Initiativen der Opposition. Die Vorlage und die Ausschussfeststellung wurden mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen angenommen. (Forts.)