Parlamentskorrespondenz Nr. 846 vom 12.10.2009

Viel Licht und wenig Schatten

Der heimische Tourismus im Jahr 2008

Wien (PK) – "Für Österreichs Tourismuswirtschaft war 2008 ein hervorragendes Jahr. Mit 32,6 Millionen Ankünften (+ 4,7 % gegenüber dem Vorjahr) und 126,7 Millionen Nächtigungen (+ 4,3 %) konnten deutliche Zuwächse verzeichnet werden. Im Jahresdurchschnitt gab es knapp 181.000 unselbstständig Beschäftigte im Tourismus, das sind 5,3 % aller unselbstständig Beschäftigten in Österreich. So erfreulich dieser Rückblick auch sein mag, steht der heimische Tourismus angesichts der weltweiten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vor großen Herausforderungen. Die österreichische Bundesregierung hat reagiert und in den vergangenen Monaten zahlreiche Maßnahmen für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft beschlossen und umgesetzt."

So lautet, auf den Punkt gebracht, die Bilanz des heimischen Tourismus aus der Sicht des Wirtschaftsministers, der dem Hohen Haus dieser Tage den "Tourismusbericht 2008" zugeleitet hat (III-95 d.B.).

Einerseits, so führt Bundesminister Reinhold Mitterlehner in seinem Vorwort zum Bericht aus, sei es durch Umschichtungen im Ressort gelungen, die Österreich Werbung mit einem zusätzlichen Sonderbudget von 3 Millionen Euro für einen Marketingschwerpunkt auf dem österreichischen Inlandsmarkt und auf benachbarten Nahmärkten zu unterstützen, wobei die Wirtschaftskammer zu dieser Aktion zusätzlich eine Million Euro beisteuere. Das Motto der Kampagne lautet: "Wo Urlaubsglück so nahe liegt".

Andererseits wurden zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Finanzierung gesetzt, um die Investitionstätigkeit im Tourismus aufrecht zu erhalten. Konkret wurden die ERP-Kreditmittel für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft erhöht sowie der für die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) vorgesehene Haftungsrahmen auf 500 Millionen Euro und die für die Tourismuswirtschaft vorgesehene Haftungsobergrenze im Einzelfall auf 4 Millionen Euro jeweils verdoppelt.

Im ersten Halbjahr 2009 seien bei der ÖHT allein für die investiven Förderungsmaßnahmen bereits 889 Förderansuchen eingelangt, was einer Steigerung von 22,3 % gegenüber dem Vergleichsraum des Vorjahres entspreche. Mit den 703 bereits genehmigten Förderungen wurde ein gefördertes Investitionsvolumen von 422 Millionen Euro (+ 14%) ausgelöst, hält der Bericht fest.

Tourismuspolitik

Eingangs setzt sich der Bericht mit der jüngsten Tourismuspolitik unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Gesetzgebungsperiode auseinander, dabei gesetzte Maßnahmen bis Juni 2009 berücksichtigend. Neben den Aktivitäten des Tourismusausschusses des Nationalrates wird dabei auch auf die neue Tourismusplattform Bezug genommen. Diese erarbeitete ein Positionspapier, das auf fünf zentrale Punkte im Tourismusbereich eingeht.

So werde wirtschaftlicher Erfolg in Zukunft deutlich verstärkte Bereitschaft zur Innovation und Produktentwicklung voraussetzen. Während solche Aktivitäten in anderen Wirtschaftsbereichen selbstverständlich seien, fehlten Angebote in diese Richtung im Tourismus derzeit weitgehend.

Arbeitsplätze müssten national und international attraktiv sein, damit sie dem Wettbewerb mit anderen Branchen standhalten. Dazu bedürfe es gemeinsamer Anstrengungen von Gesetzgebern, Sozialpartnern und Unternehmen in den Bereichen Qualifizierung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, altersgerechtes

Arbeiten, Mobilität und Internationalisierung.

Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit setze weiters eine bedarfsorientierte Finanzierung der Tourismuswirtschaft voraus. Dazu bedürfe es eines klaren Bekenntnisses zur Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Gemeinden und Kreditwirtschaft. Besonderes Augenmerk müsse dabei den Bereichen Infrastruktur, Innovation, immaterielle Investition und Destinationen gewidmet werden.

Die Kooperation zwischen Österreich Werbung und Landestourismusorganisationen sei dabei die Ausgangsbasis für eine noch stärkere innovative internationale Marktbearbeitung. Voraussetzung dafür sei aber unter anderem eine Optimierung der österreichischen Tourismusstrukturen.

Eine konsequente Weiterentwicklung der tourismusrelevanten Infrastruktur und ein gemeindeübergreifendes, offenes Raumordnungsverständnis seien schließlich die Grundlagen für einen funktionierenden Tourismus. Es gehe darum, die Entwicklung von Orten und Städten konsequent zu steuern, damit belebte Ortskerne erhalten bleiben, innovative Mobilität gefördert wird und die Lebensqualität für Einheimische und Tourist/innen sowie die Nahversorgung spürbar verbessert werden.

Bilanz der heimischen Tourismuswirtschaft

Die Gesamteinnahmen im österreichischen Tourismus erreichten im Jahr 2007 ein Volumen von 30,37 Mrd. Euro (+ 4,7 %), wobei 50,3 % auf ausländische und 46,5 % auf inländische Besucher/innen entfielen, die Aufwendungen der Inländer/innen im Zuge des Aufenthaltes am Zweitwohnsitz bzw. im Wochenendhaus machten 3,2 % aus.

Im Jahr 2008 dürften die Gesamteinnahmen um 6,2 % gestiegen sein, so dass ein Ausgabenvolumen von 32,25 Mrd. Euro realisiert werden konnte. Die Ausgaben der inländischen Besucher/innen in Österreich beliefen sich 2007 auf 14,11 Mrd. Euro und dürften 2008 auf 14,89 Mio. Euro (+ 5,5 %) angestiegen sein. Davon waren 77,6 % bzw. 11,56 Mrd. Euro den Aufwendungen für Urlaubsreisen zuzurechnen, wobei hier die Ausgaben der übernachtenden Gäste mit 61,4 % (7,10 Mrd. Euro) dominierten (Tagesbesucher/innen: 38,6 % bzw. 4,46 Mrd. Euro).

Die Zahl der Nächtigungen stieg 2008 um 4,3 %. Dabei war die Nachfrage der ausländischen Reisenden wesentlich dynamischer (+4,9 %) als jene der inländischen Gäste (+2,6 %). Auf den für Österreich bedeutenden Herkunftsmärkten fiel die Entwicklung im Jahr 2008 jedoch sehr unterschiedlich aus: Vor allem Reisende aus Russland (+ 40,4 %) und den östlichen Nachbarländern (Polen +34,0 %; Slowakei + 31,6 %; Tschechien +27,9 %; Ungarn + 8,6 %) sowie dänische Gäste (+ 5,4 %) nächtigten deutlich öfter als im Vorjahr in Österreich. Die Nachfrage aus den Niederlanden stieg mit + 5,0 % ähnlich wie die ausländische Gesamtnachfrage. Schwächer fiel das Nächtigungswachstum

von Reisenden aus Deutschland (+ 4,1 %), Belgien und Luxemburg (+3,2 %) sowie Frankreich (+1,8 %) aus.

Auf allen anderen bedeutenden Märkten war im Jahresdurchschnitt 2008 ein leichter bis mäßiger Rückgang zu verzeichnen (Schweiz –3,9 %; Italien –2,5 %; Vereinigtes Königreich –0,3 %). Relativ kräftige Einbußen ergaben sich bei den Gästenächtigungen aus den USA (–17,8%). Insbesondere in den USA und in Großbritannien dämpfen die Auswirkungen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise die Reisebereitschaft stark; die negative Entwicklung schlug hier ab dem Sommer 2008 deutlich durch. Zusätzlich dürfte die Aufwertung des Euro im Jahr 2008 die Nachfrage gebremst haben (Dollar je Euro +7,3 %, Pfund je Euro +16,4 %). Die Nachfrageschwäche italienischer Urlauber/innen ist neben der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise auch auf Probleme hinsichtlich der strukturellen Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen.

Volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus bzw. dessen Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung stellt eine wichtige Kennziffer für die Wirtschaftspolitik dar. Die Wertschöpfungseffekte für das Jahr 2007 beliefen sich auf 22,39 Mrd. Euro (+ 4,2 %). Der Tourismus trug damit 8,2 % zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung (BIP) bei.

Um mögliche Verzerrungen durch Sondereinflüsse zu reduzieren und einen authentischen Wachstumspfad zeichnen zu können, sei die Darstellung einer langfristigeren Entwicklung von Vorteil, erläutert der Bericht. So expandierte die gesamte touristische Wertschöpfung in der Periode 2000/2007 um insgesamt 28,5 % bzw. 3,6 % pro Jahr. Zur Beurteilung der volkswirtschaftlichen Bedeutung von Tourismus und Freizeitwirtschaft bedürfe es der zusätzlichen Berücksichtigung des nicht-touristischen Freizeitkonsums der Österreicher/innen am Wohnort. Dieser erreichte 2007 ein Volumen von 25,62 Mrd. Euro und expandierte 2008 ersten Schätzungen zufolge um 4,1 % auf 26,67 Mrd. Euro.

Die durch den nicht-touristischen Freizeitkonsum ausgelösten direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte beliefen sich auf 21,04 Mrd. Euro (2007), dies entspricht einem Beitrag zum BIP von 7,8 %. Eine Gesamtbetrachtung der inlandswirksamen Aufwendungen der Inländer/innen für den nicht-touristischen Freizeitkonsum am Wohnort und der in- und ausländischen BesucherInnen für den touristischen Konsum verdeutliche dabei die beachtliche Dimension der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich: Im Jahr 2007 beliefen sich die direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte auf 43,33 Mrd. Euro (+4,9 %), der Beitrag zum BIP betrug 16,0 %.

Arbeitsmarkt

Im Jahresdurchschnitt 2008 waren 180.987 unselbstständig Beschäftigte im Tourismus tätig. Damit hat der Tourismus einen Anteil von 5,5 % an den aktiv unselbstständig Beschäftigten (gesamt 3.304.086). Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten im Tourismus nahm 2008 um 2,7 %4) zu. Mit rund 60 Prozent weiblicher Beschäftigten sind Tourismusbetriebe Arbeitgeber für Frauen. Durchschnittlich waren 2008 61.366 AusländerInnen im Tourismus unselbstständig beschäftigt. Damit hat die Branche einen AusländerInnenanteil von 33,9 %.

Mit einem Anteil von 25,5 % an unselbstständig Beschäftigten unter 25 Jahren ist im Tourismus eine vergleichsweise hohe Zahl an Jugendlichen beschäftigt.

Im Jahr 2008 waren in der Tourismusbranche im Durchschnitt 28.765 (2007: 30.087) Arbeitslose vorgemerkt. Im Vergleich zum Jahr 2007 ist die Arbeitslosigkeit um 4,4 % zurückgegangen. Trotzdem waren in der Tourismusbranche 13,6 % aller Arbeitslosen registriert. Der Anteil der Branche an allen Arbeitslosen ist somit mehr als doppelt so hoch wie der Anteil an den unselbstständig Beschäftigten.

2008 wurden die Kontingente für befristet beschäftigte ausländische Saisoniers im Tourismus gegenüber 2007 im Wesentlichen beibehalten. Das Kontingent für die Wintersaison 2007/08 betrug wie im Jahr davor 7.855 Plätze. Das Sommertourismuskontingent war mit 5.250 etwas geringer als 2007. Für die "EURO 2008" wurde jedoch ein Sonderkontingent von 1.040 Plätzen freigegeben, wodurch während der "EURO 2008" kurzfristig 6.920 Plätze zur Verfügung standen. Das Wintertourismuskontingent 2008/09 war mit 8.120 Plätzen etwas höher als in den vergangenen Wintersaisonen. Im Rahmen der genannten Kontingente wurden im Laufe des Jahres insgesamt rund 15.500 Bewilligungen für ausländische Tourismussaisoniers erteilt.

Im Jahresdurchschnitt 2008 wurden dem AMS 5.760 sofort verfügbare offene Stellen im Tourismus gemeldet. Trotz eines generellen Rückgangs an sofort verfügbaren offenen Stellen (-1,9 %), konnte das Stellenangebot im Tourismus um 9,8 % erhöht werden. Somit stieg der Anteil der Tourismusstellen an allen offenen Stellen auf 15,36 % (13,7 % Anteil im Vorjahr). Im Jahresdurchschnitt 2008 standen im Tourismus (Berufe) 500 Lehrstellensuchende (-23 bzw. -4,4 % im Vorjahresvergleich) 1.481 offenen Lehrstellen (+123 bzw. +9,1 %) gegenüber.

Schwerpunkte des Ressorts

In der Folge befasst sich der Bericht mit den Schwerpunkten der Sektion Tourismus im Wirtschaftsministerium. Besondere Rollen kommen dabei dem Kulturtourismus, den touristischen Modellregionen, den Nationalparks und dem barrierefreien Tourismus zu. Von besonderer Wichtigkeit ist auch die Tagungs- und Kongresswirtschaft für den österreichischen Tourismus, wie in dem Bericht festgehalten wird, der in der Folge auf die genannten Themen ausführlich und detailreich eingeht.

Wirtschaftliche Lage der Betriebe

Die durchschnittlichen Einnahmen pro Unternehmen sind, so hält der Bericht fest, in der Dreisternkategorie im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, während jene im Bereich der Vier- und Fünfsternkategorie im wesentlichen gleichgeblieben sind. Insgesamt setze sich der Trend zu höherer Qualität fort, die heimische Hotellerie entwickle sich sowohl nachfrage- als auch angebotsseitig hin zum Hochpreissegment, stellt der Bericht fest.

In der Hotellerie hat sich in den letzten Jahren eine weitere Verbesserung der Eigenkapitalsituation eingestellt. So können heute die Unternehmen der 5/4-Sterne-Kategorie ein positives Eigenkapital von 6,8 % vorweisen. Auch die Unternehmen der Dreisternkategorie konnten eine deutliche Verbesserung auf 2,1 % erreichen.

Die schon seit langem bestehende Kluft zwischen Unternehmen minderer Qualität mit kleinen Betriebsgrößen und Unternehmen der oberen Kategorien mit wirtschaftlichen Betriebsgrößen in Bezug auf die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse ist deutlich, hat sich aber nicht wesentlich verändert. Dies zeigt sich auch in der Entwicklung der Anzahl der Unternehmen der einzelnen Kategorien. Es ist eine Steigerung der Anzahl der Unternehmen der oberen Qualitätsklassen, eine mehr oder weniger stagnierende Entwicklung bei den Unternehmen der Dreisternkategorie und ein Rückgang der Anzahl der Unternehmen minderer Qualität zu verzeichnen.

Sowohl die Entwicklung der Auslastung als auch die Entwicklung der Anzahl der Unternehmen in den einzelnen Kategorien zeigt, dass sich Österreich zum Qualitätstourismusland entwickelt. Der Trend hin zu qualitativ hochwertigem Angebot setzt sich fort. Unternehmen mit einem hochwertigen Angebot können aufgrund der höheren Auslastung und Offenhaltungszeit auch über einen längeren Zeitraum Arbeitsplätze anbieten. Im Zusammenhang mit dem Konjunkturaufschwung sind auch die Insolvenzzahlen der Unternehmen insgesamt erfreulich zurückgegangen. Dieser Trend hat sich auch im Jahr 2008 noch fortgesetzt. Wenn es jedoch tatsächlich zur Zahlungsunfähigkeit kommt, dann ist der volkswirtschaftliche Schaden, den die Gläubiger zu tragen haben, mit knapp 6 % des durchschnittlichen Schadens in der Gesamtwirtschaft vergleichsweise gering.

Kapitel über die internationale Lage des Tourismus, die internationalen Beziehungen auf dem Gebiet der Tourismuspolitik und ein Abriss über die Österreich Werbung runden den Bericht ab. Im übrigen kündigt Bundesminister Mitterlehner an, dass der Bericht künftig substantiell früher vorgelegt werden solle, um eine möglichst zeitnahe Diskussion zu den Ergebnissen des jeweils abgelaufenen Jahres garantieren zu können. Der Bericht soll dabei bedeutend schlanker und fokussierter gestaltet sein, da viele relevante Daten künftig monatsaktuell auf die Homepage des Ministeriums gestellt werden sollen. (Schluss)

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