Parlamentskorrespondenz Nr. 733 vom 09.09.2009

Nachschulung für Finanzdienstleistungsassistenten

Vorschläge zur Reform der Anlageberatungsberufe liegen vor

Wien (PK) - In der globalen Finanzkrise haben auch österreichische Anleger bedeutende Verluste bei Wertpapier-Investments hinnehmen müssen. In der Folge wurde der Ruf nach besserer Bearatung und mehr Rechtssicherheit für Wertpapierkunden sowie nach mehr Verantwortung für die Konzessionsträger laut. Darauf reagierte der Nationalrat am 10.12.2008 mit der Aufforderung an den Finanzminister und den Wirtschaftsminister, eine Reform der Anlageberatungsberufe, insbesondere für Finanzdienstleistungsassistenten, auszuarbeiten. Ein gemeinsamer Reformvorschlag der beiden Ressorts liegt dem Parlament seit kurzem in Form eines Berichtes vor (III-86 d.B.).

Die Ausgangslage

Finanzdienstleistungsassistenten (FDLA) vermitteln derzeit aufgrund einer Konzession im Rahmen der Gewerbeordnung (freies Gewerbe) für Banken, Versicherungen, Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapiere und Fondsprodukte. Sie sind oft für mehrere Auftraggeber tätig, deren Verantwortung und Haftung jeweils im Wertpapieraufsichtsgesetz geregelt ist.

Die Reformvorschläge im Einzelnen  

Für eine umfassende Reform des Systems der Anlageberatungsberufe sowie zur fachlichen und rechtlichen Verbesserung der Erbringung von Vermittlertätigkeiten für konzessionierte Institute schlagen Finanz- und Wirtschaftsressort nun folgende Gesetzesänderungen vor:

Finanzdienstleistungsassistenten sollen ihre Tätigkeit künftig nur im Rahmen der "Gewerblichen Vermögensberatung" oder im Rahmen des neugeschaffenen reglementierten Gewerbes eines "Wertpapieragenten" ausüben dürfen. Gewerbliche Vermögensberater sollen als vertraglich gebundene Vermittler nicht gleichzeitig als Mehrfachvermittler für andere Unternehmen arbeiten können. Die Tätigkeit von Wertpapieragenten soll an einen Befähigungsnachweis - Prüfung oder Nachweis ausreichender Erfahrung in einer leitenden Position - gebunden werden. Außerdem sollen Wertpapieragenten für höchstens drei Wertpapierdienstleistungsunternehmen und nur bei Vorliegen der gewerberechtlichen Voraussetzungen arbeiten dürfen.

Von diesen Änderungen erwarten sich die Legisten der beiden Ressorts eine überschaubarere Produktpalette und eine bessere Beratungsqualität sowie mehr Aufsicht und eine wirksamere Haftung. Wertpapieragenten sind als Erfüllungsgehilfen eines konzessionierten Wertpapierunternehmens zu verstehen. Zu den Voraussetzungen ihrer Gewerbeberechtigung zählt ein aufrechtes Vertretungsverhältnis. Die Zuordnung zum konzessionierten Institut soll verstärkt und die Haftung des Konzessionsträgers künftig auch dann gelten, wenn der Agent seinen Geschäftsherren vor Geschäftsabschluss nicht offengelegt hat. Dies würde die Rechtssicherheit für den Kunden erhöhen und einen starken Anreiz für die Unternehmen darstellen, Tätigkeit und Ausbildung ihrer Vermittler stärker zu kontrollieren.

Die derzeit 18.000 Finanzdienstleistungsassistenten sollen auf die erhöhten gewerberechtlichen Anforderungen innerhalb einer angemessenen Übergangsfrist aufgeschult werden. Zudem sollen hauptberuflich tätige Finanzdienstleistungsassistenten eine Konzession als Wertpapierdienstleistungsunternehmer erhalten können, heißt es in dem gemeinsamen Bericht des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums.

Die Vorteile einer solchen Reform werden wie folgt zusammengefasst: Höhere Beratungsqualität durch höhere Qualifikation und Anreize zur Hauptberuflichkeit. Erhaltung einer unabhängigen Vertriebsschiene und der Tätigkeit gewerblicher Vermittler für Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Mit einer entsprechenden Aufschulung wahren die bisherigen Finanzdienstleistungsassistenten ihre Erwerbsmöglichkeit. Zugleich verbessern strengere Haftungsregeln die Rechtsstellung des Kunden und sichern die Kontrolle durch den verantwortlichen Konzessionsträger. Die Transparenz für Kunden, Aufsicht und Markt werde verbessert.

Gegenüber anderen Reform-Optionen - ersatzlose Abschaffung, Verbot der Mehrfachvermittlung oder verpflichtende Konzessionierung nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz - machen das Finanz- und das Wirtschaftsressort übereinstimmend auf verfassungsrechtliche Bedenken, soziale Nachteile (Arbeits- bzw. Erwerbslosigkeit) und auf die Gefahr des Ausweichens in den grauen Kapitalmarkt aufmerksam. Daher habe man solche Alternativmodelle verworfen, schreiben Finanz- und Wirtschaftsressort in ihrem gemeinsamen Bericht und kündigen einen abgestimmten Gesetzentwurf zur Reform der Anlageberatungsberufe an. (Schluss)