Parlamentskorrespondenz Nr. 970 vom 11.11.2009

Lopatka: Bankenpaket soll bis Ende 2010 verlängert werden

Hauptausschuss diskutiert Berichte des Finanzministers

Wien (PK) – In weiterer Folge befasste sich der Hauptausschuss des Nationalrats in seiner heutigen Sitzung mit den Auswirkungen des Bankenpakets. Den Abgeordneten lagen dazu Berichte des Finanzministers über die gemäß Interbankmarktstärkungsgesetz (IBSG) und Finanzmarktstabilitätsgesetz (FinStaG) ergriffenen Maßnahmen für das 2. und 3. Quartal vor. Dabei setzte sich vor allem die Opposition kritisch mit der Bankenhilfe auseinander und stellte in Frage, ob die gesetzten Ziele erreicht werden konnten.

Seitens des Finanzministeriums teilte Staatssekretär Reinhold Lopatka mit, dass das Ressort einen Gesetzentwurf zur Verlängerung des Bankenpakets bis Ende 2010 vorbereite. Heuer wird der Staat aus dem Bankenpaket ihm zufolge einen positiven Saldo in der Höhe von 347 Mio. € bzw., bei Inanspruchnahme von Partizipationskapital durch die Bawag, sogar 373 Mio. € erzielen. Grund dafür sind Einnahmen aus Haftungsentgelten und Dividenden aus gezeichnetem Partizipationskapital in der Höhe von 433 Mio. €, denen Aufwendungen im Ausmaß von 86 Mio. € gegenüberstehen. Gleichzeitig entgehen dem Staat durch die Verluste der Hypo Alpe Adria und der Volksbanken-Gruppe 165 Mio. € an Dividenden. Das Finanzministerium habe bei den Dividendenzahlungen aber von Anfang an einen Einnahmenentfall im Ausmaß von 25 % einkalkuliert, betonte Lopatka.

Eingeleitet wurde die Diskussion im Ausschuss durch Abgeordneten Josef Bucher (B). Er ließ durchblicken, dass er aus heutiger Sicht das Bankenpaket kritischer beurteilt als noch vor einem Jahr. Die Opposition habe damals zugestimmt, weil es zu diesem Zeitpunkt nicht ersichtlich war, wie sich die Situation entwickelt, erklärte er.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) warf dem Finanzministerium unter anderem vor, die Bankenkonzentration zu fördern, statt durch eine Entflechtung die Gefahr zu minimieren, die dem österreichischen Wirtschaftssystem im Falle des Konkurses großer Banken drohe. Zudem kritisierte er, dass die SteuerzahlerInnen mittlerweile 6,5 Mrd. € an Kapitalhilfe für den Bankensektor aufbringen hätten müssen und für weitere 26 Mrd. € hafteten, ohne dass es besondere Auflagen für die Banken gebe. Hinterfragt wurde von Gradauer auch, warum das Bankenhilfspaket verlängert werden solle, ein weiteres Konjunkturpaket zur Unterstützung der Wirtschaft aber abgelehnt werde.

Abgeordneter Werner Kogler (G) wies auf die Verluste der Hypo Alpe Adria und der Volksbanken-Gruppe hin. Es gehe nicht nur darum, dass Not leidende Banken keine Dividenden an den Staat zahlten, meinte er, vielmehr drohe auch der Verlust des Partizipationskapitals. Kogler räumte aber ein, dass das Bankenpaket im Sinne eines Schutzschirms für die Banken notwendig gewesen sei und man dabei damit rechnen habe müssen, dass Geld verloren gehe.

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) hielt fest, er wolle nicht so weit gehen zu sagen, dass das Bankenhilfspaket für den Bund ein Geschäft sei. Es sei aber Tatsache, dass es einen positiven Saldo zwischen den bisherigen Kosten auf der einen sowie Dividenden und Haftungsentgelten auf der anderen Seite gebe.

Bartenstein bedauerte, dass die Opposition "den Weg des Konsenses" nunmehr zu verlassen scheine. Auch wenn einzelne Bankinstitute derzeit in unerfreulicher Art in den Schlagzeilen seien, hätten die österreichischen Banken die Finanzkrise bisher in bemerkenswerter Weise überstanden, unterstrich er. Bei der Hypo Alpe Adria sieht er die Eigentümer am Zug. Was die Hilfe für die Realwirtschaft betrifft, erinnerte Bartenstein an den zur Verfügung gestellten Haftungsrahmen in der Höhe von 10 Mrd. €.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) betonte, bei der Beschlussfassung des Bankenhilfspakets hätten alle fünf Fraktionen nicht ans "Geldverdienen" gedacht, sondern an die Stabilisierung des Bankensektors. Wenn "am Ende des Tages" ein positiver Saldo zu verzeichnen sei, sei das zu begrüßen, meinte er, das könne heute aber noch niemand sagen.

Zur Hypo Alpe Adria merkte Krainer an, wenn sich das Land Kärnten keine Kapitalaufstockung leisten könne, so frage er sich, wie es im Bedarfsfall seinen Haftungsverpflichtungen in der Höhe von 18 Mrd. € nachkommen wolle. Die Verlängerung des Bankenpakets wertete Krainer als grundsätzlich – eventuell in adaptierter Form – sinnvoll, seiner Ansicht nach ist es aber notwendig, gleichzeitig über weitere Maßnahmen zur Konjunkturbelebung und zur Arbeitsplatzsicherung nachzudenken. In diesem Zusammenhang nannte er etwa die Verlängerung der Förderung für thermische Sanierungen.

Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) bekräftigte, das Bankenpaket sei in der Stunde seiner Geburt "vollkommen richtig gewesen". Seiner Ansicht nach hat man es in weiterer Folge aber verabsäumt, "scharf darauf zu schauen", dass das Geld auch bei jenen ankomme, die es brauchen. Es sei, so Fichtenbauer, notwendig, die Realwirtschaft mit erforderlichen Krediten auszustatten.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) ging auf die Lage der Kommunalkredit ein und äußerte die Befürchtung, dass die Bankgeschäfte privatisiert werden könnten, während der "Schrott" beim Staat bleibe. Gleichzeitig wandte er sich gegen eine vorzeitige Rückzahlung des staatlichen Partizipationskapitals durch die Erste Bank. Die Bank solle ruhig fünf Jahre lang die vereinbarten 8 % Zinsen zahlen, meinte er. Als "verheerende Verhaltensanreize" wertete Van der Bellen die Tatsache, dass Banken, die Gewinne schreiben, Dividenden zahlen müssten, Banken, die Verluste machen, aber nicht.

Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass sowohl das Partizipationskapital als auch die Haftungsübernahmen von den Banken nur zu einem Teil ausgeschöpft worden seien. Die Einnahmen des Staates aus Haftungsentgelten bezifferte er mit 193 Mio. €, jene aus Dividendenzahlungen mit 240 Mio. €. Dazu kommen gegebenenfalls noch 26 Mio. € von der BAWAG, sollte diese Partizipationskapital in Anspruch nehmen. Dem stehen bisherige Kosten von 86 Mio. € gegenüber. Durch die Verluste der Hypo Alpe Adria fallen laut Lopatka 72 Mio. €, durch jene der Volksbanken 93 Mio. € an Dividendenzahlungen aus. Was die Kapitalerhöhung bei der Hypo Alpe Adria betrifft, sieht er die Eigentümer gefordert.

Die Kommunalkredit wertete Lopatka als Sonderfall. Ihm zufolge ist eine Aufsplittung der Bank in eine Kernbank und eine Sondergesellschaft geplant, wobei letztere das Wertpapier-Portfolio erhalten soll. Für die Umstrukturierung rechnet er mit Kosten von voraussichtlich 250 Mio. € für die Kernbank und 60 Mio. € für die Sondergesellschaft. Dem stünden Einnahmen von 120 Mio. € aus Haftungsentgelten gegenüber. Laut Lopatka sollen sowohl die Kernbank als auch die Sondergesellschaft privatisiert werden, wobei er allerdings bezweifelte, die Sondergesellschaft ohne Verluste veräußern zu können.

Die geplante Verlängerung des Bankenhilfspakets begründete Lopatka damit, dass die Finanzkrise bei weitem noch kein Ende gefunden habe. Er will das Interbankmarktstärkungsgesetz bis Ende 2010 verlängern und hofft, wie er sagte, auf eine neuerliche 5-Parteien-Einigung.

Zu den Einwänden von Abgeordnetem Van der Bellen merkte Lopatka an, jede Bank sei massiv daran interessiert, Gewinne zu schreiben. Den Zinssatz für die Refinanzierungskosten bezifferte er mit 3,53 %.

Beide Berichte des Finanzministeriums wurden mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Die Berichte des Finanzministers im Einzelnen

Mit Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 78/2009 wurde der Haftungsrahmen des Interbankmarktstärkungsgesetzes zugunsten des Haftungsrahmens des neu geschaffenen Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetzes (ULSG) um 10 Mrd. € auf 65 Mrd. € reduziert.

Um zu überprüfen, ob die begünstigten Banken ihre Auflagen im Hinblick auf die Vergabe von Krediten auch erfüllen, hat die FIMBAG (Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes) ein so genanntes Kreditmonitoring in Gang gesetzt. Laut Bericht haben die betreffenden Banken im ersten Halbjahr 2009 an inländische Unternehmen außerhalb des Finanzsektors und Private neue Kredite in der Gesamthöhe von 11,3 Mrd. € (davon rd. 4 Mrd. € an KMU) zur Verfügung gestellt. Der Gesamtstand der im Rahmen des Meldeumfangs aushaftenden Kredite belief sich mit 30. Juni 2009 auf ca. 50 Mrd. €.

Im Interesse einer transparenten Vorgangsweise wird die FIMBAG Übersichten zu den Auflagen der im Rahmen des Bankenpakets getroffenen Maßnahmen auf einer eigenen – derzeit im Aufbau befindlichen – Homepage veröffentlichen. Auf der Homepage des Finanzministeriums sind darüber hinaus unter dem Menüpunkt "Finanzmarkt – Maßnahmenpaket zur Sicherung und Stabilisierung des österreichischen Finanzmarktes" Informationen zu den Maßnahmen des Bankenpakets verfügbar.

Von den laut § 2 Abs. 4 Finanzmarktstabilitätsgesetz vorgesehenen 15 Mrd. € wurden bisher rd. 6,4 Mrd. € in Anspruch genommen, der freie Rahmen beträgt somit per 30. September 2009 rd. 8,5 Mrd. €. Die Maßnahmen nach dem IBSG (Garantien für Wertpapieremissionen und Aktivitäten der Clearing-Bank), für die nunmehr ein Rahmen von 65 Mrd. € vorgesehen ist, wurden im Ausmaß von 26,11 Mrd. € ausgenützt. Davon entfallen rd. 22,11 Mrd. € auf Haftungen für Wertpapieremissionen von Kreditinstituten. Hinsichtlich der Haftung für die Österreichische Clearingbank Aktiengesellschaft (OeCAG) in der Höhe von 4 Mrd. € gab es keinerlei Änderungen.

Das Geschäftsvolumen der Clearingbank betrug per 30. September 2009 rd. 1,131 Mrd. €. Ihre Geschäfte, die der Stärkung des Vertrauens in den österreichischen Interbankmarkt durch Clearing von Interbankmarktgeschäften dienen, sollen mit Ende 2009 auslaufen.

Die Übernahme von Bundeshaftungen für Wertpapieremissionen von Kreditinstituten sind Anfang des Jahres 2009 angelaufen. Bisher wurden Garantien für Emissionen der Erste Group Bank AG, der Kommunalkredit Austria AG, der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG, der Hypo Alpe Adria Bank International AG und der Österreichischen Volksbanken AG übernommen.

Mit der Erste Group Bank AG wurde bereits im ersten Quartal ein Partizipationskapital im Gesamtwert von 1 Mrd. € gezeichnet und zusätzlich eine Zusage für weiteres Partizipations- bzw. Hybridkapital bis zu 1,7 Mrd. € erteilt. Zwischen 15. und 29. April wurden Partizipationsscheine im Wert von 540 Mio. € von Privaten gezeichnet, der Bund hat in einer zweiten Tranche am 28. Mai 224 Mio. € an PS-Kapital von der Erste Bank gezeichnet. Die ursprünglich angestrebte Ausgabe von Hybridkapital in Höhe von bis zu 936 Mio. €  an die Republik Österreich wurde von der Erste Bank jedoch durch eine Kapitalerhöhung um 1,65 Mrd. € ersetzt.

Noch im Dezember des Vorjahres wurde in einer ersten Tranche an den Raiffeisensektor 750 Mio. € an PS-Kapital emittiert, zwischen 8. und 19. Juni wurden 500 Mio. € an Private platziert. Die restlichen 1,75 Mrd. € wurden vom Bund am 27. März 2009 gezeichnet.

Mit der BAWAG ist die Zeichnung von Partizipationskapital in der Höhe von 550 Mio. € sowie die Übernahme einer Garantie für Aktiva im Umfang von 400 Mio. € vorgesehen. Da die BAWAG bereits 2006 Beihilfenempfängerin war, muss diese staatliche Maßnahme von der EU-Kommission vor Vertragsunterzeichnung notifiziert werden. Mit der Entscheidung der Kommission ist bis Mitte Dezember zu rechnen.

Mit der Volksbanken AG konnte die Zeichnung von Partizipationskapital im zweiten Quartal 2009 jedoch finalisiert werden, der Bund hat Partizipationskapital in der Höhe von 1,224 Mrd. € gezeichnet, Haftungen wurden in der Höhe von rd. 4,297 Mrd. € für Wertpapieremissionen übernommen.

Die Bank Austria hat in der Zwischenzeit öffentlich erklärt, keine Maßnahmen aus dem Bankenpaket in Anspruch nehmen zu wollen.

Die Constantia Privatbank AG, die als "distressed bank" eingestuft wurde, hat am 24. April 2009 einen Entwicklungsplan vorgelegt, der jedoch von der EU-Kommission als nicht ausreichend erachtet wurde. Daraufhin hat die Bank einen von der Kommission eingeforderten Umstrukturierungsplan ausgearbeitet und vorgelegt. Da der Umstrukturierungsprozess noch nicht abgeschlossen werden konnte, wurden die im November 2008 übernommenen Haftungen in der Höhe von 400 Mio. € für die Forderungen auf Fremdkapital bis 18. Dezember 2009 verlängert, was nun auch ein höheres Haftungsentgelt nach sich zieht.

Weiters wurde eine Haftung für bestimmte Aktiva der Kommunalkredit Austria AG in der Höhe von 1.208 Mrd. € befristet bis September 2009 übernommen. Ein Restrukturierungsplan, der eine Teilung in eine Kernbank und eine Sondergesellschaft vorsieht, wurde Anfang Juni an die EU-Kommission übermittelt und befindet sich derzeit in Begutachtung. Somit konnte auch der Umstrukturierungsprozess der Kommunalkredit Austria AG noch nicht abgeschlossen werden. Die Haftung, die bilanzstützenden und temporären Charakter hat, wurde daraufhin bis 15. Dezember 2009 verlängert, wobei das vereinbarte Haftungsentgelt von 10 % p.a. des ausstehenden Kapitalbetrags der behafteten Forderungen beibehalten wurde. Weitere Kapitalmaßnahmen hängen laut Bericht des Finanzministers davon ab, wann und mit welchen Auflagen der Restrukturierungsplan genehmigt wird.

Die Berichte über das 1. Quartal standen bereits im Juni im Hauptausschuss zur Diskussion (siehe PK-Meldung Nr. 561/2009).

Verkauf des Garnisonsübungsplatzes Kottingbrunn

Schließlich genehmigten die Ausschussmitglieder mit S-V-F-Mehrheit den Verkauf des Garnisonsübungsplatzes Kottingbrunn an die Flugplatz Betriebs GmbH, 2540 Bad Vöslau, die im Zuge einer im Juni 2009 durchgeführten Meistbieterermittlung das beste Angebot legte.

Staatssekretär Lopatka räumte auf Anfragen der Abgeordneten Peter Fichtenbauer (F) und Gerald Grosz (B) ein, dass der Kaufpreis nicht "berühmt" sei und keinen Anlass für Jubel gebe. Das Angebot des Käufers sei aber doppelt so hoch gewesen wie das Angebot des Zweitbieters, skizzierte er. Zudem enthält der Kaufvertrag ihm zufolge eine Besserungsklausel. Demnach ist der Kaufpreis um 50 % zu erhöhen, sollte die Liegenschaft in den nächsten 15 Jahren von Grünland in eine lukrativere Kategorie umgewidmet werden. Auch übernehme der Verkäufer keine Gewähr dafür, dass der Boden nicht kontaminiert sei, wobei der dringende Verdacht von Blindgängern bestehe.

Abgeordneter Grosz hatte sich zuvor darüber verwundert gezeigt, dass der Bestbieter lediglich 1,50 € pro Quadratmeter zahle. (Schluss)