Parlamentskorrespondenz Nr. 606 vom 01.07.2009

Volksanwaltschaft wiederholt Forderung nach Kompetenzausweitung

Brinek über Familienrechtspaket "teilfroh"

Wien (PK) – Legistische Anregungen der Volksanwaltschaft und Grundrechtsfragen standen im Mittelpunkt der heutigen Sitzung des Volksanwaltschaftsausschusses des Nationalrats. Unter anderem ging es um die Rundfunkgebühren, das Verbot politischer Werbung in Schulen, die Topographieverordnung, die Zuverdienstgrenze bei vorzeitiger Alterspension, die Jugendwohlfahrt und um Auslandsadoptionen. Neben den drei VolksanwältInnen standen den Abgeordneten auch ExpertInnen des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts und des Sozialministeriums für Auskünfte zur Verfügung.

Volksanwältin Terezija Stoisits und Volksanwalt Peter Kostelka wiederholten die langjährige Forderung der Volksanwaltschaft, ihre Kompetenzen auszuweiten. Ihre zentrale Forderung ist dabei die Zuständigkeit für ausgegliederte Rechtsträger wie etwa die ÖBB und die Post. In den meisten europäischen Staaten gebe es den Grundsatz, dass überall dort, wo öffentliche Gelder eingesetzt sind, auch die jeweilige Ombudsstelle zuständig ist, sagte Kostelka. Er urgierte außerdem eine gesetzliche Frist für die Beantwortung von Anfragen der Volksanwaltschaft seitens der einzelnen Behörden bzw. Ministerien.

Eingeleitet wurde die Diskussion im Ausschuss von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G). Er sprach u.a. die Topographieverordnung und das Ausstellungsverbot für Singvögel an und mahnte eine Klarstellung im ORF-Gesetz ein, inwieweit PCs mit Internetanschluss und Fernsehgeräte ohne ORF-Empfang gebührenpflichtig seien. Auch beim Verbot parteipolitischer Werbung in Schulen ortet er Handlungsbedarf. Hier gebe es verschiedene Meinungen zwischen dem Unterrichtsministerium auf der einen Seite und Eltern und LehrerInnen auf der anderen Seite, sagte er.

Abgeordneter Hannes Fazekas (S) machte darauf aufmerksam, dass die bestehende Zuverdienstgrenze bei vorzeitiger Alterspension immer wieder für Unmut sorge. So falle etwa die Pension zur Gänze weg, wenn Gemeinderäte für ihre Tätigkeit eine Entschädigung über der Zuverdienstgrenze erhielten.

Abgeordneter Peter Sonnberger (V) sprach sich für einen zusammenfassenden Bericht der Volksanwaltschaft über die größten Problemfelder in den Landesverwaltungen aus. Seine Fraktionskollegin Abgeordnete Gertrude Aubauer schnitt das Thema Sachwalterrecht an.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) wertete es als Manko, dass die Volksanwaltschaft keine Gesetzesprüfungsverfahren einleiten könne. Darüber hinaus brachte er die von der Volksanwaltschaft kritisierte Regierungswerbung und die geringen Zuverdienstmöglichkeiten neben dem Bezug von Arbeitslosengeld zur Sprache. Dadurch würden Betroffene leicht "in die Armutsfalle tappen", meinte er.

Abgeordneter Ewald Stadler (B) hob ein datenschutzrechtliches Problem bei der Beantragung von Wahlkarten hervor. Die Beantragung erfolge über Postkarten, auf denen persönliche Daten für jeden ersichtlich seien, kritisierte er. Beim Sachwalterrecht ist für ihn das Hauptproblem, dass Angehörige von Personen, die von Rechtsanwälten besachwaltet würden, oft von jeder Information ausgeschlossen seien. Nicht einsichtig ist seiner Meinung nach außerdem, dass sozial Schwache vor Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof zurückschreckten, weil sie trotz Verfahrenshilfe mit Kosten zwischen 400 € und 800 € zu rechnen haben.

Abgeordnete Daniela Musiol (G) hielt fest, die Situation in der Jugendwohlfahrt sei dramatisch. Ihrer Meinung nach muss man nicht zuletzt darüber nachdenken, ob es tatsächlich sinnvoll ist, eine einzelne Einrichtung gleichzeitig mit behördlichen Aufgaben und Servicetätigkeiten zu betrauen. Probleme ortet sie auch beim Unterhaltsvorschuss, zu dem viele AlleinerzieherInnen keinen Zugang hätten. In Bezug auf Pflegeeltern mahnte Musiol ein bundeseinheitliches Modell ein. 

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (F) unterstrich, das Modell des Sprengelschulsystems sei überholt. Abgeordnete Ridi Maria Steibl (V) wollte wissen, ob im gestern vom Justizausschuss gebilligten Familienrechtspaket die Anregungen der Volksanwaltschaft berücksichtigt worden seien. Abgeordneter Johann Hechtl (S) mahnte eine laufende Wertanpassung beim Pflegegeld, für ihn eine besonders wichtige Sozialleistung, ein.

Volksanwältin Terezija Stoisits bekräftigte, die Volksanwaltschaft wünsche sich nach wie vor mehr Rechte. Zentrale Forderung bleibt ihr zufolge dabei die Frage der Prüfzuständigkeit für ausgegliederte Rechtsträger. Es gebe viele andere Länder, wo die Volksanwaltschaft mehr Rechte habe, sagte Stoisits, und wurde darin auch von Volksanwalt Peter Kostelka bestärkt. Kostelka zufolge ist der Rechtsschutz für die BürgerInnen bei ausgegliederten Rechtsträgern "massiv verdünnt".

Kostelka sprach sich außerdem für eine gesetzliche Frist für die Beantwortung von Anfragen der Volksanwaltschaft an die Ministerien bzw. Behörden aus. Derzeit gebe es keine Sanktionen, wenn die betroffenen Stellen monatelang nicht antworten. In Einzelfällen habe die Volksanwaltschaft auch schon 18 bis 20 Monate warten müssen, schilderte Kostelka.

Was die Arbeit der Verwaltung insgesamt betrifft, meinte Stoisits, es sehe so aus, als ob sie gut funktioniere. Schließlich gebe es Millionen von Verwaltungshandlungen, aber nur einige tausend Beschwerden bei der Volksanwaltschaft. Allerdings sei unklar, wie viele Leute, die Probleme mit der Verwaltung haben, sich tatsächlich an die Volksanwaltschaft wenden. Deutlich zum Positiven verändert hat sich laut Stoisits die Zusammenarbeit der Volksanwaltschaft mit dem Innenministerium, seit Innenministerin Maria Fekter das Amt übernommen hat. Im Gegensatz zu früher kämen nun die Antworten fristgerecht.

Volksanwältin Gertrude Brinek merkte zu den Verfahrensabläufen in der Verwaltung an, die BürgerInnen hätten vielfach den Eindruck, dass Behörden unverhältnismäßig lange Zeit haben, um auf Anträge und Anfragen zu reagieren, während man ihnen selbst immer nur kurze Fristen einräume.

Bezüglich der legistischen Anregungen ging Volksanwältin Stoisits unter anderem auf das Problem der Kostentragung für die Ortung von Fliegerbomben ein. Es habe unter Innenminister Günther Platter einen ersten Gesetzentwurf zu dieser Frage gegeben, erinnerte sie, der allerdings wieder "von der politischen Bildfläche verschwunden ist". Die Volksanwaltschaft bleibe dabei, dass es einer gesetzlichen Regelung bedürfe, sagte Stoisits, Grundbesitzer dürften nicht auf den enormen Kosten sitzen bleiben.

In Bezug auf das von Abgeordnetem Ewald Stadler (B) angesprochene Problem bei den Wahlkarten gibt es laut Stoisits keine konkrete Beschwerde bei der Volksanwaltschaft. Hinsichtlich der Änderung des Schulsprengelsystems ist ihr, wie sie erklärte, keine aktuelle Gesetzesinitiative bekannt.

Volksanwalt Kostelka nannte die Topographieverordnung als "offene klaffende Wunde". Die Volksanwaltschaft sei in der Ortstafel-Frage zweimal wegen eklatanter Verfassungswidrigkeit vor den Verfassungsgerichtshof gegangen, skizzierte er. Weiter gehende Befugnisse habe die Volksanwaltschaft nicht.

Die gesetzlichen Regelungen über die Ausstellung von Singvögeln bezeichnete Kostelka als "absolute österreichische Groteske". Die Singvögelausstellung sei in manchen Bundesländern erlaubt und in anderen nicht. Hier habe die "Vogelgrippe" mehr geholfen als politischer Druck.

Auf fehlende Richtlinien für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung wird die Volksanwaltschaft laut Kostelka so lange hinweisen, bis es entsprechende Regelungen gebe. Er machte geltend, dass etwa in Deutschland solche Richtlinien vorhanden seien.

Zur Jugendwohlfahrt hielt Kostelka fest, eklatante, in der Öffentlichkeit bekannt gewordene Fälle seien zum Teil "systembedingt". Die zuständigen Behörden hätten zu wenig Kapazitäten, um in Einzelfällen mehr als eine Plausibilitätsprüfung zu machen. Was das Pflegegeld betrifft, hat es ihm zufolge zwar verschiedene Erhöhungen gegeben, von einer Valorisierung könne man aber nicht sprechen.

Volksanwältin Brinek ging näher auf das Sachwalterrecht ein und sprach sich dafür aus, sich generell über das Thema "Alterswohlfahrt" Gedanken zu machen. Ältere Menschen bräuchten nicht nur einen Rechtsbeistand und Hilfe bei der Vermögensverwaltung, meinte sie, sondern auch eine weiterführende Betreuung, die von sozialen Belangen bis hin zur Sicherung der Wohnverhältnisse reiche. Man müsse ein entsprechendes Angebot sicherstellen, da viele Leistungen heute nicht mehr von Familienangehörigen übernommen würden.

Die Zahl der Auslandsadoptionen steigt laut Brinek und damit auch die Zahl der Problemfälle. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an die Forderungen der Volksanwaltschaft, die von der Einrichtung einer zentralen Stelle für Auslandsadoptionen bis zu einheitlichen Qualitätskriterien und Rahmenbedingungen für Auslandsadoptionen reichten.

Was den Unterhaltsvorschuss anlangt, gibt es laut Brinek durch das Familienrechtspaket einige Verbesserungen. Allerdings werde der von der Volksanwaltschaft angestrebte "Lückenschluss" nur bis zu einem gewissen Grad erreicht. Sie sei daher "teilfroh", sagte Brinek.

Robert Poperl (Sozialministerium) wies darauf hin, dass zum Thema Zuverdienstgrenze bei vorzeitiger Alterspension eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden sei. Er gab allerdings zu bedenken, dass es dabei auch um eine Kostenfrage gehe und das Pensionsantrittsalter weiter zu sinken drohe, würde man die Zuverdienstgrenze vollkommen aufheben. Poperl stellte erste Lösungsvorschläge bis zum Ende des Jahres in Aussicht.

Peter Heit (Sozialministerium) führte aus, es wäre schwierig, beim Zuverdienst neben dem Bezug von Arbeitslosengeld eine Trennlinie zu ziehen. Ein Verdienst über der Geringfügigkeitsgrenze gehe mit einer Vollversicherung einher, die Arbeitslosengeld ausschließe. Eine Lösung des Problems wäre, so Heit, nur durch eine komplette Systemänderung möglich.

Manfred Pallinger (Sozialministerium) wies darauf hin, dass es 1995 und 2009 eine Erhöhung des Pflegegelds gegeben habe. Auch weitere von der Volksanwaltschaft geforderte Maßnahmen wie eine bessere Einstufung von Demenzkranken und von behinderten Kindern seien umgesetzt worden.

Anna Sporrer (Bundeskanzleramt) wies darauf hin, dass das Gesetz in Bezug auf Rundfunkgebühren auf die Empfangsbereitschaft des jeweiligen Empfangsgeräts abstelle. Man sei sich des Problems bewusst, eine Novelle in absehbarer Zeit sei allerdings nicht geplant.

Hinsichtlich der Topographieverordnung suche die Regierung eine Lösung, die auf breitem Konsens beruhe, skizzierte Sporrer. Außerdem ist eine Neuerlassung des Volksgruppengesetzes geplant, wobei es dazu im Herbst eine Enquete geben soll. Generelle Richtlinien für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung liegen Sporrer zufolge nicht vor, das Bundeskanzleramt selbst hält sich aber an die von der Volksanwaltschaft geforderten Grundsätze.

Das Kostenersatzrecht für Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof lehnt sich laut Sporrer an Zivilrechtsverfahren an. Generell sah sie es zwiespältig, in bestimmten Fällen eine Prozessführung ohne jegliches Prozesskostenrisiko zu ermöglichen.

In einer weiteren Diskussionsrunde thematisierte Abgeordneter Werner Königshofer (F) die Tatsache, dass es neben der Volksanwaltschaft bereits auch Volksanwaltschaften in den Bundesländern und zahlreiche andere Anwaltschaften, etwa für SeniorInnen, für Kinder, für Behinderte im Gesundheitsbereich etc. gibt. Für ihn stellte sich damit die Frage, ob man das als ein Stärke oder als eine Schwäche des Rechtsstaats betrachten soll.

Dazu äußerten sich die Mitglieder der Volksanwaltschaft differenziert. Jede Institution, die Menschen unterstützt, sei zu begrüßen, meinte etwa Volksanwältin Terezija Stoisits. Weniger erfreulich sei es jedoch, wenn derartige Institutionen einen Eindruck ihrer Leistungsmöglichkeiten vermitteln, der nicht der Realität entspricht. Es sei auch problematisch, wenn es zu Duplizitäten und Konkurrenzierungen kommt.

Volksanwältin Gertrude Brinek machte auf den Umstand aufmerksam, dass derartige Anwaltschaften zwar durchaus in Einzelfällen helfen können, für eine Korrektur der Systematik insgesamt sei jedoch nichts gewonnen. Auch Volksanwalt Peter Kostelka sah die Entwicklung nicht ganz unproblematisch. In vielen derartigen Einrichtungen, die den Ministerien und Ländern unterstehen, werde Beschwerdemanagement betrieben, sagte er. Da es sich dabei um keine Hilfsorgane der gesetzgebenden Körperschaften handelt, fehlten auch die entsprechenden Informationen, die der Gesetzgeber braucht, um Systemänderungen durchzuführen.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) kam auf jene Menschen zu sprechen, die staatenlos sind und auch keinen Identitätsausweis erhalten, was zu großen Schwierigkeiten im täglichen Leben führt. Er kritisierte auch Bestimmungen, wonach Verurteilten sowohl der Pass als auch der Führerschein entzogen wird. Damit werde die Resozialisierung schwierig, meinte Zinggl. Diese Auffassung wurde von den VolksanwältInnen geteilt. Stoisits  sprach in diesem Zusammenhang von möglichen absurden Konstellationen und führte als Beispiel an, dass ein Haftentlassener zum Beispiel keine Stelle bei einer Spedition annehmen könne, weil er eben keinen Pass besitze. Die Volksanwältin fügte aber hinzu, dass diese Kritik nicht für Fälle gelte, in denen der Entzug des Dokuments mit der Straftat im Zusammenhang steht. Was die Identitätsausweise für Staatenlose betrifft, so zeigte sie sich zuversichtlich, dass dieser Mangel durch die kommende Fremdenrechts-Novelle behoben wird.

Mit Bedauern stellte Stoisits fest, dass Zivildiener, die in einer Wohngemeinschaft leben, gegenüber anderen, die eine eigene Wohnung haben, weiterhin ungleich behandelt werden, da sie kein Recht auf Wohnkostenbeihilfe haben. Sie sehe derzeit in dieser Frage auch keine Bewegung, berichtete sie Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G).

Volksanwalt Peter Kostelka ging nach einer Wortmeldung der Abgeordneten Sonja Ablinger (S) auf Beschwerden hinsichtlich der Rückforderung von Familienbeihilfe ein. Eine Rückforderung könne nicht gerechtfertigt sein, wenn die Betroffenen im Vorfeld von der zuständigen Behörde eine falsche Auskunft erhalten haben, meinte er und betrachtete damit kritisch den Grundsatz des Verwaltungsgerichtshofs, wonach es "keinen gutgläubigen Verbrauch" gibt.

Abschließend beschäftigten sich die Mitglieder des Ausschusses an Hand konkreter, im Bericht aufgezeigter Fälle mit Grundrechtsfragen. "Unglaubliche Sachen bis hin zur kalten Enteignung" ortete Volksanwältin Terezija Stoisits beispielsweise durch Bestimmungen der Agrarordnung und bezüglich der Betriebsprämien. Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G) informierte sie, dass der nächste Bericht auf diese Fragen eingehen werde. Sie bedauerte auch, dass das Landwirtschaftsministerium nicht auf die Bedenken der Volksanwaltschaft in Bezug auf die Änderung der Ausbildung für ForstassistentInnen reagiert. Es könne nicht sein, dass auf Grund dessen Bedienstete eine Berechtigung für bestimmte Tätigkeiten erhalten, jedoch in Zukunft die entsprechende Berufsbezeichnung nicht führen dürfen. Stoisits glaubte, dass hier eine Verfassungswidrigkeit vorliegen könnte.

Nachdem Abgeordneter Hannes Fazekas (S) den Fall einer massiven Diskriminierung von Kindern aus sozial schwachen Verhältnissen an einer Hauptschule in Bad Bleiberg angesprochen hatte, bestätigte Volksanwalt Kostelka, dass sowohl der Lehrkörper als auch die zuständigen Behörden versagt haben. Vor allem habe sich der zuständige Bezirksschulinspektor nicht um den Fall gekümmert, was für ihn einmal mehr die Frage nach der Funktion der Bezirksschulbehörde aufwerfe.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) griff das Problem der Datenweitergabe auf, worauf Volksanwalt Peter Kostelka betonte, Ziel müsse es sein, sicherzustellen, dass Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit keinen Widerspruch darstellen. Das Problem sei von allen erkannt worden, man habe jedoch noch keine Lösung gefunden. Er gab auch Abgeordnetem Ernest Windholz (B) recht, der die Verschleppung der Verfahren bei der Bewertung von Funktionen im öffentlichen Dienst stark kritisiert hatte. Derartige Fälle sollten in wenigen Wochen erledigt werden, dauerten aber oft zwei Jahre. Eine Lösung sei jedoch noch nicht gefunden worden, hielt Kostelka fest.

Ein weiteres Thema betraf die unterschiedliche Behandlung von BürgerInnen aufgrund ihres Wohnsitzes. Abgeordneter Bernhard Vock (F) hatte konkret die Friedhofsgebühren herausgegriffen, worauf Volksanwältin Gertrude Brinek feststellte, dies sei nicht zulässig, und einige Bundesländer, wie Salzburg und Niederösterreich, hätten diesen Missstand bereits korrigiert.

Die VolksanwältInnen bestätigten, dass sie bemüht seien zu überprüfen, ob zugesagte Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Man habe zwar selbst bei kollegialen Missstandsfeststellungen keine Möglichkeiten, Änderungen zu erzwingen, räumte Volksanwältin Terezija Stoisits ein, es gebe aber durchaus gute Kooperationen mit den überprüften Institutionen. Sie selbst stelle immer wieder Nachfragen und das Ergebnis dieser Recherchen werde auch Teil des nächsten Berichts sein, kündigte sie an. Stoisits überlegte auch, eine tabellarische Übersicht zu diesem Thema zu erstellen, und Volksanwältin Gertrude Brinek regte an, über eine Automatismus nachzudenken.

Der Tätigkeitsbericht der Volksanwaltschaft 2008 wurde vom Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen. Ihm zufolge haben sich die Anregungen für Gesetzesänderungen seitens der Volksanwaltschaft mittlerweile bereits auf 38 summiert. Besonders im Sachwalterrecht, bei den gesetzlichen Bestimmungen für den Unterhaltsvorschuss, bei der Jugendwohlfahrt, bei den hohen Kosten für befristete Lenkerberechtigungen sowie bei der Ortung und Bergung von Fliegerbomben-Blindgängern, die für Private enorm teuer werden kann, ortet die Volksanwaltschaft dringenden Handlungsbedarf.

Sie schlägt aber auch vor, die Rechte von AnrainerInnen von Betriebsanlagen auszuweiten, das Schulsprengelsystem zu liberalisieren, das Antragsprinzip im Sozialversicherungsrecht zu lockern, verschiedene Adaptierungen in Bezug auf die Aus- bzw. Rückzahlung von Familienbeihilfe vorzunehmen, die Liste der Berufskrankheiten zu erweitern, die Einkommensgrenze für den Anspruch auf Mietzinsbeihilfe anzuheben, das Gebührengesetz hinsichtlich der Vergebührung von schriftlichen Scheidungsfolgenregelungen zu novellieren, Richtlinien für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung zu erlassen und die doppelte Vignettenpflicht für Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen zu beseitigen. Zum wiederholten Mal macht sie überdies darauf aufmerksam, dass die geltende Topographieverordnung für Kärnten, die insbesondere Bestimmungen über die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln enthält, nicht verfassungskonform ist.

Bereits vergangene Woche hat sich der Volksanwaltschaftsausschuss mit einzelnen Beschwerdefällen auseinandergesetzt (siehe PK Nr. 577). (Schluss)