Parlamentskorrespondenz Nr. 696 vom 23.07.2009

Dringliche zu den Millionenverlusten der Bundesfinanzierungsagentur

Minister Pröll: Vorgangsweise der ÖBFA haushaltsrechtlich in Ordnung

Wien (PK) – Die Bundesräte Mitterer (B/K) und Schennach (G/W) richteten an Finanzminister Josef Pröll eine dringliche Anfrage zu den Millionenverlusten der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA).

Bundesrat Peter MITTERER (B/K) ging auf die Vorfälle rund um die ÖBFA ein und meinte, das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Veranlagungen des Bundes sei zutiefst erschüttert. Dies umso mehr, als der Finanzminister noch vor kurzem behauptet hatte, die Veranlagungen seien "sehr konservativ" vorgenommen worden. Dieses Thema arte in einen Skandal aus, und nicht nur die Opposition kritisiere diese Ereignisse. Sogar der Bundeskanzler selbst habe mittlerweile Kritik an der Vorgangsweise geübt. Es sei Feuer am Dach, Konsequenzen seien erforderlich.

Bundesminister Josef PRÖLL meinte, in der Öffentlichkeit werde dieses Thema völlig undifferenziert diskutiert. Man sollte sich aber an Daten und Fakten halten, und dann zeige sich, dass die ÖBFA sehr sorgsam gearbeitet habe, wodurch Vorteile von 3,3 Mrd. Euro erwirtschaftet werden konnte. Dieses ausgezeichnete Ergebnis sei nur möglich gewesen durch die hervorragende Arbeit der Mitarbeiter der BFA. Und wer den RH-Bericht genau lese, der stelle fest, dass hier das Bild ein anderes sei, als in der Öffentlichkeit vermittelt werde. Natürlich werde man jederzeit Empfehlungen zu einer weiteren Verbesserung aufgreifen, damit die ÖBFA auch weiterhin wertvolle Arbeit für die heimischen Steuerzahler leisten könne.

Der Bundesminister ging auf die allgemeine Praxis in der ÖBFA ein und wies darauf hin, dass die Vorgangsweise haushaltsrechtlich absolut in Ordnung gewesen sei. Es sei nicht um Spekulationen gegangen, sondern darum, das Geld der Steuerzahler im Interesse der Steuerzahler bestmöglich zu veranlagen. Die ÖBFA habe großartige Arbeit geleistet, würdigte das Regierungsmitglied die Tätigkeit der in Rede stehenden Institution, ehe er auf die konkreten Detailfragen der "Dringlichen Anfrage" einging.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (G/W) sah einen Widerspruch zwischen der "Erfolgsbilanz", die der Finanzminister eben vorgelegt hat, und seiner Aussage von vor wenigen Tagen, er werde dafür Sorge tragen, dass künftig nicht mehr mit Steuergeldern spekuliert werde.

Darf ein Finanzminister tun, was etwa ein Fondsmanager dürfe, laute die Frage, die Schennach klar verneinte. Auch wenn keine Verluste eingetreten seien, gehe es nicht an, Steuergelder hochriskant zu veranlagen. "Kindliches Vertrauen" in Ratingagenturen liefere dafür keine Rechtfertigung, denn die Agenturen würden nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wenn ihre Empfehlungen zu Finanzkrisen führten. Minister Pröll habe intern rechtzeitig gehandelt, räumte Schennach ein, aber er habe das Parlament nicht rechtzeitig informiert. Tatsächlich abzuschätzen sei der Schaden erst nach acht bis 15 Jahren, daher könne man heute nicht sagen, es sei nichts passiert. Wie im "System Elsner" sei auch in diesem Fall mit hochriskanten Papieren spekuliert worden. Was bei der BAWAG falsch gewesen sei, könne bei der ÖBFA nicht richtig sein, sagte Schennach und erteilte jeder Finanzspekulation eine Absage. Die ÖBFA habe nicht Risiko gestreut, sondern hochriskant veranlagt und eben nicht konservativ, wie behauptet wurde. "Die Finanzschuldenmanager müssen veranlagen können, aber sicher nicht auf den Ceyman-Islands", schloss Schennach.

Bundesrat Gottfried KNEIFEL (V/O) kehrte die Dringliche Anfrage um und fragte: "Was wäre gewesen, hätte die Bundesfinanzierungsagentur Geld der Republik nicht veranlagt und Zinsengewinne in der Höhe 3 Mrd. € nicht erzielt?" - In diesem Fall hielt Kneifel eine "Dringliche" für gerechtfertigt, weil der Bund zu Lasten des Steuerzahlers auf eine wirtschaftlich sinnvolle Veranlagung liquider Mittel verzichtet hätte. Eine Veranlagung ohne Risiko gebe es nicht. Es sei zu verlangen, dass konservativ veranlagt werde. Dies sei geschehen, wie dies der Rechnungshof bestätigt habe.

Für die Veranlagung öffentlicher Gelder bestünden klare Richtlinien, sagte der Redner und dankte der Bundesfinanzierungsagentur, die Tag für Tag dafür sorge, die Liquidität der Republik aufrecht zu erhalten. Die Gestion der ÖBFA sei hervorragend, hielt der Bundesrat fest. Nichts sei vertuscht und verheimlicht worden, der Rechnungshof sei von der ersten Stunde an einbezogen gewesen.

Bundesrat Albrecht KONECNY (S/W) hielt das Wort "Spekulation" für nicht ausreichend definiert. Von Veranlagung könne man aber jedenfalls nicht reden, wenn man das Risiko von Verlusten eingehe. Steuermittel seien jedenfalls nicht geeignet, spekulativ aufs Spiel gesetzt zu werden. Management der Staatsschuld laute die Aufgabe der ÖBFA und sie erfülle sie hervorragend, lobte Konecny. Veranlagungen seien den Schuldenmanagern nicht verboten, die Frage sei aber, in welcher Dimension. Zum risikoreichen "System Grasser" habe gehört, Schulden aufzunehmen und damit zu spekulieren. Die Höhe der aufgenommenen Mittel und das Risiko seien im Laufe der Jahre beträchtlich gewachsen und mit ihnen die Kassenstände des Bundes, berichtete Konecny. Der Umfang der Veranlagungen habe sich mehr als verzehnfacht. Hier sei das Wort "spekulativ" gerechtfertigt, weil Geld aufgenommen und ohne Liquiditätsgarantie in hoch riskante Papiere veranlagt wurde. Problematisch sah Konecny, dass kurzfristige Veranlagungen in langfristige umgewandelt wurden, um kurzfristige Risken nicht schlagend werden zu lassen.

Nicht akzeptieren wollte Konecny die Aussage, es wäre unmöglich, Gelder der Republik kurzfristig mit Liquiditätsgarantie zu günstigen Konditionen bei österreichischen Banken zu veranlagen. Der Einsatz von Bundesmitteln für Spekulationszwecke sei zu unterbinden; das müsse auch für Länder und Gemeinden gelten, schloss Konecny.

Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) warf der Bundesfinanzierungsagentur vor, wie eine Investmentbank gehandelt zu haben. Sie habe Derivatgeschäfte gemacht, die nicht der Absicherung, sondern der Spekulation dienten, und sei dabei weit über die Verwaltung von Kassenbeständen hinausgegangen. Diese Geschäfte reichten weit in die Zeit vor Finanzminister Grasser zurück, kritisierte die Rednerin mit Bezug auf den Bericht des Rechnungshofes. "Kassenstärker" seien im Bundeshaushaltsrecht klar definiert und ihr Einsatz zweifelsfrei normiert. Tatsächlich habe die ÖBFA jedes Maß verloren, was dazu geführt habe, dass die Republik Österreich riskante Papiere in großer Menge gehalten habe. Man habe gezielt auf den Ceyman Inseln gezockt, kritisierte die Rednerin. Die Rechtfertigung mit den Ratingagenturen sei nicht zutreffend, denn die Sorgfaltspflicht gegenüber dem Steuerzahler schreibe den Finanzschuldenmanagern jeweils auch eine interne Bewertung vor, hielt Mühlwerth fest. "Keine Spekulation mit Steuergeldern bei Bund, Ländern und Gemeinden", schloss Bundesrätin Mühlwerth.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) erschien der Nettozinsertrag aus den in Diskussion stehenden Veranlagungen eher gering, wenn man die Höhe der Beträge und das eingegangene Risiko in Betracht ziehe. Kerschbaum sprach von "Spekulationen", denn wer Geld aufnehme, um es in der Absicht zu veranlagen, Gewinne zu erzielen, handle spekulativ, sagte Kerschbaum. Dies sei aber nicht der Sinn des Haushaltsrechts, kritisierte die Bundesrätin und wollte gewährleistet sehen, dass künftig nicht mehr Schulden aufgenommen werden, um damit zu spekulieren. (Schluss Dringliche)


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