Parlamentskorrespondenz Nr. 1105 vom 11.12.2009

Der Spitzel-Untersuchungsausschuss - eine vergebene Chance

Ausschuss-Obmann Bartenstein berichtet dem Nationalrat

Wien (PK) – Der am 10. Juli 2009 durch gemeinsamen Beschluss aller fünf Fraktionen des Nationalrats eingesetzte Untersuchungsausschuss über "Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments" sei "eine vergebene Chance" und "kein Renommierstück für den Parlamentarismus". Diese zusammenfassende Bilanz zog heute der Obmann des Ausschusses, Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V), in seinem Bericht an den Nationalrat. Bartensteins Bericht war der einzige Punkt der Tagesordnung der ersten von insgesamt drei Plenarsitzungen des Tages.

Bartenstein erinnerte in seinem Bericht zunächst an den "guten Start", den der Ausschuss durch die Fünf-Parteien-Einigung auf Einsetzung des Ausschusses gehabt habe. Er dankte den Ministerien für die Bereitstellung der Unterlagen; Schwärzungen seien kein Problem gewesen. Er dankte den MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion, dem Verfahrensanwalt, den Fraktionsführern und den Mitgliedern des Ausschusses. Er selbst habe sich um eine unparteiische Vorsitzführung bemüht und wollte "weder Richter noch Schiedsrichter sein", resümierte Bartenstein. In 17 Sitzungen habe der Ausschuss insgesamt 120 Stunden getagt, über 20.000 Seiten an vertraulichen Unterlagen seien bereitgestellt worden.

Das Ergebnis des Ausschusses fasste Obmann Bartenstein in drei Themenkreisen zusammen: Die "Causa Westenthaler", die "Causa Öllinger" und die "Causa Kasachstan".

In der Sache Westenthaler sei es um die Frage der Rufdaten-Rückerfassung gegangen und damit um eine Frage der Bürgerrechte, führte Bartenstein in seinem Bericht aus. Die Rufdaten-Rückerfassung sei wohl rechtskonform erfolgt, doch habe die Staatsanwaltschaft "überschießend" agiert. So sei die Befragung Westenthalers durch die Staatsanwaltschaft erst nach erfolgter Rufdaten-Rückerfassung erfolgt. Bartenstein wertete dies "nicht als Vorsatz, sondern eher als Nachlässigkeit". Das Justizministerium habe inzwischen in Gestalt eines Erlasses reagiert, zeigte sich Bartenstein zufrieden.

Mehrfach habe die Immunitätsfrage den Ausschuss begleitet, führte Bartenstein weiter aus, und zwar sowohl bezüglich sachlicher wie beruflicher Immunität. Er ortete Konsens aller Fraktionen, dass "wahrheitsgetreue Berichte" im Nationalrat auch in Zukunft möglich sein müssten; berufliche Immunität hingegen sei "wohl nicht mehr zeitgemäß". Bartenstein gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Nichtauslieferung von MandaterInnen auch zu einem Verfahrensstopp gegenüber anderen Personen führten könnte. Er erinnerte an die Gepflogenheiten in Deutschland, wo vom Rednerpult des Abgeordneten aus getätigte "verleumderische Beleidigungen" geahndet werden können.

Als "überschießend" wertete Ausschuss-Obmann Bartenstein die von Medien erhobenen Vorwürfe der "Politjustiz". Es habe im Ausschuss "exzellente Auftritte" von StaatsanwältInnen gegeben; Bartenstein räumte aber ein, dass im Zusammenhang mit der noch neuen Strafprozessordnung – durch die StaatsanwältInnen "Herren des Verfahrens" wurden – Adaptierungen angezeigt sein könnten. So sei eine Nachkontrolle durch einen parlamentarischen Unterausschuss, analog zur Kontrolle der Nachrichtendienste – vorstellbar. Im Übrigen habe das Justizministerium bereits reagiert und die so genannte politische Abteilung aufgelöst.

In der Sache Öllingers sei es um die Frage gegangen, ob es eine Bespitzelung von MandatarInnen durch Organe der Republik gegeben habe. Ein Strafverfahren sei anhängig; es gehe darum zu klären, ob Abgeordneter Öllinger gewusst habe, dass der Mann, dem er einen Auftrag erteilt habe, ein Polizist gewesen sei. Nutzanwendung Bartensteins aus dieser Causa: Bei der Nichtuntersagung allfälliger Nebentätigkeiten von BeamtInnen sei allenfalls restriktiver vorzugehen.

In der Causa Kasachstan schließlich sei der Untersuchungsauftrag enger gefasst worden, erinnerte Bartenstein; es sei um Einflussnahme ausländischer Dienste auf Abgeordnete bzw. das Parlament gegangen. Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den früheren kasachischen Botschafter Alijew sei innerhalb von zehn Tagen – Antragstellung 24. August 2007, Bewilligung am 3. September 2007 – erfolgt, weil andernfalls mit einem Asylantrag zu rechnen gewesen wäre.

Er persönlich hätte sich durchaus "die eine oder andere Ladung" zusätzlich gewünscht, räumte Bartenstein ein. Anders als etwa beim Eurofighter-Untersuchungsausschuss sei es aber im Spitzel-Untersuchungsausschuss nicht um Entscheidungen von MinisterInnen gegangen.

Zum wiederholt geäußerten Vorwurf "menschenverachtenden" Umgangs im Ausschuss sagte Bartenstein, er hätte sich "mehr Respekt für einander und gegenüber Auskunftspersonen" und den "Verzicht auf persönliche Beleidigungen" gewünscht. Als problematisch wertete er "überschießendes Zitieren" aus vertraulichen Unterlagen in öffentlicher Sitzung, die Befragung von StaatsanwältInnen bei laufenden Verfahren und von MitarbeiterInnen der Nachrichtendienste; im letztgenannten Fall sei eine Befragung in vertraulicher Sitzung angezeigt. Ausdrücklich bekannte sich der scheidende Ausschuss-Obmann dazu, dass auch in Zukunft der Vorsitz von einem Parlamentarier bzw. einer Mandatarin geführt werden sollte. Im Hinblick auf mehr Effizienz der Beratungen regte er ein Zeitmanagement analog zur Redezeitverwaltung bei Plenarsitzungen des Nationalrats an. Optimistisch für die Zukunft zeigte sich Bartenstein schließlich, weil alle Fraktionen sich zu Reformen bei Untersuchungsausschüssen bekennen würden.

Bartensteins Rede sei "kein Bericht, sondern ein Geständnis" gewesen, dass die ÖVP den nächsten Anschlag auf die parlamentarischen Rechte erarbeite, befand Abgeordneter Martin GRAF (F), und machte seinen Befund an zwei Beobachtungen fest: Die Öffentlichkeit sei "lästig" und daher auszuschließen, und die Rechte der Abgeordneten seien weiter einzuschränken. Dies sei gefährlich, besonders dann, wenn man der Staatsanwaltschaft die Kontrolle überlasse, die gegen Abgeordnete der Opposition vorgegangen sei. Kontrolle brauche "Zähne", meinte Graf und wertete es als "Kardinalfehler", dass das Ende des Ausschusses schon an dessen Anfang fixiert worden sei. SPÖ und ÖVP hätten sich auf Vertuschung von Missständen in der Verwaltung geeinigt, warf Graf den Koalitionsfraktionen vor und warnte davor, Untersuchungsausschüssen deren "präventive Wirkung" zu nehmen.

Zur Beendigung des Untersuchungsausschusses sagte Graf, es sei problematisch, wenn das Quorum, das über das Ende der Ausschussarbeit entscheide – konkret die Koalitionsmehrheit für den Fristsetzungsantrag – geringer sei als das Quorum bei der Einsetzung – konkret alle fünf Fraktionen.

Der SPÖ warf Graf mangelnden Aufklärungswillen vor. "Wir werden uns nicht gefallen lassen, dass man so mit den Rechten des Parlaments umgeht", sagte Graf und konstatierte zudem ein "Messen mit zweierlei Maß". So sei für ihn ein "grüner Spitzelskandal" ebenso erwiesen wie ein "rot-schwarzer Spionagesumpf", und bezüglich der Staatsanwaltschaft müsse die Justizministerin "etwas unternehmen".

Die verhandelten Anliegen seien zu ernst für ein parteipolitisches Hickhack, stellte Abgeordnete Christine LAPP (S) fest, denn alle BürgerInnen seien betroffen. Die PolitikerInnen seien dazu gewählt, Verbesserungen für die BügerInnen zu erreichen. Beim Spitzel-Untersuchungsausschuss habe es gegenüber früheren Ausschüssen wohl Fortschritte gegeben, sagte Lapp, doch seien auch Mängel zu Tage getreten. So habe sich gezeigt, dass Teile der Staatsanwaltschaft überfordert seien, dass Akten verloren gegangen seien und Anzeigen nicht nachgegangen worden sei. Dies untergrabe das Vertrauen in Rechtsprechung und Gerichtsbarkeit und lasse eine neue Form der Kontrolle der Tätigkeit der Staatsanwaltschaft angezeigt erscheinen.

Zudem monierte die Abgeordnete die klare Unterscheidung zwischen dem  Status als Zeuge und dem Status als Beschuldigter. "Die Rechte von Zeugen müssen klar gestellt werden", forderte die Abgeordnete. Ermittlungsaufträge seien schriftlich festzuhalten. Es habe aber auch erste Ergebnisse gegeben, führte sie weiter aus: Die Auflösung der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft sei ein "erster Schritt", auch die Evaluierung der neuen Strafprozessordnung sei positiv zu sehen. Abschließend rief Lapp zur verstärkten Bekämpfung von Rechtsextremismus – wie er sich u.a. im Internet manifestiere – auf. Der Untersuchungsausschuss habe wichtige Arbeit geleistet, jetzt aber gehe es um die Umsetzung von Maßnahmen.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) blieb bei der Behauptung, wonach der Untersuchungsausschuss im Auftrag von Vizekanzler Pröll "abgedreht" worden sei. Der SPÖ wiederum warf er vor, keinerlei Unterlagen studiert und in den Sitzungen durch Desinteresse geglänzt zu haben. Auch habe die SPÖ ihren Koalitionspartner immer dann beim "Abdrehen" unterstützt, wenn es um SPÖ-Politiker gegangen sei.

Klar war für Stadler als Ergebnis des Ausschusses, dass in Österreich Rufdaten willkürlich und selektiv erfasst werden und dadurch jeder Bürger unter die Räder kommen könne. Eine Diskussion über dieses rechtsstaatliche Problem mit der Justizministerin und der Innenministerin im Untersuchungsausschuss, wo im Gegensatz zu anderen Ausschüssen Wahrheitspflicht herrscht, sei aber nicht möglich gewesen, beklagte Stadler. Aus den Arbeiten des Ausschusses im Zusammenhang mit Ex-Innenminister Strasser zog der Redner weiters den Schluss, in Österreich gebe es eine Spitzelpolizei und eine Politjustiz, die Regierung und Opposition unterschiedlich behandle. Aufklärungsbedürftig war nach Meinung Stadlers zudem nach wie vor die Causa Vilimsky, insbesondere Aufenthaltsgenehmigungen für kasachische Bodyguards, Geldflüsse an politische Parteien und die Rolle Karl Blechas sowie Ernst Strassers. Der Redner kündigte an, die Opposition werde sich nicht von der ÖVP an der Aufklärung dieser Vorgänge behindern lassen.

Abgeordneter Werner AMON (V) wies den Vorwurf des "Abdrehens" scharf zurück und erinnerte an eine Fünf-Parteien-Einigung, derzufolge der Ausschuss am 15.12. seine letzte Sitzung hätte abhalten sollen. Das Angebot eines weiteren Sitzungstermins sei zudem nicht an der Regierung, sondern an der Opposition gescheitert.

Insgesamt sei der Untersuchungsausschuss besser gewesen als sein öffentlicher Ruf, stellte Amon fest. Vieles sei zutage gebracht worden, so etwa die Instrumentalisierung von Abgeordneten in der Causa Kasachstan oder die Problematik der Verhältnismäßigkeit bei der Rufdaten-Rückerfassung. Im Fall des Abgeordneten Öllinger wiederum stehe fest, dass es zu neuen Richtlinien für Nebenbeschäftigungen von Beamten kommen müsse. Zufrieden zeigte sich Amon über das Verfahren des Ausschusses, wobei er betonte, im Gegensatz zu früheren Untersuchungsausschüssen habe es diesmal keine Probleme mit Schwärzungen gegeben. Handlungsbedarf sah er allerdings bei der Neuregelung der Vertraulichkeit.

In einem Entschließungsantrag der Regierungsparteien forderte Amon entsprechende Reaktionen der Ressorts auf die vom Untersuchungsausschuss festgestellten Mängel.

Abgeordneter Peter PILZ (G) bezichtigte seinen Vorredner der Anmaßung und bezeichnete den Entschließungsantrag als unverschämt. Der Untersuchungsausschuss sei durch einen Gewaltakt beendet worden und habe seine Arbeiten nicht fertig führen können, stand für Pilz fest.

Im Ausschuss sei ein ganzes System der Regierungsjustiz zutage getreten. Gegen unbequeme Oppositionsabgeordnete habe man Strafverfahren ohne jeden rechtlichen Grund vom Zaun gebrochen, eine Anzeige gegen Ex-Minister Strasser hingegen sei vergessen worden, empörte sich Pilz. In bestimmten nachrichtendienstlichen Bereichen würden Methoden einreißen, die an die Stasi der DDR erinnern, warnte er überdies.

Pilz betonte als Resümee, es gehe nun vor allem um die Frage, ob man auch in Zukunft ein Parlament haben wolle, das auf Zuruf der ÖVP reagiert. Dank der fehlenden Zweidrittelmehrheit eröffne sich aber die Chance auf ein anderes Parlament, ein Parlament, das arbeitet und auch dann kontrolliert, wenn es den Regierungsfraktionen nicht passt – ein Parlament auf Augenhöhe mit der Regierung. Die Opposition werde dort, wo es um die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie geht, ihre erfolgreiche Notwehrgemeinschaft fortsetzen, kündigte Pilz mit Nachdruck an.

Abgeordneter Otto PENDL (S) unterstrich, man sei im Untersuchungsausschuss von Anfang an um Aufklärung und Transparenz bemüht gewesen. Viele von der Opposition aufgeworfenen Fragen wären aber nicht Gegenstand des Untersuchungsauftrags gewesen. Klar war für Pendl als Ergebnis des Ausschusses, dass die Staatsanwaltschaft einer parlamentarischen Kontrolle bedürfe und Ermittlungen nicht ohne ordentlichen Rechtsgrund geführt werden dürfen. Der Untersuchungsausschuss habe sämtliche Akten ungeschwärzt übermittelt bekommen, sodass sich die Abgeordneten ein Bild über die Aktenlage machen konnten. Deshalb sei es nicht notwendig gewesen, Regierungsmitglieder zu laden, meinte Pendl zu diesbezüglichen Vorwürfen der Opposition. Nun gehe es darum, die Ergebnisse rasch legistisch umzusetzen.

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) stellte fest, man sei trotz des "Abdrehens" in den Ermittlungen ein gutes Stück weitergekommen. So seien im Fall Kasachstan massive Zusammenhänge mit SPÖ-Politikern zutage getreten, wobei auch die ÖVP immer ihre Hände im Spiel hatte, meinte Neubauer. Scharf ging der Redner aber auch mit den Grünen ins Gericht, denen er rund um den oberösterreichischen Landtagswahlkampf und die Rolle des Abgeordneten Öllinger vorwarf, sich Methoden zu bedienen, die außerhalb des Rechtsstaats liegen.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) verwahrte sich gegen den Vorwurf Neubauers, die Regierung habe totalitär agiert. Die Mehrheit des Nationalrats habe einen Beschluss bezüglich der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses gefasst; und diese demokratische Entscheidung müsse auch die Opposition zur Kenntnis nehmen. Donnerbauer war überzeugt davon, dass der Ausschuss seine Arbeit geleistet und auf Fehler und Mängel hingewiesen hat. Nun sei es Aufgabe des Parlaments, die Konsequenzen daraus zu ziehen und die notwendigen Gesetzesbeschlüsse umzusetzen. Als Beispiel führte er die mögliche Novellierung der Strafprozessordnung an. Man sollte sich jedoch nicht dazu hinreissen lassen, einzelne Fehler zum Anlass zu nehmen, um die Arbeit der Justiz pauschal schlecht zu machen, warnte Donnerbauer.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) hielt seinem Vorredner entgegen, die Vorgangsweise der Regierung habe nichts mit Demokratie zu tun. Was im Zusammenhang mit der Rufdatenrückerfassung oder der Bespitzelung und Verfolgung von parlamentarischen Mitarbeitern passiert sei, könne man nur als Amtsmissbrauch bezeichnen, betonte der Redner - das müsse dringend weiter untersucht werden. Kritik übte Westenthaler vor allem daran, dass es keine Konsequenzen für jene Staatsanwälte und Behördenleiter gibt, die ungesetzlich gehandelt haben. Die zentrale Erkenntnis aus der Arbeit im Untersuchungsausschuss laute daher für ihn: "Es gibt gezielten Missbrauch rechtsstaatlicher Instrumente, um politisch zu agitieren".

Er sei sehr froh darüber, dass diese Debatte im Fernsehen übertragen wird, meinte Abgeordneter Hannes WENINGER (S), so sehe Bevölkerung, wie manche Oppositionspolitiker agieren und wie sie mit Andersdenkenden und Auskunftspersonen umgehe. Es sei auch bedauerlich, dass die Oppositionsparteien derzeit jeden Beschluss, der eine Zweidrittelmehrheit benötige, verhinderten. Das Parlament sollte sich nicht mit sich selbst beschäftigen, sondern die Interessen der Österreicher in den Mittelpunkt stellen, appellierte Weninger.

Es gebe keine Causa Pilz oder Causa Westenthaler, sondern nur eine Causa Staatsanwaltschaft, betonte Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G). Es gehe also um die zentrale Frage, ob die Justiz Regierungsmitglieder anders behandelt als Oppositionsabgeordnete. Die nüchternen Fakten, etwa im Fall des ehemaligen Innenministers Strasser, seien bedenklich genug, urteilte Steinhauser. Während nämlich gegen den Abgeordneten Pilz, der politisch motivierte Postenbesetzungen durch Strasser aufgedeckt hat, zügig ermittelt wurde, sei bei der Anzeige gegen Strasser gar nichts passiert. Die Oberstaatsanwaltschaft habe schlampig geführte Ermittlungen festgestellt, zugleich aber gesagt, alles sei bereits verjährt. Schließlich ging Steinhauser auf die Bespitzelungsvorwürfe gegenüber Karl Öllinger ein. Diese seien absolut haltlos, aktenkundig seien aber die engen Verflechtungen der FPÖ mit der rechtsextremen Szene, sagte der G-Mandatar. Steinhauser brachte einen 127 Seiten starken G-Entschließungsantrag betreffend Konsequenzen aus dem Untersuchungsausschuss zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments ein.

Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) brachte zunächst einen S-V-Antrag auf Kenntnisnahme des Berichts über die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments ein. Auch sie begrüßte die Tatsache, dass die Debatte im Fernsehen übertragen wird. Dadurch könne sich die Bevölkerung nämlich ein Bild darüber machen, wie dieser Untersuchungsausschuss von der Opposition missbraucht werde. Manchen Abgeordneten gehe es einzig und allein nur darum, eine Politshow zu veranstalten, kritisierte Tamandl.

Auch Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) brachte zunächst einen - 99 Seiten umfassenden – Entschließungsantrag ein, in dem u.a. eine Evaluierung der Strafprozessordnung, Richtlinien für die Korruptionsstaatsanwaltschaft, eine Aufstockung des Personals etc. gefordert wurden. Der Inhalt des Antrags der Regierungsparteien belege die grenzenlose Arroganz, die sie die Opposition auch im Untersuchungsausschuss habe spüren lassen, urteilte Rosenkranz. Was die Causa Öllinger betreffe, werde nun in einem Strafverfahren entschieden, wer hier eine falsche Aussage gemacht habe. Keine Beweise gebe es jedenfalls dafür, dass Kontakte zwischen der FPÖ und dem Rechtsextremismus bestehen. Die Regierungsparteien hätten sich mit dem Abdrehen des Ausschusses einen "Bärendienst" erwiesen, meinte Rosenkranz, denn der Ausschuss gehe sicher in anderer Form weiter.

Abgeordneter Hannes FAZEKAS (S) zeigte sich überzeugt davon, dass der Untersuchungsausschuss wichtige Erkenntnisse gebracht habe. So sei etwa sachlich herausgearbeitet worden, dass die Einteilung der Beteiligten an Strafprozessen in Abgeordnete und in jene, die keine Abgeordnete sind, zu Problemen führe.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter Ewald STADLER (B) klar, dass die von seinem Vorredner angesprochene Frage "Kandidatenliste und Drogendelikte" im Untersuchungsausschuss kein Thema war. Das BZÖ hatte niemals einen Kandidaten auf der Liste, der eines Drogendelikts beschuldigt wurde.

Abgeordneten Herbert SCHEIBNER (B) sah sich durch die Vorgangsweise der Regierungsfraktionen rund um den Untersuchungsausschuss an Beispiele aus afrikanischen, mittelamerikanischen oder asiatischen Ländern erinnert. Als sich nämlich gezeigt habe, dass die Opposition das eigentliche Opfer der Affären sei, dass die Staatsanwaltschaft Abgeordnete der Opposition rechtswidrig bespitzelt habe und dass die Nachrichtendienste Probleme haben, wurden die Untersuchungen "ganz schnell" beendet. 

Abgeordneter Erwin HORNEK (V) erinnerte daran, dass mehr als fünf Monate intensiv im Untersuchungsausschuss gearbeitet und zigtausende Akten und Dokumente durchgeschaut wurden. Kritik übte er an der Behandlung der Auskunftspersonen von Seiten mancher Oppositionsabgeordneter, wobei teilweise Grenzen überschritten worden seien. Politischen Aktionismus, der selbst bei den jeweiligen Klubobleuten oft Befremden auslöste, warf der Abgeordnete vor allem den Abgeordneten Pilz und Stadler vor. Man sollte es daher in Hinkunft vermeiden, Abgeordnete, die selbst von den Untersuchungen betroffen sind, als Mitglieder für einen Untersuchungsausschuss zu nominieren.  

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) merkte gegenüber seinem Vorredner an, man könne bezüglich des Stils durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Allerdings seien sich Kommentatoren aller Medien einig darin, dass der Ausschuss von der Regierung vorzeitig beendet wurde, obwohl es noch vieles zu untersuchen gebe. Nicht nachvollziehbar sei die Argumentation der Regierungsparteien, wonach kein einziger Aspekt des Untersuchungsgegenstands etwas mit einem Minister zu tun hätte. Man müsse sich daher dringend überlegen, wie man eine Kontrollstruktur finden könne, die zu einer effektiven Aufklärungsarbeit beiträgt, forderte Brosz. Man könnte sich etwa das Minderheitenrecht im deutschen Bundestag als Vorbild nehmen, das seiner Meinung nach ein sehr ausgewogenes Modell darstelle.

Abgeordneter Gerhard STEIER (S) vertrat die Auffassung, die Untersuchungsaufträge seien nach einem sehr präzise formulierten Untersuchungsgegenstand abgearbeitet worden; auch habe der Ausschuss sehr viel gebracht. Steier nannte in diesem Zusammenhang die Fragen der Immunität, der Staatsanwaltschaft und der Strafprozessordnung, wo es einen Regelungsbedarf gebe. Kritisch setzte sich der Mandatar mit der Atmosphäre im Untersuchungsausschuss auseinander. Gegenüber den Auskunftspersonen hätten einige Abgeordnete der Opposition ein verletzendes Verhalten an den Tag gelegt und er, Steier, halte es auch nicht für richtig, wenn betroffene Abgeordnete Mitglieder des Ausschusses seien. So habe sich der Öffentlichkeit ein unschönes Bild geboten, das Image des österreichischen Parlaments sei angekratzt, sagte Steier. Der Abgeordnete appellierte an alle Fraktionen, gemeinsam über Verbesserungen nachzudenken. Es brauche vor allem klare Regelungen hinsichtlich der Nebenbeschäftigungen von ExekutivbeamtInnen und Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus, insbesondere im Internet. Namens der SPÖ forderte Steier eine neue Form der parlamentarischen Kontrolle, die Klarstellung der Position von Auskunftspersonen und eine schriftliche Festlegung von Ermittlungsaufträgen.

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) beschäftigte sich mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), dem er vorwarf, durch sein Vorgehen das Interpellationsrecht der Abgeordneten zu untergraben. Das BVT sei nicht willens gewesen, die betroffenen Abgeordneten zu informieren, wenn diese beobachtet werden, sondern habe sich mit den Informationen an die Ministerin bzw. an die Öffentlichkeit gewandt. Damit gefährde man die Arbeit der Abgeordneten, die täglich eine Reihe von Informationen bekommen und jeweils entscheiden müssten, ob sie diesen Informationen nachgehen oder nicht. Dabei könne man nicht von Steuerung reden, sagte Vilimsky.

Bei der Beschlussfassung des Untersuchungsausschusses hätten manche gehofft, der FPÖ etwas nachzuweisen, man habe den Ausschuss aber rasch abgedreht, nachdem bekannt wurde, dass Abgeordneter Gahr und der ehemalige Minister Blecha verwickelt seien. Weder SPÖ noch ÖVP hätten sich bereit erklärt, diese in den Untersuchungsausschuss zu laden, obwohl es notwendig gewesen wäre, den Vorwürfen der Korruption, der Geldwäsche und des Drogenhandels nachzugehen. Vilimsky schloss mit der Feststellung, das Ende des Untersuchungsausschusses bedeute keinen Schlussstrich unter die Aufklärung der "hässlichsten Korruptionsaffäre der Zweiten Republik".

In einer Tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) gegenüber Abgeordnetem Brosz (G) fest, Seiler habe auf Anfrage im Ausschuss bestätigt, dass Öllinger von seiner Tätigkeit als Polizeibeamter informiert gewesen sei.

Abgeordneter Günter KÖßL (V) zeigte sich überzeugt davon, dass Abgeordnete der FPÖ vom kasachischen Geheimdienst instrumentalisiert worden seien. Dessen Mittelsmänner seien bei der FPÖ aus- und eingegangen, so Kößl. Im Untersuchungsausschuss selbst sei das Verhalten der Opposition von grenzenlosem Populismus gekennzeichnet gewesen, sodass eine sachliche und vernünftige Arbeit kaum zu leisten gewesen sei. Die Kritik Kößls richtete sich vor allem gegen die Grünen und das BZÖ. Einige Politiker hätten offensichtlich Probleme mit der Rechtsordnung, bemerkte Kößl, manche Abgeordnete seien immer wieder Thema im Immunitätsausschuss. Die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft und der Polizei sei richtig gewesen, stellte Kößl fest und hielt die Darstellung Öllingers in Bezug auf die Bespitzelung der FPÖ für nicht glaubwürdig. Seiler habe dazu eine eindeutige Klarstellung als Auskunftsperson getroffen.

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) verneinte in einer weiteren Tatsächlichen Berichtigung dezidiert, dass Mittelsmänner des kasachischen Geheimdienstes bei der FPÖ aus- und eingegangen seien. Vielmehr hätten diese enge Kontakte mit den ehemaligen ÖVP-Abgeordneten Kohl, Brinek und Kiss gehabt.

Abgeordneter Martin STRUTZ (B) unterstrich, es gehe in dieser Diskussion um etwas Grundsätzliches, nämlich um Grundrechte, wie sie allen ÖsterreicherInnen und damit auch allen Abgeordneten zustehen. Auch gehe es um den Parlamentarismus, um Rechte der Opposition und um die ÖVP, die glaube, 100 % der Macht ausüben zu können. In ihrer "Arroganz der Macht" habe die ÖVP Aufklärung verhindert, indem kein Minister befragt werden durfte. "Der Untersuchungsausschuss ist abgewürgt worden", formulierte Strutz. Die SPÖ habe sich dabei als Erfüllungsgehilfe erwiesen und sei von der ÖVP "am Nasenring herumgeführt worden". Die Vorgangsweise der ÖVP im Innen- und Justizministerium, wo es politische Umfärbungen gegeben habe, werde aufrecht erhalten und damit signalisiert, dass eine Zweiklassengesellschaft bestehe, aus jenen, die "es sich richten können" und jene, die "es sich nicht richten können". Abschließend verlangte Strutz die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht.

Abgeordneter Josef CAP (S) thematisierte die Krise um die Bank Hypo-Alpe-Adria, zu der der damalige Untersuchungsausschuss im Kärntner Landtag von BZÖ und ÖVP abgedreht worden sei. Nach den Ausführungen von BZÖ-Abgeordneten erwartete sich Cap nun einen Antrag des BZÖ im Kärntner Landtag zur Untersuchung des Hypo-Alpe-Adria-Skandals, da es schließlich um einen Haftungsrahmen in Milliardenhöhe gehe. Der Spitzel-Untersuchungsausschuss habe Cap zufolge gute Ergebnisse gebracht, genauso wie jener, der in Folge der Aussagen von Haidinger in der vorangegangenen Gesetzgebungsperiode getagt hat. Ergebnis beider Ausschüsse sei die Einrichtung eines Bundesamts für Korruptionsbekämpfung und die Abschaffung der politischen Abteilung im Justizministerium gewesen. Damit seien zwei Hauptvorwürfe über Missbrauch im Innen- und Justizministerium beseitigt worden. In weiterer Folge sei es notwendig, über eine Neuregelung der beruflichen und außerberuflichen Immunität zu verhandeln, die Nebenbeschäftigung von PolizeibeamtInnen zu regeln und die Kontrolle der StaatsanwältInnen einzuführen.

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) meinte in Richtung Regierungsfraktionen, Kontrolle sei offensichtlich nur dort gut, wenn es um andere gehe. Die Regierung habe nun drei Monate Zeit, eine Weichenstellung vorzunehmen, nämlich so weiter zu machen wie bisher oder eine neue Form des Parlamentarismus zu gewährleisten, wo Kontrolle etwas Selbstverständliches sei. Sie forderte, Untersuchungsausschüsse als eine Normalität zu betrachten, selbstverständlich mit geeigneten Verfahrensregeln, die eine gute Arbeit ermöglichten. Man könne auch nicht von einem Arbeitsparlament sprechen, wenn bei 2/3-Materien der Opposition Papiere vorgeknallt werden, ohne ihr die Möglichkeit zu geben, Ideen einzubringen. "Machen Sie ein ganz normales Kontroll- und Arbeitsparlament", verlangte Glawischnig-Piesczek.

Abgeordnete Sonja STEßL-MÜHLBACHER (S) folgerte aus den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses, man müsse nun alles unternehmen, um das geschwächte Vertrauen in die Politik und in den Rechtsstaat wieder zu stärken. Das sei nur möglich, wenn man an den notwendigen Veränderungen arbeite, wobei es nicht nur um die Rechte der Abgeordneten sondern um die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger gehe.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) reagierte scharf auf die Wortmeldung des SPÖ-Klubobmanns Josef Cap. "Wenn die SPÖ das Wort Bank in den Mund nimmt, dann ist das unüberbietbar", ätzte Bucher mit Hinweis auf die BAWAG. Den Vorwurf, der Untersuchungsausschuss im Kärntner Landtag zur Hypo-Alpe-Adria sei abgedreht worden, wies er aufs schärfste zurück. Die SPÖ habe damals alles verschlafen und nichts aufgedeckt. Landeshauptmann Haider habe beim Verkauf der Bank sehr weitsichtig gehandelt, sagte Bucher. Er habe kein Problem damit, einen neuerlichen Untersuchungsausschuss zu beschließen. Was den Schuldenstand in Kärnten betrifft, so sollte man sich eher mit Niederösterreich beschäftigen, meinte er, denn dort würden die Schulden in den Gemeinden versteckt. Bucher hielt es für erstaunlich, dass Cap in seiner Rede weder Kasachstan erwähnt noch etwas dazu gesagt habe, warum man Minister nicht geladen hat. Offensichtlich sei die ÖVP mittlerweile zum Sachwalter der SPÖ geworden, die null Visionen, null Ideen und null Aufklärungsinteressen habe und null Politik mache. Bucher kündigte abschließend zahlreiche Anfragen an, um die Aufklärungsarbeit fortzusetzen, die im Untersuchungsausschuss jetzt nicht mehr möglich sei.

Abgeordneter Gerhard HUBER (oF) forderte im Hinblick auf Kasachstan, den "Schmiergeldsumpf" trocken zu legen und stellte die Frage, warum der ehemalige Botschafter Aliyev innerhalb von 24 Stunden eine Aufenthaltsbewilligung bekommen hat. Die Republik habe ein Recht auf Aufklärung, sagte er, sobald die ÖVP aber merke, woher der Wind weht, würge sie die Untersuchungen ab und trete die Rechte der Opposition mit Füßen. Huber sah damit die "demokratische Hygiene" in Gefahr.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Abgeordneten Werner Amon (V) und Otto Pendl (S), den mündlich erstatteten Bericht des Obmanns des Untersuchungsausschusses zur Kenntnis zu nehmen, mehrheitlich angenommen.

Mehrheitlich angenommen wurde auch der Entschließungsantrag der Abgeordneten Otto Pendl (S) und Werner Amon (V) betreffend Maßnahmen auf Grund der Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses.

Der Antrag des Abgeordneten Ewald Stadler (B), den Untersuchungsausschuss zur Erstellung eines schriftlichen Berichts eine neuerliche Frist bis 23. März 2010 zu setzen, wurde in einer namentlichen Abstimmung mit 65 Ja-Stimmen und 105 Nein-Stimmen mehrheitlich abgelehnt.

Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Peter Pilz (G) betreffend Konsequenzen aus dem Untersuchungsausschuss fand ebenso wenig die erforderliche Mehrheit wie der Entschließungsantrag des Abgeordneten Martin Graf (F) betreffend Umsetzung der Ergebnisse aus dem Untersuchungsausschuss. (Schluss Spitzel-Untersuchungsausschuss/Forts. NR))