Parlamentskorrespondenz Nr. 867 vom 15.10.2009

FPÖ fordert soziale Verantwortung für Arbeitslose und Arme ein

Sozialminister Hundstorfer unterstreicht Einsatz der Regierung

Wien (PK) - "Soziale Verantwortung statt sozialistischem Versagen in der Arbeitsmarktpolitik und in der Armutsbekämpfung" lautete die Dringliche Anfrage der FPÖ an Sozialminister Rudolf Hundstorfer in der heute von den Freiheitlichen verlangten Sondersitzung des Nationalrats (39.). Eröffnet wurde die Sitzung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.

FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache begründete die Anfrage seiner Fraktion. Er kritisierte einleitend die Europäische Union, die 2010 zum Jahr des Kampfes gegen die Armut und gegen soziale Ausgrenzung erklärt habe, aber keine konkreten Maßnahmen beschlossen habe. Zu befürchten sei, dass die EU ihren neoliberalen Kurs und den Lobbyismus für Banken und Reiche fortsetze. Daher nehme die Armut in der Europäischen Union immer weiter zu, zugleich werde auch der Druck auf den Mittelstand immer stärker. In Österreich blieben SPÖ und ÖVP untätig, obwohl die soziale Lücke immer größer werde und enormer Reformbedarf in allen Bereichen der Politik bestehe: auf dem Arbeitsmarkt, im Gesundheitssystem, bei den Pensionen, in den Schulen und beim Budget. Besonders scharf kritisierte Strache Versäumnisse der Regierung bei der undifferenzierten Massenzuwanderung und bei der Lösung der Probleme der Familien.

Immer mehr Menschen würden von Armut bedroht, auch dann, wenn sie durchgehend arbeiteten. Der Mittelstand zerfalle und Familien mit drei und mehr Kindern sowie AlleinerzieherInnen seien massiv von Armut bedroht. Während die FPÖ Eltern entlasten wolle, die mit ihrer Erziehungsarbeit wichtige Beiträge zur Zukunftssicherung der Gesellschaft leisteten, blieben SPÖ und ÖVP bei einer Politik, die Menschen dafür bestrafe, wenn sie Kinder bekommen und aufziehen. Der FPÖ-Obmann kündigte weiter Initiativen seiner Partei für eine faire Abgeltung familiärer Erziehungsarbeit und für die Unterstützung von Eltern an, die wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehren wollen. Da die hohe Steuerbelastung der Erwerbstätigen - Strache sprach von einer "Flat Tax für alle auf hohem Niveau" - Familien treffe, plädierte Strache einmal mehr auch für die Einführung eines Familiensteuersplittings nach deutschem oder französischem Vorbild.

Beim Thema Zuwanderung problematisierte der FPÖ-Klubobmann den Anspruch der ImmigrantInnen auf soziale Sonderleistungen vom ersten Tag ihrer Anwesenheit in Österreich an. Scharf kritisierte Strache auch Blockaden der Großparteien gegen eine Verwaltungsreform und wandte sich entschieden dagegen, PensionistInnen wie Bittsteller zu behandeln.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer erinnerte seinen Vorredner an die Zeit der Regierungsbeteiligung der FPÖ, die durch hohe Arbeitslosigkeit, eine wenig familienfreundliche Politik, Rekordzuwanderung und Rekordeinbürgerungen gekennzeichnet gewesen sei. Demgegenüber habe die aktuelle Bundesregierung während der Krise 100.000 Arbeitsplätze gerettet und 455.000 Menschen in neue Jobs vermittelt. Die FPÖ hingegen habe alle Fortschritte der letzten Monate abgelehnt, die Steuerreform, durch die kleine und mittlere Einkommen unterstützt wurden, die Senkung oder Abschaffung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für geringe Einkommen, die Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete und auch die neue Mittelschule.

Der Sozialminister plädierte dafür, das Miteinander zwischen Einheimischen und Zuwanderern zu fördern und lehnte eine Trennung der ÖsterreicherInnen und AusländerInnen im Sozialversicherungsrecht ab. Eine solche Trennung wäre von Nachteil für die ÖsterreicherInnen, die davon profitierten, dass AusländerInnen 1,5 Mrd. € mehr einzahlten, als sie selbst an Leistungen erhielten.

In seinen Antworten auf die insgesamt 30 Detailfragen der Anfragesteller machte Minister Hundstorfer darauf aufmerksam, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich seit Ausbruch der Krise weniger stark gestiegen sei als in anderen vergleichbaren Ländern. Illegale Beschäftigung werde von einer personell gestärkten KIA wirksam bekämpft. Internationale Verträge mit Übergangsbestimmungen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt werden eingehalten, stellte der Minister fest.

Die Zahl der Lehrlinge sei höher als in den letzten Jahren, die Regierung fördere jede einzelne Lehrstelle und die Ausbildungsgarantie für junge Menschen gelte, erfuhren die Abgeordneten. An den gesetzlichen Bestimmungen für den Zugang von AsylwerberInnen zum Arbeitsmarkt werde nichts geändert, teilte Hundstorfer mit und wies Kritik an der aus seiner Sicht überaus erfolgreichen Vermittlungs- und Schulungstätigkeit des AMS entschieden zurück. Die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld sei bei entsprechend differenziertem Vergleich mit anderen Ländern hoch und erreiche bei Menschen, die sich einer Weiterqualifizierung unterzögen, 71 %. Die Ausbildung im Pflegebereich werde weiter forciert, die Beschäftigung bei der Betreuung älterer Menschen sei der dynamischste Bereich des Arbeitsmarktes. Den Unterschied zwischen Mindestlohn und bedarforientierter Mindestsicherung hielt der Minister für angemessen und teilte mit, dass der Mindestlohn von 1.000 € 2009 in allen Bereichen umgesetzt wurde.

Weiters informierte Sozialminister Rudolf Hundstorfer die Abgeordneten darüber, dass AusländerInnen eine unterdurchschnittliche Bezugsdauer bei der Arbeitslosigkeit aufweisen, dass mehrere Banken für arme Menschen spezielle Basiskonto-Modelle anbieten und im Rahmen der letzten Steuerreform zahlreiche Maßnahmen ergriffen wurden, um Menschen zu unterstützen, die von Armut betroffen seien. Schließlich bekannte sich der Minister entschieden dazu, Sozialbetrug effizient zu bekämpfen.

Abgeordneter Herbert Kickl (F) interpretierte die Ausführungen des Ministers als Hinweis darauf, wie sehr diese Bundesregierung angesichts der enormen sozialen Probleme auf Verdrängung statt auf Lösungen setze. Vor der letzten Nationalratswahl habe die Sozialdemokratie etwa eine unbefristete Hacklerregelung in Aussicht gestellt, jetzt sei klar, dass diese 2013 auslaufen werde. Kickl illustrierte die Situation von Arbeitslosen, NotstandshilfeempfängerInnen und Lehrlingen, die vielfach nicht wüssten, wie sie über den nächsten Winter kommen sollten. "Diese Menschen haben nichts davon, wenn ihnen ein Sozialminister sagt, anderswo sei die Armut noch ärger", formulierte Kickl. In Wahrheit seien die Auswirkungen der Krise nur ein Teil der Suppe, die die Bevölkerung jetzt auslöffeln müsse. Der zweite Teil sei die Wirkung falscher Weichenstellungen der gegenwärtigen Regierung, insbesondere bei der AusländerInnenbeschäftigung und in den Schulen, wo österreichische Kinder als "Integrationsmaterial für Zuwanderer" missbraucht würden, sagte Abgeordneter Kickl und erteilte einer Politik eine klare Absage, die auf den Import von Arbeitskräften setze.

Abgeordneter Josef CAP (S) erinnerte an die Mitverantwortung der FPÖ an den Maßnahmen der Regierungen zwischen 2000 und 2007, wo es unter anderem zu einer nennenswerten Reduktion der heimischen Polizei gekommen sei. Während die im Amt befindliche Regierung die nötigen Schritte setze, um das Land sicher durch die Krise zu steuern, erhebe die FPÖ unseriöse Forderungen, die, würden sie umgesetzt, nur in Chaos und Ruin münden würden.

Die Regierung habe wichtige Leistungen erbracht, die Freiheitlichen hätten diese sämtlich nicht unterstützt, und dies könne man kaum als konstruktiv bezeichnen. Dies umso mehr, als die Forderungen der FPÖ unfinanzierbar wären. So könne man keine seriöse Debatte führen. Die FPÖ zeichne ein Bild einer apokalyptischen Welt, was nur zu einer Spaltung der Gesellschaft führen würde. Die Regierung jedoch kämpfe um jeden einzelnen Arbeitsplatz und sorge dafür, dass echte und ehrliche Lösungen für die Probleme gefunden würden.

Präsidentin Barbara PRAMMER wies darauf hin, dass die Grünen einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bezüglich unzulässiger Einflussnahmen seitens des Finanzministeriums bei Veräußerungen von Bundeseigentum eingebracht haben und eine Debatte darüber begehrten. Diese werde im Anschluss an die aktuelle Debatte stattfinden, kündigte die Präsidentin an.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) plädierte dafür, dem wichtigen Thema Beschäftigung alle Aufmerksamkeit zu widmen. Die Regierungsparteien gingen dieses Thema richtig an, während die Forderungen der FPÖ nicht nur unfinanzierbar, sondern auch ineffizient wären. Den Menschen seien Lösungen wichtig und keine leeren Versprechungen. In diese Richtung habe die Regierung die richtigen Schritte gesetzt, sodass sich die Krise in Österreich weit weniger intensiv ausgewirkt habe als in anderen Ländern. Dies deshalb, weil die Regierung von Anfang an richtig reagiert habe.

Es könne keine Rede davon sein, dass die Einkommensunterschiede wachsen würden, vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Österreich sei unter jenen Ländern, die die geringsten Einkommensunterschiede aufwiesen. Österreich gebe weit mehr für soziale Zwecke aus als viele andere Staaten, doch könne man nur aufwenden, was man auch besitze. Deshalb müsse man die Wirtschaft beleben, denn nur mit neuem Wachstum könne man auch neue Ausgaben verantworten.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) hielt den Sozialdemokraten vor, dass sie dem Problem der Einwanderung zu wenig Beachtung geschenkt hätten, während die Regierung nach dem Jahr 2000 die richtigen Maßnahmen gesetzt habe. Jene Regierung, die auch die BAWAG und damit die diesbezüglichen Arbeitsplätze gerettet habe.

Zur Lage am Arbeitsmarkt regte der Redner eine Grundsatzdiskussion an. Man müsse mehr dafür tun, dass sich Leistung in diesem Lande wieder lohne, hier brauche es eine entsprechende Kurskorrektur. In diesem Sinne müsse auch die Mindestsicherung überdacht werden, denn diese sei ein Affront gegenüber allen Leistungswilligen.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) sagte, die spannende Frage sei, wer für die Krise tatsächlich bezahlen solle. Wer werde für die Krise von den politischen Parteien verantwortlich gemacht, das müsse man sich fragen. Für die FPÖ seien offenbar die AusländerInnen verantwortlich. Für diese sollte eine eigene Kasse geschaffen werden, was darauf hinauslaufen würde, dass diese für die Krise zahlen müssten. Davon wären vor allem, hielt der Redner fest, Serbinnen und Serben betroffen.

Öllinger ging dann auf die einzelnen Forderungen der FPÖ ein und hielt fest, dass diese in die völlig falsche Richtung wiesen. Allerdings müsse er auch die Vorschläge der ÖVP kritisieren, die nur auf Kosten der Jungen gingen. Die "Hacklerregelung" werde auslaufen müssen, aber dies könne nur über den Weg einer Übergangsregelung erfolgen, sonst würde die Jugend noch mehr von Arbeitslosigkeit bedroht sein.

Staatssekretärin Christine MAREK durchleuchtete die Forderungen der FPÖ aus der Sicht der Familienpolitik. Gerade auf diesem Gebiet habe die Regierung wichtige Maßnahmen gesetzt, während sich die FPÖ in Bezug auf ihre Forderungen in Widersprüchen verheddere.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) wies hingegen darauf hin, dass die FPÖ seit vielen Jahren wesentliche familienpolitische Forderungen erhoben habe. So auch jene nach einem Gratiskindergarten. Diese sei nun umgesetzt worden, aber nicht mehr auf freiwilliger Basis, und dagegen sei seine Fraktion, da sie für die Wahlfreiheit eintrete.

Es gebe derzeit eine instabile wirtschaftliche Lage, sodass es die Aufgabe der Freiheitlichen sei, entsprechende Anträge einzubringen. Allein, die Regierung nehme dies nicht zur Kenntnis und verweigere sich dieser Sacharbeit, so Hofer, der sodann auf die einzelnen inhaltlichen Punkte der Politik seiner Fraktion einging und einen Antrag betreffend Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sowie einen auf Inflationsanpassung des Pflegegeldes einbrachte.

Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) kritisierte, die Forderung der FPÖ nach einem Erziehungsgeld sei in Wahrheit ein Müttergeld. Eine Bevorzugung von Eltern auf dem Arbeitsmarkt durch Reduzierung der Lohnnebenkosten dieser Gruppe würde den ArbeitnehmerInnen nichts bringen, der Sozialversicherung und dem Familienlastenausgleichsfonds würde das Geld jedoch fehlen, argumentierte sie. Im Gegensatz dazu hätte die Bundesregierung wesentliche Schritte zur Vereinbarung von Beruf und Familie gesetzt. Csörgits nannte in diesem Zusammenhang das Gratis-Kindergartenjahr, die Verbesserungen beim Kinderbetreuungsgeld, die Verbesserungen im gesamten Bereich der Pflege, die Streichung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags für Einkommen unter 1350 Euro, sowie die Deckelung der Rezeptgebühr. Dazu kämen die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen und der Schulversuch neue Mittelschule, aber gegen all dies habe die FPÖ gestimmt, stellte sie fest.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) unterstrich die Qualität der sozialen Absicherung in Österreich, die selbstverständlich weiterentwickelt und angepasst werden müsse. Die Bundesregierung sei sich ihrer Verantwortung für die soziale Lage der Menschen bewusst, versicherte er, daher habe sie auch im Zuge der Krise Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete geschnürt, die gegriffen haben. Österreich habe europaweit den geringsten Anstieg bei der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen und habe hinter den Niederlanden die niedrigste Arbeitslosenquote. Trotz Krise gebe es heute mehr Lehrlinge als im Jahr 2007, betonte er. Den Freiheitlichen warf Wöginger vor, Forderungen in Milliardenhöhe zu stellen ohne zu sagen, wie man diese bezahlen könne. Das sei unverantwortlich gegenüber nachkommenden Generationen, sagte er. Leistung müsse sich wieder lohnen, betonte er, und das gelte auch für die Pensionen. Um die Jugend und die LeistungsträgerInnen nicht zu überfordern, sei es erforderlich, die Schulden abzubauen.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) thematisierte insbesondere die hohe Arbeitslosenrate in der Gruppe der 20-25Jährigen und die niedrige Beschäftigungsquote der älteren ArbeitnehmerInnen. Er griff in diesem Zusammenhang auch scharf die ÖBB an. Die Hauptursache für die Verarmung in der Bevölkerung sah er in den niedrigen Löhnen. Dolinschek verteidigte die "Hackler-Regelung" und wies darauf hin, dass dieser die Beitragszeiten und nicht die Versicherungszeiten zugrunde liegen. Er wandte sich weiters gegen den Vorschlag des ÖAAB, Beschäftigten die Überstunden nicht auszuzahlen, sondern das Geld in eine Kasse fließen zu lassen.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) sprach sich einmal mehr dafür aus, große Vermögen, etwa Stiftungen, zu besteuern. Derzeit sei Reichtum massiv steuerbegünstigt, bemängelte sie und machte dafür die ÖVP verantwortlich. Nicht die Wohlhabenden und Manager müssten für die Krise zahlen, kritisierte Schatz, sondern die ArbeitnehmerInnen. Die Regierung klammere sich krankhaft an die Jobs von gestern, statt in Jobs von morgen, nämlich in die Öko-Wirtschaft, zu investieren. Schatz forderte auch eine umfassende Reform und hohe Investitionen in das Bildungs- und Berufsausbildungssystem, um jungen Menschen wieder eine Perspektive geben zu können. Die Jugend brauche auch bessere Arbeitsbedingungen, so Schatz. Insgesamt müsse man dafür sorgen, dass niemand gezwungen sei, in Armut zu leben, weshalb sie kein Verständnis für das, wie sie es nannte, "Herumgemurkse" bei der Mindestsicherung zeigte. 

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Pensionen nach dem Preisindex für PensionistInnen, mindestens aber um 1,9 %, zu erhöhen. Ein weiterer von ihm vorgelegter Entschließungsantrag sieht einen Ausgleich für alle Personen vor, die über ein Einkommen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz verfügen. Was die "Hackler-Regelung" betrifft, so sprach er sich dafür aus, diese für permanent zu erklären. Grundsätzlich, so Neubauer dürfe man die Generationen nicht gegeneinander ausspielen. Ältere Menschen hätten aber ein Recht auf gerechte Pensionen und ein würdiges Auskommen.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) hielt der FPÖ entgegen, diese bringe keine kreativen Vorschläge. Stattdessen gleite sie in das Fahrwasser der Fremdenfeindlichkeit ab, was menschenverachtend sei und eine Irreführung darstelle. Denn hier würden Zusammenhänge konstruiert, die es nicht gibt. Dezidiert wandte sich Katzian dagegen, ArbeitnehmerInnen aus dem In- und Ausland gegeneinander aufzuhetzen. Dem Sozialminister und der Bundesregierung seien die Probleme am Arbeitsmarkt bewusst, und man habe auch entsprechende Maßnahmen gesetzt, betonte Katzian. So habe beispielsweise die Kurzarbeit verhindert, dass 60.000 Menschen arbeitslos geworden sind. Allen Jugendlichen, die eine Lehrstelle suchen, habe man eine Ausbildungsgarantie gegeben, bestätigte er.

Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V) wies darauf hin, dass im Jahr 2010 7 Mrd. € als Transferleistungen für die Familien vorgesehen sind. Sie begrüßte das verpflichtende Kindergartenjahr als eine wichtige bildungspolitische Maßnahme, die auch zur Vereinbarung von Beruf und Familie beitrage. Die Bundesregierung habe darüber hinaus Schritte gesetzt, um die Familie zu stärken und jene Rahmenbedingungen zu schaffen, die Kindern eine Zukunft ermöglichen. Steibl erinnerte dabei an die 13. Familienbeihilfe, an die Reform des Kinderbetreuungsgelds sowie an erhöhte Förderungen für kinderreiche Familien. Zusätzlich erwähnte sie die Anhebung des Pflegegelds und die Möglichkeit der Weiterversicherung für pflegende Angehörige.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) erwähnte eingangs die Leistungen, die in den Jahren 2000 bis 2006 gesetzlich fixiert wurden, etwa die Elternteilzeit, die Abfertigung Neu, die Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten, die Behindertenmilliarde, das Kinderbetreuungsgeld, die pensionsbegründenden Kindererziehungszeiten etc. Dennoch sei man heute mit einer dramatischen Situation konfrontiert, die vor allem AlleinerzieherInnen und KleinstpensionistInnen betrifft, stellte sie fest. Es seien aber auch aufgrund prekärer Arbeitsverhältnisse und geringer Entlohnung immer mehr ArbeitnehmerInnen armutsgefährdet. Daher müsse man alles tun, damit jeder von seiner Arbeit auch leben kann. Wer arbeitet, sollte auch ein höheres Einkommen haben, sagte sie und brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem ein echter Mindestlohn gefordert wird, der auf alle Fälle um 30 % höher ist als das Arbeitsloseneinkommen. Haubner forderte darüber hinaus eine Mütterpension im Rahmen der Mindestsicherung. Sie sprach sich für eine Durchforstung und Bündelung der Transferleistungen aus, die man jedoch erhöhen müsse, und verteidigte schließlich die "Hackler-Regelung".

Abgeordnete Helene JARMER (G) wies darauf hin, dass 74 % der behinderten Menschen armutsgefährdet sind. Obwohl soziale Maßnahmen gegriffen haben, seien dennoch 20 % dieser Gruppe tatsächlich von Armut bedroht, und meistens betreffe dies Frauen, beklagte sie. Wenn auch viele Personen in Beschäftigungstherapien aufgefangen werden, so sei dies keine Lösung, denn dort bekämen diese Menschen nur 50 € im Monat. Jarmer plädierte für die Einführung der Grundsicherung und meinte, die in Aussicht gestellte Mindestsicherung sei zwar ein erster Schritt, aber von der Grundsicherung noch weit entfernt. Sie forderte die Regierung auf, endlich die UNO-Konvention umzusetzen, um behinderten Menschen die Möglichkeit zu geben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) prangerte die Forderungen der FPÖ als Apartheidspolitik an und unterstrich die wertvollen Dienste, die AusländerInnen leisten. So würden zum Beispiel im Wiener Krankenhausverband Menschen aus 58 Nationen arbeiten und Kranke pflegen. Auch die Kritik der FPÖ am Krankenversicherungssystem ist laut Oberhauser unrichtig, da die Verwaltungskosten der Sozialversicherungsanstalten nur 2,2 % der Gesamtkosten ausmachen. In Bayern, wo es nicht nur einen, wie von der FPÖ behauptet, sondern 101 Krankenversicherungsträger gibt, betrügen die Verwaltungskosten 5,2 %. Mit der Zusammenlegung der Krankenversicherungsanstalten würde man daher die Krankenversicherung nicht retten, die Versorgungsqualität aber verschlechtern, warnte Oberhauser.

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation sei die Politik gefordert, zu handeln und die soziale Verantwortung zu übernehmen, meinte Abgeordneter Franz EßL (V). So frage er sich, ob es sozial gerecht sei, wenn österreichische Studenten teilweise keine adäquaten Rahmenbedingungen an den Unis mehr vorfinden, da die Hochschulen nach Abschaffung der Studiengebühren von ausländischen Studenten überrannt werden. Die ÖVP sei aber im Gegensatz zur FPÖ, die alles schlecht rede, bereit, zu handeln und effiziente Maßnahmen zu setzen. Als Beispiel führte er an, dass allein heuer 1,4 Mrd. € für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung gestellt werden. Österreich weise eine Sozialquote von über 30 % des BIP auf, 96 Mrd. € werden für Sozialleistungen und –transfers aufgewendet.

Armutsbekämpfung und aktive Arbeitsmarktpolitik würden derzeit gerne in den Mund genommen, urteilte Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B), doch konkrete Maßnahmen würden nur in einem unzureichenden Ausmaß umgesetzt. Die hohen Arbeitslosenzahlen sowie die zunehmende Anzahl von Kindern und Erwachsenen, die in Armut leben müssen, zeigten, wie dramatisch die Situation bereits sei. Sehr schwierig sei auch die Lage für die Lehrlinge, die immer größere Probleme hätten, eine Lehrstelle zu finden. Besonders alarmierend seien die Zahlen in Wien, gab Markowitz zu bedenken. Er trat daher für die Einführung des Blum-Bonus-Neu ein, weil dadurch die KMU gestärkt werden könnten.

Es sei schon erstaunlich, wie permanent von Seiten der FPÖ Vorurteile geschürt und Menschen gegeneinander ausgespielt werden, konstatierte Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G). Das helfe aber niemanden, denn letztlich erzeuge man damit nur Unzufriedenheit, Neid und Ängste. Im besonderen widmete sich Schwentner der Situation von Frauen, da sie die Gruppe darstellen, die am meisten von Armut betroffen ist. Kritik übte die G-Rednerin nicht nur an den Vorschlägen der FPÖ zur Frauenpolitik, sondern auch an den Maßnahmen der Regierung, da bei der letzten Steuerreform 1,6 Millionen Frauen davon nicht profitiert hätten.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER erinnerte zunächst daran, dass die Rettung der BAWAG im Sinne aller ÖsterreicherInnen war, da ein Konkurs der Republik ein Vermögen gekostet und dem Finanzstandort Österreich massiv geschadet hätte. Weiters wies der Minister darauf hin, dass Drittstaatsangehörige erst nach fünf Jahren Aufenthalt Sozialhilfe erhalten können.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) wies darauf hin, dass die Hackler-Regelung auf eine Initiative von Jörg Haider zurückgehe. Die WählerInnen der Freiheitlichen müssten nun aber offenbar zur Kenntnis nehmen, dass Strache die Abschaffungspläne von Finanzminister Pröll gutheißt, da er bei dessen Rede eifrig applaudiert hat. Der Regierung warf Stadler vor, für die sozialen Probleme der Menschen in Österreich keine Antworten zu haben.

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) stellte richtig, dass er während der Rede des Finanzministers kein einziges Mal geklatscht habe. Er sei natürlich dagegen, dass die Hackler-Regelung abgeschafft wird.

Bei der Abstimmung wurden die F-Entschließungsanträge betreffend Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit, betreffend Inflationsanpassung des Pflegegeldes, betreffend Pensionsanpassung 2010 nach dem Preisindex für Pensionistenhaushalte, betreffend Sanierung der verfassungswidrigen Pensionsanpassung 2008 sowie der B-Entschließungsantrag betreffend Maßnahmen zur Arbeitsmarktstabilisierung und für wirksame Armutsbekämpfung abgelehnt.

Kurze Debatte über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) war der Auffassung, dass die Republik 1 Mrd. € verloren habe, weil es das System Grasser und seiner Freunde gegeben hat. Aufklärungswürdig seien etwa die Finanzierung der Homepage von Grasser, die Ausstattung seines Sozialfonds sowie vor allem zahlreiche, nicht ganz nachvollziehbare Privatisierungsmaßnahmen (z.B. AUA und Buwog). Es sollte daher nicht nur diese Misswirtschaft, sondern das gesamte Netzwerk, das sich in der Ära Schüssel um Finanzminister Grasser gebildet hat, einer gründlichen parlamentarischen Untersuchung unterzogen werden, forderte Moser. Dies sei nicht nur eine Frage der politischen Selbsthygiene, sondern auch ein Akt der Selbstachtung.

Das Wichtigste in einem Untersuchungsausschuss sei, dass die "Zeugen auspacken", entgegnete Abgeordneter Günther KRÄUTER (S) seiner Vorrednerin. Er fürchte jedoch, dass dies im vorliegenden Fall nicht sichergestellt sei, da zahlreiche Verfahren laufen. Ein Untersuchungsausschuss wäre daher im jetzigen Augenblick kontraproduktiv, argumentierte Kräuter. Im nächsten Frühjahr werde jedoch sicher entschieden werden, dass es einen solchen Untersuchungsausschuss geben muss.

Es stehe völlig außer Streit, dass im angesprochenen Fall schwerwiegende strafrechtlich relevante Vorwürfe im Raum stehen, räumte Abgeordneter Günter STUMMVOLL ein (V). Nun sei aber der Staatsanwalt am Zug, der für eine lückenlose Aufklärung der Causa sorgen werde. Von einer Einsetzung eines Untersuchungsausschusses halte er auch deshalb wenig, weil es sich dabei um ein reines Polittribunal handeln würde. Was die Privatisierungsmaßnahmen angeht, so sei die ÖIAG eine einmalige Erfolgsstory, urteilte Stummvoll. Es wurden insgesamt 6,3 Mrd. € an Schulden abgebaut und der Portefeuille-Wert erhalten.

Abgeordneter Werner KÖNIGSHOFER (F) unterstützte den Antrag der Grünen, damit endlich Licht ins Dunkel gebracht werde. Natürlich gehe es um die politische Verantwortung, zumal die gesamte Regierung hinter den Privatisierungsschritten gestanden sei. Es solle aber nicht nur die Vorgangsweise von Grasser und seinem Ministerium untersucht, sondern auch die Käuferseite, etwa die Immofinanz und die Constantia Privatbank, näher beleuchtet werden.

Abgeordneter Martin STRUTZ (B) kündigte im Namen seiner Fraktion an, der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen. Er plädierte für eine lückenlose Aufarbeitung und Aufklärung nicht nur des Buwog-Skandals, sondern auch anderer Privatisierungsmaßnahmen in der Ära Grasser. Interessant sei jedoch die Position der SPÖ, insbesondere des Herrn Kräuter, der offenbar Angst vor der eigenen Courage bekommen habe.

Es werde kein Weg daran vorbeiführen, dass zumindest einer der vielen seltsamen Vorgänge bzw. Skandale rund um KHG und seine Freunde näher untersucht wird, meinte Abgeordneter Werner KOGLER (G). Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses wäre es, dass wenigstens ein paar der vielen unerträglichen Freunderlwirtschaftsgeschichten geklärt werden, damit endlich ein Schlussstrich unter diese Ära gezogen werden könnte.

Der G-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wurde mehrheitlich abgelehnt. (Schluss)


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