Parlamentskorrespondenz Nr. 724 vom 01.09.2009

Nationalrat: Bankgeheimnis für ausländische Steuersünder fällt

S-V-G-B-Mehrheit; FPÖ-Kritik an Ausverkauf heimischer Interessen

Wien (PK) - Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER eröffnete die 33. Sitzung des Nationalrates, eine Sondersitzung, die einberufen wurde, um eine gesetzliche Grundlage zur Durchführung der OECD-Grundsätze für die internationale Amtshilfe im Abgabenrecht zu schaffen. Der diesbezügliche SPÖ-ÖVP-Antrag für ein Amtshilfe-Durchführungsgesetz bedarf einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat, die von den Grünen und dem BZÖ im Finanzausschuss am letzten Freitag in Aussicht gestellt wurde.

Vor Eingang in die Tagesordnung kündigte die Präsidentin eine Kurzdebatte über die Beantwortung einer schriftlichen Anfrage des BZÖ über fragwürdige Methoden der Standortsuche für eine Erstaufnahmestelle im Süden Österreichs (2580/AB) durch die Innenministerin an. Diese Debatte findet nach Erledigung der Tagesordnung statt.

Aus Anlass des 70. Jahrestages des Beginns des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 gedachte der Nationalrat der 55 Mio. Opfer dieses Krieges, der von Adolf Hitler als ein verbrecherischer Vernichtungsfeldzug geplant worden war. Nationalratspräsidentin PRAMMER erinnerte insbesondere an die ersten Opfer des Zweiten Weltkriegs. Nach dem Überfall Hitlers auf Polen fanden zwischen 1939 und 1945 6 Mio. Polinnen und Polen, darunter 3 Mio. polnische Jüdinnen und Juden den Tod. Prammer erinnerte auch an jene Menschen, die Widerstand leisteten und sich dem System widersetzten. Ihnen brachte die Nationalratspräsidentin Dank und Anerkennung für ihren Mut und ihre Aufrichtigkeit zum Ausdruck. (Der Wortlaut der Erklärung in PK-Nr. 723)

Die Debatte über das Amtshilfe-Durchführungsgesetz eröffnete FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian STRACHE, indem er die Ablehnung dieses Gesetzes durch seine Fraktion begründete. Es sei nicht wahr, dass nur Ausländer von der Aufhebung des Bankgeheimnisses betroffen seien, betroffen seien auch Auslandsösterreicher und Österreicher mit wirtschaftlichem Auslandsbezug. Dies werde vor dem Verfassungsgerichtshof zu einer generellen Aufhebung des Bankgeheimnisses in Österreich führen, warnte Strache und warf SPÖ und ÖVP, aber auch den Grünen und dem BZÖ den Ausverkauf österreichischer Interessen vor.

Die Aufgabe des österreichischen Bankgeheimnisses sei bedauerlich, weil es nicht die Banken, sondern die Bürger schütze, und Österreich völkerrechtlich nicht zu seiner Aufgabe verpflichtet sei. Mit dem Gesetz, das heute beschlossen werden soll, werde nicht ein völkerrechtlicher Vertrag, sondern lediglich eine Empfehlung der OECD umgesetzt. Statt Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit, gegen den Sozialabbau und gegen die zunehmende Kriminalität zu ergreifen, habe die Regierung über den Sommer nicht mehr zustande gebracht als ein Gesetz, das zum Ende des Bankgeheimnisses in Österreich führen werde.

Die FPÖ sei nicht bereit, gegen österreichische Interessen zu stimmen. Überrascht zeigte sich Strache von der Bereitschaft der Oppositionsparteien, diesem Gesetz auf vage Zusagen von ÖVP und SPÖ hin zuzustimmen, obwohl Vertreter der ÖVP bereits erkennen ließen, dass für sie weder das Minderheitenrecht auf Untersuchungsausschüsse noch die Rechnungshofprüfung kleiner Gemeinden "in Stein gemeißelt seien".

SPÖ-Klubobmann Josef CAP zeigte sich verwundert darüber, dass die FPÖ in der Debatte über das Bankgeheimnis nicht die Interessen der kleinen Leute, sondern jene millionenschwerer internationaler Steuerhinterzieher vertrete. Wenn es vernünftig sei, Steuern einzuheben, um den Sozialstaat zu finanzieren, dann sei es auch vernünftig, dafür zu sorgen, dass diese Steuern bezahlt und nicht hinterzogen werden. Das Bankgeheimnis dürfe nicht für Steuerhinterziehungen missbraucht werden, sagte Cap und wertete es als einen Beweis für einen lebendigen und kreativen Parlamentarismus, dass sich vier Parteien zusammengefunden und einen konstruktiven Weg zur Lösung dieses Problems eingeschlagen haben. Es sei auch vernünftig, der Prüfung des Flughafens Schwechat durch den Rechnungshof eine gesetzliche Basis zu schaffen, und zudem bekannte sich Cap auch dazu, ein Prüfungskonzept für kleine Gemeinden zu erstellen und umzusetzen. Beim Minderheitenrecht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses will sich der SP-Klubobmann am deutschen Modell orientieren, auch wenn es nicht möglich sein werde, dieses 1 zu 1 umzusetzen. Schließlich bekannte sich der Redner auch zur Vereinbarung mit den Grünen und dem BZÖ, die Umsetzung des Bankenpakets durch den Rechnungshof prüfen zu lassen. Diese Vereinbarungen seien wichtig, sie seien herzeigbar und sie sind als Resultat eines lebendigen Parlamentarismus zu werten. Die FPÖ stehe nicht auf der Seite der kleinen Leute, sie steht auf der falschen Seite, schloss Cap.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF hielt fest, niemand in Österreich könne wollen, dass ausländische Steuersünder ihr Geld in unserem Land verstecken. Es sei schon lange kein Standortvorteil mehr, als eine Steueroase zu gelten, sagte Kopf und betonte, wie wichtig es für ein exportorientiertes Land sei, internationale Regeln und Standards einzuhalten. Die Nichterfüllung dieser Standards, wie es die FPÖ vorschlage, würde die österreichische Wirtschaft schädigen und Arbeitsplätze kosten - das wäre laut Kopf unverantwortlich. Grüne und BZÖ haben für ihre Zustimmung zu diesem Gesetz einen politischen Preis eingefordert, erinnerte Kopf und räumte ein, dass die Verhandlungen darüber steinig gewesen seien. Er sei aber von Anfang an dafür eingetreten, das Debakel beim Skylink vom Rechnungshof prüfen zu lassen, es sei auch sinnvoll zu prüfen, ob bei der Durchführung des Bankenpakets alle Verträge erfüllt werden. Auch gegen die Prüfung kleiner Gemeinden sei nichts einzuwenden, es werde aber notwendig sein, ein abgestuftes Prüfungskonzept zu erstellen um Dreifach- und Vierfachprüfungen zu vermeiden. Am schwersten falle der ÖVP die Zustimmung zu einem Minderheitenrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, vor allem angesichts von unhaltbaren Pauschalverdächtigungen und der Veröffentlichung vertraulicher Akten in den letzten Tagen und Wochen. Kopf zeigte sich aber zuversichtlich, dass es bis zum nächsten Sommer gelingen werde, auch in diesem Punkt eine Einigung herbeizuführen. Seiner Meinung nach sollte sich das Parlament aber verstärkt mit der Bewältigung der Wirtschaftskrise und weniger mit sich selbst beschäftigen.

BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER warf zunächst FPÖ-Klubobmann Strache vor, die Banken zu beschützen, statt einen Beitrag zum Kampf gegen Steuerhinterziehung und gegen den internationalen Terrorismus zu leisten. Das BZÖ habe die Regierungsparteien davon überzeugt, dass es wichtig sei, die Durchführung des Bankenpakets zu kontrollieren und so zu verhindern, dass Gelder der Steuerzahler von den Banken für deren eigenen Geschäfte statt zur Finanzierung der Realwirtschaft und der KMU verwendet werden. "Die Betriebe leiden nach wie vor unter der Kreditklemme", klagte Bucher.

Außerdem sei zu verhindern, dass Österreich international auf einer "Schwarzen Liste" lande, das könne sich unser Land seiner Exportwirtschaft wegen nicht leisten.

Den Finanzminister forderte der Redner nachdrücklich dazu auf, auf europäischer Ebene für Maßnahmen einzutreten, die verhindern, dass die Banken neuerlich eine Kreditblase auf den Finanzmärkten erzeugen und damit die Voraussetzungen für ein neuerliches Finanzfiasko schaffen.

Dann ging Bucher auf die budgetären Folgen der Konjunkturpakete ein und forderte die Bundesregierung auf, endlich Reformen zur Entlastung des Budgets einzuleiten und umzusetzen, es gehe um die Finanzierbarkeit des Staates in der Zukunft sowie darum, die Belastung künftiger Generationen zu vermeiden.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) sah die vorliegende Gesetzesinitiative zur Lockerung des Bankgeheimnisses für Ausländer im Zusammenhang mit wichtigen internationalen Entwicklungen und begrüßte es, wenn Regierungen es sich nicht länger gefallen lassen wollen, dass vernünftige Standards von einzelnen Ländern unterlaufen werden. Es gehe nicht an, dass den Staaten Milliardenbeträge entzogen werden, die Staaten brauchen diese Mittel für ihre wichtigen Aufgaben. Es sei daher ein Verbrechen, Steuern zu hinterziehen. Kogler begrüßte es, dass Österreich nun seine diesbezüglichen Blockaden löse, das werde auch den Kampf gegen die Geldwäsche erleichtern und es Despoten schwerer machen, Gelder aus ihren meist armen Ländern ins Ausland zu transferieren. Die Grünen hätten sich weitergehende und schärfere Regelungen gewünscht, sie stehen aber zu dem ausgehandelten Kompromiss und zur vorliegenden Lösung. Man werde aber genau beobachten müssen, ob die neuen Doppelbesteuerungsabkommen ihren Zweck erfüllten.

Vizekanzler Josef PRÖLL war überzeugt davon, dass es sich beim Amtshilfe-Durchführungsgesetz um einen der wichtigsten Beschlüsse in dieser Regierungsperiode handelt. Wäre es nämlich zu keiner Einigung in dieser Frage gekommen, hätte man mit massiven negativen Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort Österreich rechnen müssen. Deshalb danke er dem Koalitionspartner sowie den Mandataren der Grünen und des BZÖ für die konstruktive Verhandlungsführung in den letzten Wochen. Als nächsten Schritt gelte es nun, insgesamt mindestens zwölf Doppelbesteuerungsabkommen neu zu paraphieren, um die erforderlichen OECD-Vorlagen zu erfüllen.

Nach Auffassung von Abgeordneten Herbert KICKL (F) habe in der Frage des Bankgeheimnisses der internationale Druck dazu geführt, dass einmal mehr nicht die österreichischen Interessen in den Vordergrund gestellt werden und von vornherein kapituliert wurde. Dabei habe der Finanzminister erst vor kurzer Zeit noch in einem Interview behauptet, dass eine Aufweichung des Bankgeheimnisses nicht zur Disposition stehe, da die bestehende Rechtslage ausreiche, um die Steuerhinterzieher dingfest zu machen. Die neue Regelung werde nun aber dazu führen, dass man ganz genau durchleuchten könne, wer wie viel Geld auf welchem Konto hat. Da die Regierung nicht wisse, wie sie mit der hohen Staatsverschuldung umgehen soll, wolle sie nun einen direkten Zugriff auf das Vermögen der Österreicher, kritisierte Kickl.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) räumte ein, dass mit dem vorliegenden Beschluss das österreichische Bankgeheimnis eingeschränkt wird. Betroffen davon sind aber nur jene Personen, die im Ausland steuerpflichtig sind und die das österreichische Bankgeheimnis missbrauchen wollen, um ihr Geld vor dem jeweiligen Finanzminister zu verstecken. Da es sich dabei um einen akkordierten Schritt aller OECD-Staaten handelt, können in Hinkunft natürlich auch keine Österreicher mehr die ausländischen Bankgeheimnisse missbrauchen, hob Krainer positiv hervor. Was die Debatte um die Vermögenssteuern betrifft, so gab der Redner aus seiner Sicht zu bedenken, dass es einfach nicht gerecht sei, wenn jene Leute, die für ihr Geld arbeiten, 50 % Steuern und Abgaben zahlen müssen, Spekulanten hingegen Null Prozent. Es sei einfach notwendig, dass alle einen gerechten Beitrag leisten, um das Budget wieder sanieren zu können.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) erläuterte nochmals die Inhalte des Amtshilfe-Durchführungsgesetzes, das im Grunde keine Änderungen für inländische Steuerzahler hinsichtlich des Bankgeheimnisses bringt, sondern nur ausländische Steuerverfahren betrifft. Österreich leistet damit als letztes EU-Land seinen Beitrag zu einer groß angelegten Strategie zur Bekämpfung und Trockenlegung von Steueroasen. Dies sei auch ein wichtiges Mosaiksteinchen im Zuge der Neuordnung des Finanzsystems insgesamt, war Stummvoll überzeugt. Er bedaure jedoch sehr, dass die FPÖ bei dieser sinnvollen Lösung nicht mitgegangen ist.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) erinnerte daran, dass die – vernünftigen - Vorschläge der Opposition in dieser Causa bereits vor dem Sommer auf dem Tisch gelegen sind. Nun habe die Regierung endlich erkannt, dass sie auch einmal nachgeben müsse. Die Haltung der FPÖ in dieser Frage könne er absolut nicht nachvollziehen, da sie anscheinend die Ausländer in Österreich schützen wolle. Weiteren dringenden Handlungsbedarf sah Scheibner jedoch auf globaler Ebene, da den wirklichen Spekulanten, die die aktuelle Wirtschaftskrise verursacht haben, endlich ein effektiver Riegel vorgeschoben werden müsse.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) zeigte sich erfreut darüber, dass nun auch Österreich endlich diesen Schritt, der einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des internationalen Steuerbetrugs darstellt, macht. Man werde jedoch abwarten müssen, ob sich die einzelnen Paragraphen auch in der Praxis bewähren bzw. wie gut die internationale Kooperation funktioniert. Interessant sei, dass sich die FPÖ in dieser Frage zum Schutzpatron der ausländischen Steuerflüchtlinge und –betrüger macht.

Staatssekretär Andreas SCHIEDER bezeichnete die Vier-Parteien-Einigung zum Amtshilfe-Durchführungsgesetz als großen Erfolg für Österreich. Dieser Entwurf sei das Resultat eines lebendigen Parlamentarismus, unterstrich er, und sicher kein "Kuhhandel". Die Position der FPÖ war für Schieder völlig unverständlich, da die inländischen Steuerpflichtigen weiterhin voll geschützt seien und das Bankgeheimnis voll bestehen bleibt. Der Staatssekretär wies weiters darauf hin, dass heute im Ministerrat Österreichs Vorgehen hinsichtlich einer koordinierten Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene beschlossen wurde. Es müssen die entsprechenden Lehren aus der internationalen Wirtschaftskrise gezogen werden, forderte Schieder. Seiner Meinung nach sollten daher die Ratingagenturen reguliert, die Hedgefonds und Private Equity-Gesellschaften kontrolliert, eine europäische Ratingagentur und eine Finanzmarktaufsicht eingerichtet sowie eine Beschränkung von Managergehältern eingeführt werden.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) verwehrte sich gegen den Vorwurf, dass die Freiheitlichen ausländische Steuersünder schützen wollen; dies sei ein glatter Unsinn. Der FPÖ-Mandatar gab zu bedenken, dass von dem vorliegenden Gesetz auch Österreicher betroffen sind, die einen wirtschaftlichen Auslandsbezug haben. Darunter fallen tausende von Grenzgängern sowie unzählige Arbeiter und Angestellte, die bei internationalen Firmen tätig sind. Außerdem war er überzeugt davon, dass die Regelung vom EuGH gekippt werde und dann das Bankgeheimnis zur Gänze gestrichen wird.

Abgeordnete Christine LAPP (S) schloss sich der Analyse einer Journalistin an, wobei es sich beim heutigen Beschluss um eine "Frischzellenkur des Parlamentarismus" handle. Auch sie kritisierte die Position der Freiheitlichen, die sich durch ihre Ablehnung des vernünftigen Gesamtpakets zum Schutzpatron der ausländischen Steuerhinterzieher gemacht haben. Weiters ging sie noch auf die Neuordnung der Prüfkompetenzen bei den Gemeinden ein.

Abgeordneter Jakob AUER (V) widersprach den freiheitlichen Mandataren, wonach heute das Bankgeheimnis zu Grabe getragen wird. Vielmehr werde durch den vorliegenden Entwurf garantiert, dass sich Österreich an internationale Standards annähert und dass der Wirtschaftsstandort abgesichert wird. Was die Prüfung der Gemeinden angeht, so frage er sich schon, warum gerade in den größeren Kommunen, die vom Rechnungshof kontrolliert werden, die Verschuldungsquote am höchsten ist oder Cross-Border-Leasing-Geschäfte durchgeführt wurden.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) kündigte an, dem vorliegenden Kompromiss nicht zuzustimmen. Nicht weil er ihn für schlecht halte, meinte er, vielmehr sei zu bezweifeln, dass die Koalition ihre Zusagen einhalten werde. SPÖ und ÖVP fehle es an Handschlagsqualität, zeigte sich Grosz überzeugt und erinnerte an andere seiner Meinung nach nicht umgesetzte Entschließungen, etwa in Bezug auf die Höchstpreisdeckelung von Treibstoffen. Besondere Bedeutung maß Grosz der Rechnungshofsprüfung von Gemeinden bei.

Abgeordneter Peter PILZ (G) lobte hingegen den vorliegenden Kompromiss. Es passiere sehr selten, dass es Koalitions- und Oppositionsabgeordneten gemeinsam gelinge, "eine radikale Änderung" der Regierungspolitik zu erzwingen, argumentierte er. Nach "einem Jahr Uneinsichtigkeit" sei nun auch Finanzminister Pröll bereit, gegen internationale Steuerkriminalität vorzugehen. Pilz warnte die Regierung davor, beim Ökostromgesetz den gleichen Fehler wie beim Amtshilfe-Durchführungsgesetz zu machen, und mahnte rechtzeitige Verhandlungen mit der Opposition ein.

Abgeordneter Lutz WEINZINGER (F) wies Vorwürfe zurück, wonach die FPÖ internationale Steuerhinterzieher schützen wolle. Er erinnerte daran, dass das Bankgeheimnis bis vor kurzem von allen Parteien verteidigte worden sei. Mit diesem sollten, so Weinzinger, private Rechte geschützt werden, stattdessen werde es nun in einer Art Salamitaktik Stück für Stück beseitigt. Generell sprach Weinzinger von einem "Kuhhandel" zwischen SPÖ und ÖVP auf der einen und BZÖ und Grünen auf der anderen Seite, auch wenn er die Prüfung des Skylink-Baus durch den Rechnungshof begrüßte.

Abgeordneter Kurt GASSNER (S) wies darauf hin, dass Gemeinden bereits von vielen Stellen geprüft würden. Wenn es zu Fehlentwicklungen gekommen sei, liege das nicht an den Gemeinden, sondern am Versagen der Kontrolle, meinte er. Gaßner erachtet es daher höchst an der Zeit, klare Richtlinien und Kompetenzen bei der Gemeindeprüfung festzulegen.

Abgeordneter Werner AMON (V) führte aus, Steuerschlupflöcher zu schließen, mache nur dann Sinn, wenn es im europäischen Gleichschritt passiere. Er wertete es nicht zuletzt als Verdienst von Finanzminister Pröll, dass nun sämtliche europäischen Länder im Gleichklang vorgingen. Ausdrücklich begrüßte Amon auch die Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs, warnte aber davor, die Gemeinden mit Bürokratie zu überfrachten.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) wandte sich gegen das "Dorfkaisertum" in Vorarlberg. Scharfe Kritik übte er dabei vor allem an der ÖVP, bezog aber auch FPÖ- und SPÖ-Politiker mit ein. Hagen zufolge ist es notwendig, dass das BZÖ als Kontrollmacht in den Vorarlberger Landtag einzieht.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) bekräftigte, es brauche Steuergerechtigkeit und Steuergleichheit in Österreich. Man könne niemandem erklären, warum MindestpensionistInnen von ihrem mühsam Ersparten 25 % KESt zahlen müssten, während ausländische Millionäre und Milliardäre ihr Geld in Österreich "steuerfrei parken" könnten, sagte sie. Auch die Ausweitung der Kontrollrechte des Rechnungshofs begrüßte sie und sprach insgesamt von einem "schlüssigen Paket". In Bezug auf das Ökostromgesetz urgierte Moser gerechte Einspeisetarife.

Abgeordneter Werner KÖNIGSHOFER (F) machte darauf aufmerksam, dass Österreich seit dem EU-Beitritt die Hartwährung Schilling und das anonyme Sparbuch aufgeben habe müssen, nun werde auch das Bankgeheimnis angetastet. Er fürchtet, dass damit eine Schleuse aufgemacht wird. Kein Verständnis zeigte Hagen außerdem dafür, dass es auf den britischen Kanalinseln weiterhin Steuerprivilegien gebe.

Abgeordnete Laura RUDAS (S) betonte, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise sei es wichtig, Allianzen zu schließen. Es dürfe nicht das letzte Mal sein, dass Koalitions- und Oppositionsparteien eine gemeinsame Lösung finden, meinte sie. Der FPÖ warf Rudas vor, immer nur Kritik zu üben, aber keine Lösungen anzubieten. Es sei so wie im Fußball, konstatierte sie, wenn jemand ständig nur ans Schienbein trete, dürfe er irgendwann einmal nicht mehr mitspielen.

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) zeigte sich über die 4-Parteien-Einigung erfreut. Sie hoffe, dass dies nur der Beginn einer konstruktiven Periode der Zusammenarbeit von Koalition und Opposition sei, erklärte sie. Beim Kampf gegen Steuerbetrug stehe Österreichs Ruf auf dem Spiel, bekräftigte Fuhrmann, es sei notwendig, sich an internationale Standards zu halten. Sonst drohe der österreichischen Wirtschaft Schaden.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) übte scharfe Kritik an der FPÖ und warf ihr vor, eine uneinheitliche Linie zu verfolgen. Er selbst wertete sowohl das Amthilfe-Durchführungsgesetz als auch die Ausweitung der Kompetenzen des Rechnungshofs als vernünftig. Auch ist ihm zufolge – im Hinblick auf die notwendige Zweidrittelmehrheit in anderen Bereichen – davon auszugehen, dass die ÖVP Wort halten werde. Allein die nun mögliche Skylink-Prüfung durch den Rechnungshof sei für ihn, so Stadler, Anlass genug, dem vorliegenden Gesetz zuzustimmen.

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) befasste sich in erster Linie mit dem Ökostromgesetz und betonte, es gehe um wichtige Weichenstellungen für die Zukunft. Österreich dürfe nicht von Gas- und Ölimporten abhängig bleiben, müsse die Klimakrise bewältigen und die österreichische Wirtschaft stärken. Brunner zufolge gab es in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren massive Versäumnisse. Durch falsche Rahmenbedingungen sei es zu einem Ausbaustopp bei Ökoenergie gekommen.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) meinte, mit den vorgeschlagenen Bestimmungen für die Kontrolle des Bankenpakets werde den Menschen nur Sand in die Augen gestreut. Weiters kritisierte der Redner das Gebührengesetz einmal mehr als wirtschaftsfeindlich. Es sei bloße Abzocke, jedes Mal Gebühren einzuheben, wenn der Bürger eine Wohnung miete oder einen Kredit nehme. Die FPÖ werde daher parlamentarische Initiativen zur Abschaffung des Gebührengesetzes ergreifen. 

Abgeordnete Petra BAYR (S) erinnerte an die Bedeutung fairer, transparenter und progressiver Steuergesetze und deren Umsetzung gerade im Zeitalter der Globalisierung, in der die Mobilität des Kapitals stark zunehme und nationale Steuersysteme schwäche. Dem Fiskus werden weltweit Milliarden-Beträge entzogen. Vor allem Entwicklungsländer verlieren durch Steuerhinterziehung insgesamt 900 Mrd. US-Dollar jährlich. Steueroasen rauben den Menschen in diesen Ländern Entwicklungsmöglichkeiten und die Möglichkeit, Armutsbekämpfungsprogramme zu finanzieren. Daher bedürfe es international wirksamer Instrumente gegen Steueroasen. Der heutige Beschluss sei ein kleiner Schritt zu einer sozialen Globalisierung. Wesentlich größere Schritten werden in Zukunft noch notwendig sein, zeigte sich die Rednerin überzeugt.   

Abgeordneter Norbert HOFER (F) erinnerte den Finanzminister an Aussagen von vor wenigen Monaten, in denen er das Bankgeheimnis verteidigt und gesagt habe, es sei als Instrument für die Steuerhinterziehung völlig ungeeignet. Bei der BAWAG-PSK, der "Hausbank der Republik", sah Hofer die Möglichkeit, Cerberus-Anteile zu erwerben und diese dazu zu nutzen, die Kreditklemme bei den KMU zu mildern. Mit einem Entschließungsantrag der FPÖ drängte der Redner darauf, Cerberus-Anteile an der BAWAG durch die Republik zu erwerben und eine drohende Filetierung des Unternehmens zu vermeiden.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) warnte vor einer internationalen Isolierung Österreichs, begrüßte daher die positive Entscheidung zu den OECD-Standards und merkte an, er habe die Solidarität anderer EU-Länder vermisst, als Österreich auf die "Graue Liste" geraten sei. Das Bankgeheimnis werde nur für Steuerausländer gelockert, hielt Bartenstein fest und wertete diese Beschränkung als einen Erfolg des Finanzministers. Für unverständlich hielt Bartenstein das Ansinnen der FPÖ, ausländische Steuerhinterzieher weiterhin durch das Bankgeheimnis zu schützen. Mit dem heutigen Beschluss verschwinde ein Damoklesschwert, das monatelang über der österreichischen Wirtschaft geschwebt habe.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) bezeichnete das Bankgeheimnis als ein Grundrecht der österreichischen Bürger und lehnte es ab, es auf dem Altar der EU zu opfern. Letztlich werde das Bankgeheimnis für alle Österreicher fallen, da Auslandsösterreicher den Gleichheitsgrundsatz vor dem Verfassungsgerichtshof einklagen werden. Die Haltung, die das BZÖ in dieser Debatte einnehme, sei daher unverständlich. Nur die FPÖ schütze die Interessen der österreichischen Bürger. In einem Entschließungsantrag verlangte Gradauer eine Begrenzung der Gehälter von Managern in staatsnahen Betrieben und bei Banken, die die Staatshaftung in Anspruch nehmen.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) hielt fest, das Bankgeheimnis bleibe für die Österreicher unangetastet aufrecht. Die FPÖ gefährde mit ihrer Forderung nach einem Schutz für kriminelle Steuerhinterzieher Arbeitsplätze in Österreich. Verwundert zeigte sich der Redner, dass die FPÖ das Ergebnis der Vierparteien-Verhandlungen ablehnte, obwohl es Forderungen der FPÖ enthalte. Es kommen schlechte Zeiten für ausländische Steuerhinterzieher und für Geldwäscher, sagte Abgeordneter Widmann.

Abgeordneter Wolfgang ZANGER (F) meinte, die Zugeständnisse, die ÖVP und SPÖ den Grünen und dem BZÖ für deren Zustimmung zur Aufhebung des Bankgeheimnisses gemacht hätten, seien nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben seien. Der Redner sprach die Vermutung aus, die Regierung wolle in den Sparbüchern der Österreicher "herumschnüffeln". Die Prüfkompetenzen des Rechnungshofs beim Bankenpaket seien unzulänglich, so Zanger, der in einem Entschließungsantrag weitere Kompetenzen für den Rechnungshof verlangte.

Abgeordneter Wilhelm HABERZETTL (S) zeigte sich verwundert darüber, dass die FPÖ Steuerhinterziehung offenbar als ein "Kavaliersdelikt" betrachtet, und hielt es für angebracht, globale Regeln für den Finanzmarkt aufzustellen. Den Ausdruck "Kuhhandel" für das Verhandlungsergebnis zwischen Regierungsparteien und Grünen/BZÖ wies Haberzettl entschieden zurück.

Abgeordneter Peter Michael IKRATH (V) hielt es für notwendig, alles zu tun, um den Eindruck zu zerstreuen, das österreichische Bankgeheimnis werde für Steuerhinterziehungen missbraucht. Der Redner erinnerte die FPÖ an die deutsche Drohung mit wirtschaftlichen Maßnahmen gegen österreichische Unternehmen. Da der deutsche Markt für die österreichischen Betriebe große Bedeutung habe, wäre der Schaden für Österreich unermesslich gewesen. Die vorliegende Lösung verhindere dies und sichere das Bankgeheimnis für alle redlichen Sparer in Österreich. Vom Finanzministerium erwarte er sich Maßnahmen gegen wirkliche Steueroasen, sagte Ikrath.

Abgeordneter Martin STRUTZ (B) kündigte an, dem Gesetz gemeinsam mit zwei weiteren BZÖ-Abgeordneten nicht zuzustimmen, weil er sich von der ÖVP missbraucht fühle. 24 Stunden nach Abschluss der Verhandlungen habe Klubobmann Kopf gesagt, er sei nicht dafür, dass der Rechnungshof alle Gemeinden prüfen solle. Strutz warnte die ÖVP, den Vertrauensvorschuss, den ihr das BZÖ mit Ausnahme gebe, zu missbrauchen, denn ohne das BZÖ werde es nicht möglich sein, eine Bildungsreform und eine Verwaltungsreform durchzuführen. Die ÖVP sollte daher die vereinbarten vier Punkte vollinhaltlich umsetzen.

Abgeordnete Marianne HAGENHOFER (S) begrüßte die Verbesserung der Transparenz im Steuerwesen und sprach die Hoffnung aus, dass es künftig für die Steuerbehörden leichter sein werde, im Ausland Auskunft über veranlagte Mittel aus Steuerhinterziehungen zu erhalten. Man könne es sich als exportorientiertes Land nicht leisten, internationale Standards nicht umzusetzen.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) hielt es für unverständlich, dass die FPÖ Steuerausländer und Steuerinländer gleich behandeln wolle. Österreich sei nie eine Steueroase gewesen; es habe Quellensteuer eingehoben und an die Heimatländer der Anleger abgeliefert. Es sei daher unverständlich gewesen, dass Österreich auf die "Graue Liste" gesetzt wurde. Internationale Spielregeln müssen eingehalten werden, um die Interessen Österreichs auf den Export- und Tourismusmärkten zu wahren. Die Wirtschaft selbst sei sehr interessiert an einer fairen Umsetzung der Steuergesetze. Er hoffe, dass eine vernünftige Zusammenarbeit mit der Opposition auch in Zukunft zu erfolgreichen Beschlüssen führen werde.

Abgeordneter Erwin KAIPEL (S) bekannte sich zum Kampf gegen die internationale Steuerhinterziehung. Mit dem heutigen Beschluss erreiche Österreich die Streichung von der "Grauen Liste" und banne die Gefahr wirtschaftlicher Sanktionen auf Auslandsmärkten. Positiv sah der Redner auch die Erweiterung der Prüfkompetenz des Rechnungshofes auf kleine Gemeinden. Wo Steuergeld im Spiel sei, sei zu prüfen, schloss der Redner.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) unterstrich die Bedeutung der Einhaltung internationaler Standards durch ein Land, das sosehr vom Export abhängt wie Österreich. Österreich könne sich der Notwendigkeit nicht entziehen, Spielregeln umzusetzen, auf die sich die G 20, die OECD und die EU seit dem Ausbruch der Finanzkrise geeinigt haben. In diesem Zusammenhang von "Kuhhandel" zu sprechen, hielt der Abgeordnete für nicht angebracht.

Mit dem Amtshilfe-Durchführungsgesetz werde von Österreich aus ein weiterer Schritt in Richtung mehr Zusammenarbeit bei der internationalen Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken gesetzt, erklärte Abgeordneter Johann HECHTL (S). Gleichzeitig werde das Bankgeheimnis für all jene Personen, die ihre Zinseinkünfte in Österreich versteuern, weiter Gültigkeit haben. Damit sind nun die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Österreich von der "Grauen Liste" der OECD gestrichen werden kann. Schließlich ging Hechtl noch auf die Erweiterung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofs ein.

Die Position der FPÖ, in dieser Frage nicht zuzustimmen, sei weder inhaltlich noch sachlich begründet, meinte Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S). Denn mit dem vorliegenden Gesetz werde für alle Personen, die außerhalb Österreichs ansässig sind, nur jener rechtliche Zustand hergestellt, der heute schon für alle 8 Millionen Österreicher und Österreicherinnen maßgeblich ist, gab Matznetter zu bedenken. Wenn nämlich ein ernst zu nehmender Verdacht vorliegt, können die Behörden jetzt schon problemlos nach Eröffnung des Verfahrens auf alle Kontodaten zugreifen. Er bedankte sich sodann bei den Vertretern von BZÖ und den Grünen für den konstruktiven Dialog, der Grundlage für dieses Gesetz war.

Bei der namentlichen Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit (136 Ja-Stimmen, 34 Nein-Stimmen) der abgegebenen Stimmen (170) angenommen. Die F-Entschließungsanträge betreffend "BAWAG-PSK", betreffend "Gehaltsbeschränkungen für Manager staatsnaher Betriebe und Manager, deren Banken die Unterstützung des Bundes in Anspruch nehmen" sowie betreffend "Prüfkompetenzerweiterung des Rechnungshofs und der Landesrechnungshöfe" verfielen der Ablehnung.

Einstimmig sprach sich der Nationalrat dafür aus, die außerordentliche Tagung mit Ablauf des 1. September zu beenden.

Am kommenden Donnerstag wird sich der Bundesrat in einer Sitzung mit der Vorlage befassen.

In einer weiteren (34.) Sitzung des Nationalrats erfolgten in der Geschäftsordnung vorgesehene Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss)