Parlamentskorrespondenz Nr. 197 vom 25.03.2010

Wer kommt für freien Eintritt in die Museen auf?

Kultur, Tourismus und kein ÖOC-Untersuchungsausschuss

Wien (PK) Es war bereits nach Mitternacht, als die Abgeordneten die letzten Themen des Sitzungstages debattierten. Zunächst nahmen sie einen Antrag aller Fraktionen in Verhandlung, der die Attraktivierung des Bahntourismus zum Ziel hat.

Abgeordneter Franz HÖRL (V) meinte, mit diesem Antrag soll das Management der ÖBB angewiesen werden, die Bahn für die Reisenden attraktiver zu gestalten. Derzeit würden nur 6 % der BürgerInnen mit der Bahn reisen, und das sei international wenig.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) schloss sich den Ausführungen ihres Vorredners an und wies darauf hin, dass dieser Fünf-Parteien-Antrag auf eine Initiative der Grünen zurück geht. Der Tourismus sei ein wesentlicher Faktor in der österreichischen Wirtschaft, sagte sie und kritisierte Fremdenfeindlichkeit, die auch von einer politischen Partei ausgehe.

Abgeordneter Roman HAIDER (F) warnte davor, dass man die Rechnung nicht ohne den Wirt machen könne, weil am Donauradweg im Winter ein Radfahrverbot drohe. Er brachte daher einen Entschließungsantrag ein, der die Benützung der Radfahrwege im Winter auf eigene Gefahr vorsieht.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) findet es längst an der Zeit, dass der Tourismus auf Schiene gebracht wird. Er kritisierte den mangelnden Komfort vieler Züge und merkte an, dass diese vielfach überfüllt seien. Markowitz hielt auch die Preise von Bahnkarten für zu hoch.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) wünschte sich die gute Zusammenarbeit im Tourismusausschuss auch in anderen Politikbereichen. Es sei eine Schande, dass sie den Umweg über den Tourismusausschuss gehen muss, um das ihr wichtige Thema des Radfahrtourismus voranzubringen. Man brauche aber auch bei den Beförderungsbedingungen der ÖBB mehr Fortschritte, forderte Moser.

Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) unterstrich die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen ÖBB und Hotelerie. Man werde die Nebenbahnen nicht aufrecht erhalten können, wenn es nicht gelinge, sie verstärkt für Touristen zu nutzen. Deshalb sei die Initiative der Abgeordneten Gabriela Moser (G) für den Radtourismus so wertvoll, lobte Obernosterer. 

Auch Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) begrüßte die Zusammenarbeit der ÖBB mit dem Tourismus und berichtete vom Ausbau des Schienennetzes im Ennstal, um die touristische Nutzung der Bahn  im Interesse der Wirtschaft und der Menschen in der gesamten Region voranzutreiben.

Abgeordnete Susanne WINTER (F) widersprach dem Vorwurf der Abgeordneten  Silhavy, die FPÖ agiere fremdenfeindlich und relativierte aufgrund von Erfahrungen in der Fahrradstadt Graz, man könne allein durch die Förderung des Fahrrads die Luftqualität verbessern.

Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V) vermisste das Tourismusengagement des Bundeskanzlers und klagte über seine Absage, am diesjährigen Europaforum teilzunehmen, womit er dem Tourismus in der gesamten Region geschadet habe.

Dem widersprach Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S): Die Tourismusentwicklung hänge nicht von der Anwesenheit des Bundeskanzlers bei einer Veranstaltung ab. Wichtig sei hingegen die Förderung des Radtourismus, weil der Trend in diese Richtung gehe und immer mehr Menschen mit Fahrrad und Bahn auf Urlaub fahren wollen.

Auch Abgeordnete Anna FRANZ (V) bedauerte die Absage des Europaforums in Lech am Arlberg. Die ÖBB sah die Abgeordnete gefordert, Urlauber unkompliziert von zu Hause bis an den Urlaubsort zu bringen. Denn Urlaubsregionen, die Radtouristen hochwertige Angebote bieten, werden künftig "die Nase vorne haben".

Abgeordneter Gerhard STEIER (S) sah die Förderung des Radtourismus ebenfalls positiv und lobte die Bereitschaft der ÖBB, ihr Angebot für Radtouristen wesentlich auszuweiten. Dies sei aus der Sicht der Gesundheit und des Klimaschutzes zu unterstützen.

Abgeordneter Johann RÄDLER (V) erinnerte an die Einrichtung von Fahrradverleihstationen in vielen niederösterreichischen Gemeinden und sprach sich dafür aus, den Bahntourismus nach dem Vorbild der Schweiz weiter auszubauen.

Abgeordneter Mag. Josef AUER (S) riet dazu, generell stärker auf die gute Erreichbarkeit und nachhaltige Vernetzung der österreichischen Tourismusdestinationen zu achten.

Auch Bundesministerin BURES bekannte sich zur Kooperation zwischen ÖBB und Tourismuswirtschaft und erläuterte die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung hinsichtlich der Präsenz beim Europaforum in Lech. 

Abgeordneter Jochen PACK (V) sprach von einem wichtigen Antrag für den österreichischen Tourismus und berichtete von guten Erfahrungen der Region Oststeiermark mit Fahrradtouristen und von Erfolgen durch spezielle Angebote für Radfahrer.

Abgeordneter Johann HELL (S) schloss sich der allgemeinen Zustimmung zum vorliegenden Fünf-Parteien-Antrag an und bekannte sich zum Ziel, den Anteil der Bahntouristen an den Österreich-Urlaubern zu steigern. Wichtig sei es auch, die Bahnhöfe als wichtige Mobilitätsdrehscheiben auszubauen.

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) berichtete von einem schwierigen,  aber dennoch erfolgreich bewältigten Tourismusjahr 2009 und plädierte einmal mehr für eine Vernetzung der österreichischen Tourismusregionen, wozu auch die gemeinsame Förderung des sanften Tourismus durch die ÖBB und die Tourismuswirtschaft gehöre.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) plädierte dafür, bei Wien-Wochen und Schulschikursen verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel zu setzen, dies auch im Sinne einer Bewusstseinsbildung für umweltschonende Mobilität.

Abgeordneter Maximilian LINDER (o.F.) betonte die Notwendigkeit, gemeinsame Beschlüsse im Tourismusausschuss zur Förderung des Tourismus zu fassen. Ein schwieriges Thema seien die immer schwieriger werdenden Haftungsprobleme und die Regressforderungen, die Grundbesitzer dazu veranlassen, Zurückhaltung bei Genehmigungen für die Nutzung von Wegen durch Touristen und Sportler zu üben.

Die Ausschussentschließung wurde einstimmig angenommen. Der F- Entschließungsantrag zur ganzjährigen Nutzung des Donau-Treppelweges wurde abgelehnt.

F- Antrag zum Thema freier Eintritt in Museen

Abgeordnete Heidemarie UNTERREINER (F) setzte sich mit aktuellen Hiobsbotschaften aus den Museen auseinander und wies auf bauliche Mängel im Leopoldmuseum, der Albertina und im Völkerkundemuseum hin. Die Museen sollten der Stolz der Nation sein und das kulturelle Erbe des Landes bewahren. Den freien Eintritt junger Menschen in die Museen hieß die Abgeordnete gut, kritisierte aber, dass den Museen der Einnahmenentfall nicht abgegolten werde; die vorgesehene Erhöhung der Basissubvention reiche dafür nicht aus. Die Ablehnung des diesbezüglichen FPÖ-Antrags im Kulturausschuss bezeichnete die Rednerin als eine Schande. Entschieden wandte sich Abgeordnete Unterreiner gegen die geplante Zusammenlegung des Völkerkundemuseums mit dem Volkskundemuseum - beide Museen hätten besondere Aufgaben, die sie eigenständig erfüllen sollen, zeigte sich die Rednerin überzeugt und legte einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion vor, der die Bildungsministerin auffordert, das Volkskundemuseum in seiner Eigenständigkeit zu erhalten.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) zitierte Stella Rollig, die dazu geraten habe, Museen als Orte zu betrachten, an denen man schöne Dinge genießen könne, ohne etwas kaufen zu müssen und sie zur Begegnung mit der Kunst, dem Schönen und dem Fremden zu nutzen.

Auch Abgeordneter Stefan PETZNER (B) bekannte sich zum freien Zutritt Jugendlicher zu den Bundesmuseen und erinnerte an die Vorreiterrolle Kärntens bei der Öffnung seiner Museen. Der Argumentation der Abgeordneten Unterreiner gegen die Zusammenlegung des Völkerkundemuseums und Volkskundemuseum schloss sich der Redner an und plädierte ebenfalls für die Erhaltung eines eigenständigen Volskundemuseums. Es gehe um die Erhaltung einer Institution zur Förderung der eigenen Identität.

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) stellte gegenüber Abgeordneter Unterreiner fest, die Museen hätten zur Finanzierung des freien Eintritts zusätzliche Mittel erhalten und sprach sich für eine Evaluierung der Erfahrungen mit dem freien Eintritt aus. Fuhrmann wandte sich entschieden gegen die Aussage, man müsse um die eigene Identität fürchten, wenn man sich mit anderen Kulturen auseinandersetze.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) begrüßte den freien Eintritt Jugendlicher zu den Bundesmuseen, befürchtete aber Nachteile für lokale und regionale Museen, die auf Einnahmen aus Eintrittsgeldern angewiesen seien und mit wachsender Konkurrenz zu rechnen haben.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) erinnerte an das Eintreten seiner Fraktion für den freien Eintritt in die Bundesmuseen und hielt eine Beschränkung auf unter 19-Jährige für schwer begründbar. Zinggls Kritik lautete, Kinder und Jugendliche besuchten Museen ohnehin meist mit den Eltern, was bedeute, dass die Familie in Zukunft ebensoviel zahle wie bisher, nämlich die Familienkarte. Angesichts der Entwicklungen in Salzburg wäre es heute wichtig gewesen, auch den wichtigen Antrag der Grünen zur Reform der Salzburger Festspiele im Plenum zu behandeln.

Abgeordneter Martin STRUTZ (A) befasste sich ebenfalls mit den Missständen bei den Salzburger Festspielen und sah dort akuten Handlungsbedarf; dort seien Subventionsmittel missbräuchlich verwendet worden. Den freien Zugang Jugendlicher zu Bundesmuseen begrüßte der Redner und warnte davor, Museen nach ihren Einnahmen zu bewerten. Es gehe um die Besucherzahlen und um die Erhöhung der Attraktivität der Museen. An die Bundesregierung trug Strutz die Anregung heran, bundesweit einen Kulturpass für sozial Schwache nach Kärntner Vorbild einzuführen.

Bundesministerin Claudia SCHMIED erklärte die Finanzierung des freien Eintritts in die Bundesmuseen durch eine Anhebung der Basissubvention und berichtete den Abgeordneten von einem erfreulichen Zuwachs bei den Besucherzahlen seit Einführung des freien Eintritts für Jugendliche am 1.1.2010. Den Vorwurf, in Salzburg würden Subventionsmittel missbräuchlich verwendet, wies die Ministerin zurück. Das Konzept zur Zusammenlegung des Völkerkundemuseums und des Volkskundemuseum sei von den beiden Museen ausgearbeitet worden. Die Identität werde durch die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen gestärkt, sagte die Ministerin.

Abgeordneter Christine MUTTONEN (S) begrüßte den freien Eintritt in die Bundesmuseen für Jugendliche im Sinne der Kunstvermittlung und bekannte sich zur Einrichtung des geplanten Museums der Kulturen, das es erlauben werde, die eigenen Identität durch Wahrnehmung des Anderen zu stärken.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) bekannte sich zum freien Eintritt der Jugendlichen in die Museen und sah die vorgesehene Evaluierung als Grundlage für Entscheidungen über die weitere Entwicklung an.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) bezeichnete den freien Eintritt in die Bundesmuseen als ein großes kulturpolitisches Anliegen, um das Angebot an Kulturvermittlung zu verbreitern und bekannte sich in diesem Zusammenhang auch zur Anhebung der Basisabgeltung für die Bundesmuseen. Ein S-V-G-B-Entschließungsantrag sah eine Evaluierung der Einführung des freien Eintritts in Bundesmuseen vor.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) sah keinen Anlass, im Hinblick auf die Zusammenlegung des Völkerkundemuseums und des Volkskundemuseums Urängste zu schüren und Befürchtungen wegen des Verlusts der eigenen Identität auszusprechen. Lehrer sollten den Kulturvermittlungsauftrag wahrnehmen und das Klassenzimmer für ein paar Stunden mit dem Museum tauschenn.

Bei der Abstimmung wurden die beiden S-V-G-B-Entschließungsanträge angenommen, der FPÖ-Entschließungsantrag aber mehrheitlich abgelehnt. 

Einstimmig wählte der Nationalrat Abgeordneten Alexander Van der Bellen (G) als Mitglied und Christoph Hagen (B) als Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates.

Kein ÖOC-Untersuchungsausschuss

Zuletzt debattierten die Mitglieder des Nationalrats einen Antrag des BZÖ auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema ÖOC; der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) führte aus, als im Jahr 2007 erste "Machenschaften" in ÖOC bekannt geworden seien und das BZÖ eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht habe, sei noch nicht absehbar gewesen, dass es sich nur um die Spitze eines Eisbergs handle. Mittlerweile habe der Skandal eine Dimension erreicht, der in der Österreichischen Sportpolitik einzigartig sei. Jetzt seien sogar Schwarzgeldkonten aufgetaucht, über die u.a. Spesen doppelt und dreifach verrechnet worden seien. Westenthaler sieht nicht nur die betreffenden Funktionäre in den Skandal verwickelt, sondern auch aktive und ehemalige SPÖ- und ÖVP- Abgeordnete. Noch nie sei ein Untersuchungsausschuss so gerechtfertigt gewesen wie in diesem Fall, sagte er. Sollte die Koalition die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verweigern, will Westenthaler alles daran setzen, um den Sachverhalt im Sportausschuss des Nationalrats aufzuklären.

Abgeordneter Hermann KRIST (S) machte geltend, dass Sportminister Darabos sofort nach dem Auftauchen erster Verdachtsmomente eine Untersuchung in die Wege geleitet habe. Die SPÖ stehe für eine lückenlos Aufklärung, bekräftigte er: "Kein Pardon und harte Konsequenzen für alle Personen, die Schuld auf sich geladen haben". Einen Untersuchungsausschuss erachtete Krist nicht für erforderlich, seine Fraktion habe Vertrauen in die Behörden und die Gerichte.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) betonte, es sei wirklich aufklärungsbedürftig, was im Österreichischen Olympischen Komitee passiert sei. Er machte allerdings geltend, dass der Vorstand des ÖOC sofort aktiv geworden sei, als Malversationen im Generalsekretariat bekannt geworden seien. Sowohl eine Überprüfung der öffentlichen Gelder als auch der extern erwirtschafteten Gelder sei in die Wege geleitet worden. Jetzt sieht Haubner die Justiz am Zug.

Abgeordneter Mario KUNASEK (F) sprach von einem aufklärungswürdigen Thema. Er gehe davon aus, dass der vorliegende Skandal der größte in der österreichischen Sportgeschichte sei, konstatierte er. Kunasek zufolge ist mittlerweile der Verbleib von 1,4 Mio. € nicht nachvollziehbar. Kritisch äußerte er sich auch zum Umstand, dass teilweise Fördergeber, Förderwerber und Kontrollorgane personenident seien.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) bezweifelte, dass Sportminister Norbert Darabos tatsächlich an einer Aufklärung des Sachverhalts interessiert sei. Er verwies in diesem Zusammenhang auf unzureichende Anfragebeantwortungen auf schriftliche Anfragen. Darabos habe beispielsweise nicht beantwortet, ob es in der Causa Weisungen gegeben habe. Es sei noch viel an Aufklärung zu erledigen, bekräftigte Brosz, deshalb werde er auch dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen. Seiner Ansicht nach wird man um einen solchen Ausschuss nicht herumkommen.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) führte aus, ÖOC-Mitarbeiter hätten sich gemeinsam mit hohen Funktionären der SPÖ und der FPÖ bedient. Seiner Auffassung nach "stinkt die Sache zum Himmel". Die Personalunion zwischen Kontrollorganen, Förderwerbern und Fördergebern sei einzigartig.

Der Antrag des BZÖ, zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit der Einrichtung von Schwarzgeldkonten, Schmiergeldzahlungen und Veruntreuung von Fördermitteln der öffentlichen Hand durch Funktionäre des österreichischen olympischen Komitees, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, blieb in der Minderheit.

Eine weitere (58.) Sitzung des Nationalrats diente in der Geschäftsordnung vorgesehenen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss)