Parlamentskorrespondenz Nr. 1070 vom 01.12.2009

Dienstrechts-Novelle bringt Mobbing-Verbot im öffentlichen Dienst

Verfassungsausschuss stimmt Novellierung des Bundesvergabegesetzes zu

Wien (PK) – Bei der Gehaltserhöhung für Beamte steht eine Einigung zwischen Regierung und Gewerkschaft noch aus, in verschiedenen dienstrechtlichen Fragen ist man hingegen bereits einen guten Schritt weiter. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats billigte in seiner heutigen Sitzung eine Gesetzesnovelle, die ein ganzes Bündel von Gesetzesadaptierungen im Bereich des öffentlichen Dienstes zum Inhalt hat. Dazu gehören, neben einer Reihe von Detailbestimmungen für einzelne Berufsgruppen, etwa auch ein ausdrückliches Mobbingverbot im öffentlichen Dienst, die Vereinheitlichung der Dienstpflichten von Beamten und Vertragsbediensteten, mehr Transparenz bei der Aufnahme von Karenzvertretungen und die Ausweitung der Frauenförderung. Außerdem soll das befristet erhöhte "Kilometergeld" um ein Jahr verlängert und die Aufsicht über weisungsfreie Organe wie Prüfungs- und Disziplinarkommissionen geregelt werden.

Was die Frauenförderung betrifft, müssen bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst und bei der Besetzung von Führungspositionen gleich qualifizierte Frauen männlichen Bewerbern künftig so lange vorgezogen werden, bis eine Frauenquote im entsprechenden Verwendungsbereich bzw. auf der entsprechenden Führungsebene von zumindest 45 % (bisher 40 %) erreicht ist. Das "Mobbingverbot" verpflichtet öffentlich Bedienstete ausdrücklich zu einem achtungsvollen Umgang miteinander und untersagt Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen, die die menschliche Würde verletzen oder sonst diskriminierend sind. Die Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen wegen sexueller Belästigung wird von einem Jahr auf drei Jahre ausgedehnt.

Durch einen bei den Beratungen eingebrachten und bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsantrag wird sichergestellt, dass die vereinbarte Einmalzahlung für BezieherInnen niedriger Pensionen im Jahr 2010 auch bei Beamtenpensionen zur Anwendung kommt. Die Einmalzahlung beträgt bei einer monatlichen Pension von bis zu 1.200 € 4,2 % und sinkt danach bis zu einer Pension von 1.300 € linear auf 0 % ab.

Zustimmung zur 2. Dienstrechts-Novelle 2009 gab es von SPÖ und ÖVP. Abgeordneter Otto Pendl lobte den Gesetzentwurf als Ergebnis guter sozialpartnerschaftlicher Verhandlungen, eine Einschätzung, der sich auch Beamten-Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek anschloss. Heinisch-Hosek verteidigte auch die Bevorzugung von Frauen im öffentlichen Dienst gegen Kritik von FPÖ-Abgeordnetem Werner Herbert und machte dabei geltend, dass diese nur bei gleicher Qualifikation einer weiblichen Bewerberin mit einem männlichen Bewerber Geltung erlange.

Abgeordneter Johann Maier (S) begründete die neuen Auskunftspflichten für weisungsfreie Organe gegenüber der jeweils obersten Dienstbehörde damit, dass diese es Abgeordneten ermöglichten, in Form von parlamentarischen Anfragen beispielsweise Auskunft über die Anzahl von eingeleiteten Disziplinarverfahren bei der Polizei zu erhalten. Bisher hätten die zuständigen Minister solche Fragen nicht beantworten können, skizzierte er. Maier reagierte damit auf Kritik von Abgeordneter Daniela Musiol (G), die die Unterrichtungspflicht bereits im Zusammenhang mit der Novellierung des Datenschutzgesetzes in Frage gestellt hatte und sich insgesamt gegen eine undifferenzierte Regelung für alle weisungsfreien Organe wandte.

Begrüßt wurden von Musiol und ihrer Fraktionskollegin Judith Schwentner (G) jene Punkte der Gesetzesnovelle, die eine stärkere Förderung von Frauen vorsehen.

Abgeordneter Christoph Hagen (B) verwies wie Abgeordneter Werner Herbert (F) auf die angespannte Personalsituation bei der Polizei und urgierte ein eigenes Exekutivdienstgesetz, das Exekutivbeamten ein angemessenes Einkommen auch ohne die Leistung von Überstunden garantiere. Ausdrücklich begrüßten er und Herbert, dass künftig auch Exekutivbeamte in Städten Anspruch auf eine Pauschalvergütung nach der Reisegebührenvorschrift hätten, wenn sie überwiegend im Außendienst tätig sind.

Mitverhandelt mit der Regierungsvorlage wurde ein Antrag der FPÖ. Um zu verhindern, dass die "fortgesetzte Krankheit" eines öffentlich Bediensteten Gehaltseinbußen zur Folge hat, mahnt Abgeordneter Werner Herbert eine Änderung des Gehaltsgesetzes ein.

Der Antrag wurde von den Koalitionsparteien allerdings abgelehnt. Beamten-Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek gab zu bedenken, dass für die Privatwirtschaft ähnliche Bestimmungen gelten. Unterstützt wurde der Antrag hingegen von BZÖ und Grünen, wobei Abgeordnete Daniela Musiol (G) darauf hinwies, dass der von der FPÖ kritisierte Passus zu Zeiten der schwarz-blauen Koalition beschlossen wurde.

Bundesvergabeamt kann künftig Verträge für nichtig erklären

Vom Verfassungsausschuss mit S-V-B-Mehrheit gebilligt wurde eine Novellierung des Bundesvergabegesetzes. Dabei geht es unter anderem um die Umsetzung neuer EU-Richtlinien, die Anpassung einzelner Bestimmungen an neue österreichische Rechtsvorschriften und die Minimierung von Verwaltungskosten für Unternehmen.

So ist etwa geplant, dem Bundesvergabeamt in Bezug auf Feststellungsverfahren mehr Befugnisse einzuräumen. Außerdem soll das Vergabeamt, in Umsetzung von EU-Vorgaben, unter gewissen Voraussetzungen künftig auch Verträge für nichtig erklären können. Die EU will damit elementaren Verstößen gegen das Vergaberecht wirksamer entgegentreten. Weiters wird der Gestaltungsspielraum bei der Vergabe von Konzessionen und bestimmten Dienstleistungsaufträgen im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs vergrößert und die öffentliche Hand angehalten, saubere und energieeffiziente Straßenfahrzeuge zu beschaffen. Unternehmen werden im Zusammenhang mit der Eignungsprüfung entlastet.

Bei der Abstimmung mitberücksichtigt wurde ein von den Koalitionsparteien eingebrachter Abänderungsantrag, dem zufolge die derzeit im Bundesvergabegesetz verankerten Pauschalgebühren für Nachprüfungsanträge, Feststellungsverfahren und Anträge auf einstweilige Verfügungen künftig per Verordnung der Regierung festgesetzt werden sollen. Bei der Höhe der Gebührensätze ist dabei das Verhältnis zwischen dem bewirkten Verfahrensaufwand und dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen zu berücksichtigen. Mit einer einstimmig gefassten Entschließung wollen die Abgeordneten außerdem darauf hinwirken, dass es bis zu neuen gesetzlichen Regelungen über Direktvergaben von öffentlichen Dienstleistungen im Bereich des Eisenbahn-Personenverkehrs nicht zur Diskriminierung von Anbietern kommt.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) erklärte, es gebe einige Gründe, warum die Grünen dem Gesetz nicht zustimmen könnten. Das Gesetz sehe grundsätzlich zwar einen guten Rechtsschutz für BewerberInnen vor, meinte er, es sei aber bedauerlich, dass den gesetzlich anerkannten Interessenvertretungen wieder nicht das Recht eingeräumt werde, Ausschreibungsunterlagen zu prüfen. Seiner Ansicht nach würde es bei Auftragsvergaben zu Kosteneinsparungen kommen, wenn Fehler rechtzeitig entdeckt würden. Ebenso ist ihm zufolge die Anonymität bei Architekturwettbewerben aufgrund von Schlupflöchern im Gesetz nicht gesichert.

Abgeordneter Harald Stefan (F) äußerte sich hingegen grundsätzlich mit dem Gesetzesvorschlag zufrieden. Die FPÖ werde dem Entwurf zustimmen, wenn den gesetzlichen Interessenvertretungen die Möglichkeit der Prüfung von Ausschreibungen eingeräumt werde, sagte er. Seitens des BZÖ signalisierte Abgeordneter Herbert Scheibner Zustimmung zum Gesetzentwurf.

Abgeordneter Johannes Jarolim (S) bekräftigte, das Bundesvergabegesetz habe ein sehr ausgeprägtes Rechtsschutzsystem. Einer Voraus- bzw. Nachprüfung von Ausschreibungen durch anerkannte Interessenvertretungen stand er allerdings ablehnend gegenüber. Er gab zu bedenken, dass einzelne Interessenvertreter in den Senaten des Bundesvergabeamtes sitzen und Antragsteller und Richter nicht ident sein könnten.

Abgeordnete Daniela Musiol (G) sprach sich für eine stärkere Berücksichtigung der Frauenförderung im Bundesvergabegesetz aus.

Staatssekretär Josef Ostermayer ging auf Detailfragen von Abgeordneten ein und erklärte, mit dem Gesetz werde klar gestellt, dass in Bezug auf Auftragsvergaben im öffentlichen Personenverkehr die EU-Verordnung unmittelbar Anwendung finde. Es gelte allerdings darauf zu achten, dass die Anwendung der Verordnung diskriminierungsfrei erfolge. Das bringe auch die Entschließung zum Ausdruck.

Damit die neuen gesetzlichen Bestimmungen in Kraft treten können, bedarf es auch der Zustimmung der Länder.

KommAustria-Gesetz wird adaptiert

Mit breiter Mehrheit passierte eine Novellierung des KommAustria-Gesetzes den Verfassungsausschuss. Die Regierungsvorlage sieht vor, dem Bundeskanzler eine Informationsrecht über alle Gegenstände der Geschäftsführung des Bundeskommunikationssenats einzuräumen. Gleiches soll einem heute vorgelegten Abänderungsantrag zufolge für die Verkehrsministerin in Bezug auf die Telekom-Control-Kommission, den Postsenat der Telekom-Control-Kommission und die Post-Control-Kommission gelten. Damit wollen die Abgeordneten dem im Jahr 2008 verfassungsrechtlich verankerten Erfordernis Rechnung tragen, jedes weisungsfreie Organ einer angemessenen Aufsicht zu unterstellen.

Während FPÖ und BZÖ ihre Zustimmung zur Regierungsvorlage signalisierten, zeigte sich Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) skeptisch. Er befürchtete, dass es zu Beeinflussungen der weisungsfreien Organe durch das jeweils zuständige Regierungsmitglied kommen könnte. Wenn nicht einmal der Zweck für die Unterrichtung angegeben werden muss, dann werde dahinter etwas anderes stecken, mutmaßte er.

Dies bezeichnete Abgeordneter Johann Maier (S) als eine Unterstellung. Die vom Gesetz betroffenen Angelegenheiten fielen immer wieder in das parlamentarischen Interpellationsrecht, bekräftigte er seinen bereits im Rahmen der Dienstrechts-Novelle geäußerten Standpunkt und begrüßte daher die gegenständliche Novelle.

Auch Abgeordneter Norbert Hofer (F) wertete die Ausweitung des Interpellationsrechts positiv. Abgeordneter Ewald Stadler (B) bezeichnete die Vorlage als eine Reparatur. Es sei richtig, die Verantwortung der Ressortleitung nicht nur formal festzuschreiben, sondern im materiellen Recht, sagte er.

Staatssekretär Josef Ostermayer informierte die Abgeordneten darüber, dass sich das neue ORF-Gesetz derzeit in Begutachtung befinde.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des S-V-Abänderungsantrags mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ angenommen. Ein Abänderungsantrag der FPÖ, der sich nur formal von jenem der Koalition unterschied, wurde mehrheitlich abgelehnt. (Schluss)